Presse-Auswahl

TAZ NRW 19.12.2003

Im Münsterland wächst der Widerstand

Anti-Atom-Initiativen mobilisieren gegen neue Castortransporte nach Ahaus. Polizei zeigt bei Demonstration Härte

AHAUStaz Atomkraftgegner haben starke Protest- und Öffentlichkeitskampagnen gegen die von der Bundesregierung geplante Wiederaufnahme der Castor-Transporte ins Ahauser Zwischenlager angekündigt. Die Castoren genügten keinerlei Sicherheitsanforderungen, so Matthias Eickhoff, Sprecher der Initiative ,Widerstand gegen Atomanlagen' (WIGA), zur taz. "Deshalb werden wir zusammen mit anderen Initiativen bundesweit gegen die Transporte protestieren."

Nach Angabe der Anti-Atom-Initiativen plant die Bundesregierung ab Sommer 2004 die Anlieferung von 18 Castorbehältern mit radioaktivem Müll aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor im sächsischen Rossendorf bei Dresden. Außerdem liefen Planungen, künftig die Abfälle aller Forschungsreaktoren in Ahaus einzulagern, darunter auch hoch angereichertes atomwaffenfähiges Uran aus dem Forschungsreaktor FRM II in Garching. Damit drohe der Ausbau des Ahauser Zwischenlagers zum militärischen Sicherheitsbereich.

Für die Wiederaufnahme der Transporte gebe es keinerlei Grund, sagt Eickhoff: Noch immer seien die Castoren ein Sicherheitsrisiko. Bundesminister Jürgen Trittin (Grüne) hatte die Transporte 1998 stoppen lassen, nachdem an der Außenhülle der Castoren radioaktives Material festgestellt worden war. Außerdem gelten die Aluminiumdichtungen der Behälter als unsicher - bei im sogenannten Nassverfahren beladenen Castoren der Baureihe 440/84 waren vor fünf Jahren Korrosion und Rostfraß festgestellt worden.

Keinerlei Schutz bietet auch das Zwischenlager selbst: Die Lagerhalle ist aus Wellblech gefertigt, durch Öffnungen zirkuliert Frischluft, um die Castoren zu kühlen. Ein Flugzeugabsturz wäre eine Katastrophe: "Die Halle ist mit einfachsten Mitteln gebaut", betont Felix Ruwe von der Bürgerinitiative ,Kein Atommüll in Ahaus'. "Die Transporte sind unsinnig - im Gegensatz zu Ahaus ist Rossendorf doch bereits ein Hochsicherheitsbereich."

Scharfe Kritik übten die Atomkraftgegner auch an der Reaktion der Polizei auf eine erste Protestaktion am Mittwoch - Polizeisprecher Frank Rentmeister bestätigt Anzeigen wegen Nötigung, Hausfriedensbruchs und Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Die Demonstranten hätten sich friedlich verhalten, sagt dagegen Atomkraftgegner Eickhoff: "Wie bei den Protesten 1998 reagiert die Polizei unverhältnismäßig hart."" ANDREAS WYPUTTA

taz NRW Nr. 7239 vom 20.12.2003, Seite 2, 82 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS WYPUTTA

 

Westfälische Nachrichten Samstag, den 19.12.2003

Können und wollen nicht tatenlos zusehen

-rs- Ahaus. Das Brennelement-Zwischenlager (BZA) in der Ahauser Bauerschaft Ammeln - es wird in Zukunft wohl wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Die Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus (BI) kündigte gestern in einer Pressekonferenz gemeinsam mit weiteren Anti-Atomkraft-Initiativen des Münsterlandes Protestaktionen vor dem Zwischenlager an. Bereits am vergangenen Mittwoch hatte dort eine friedlich verlaufene Demonstration stattgefunden, bei der Atomkraftgegner kurzzeitig von der Polizei in Gewahrsam genommen worden waren (WN berichteten).

