Münsterland Zeitung v. 11.03.2000

Kein Unterricht in der Nähe der Castorbehälter

Ahaus (gro)- Das nordrhein-westfälische Schulministerium hat nach Protesten der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) geplante Unterrichtsprojekte mit Radioaktivitäts-Messungen im Brennelemente-Zwischenlagers (BZA) gestoppt.

Die Bezirksregierung in Münster bestätigte gestern auf Anfrage, dass das Ministerium einen entsprechenden Erlass nach Münster geschickt habe. Per Verfügung werde die Bezirksregierung nun den SchuIen eine Teilnahme an der von Prof. Dr. Eckhard Riickl konzipierten Unterrichtsreihe untersagen, erklärte gestern der Sprecher der Bezirksregierung, Cord Witkowski, gegenüber dieser Zeitung.

In einem Pilotprojekt hatten Schülerinnen und Schüler aus den zehnten Klassen des Alexander-Hegius-Gymnasium im vergangenen Jahr Strahlungsmessungen in der BZA-Lagerhalle durchgeführt. (Münsterland Zeitung berichtete). Initiator Rückl, der am Institut für Didaktik der Naturwissenschaften an der Universität Hannover tätig ist, hatte danach allen weiterführenden Schulen in Ahaus vorgeschlagen, ähnliche Projekte im Physikunterricht durchzuführen. Dabei sollten die Schüler "innerhalb und außerhalb des BZA" Strahlungsmessungen vornehmen und diese im Unterricht auswerten.

Die Messungen. so befürchtete die BI in Briefen an Landesregierung, Bezirksregierung, Schulen und Schulpflegschaften setzten minderjährige Schüler ohne Notwendigkeit einem Strahlungsrisiko aus. Die Seriosität des Unterrichtsprojekts sei zudem zweifelhaft. Es bestünde Grund zur Annahme, dass die Schule instrumentalisiert werde, um Akzeptanz für umstrittene kerntechnische Anlagen zu schaffen.

Dieser Eindruck könne durchaus entstehen, sagte gestern auch der Sprecher der Bezirksregierung unter Hinweis auf eine Veröffentlichung Rückls. Die Bezirksregierung begrüße praxisorientierte Lernprojekte. Sie dürften aber keinesfalls tendenziös sein.

Das NRW-Schulministerium teile die Bedenken der BI, heißt es in dem Antwortschreiben aus Düsseldorf. Das Ministerium dementierte auch Rückls Aussage gegenüber den Schulen, das Projekt habe die Zustimmung der NRW-Staatskanzlei und solle mit "Förderung der Bezirksregierung Münster" realisiert werden. Davon könne nicht die Rede sein, hieß es aus dem Schulministerium. Und wörtlich: "So findet insbesondere die inhaltliche Gestaltung des durchgeführten Projekts in die die Bezirksregierung nicht einbezogen wurde keine Zustimmung."

Unterstützung hatte die BI vom stellvertretenden Vorsitzenden der Strahlenschutzkommission der Bundesrepublik, Prof. Dr. Wolfgang Köhnlein, erhalten. Der Strahlenbiologe bezeichnete das Vorhaben als buchstäblich heiße Angelegenheit". Bei dieser Aktion mit Schülern handele es sich um "eine nicht gerechtfertigte Strahlenexposition".

Rückl hat dagegen gestern bekräftigt, dass das Pilotprojekt "mit ausdrücklicher Unterstützung der Staatskanzlei" geplant und durchgeführt worden sei. .Die Behauptung, die Strahlenschutzvorschriften seien nicht eingehalten worden seien "absoluter Unsinn". Die Schüler hätten nur Messungen außerhalb des Kontrollbereichs durchgeführt. Der Schülerbesuch im BZA sei auch von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden. Weil er gewusst habe. dass das Projekt "politisch brisant' sein könne, sei die Bezirksregierung vorab informiert worden, betonte Rückl. Für den Stopp des Projekts gebe es "keinerlei sachlichen Gründe".

Bezirksregierungssprecher Witkowski erklärte, seine Behörde habe das Pilotprojekt "im Groben" gekannt, es aber nicht gefördert. Die Strahlenschutzvorschriften seien eingehalten worden. Auch das Hegius-Gymnasium habe "gewissenhaft und umsichtig" gehandelt.

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