Jede Verschiebung von radioaktiven Abfällen ist eine Gefahrenquelle. Dem können und wollen wir nicht tatenlos zusehen, erklärte Matthias Eickhoff von der münsterschen Gruppe Widerstand gegen Atomanlagen (WIGA), einer der drei zum Protest aufrufenden Initiativen. Hintergrund: Laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit könnten ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres hochradioaktive Brennelemente aus dem Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden mittels Castoren nach Ahaus transportiert werden. Es handelt sich um 18 mit Atommüll beladene Behälter vom Typ MTR-2, die unseren Informationen nach über die Straße ins BZA gebracht werden sollen, so Felix Ruwe, Sprecher des Ahauser BI. Letzteres habe er aus zuverlässiger Quelle erfahren. Auf einer rund 600 Kilometer langen Strecke auf Autobahnen und Landstraßen können viele unvorhersehbare Dinge geschehen, wie soll da die Sicherheit gewährleistet werden?, kritisierten Eickhoff und Ruwe und kündigten entschiedenen Widerstand an. Will heißen: In den kommenden Wochen und Monaten sollen gemeinsame Aktionen organisiert und eine möglichst breite Öffentlichkeit angesprochen werden. Geplant sei, den seit 1994 existenten Sonntagsspaziergang vor dem BZA zu einem Forum auszubauen. Auch weitere Blockadeaktionen sowie unangemeldete Demonstrationen schließen die Atomkraftgegner nicht aus. Ziel ist es, einen kontinuierlichen Prozess gegen die geplanten Transporte, aber auch gegen die rot-grüne Atompolitik allgemein in Gang zu bringen, so Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, der dritten zum Protest aufrufenden Anti-Atom-Initiative. Und das Selbstbewusstsein ist offenbar groß. Ruwe: Wir sind uns sicher, dass wir viele mobilisieren können. Das Vertrauen in die Bundespolitik, die einen Atomausstieg propagiert, aber das Gegenteil tut, schwindet. Die Atomkraftgegner machten gestern deutlich, dass sie an den von der Politik festgelegten Grundsatz des Ausstiegs schon lange nicht mehr glauben. Wir erwarten einen Anstieg der Atomtransporte, und ein schlüssiges Konzept zur Endlagerung liegt nach wie vor nicht vor, sprach Hesters von einer Mogelpackung.

An möglichen Transporten von Rossendorf nach Ahaus (Ruwe: Wie wir bestätigt bekommen haben, liegt ein konkreter Antrag derzeit beim Bundesumweltministerium noch nicht vor) kritisieren die Sprecher vor allem, dass eine Lagerung von Atommüll in Ahaus gegenüber Rossendorf keineswegs sicherer und daher überflüssig ist. Zudem gebe es in Ahaus im Gegensatz zu Rossendorf keine Möglichkeit, Castoren des Typs MTR-2 zu reparieren. Derweil hat der Bürgermeister der Stadt Ahaus, Dr. Dirk Korte, das Ministerium um eine Stellungsnahme gebeten, warum die in Rossendorf vorhandene Transportbereitstellungshalle nicht weiter für die Lagerung der Brennelemente genutzt werden kann.

Der sächsische Forschungsreaktor ist eine Altlast aus der DDR-Vergangenheit, die auf den Bund übergegangen ist. Gegenüber der in Ahaus erscheinenden Münsterlandzeitung hatte ein Ministeriumssprecher erklärt, dass das Forschungszentrum abgerissen werden soll. Dazu gehöre auch der Abtransport der Castoren. Die Initiativensprecher kritisierten das als unüberlegte Anpassung an kurzfristige Bedürfnisse. Von einer grünen Wiese, die in Rossendorf angestrebt wird, kann keine Rede sein, dort lagert noch tonnenweise radioaktiver Müll unbekannter Herkunft, hat Willi Hesters von dort ansässigen Bürgerinitiativen in Erfahrung gebracht.

 

Münsterland-Zeitung in Ahaus: am 19.12.03

Breiten Protest gegen Castor angekündigt

Ahaus - Gegen mögliche Castortransporte aus dem Forschungsreaktor Rossendorf ins Brennelement-Zwischenlager Ahaus wollen münsterländische Atomkraftgegner bundesweit Proteste mobilisieren. Dies kündigten gestern Vertreter der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen und der WIGA (Widerstand gegen Atomanlagen) Münster in Ahaus an. Die Atomkraftgegner erwarten, dass ab Mitte nächsten Jahres 18 Castorbehälter mit radioaktivem Müll aus dem Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden nach Ahaus gebracht werden " und zwar auf dem Straßenweg, wie sie "aus zuverlässiger Quelle" erfahren haben wollen.

Der Transport ist nach Ansicht der Atomkraftgegner überflüssig und risikoreich. Er verschleiere wie andere Castortransporte auch, dass die Entsorgungsfrage ungeklärt sei. Darum sei ein sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft nötig. Die Brennelemente aus Forschungsreaktoren seien zwar wesentlich kleiner als solche aus Atomkraftwerken, so die Sprecher der Bürgerinitiativen. "Sie haben aber einen höheren Anteil an spaltbarem Uran und weisen wegen der längeren Einsatzzeit einen höheren Abbrand auf."

Sonntagsspaziergang

Gegen den Transport werde eine breite Protestkampagne geplant. Zur Verabredung eines überregionalen Aktionsprogramms sei für Ende Januar ein Treffen aller beteiligten Standortinitiativen anberaumt worden. Den Grünen warfen die Atomkraftgegner eine chaotische und widersprüchliche Energiepolitik vor. Statt den angekündigten Ausstieg aus der Atomkraft zu betreiben, habe die rot-grüne Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Atomindustrie verbessert.

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) ruft für den kommenden Sonntag, 21. Dezember, zur Teilnahme am traditionellen Protest-Sonntagsspaziergang rund um das Zwischenlager in Ahaus auf. Der Protestmarsch beginnt um 14 Uhr vor dem Zwischenlager.

Rat vertagt Debatte

Der Rat der Stadt hat am Donnerstag die von der UWG beantragte Diskussion über den möglichen Castortransport aus Rossendorf einvernehmlich vertagt. Zunächst soll eine Stellungnahme des Bundesumweltministeriums abgewartet werden, um Klarheit über mögliche Transportabsichten zu erhalten.gro

 

AFP Mittwoch 17. Dezember 2003, 14:06 Uhr

Polizei löst Blockade vor Zwischenlager Ahaus auf

Ahaus/Borken (AFP) Aus Protest gegen weitere Castor-Transporte nach Ahaus haben Atomkraftgegner am Morgen gut eine Stunde lang die Hauptzufahrt zu dem westfälischen Zwischenlager blockiert. Wie die Polizei in Borken mitteilte, bildeten die 15 Demonstranten eine Menschenkette und versperrten die Zufahrt mit Strohballen und einem Fass. Mitarbeiter der Anlage mussten auf andere Eingänge ausweichen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Die Demonstration wurde von der Polizei auflöst, nachdem die Castor-Gegner trotz mehrfacher Aufforderung die Blockade nicht beendet hatten.

Die Anti-Atom-Aktivisten ließen sich laut Polizei widerstandslos zur Wache mitnehmen, wo ihre Personalien festgestellt wurden. Offen blieb demnach bisher, ob die Demonstranten mit rechtlichen Konsequenzen wegen der nicht angemeldeten Aktion rechnen müssen. Die Atomkraftgegner wollten nach eigenen Angaben mit der Blockade gegen Pläne der Bundesregierung protestieren, im zweiten Halbjahr 2004 erneut Atommüll in Ahaus einzulagern. Das radioaktive Material soll nach Angaben der Atomgegner aus dem ehemaligen Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden in 18 Castor-Behältern in das münsterländische Zwischenlager gebracht werden. Wegen der geplanten Atommülltransporte kündigte die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" für die kommenden Wochen weitere Proteste an.

Derweil korrigierte die Polizei eigene Angaben vom Morgen, wonach bei dem Einsatz ein Streifenwagen beschädigt wurde. Vielmehr habe ein Demonstrant versehentlich ein Notausstiegsfenster des Polizeiwagens geöffnet, wobei eine Plexiglasscheibe herausgefallen sei.

weitere Pressemeldungen

zurück