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ddp 29.04.2006

Tschernobyl ist überall

Biblis (ddp-hes). Anlässlich des 20. Jahrestags der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl haben mehrere hundert Demonstranten am Samstag im südhessischen Biblis gegen den Weiterbetrieb des dortigen Atomkraftwerks protestiert. Zu der Veranstaltung hatte ein Aktionsbündnis aus Umwelt- und Friedensgruppen aufgerufen. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf 500 bis 600, die Organisatoren sprachen dagegen von 1000 Demonstranten. Nach einer Kundgebung im Ortszentrum von Biblis zogen sie am Mittag zum nahe gelegenen Atomkraftwerk.

Während die Atomkraftgegner mit ihren bunten Transparenten die knapp drei Kilometer vom Ortskern der Gemeinde Biblis bis hin zum Block A und B des Kernkraftwerks zurücklegen, blicken Anwohner kritisch aus Fenstern, stehen an Straßenecken und stecken die Köpfe zusammen. «Wie die schon aussehen», sagt ein 66 Jahre alter Mann. Während seine Frau im Hintergrund über die Kosten des Polizeieinsatzes mosert, macht ihr Mann deutlich, dass er kein Problem mit dem Kraftwerk hat.

Die Demonstranten - sie kommmen aus Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und einige sogar aus Frankreich - schleppen gelbe Tonnen mit. Sie haben ferner selbst gebastelte Geigerzähler aus Pappe dabei und Transparente, auf denen zu lesen ist «Tschernobyl ist überall».

Jüngere Atomkritiker schreiten neben weißbärtigen Männern, die nicht zum ersten Mal diesen Weg gehen. «Ich war sieben Jahre alt, als Tschernobyl explodierte. Damals durfte ich auf einmal nicht mehr im Sandkasten spielen», berichtet eine junge Frau. Ob sie mit der Anzahl der Demonstranten zufrieden ist? «Na ja, es könnten mehr sein. Schließlich geht es um eine Riesensauerei.»

Mehrere Redner verleihen vor dem Marsch auf das Kraftwerk ihrer Hoffnung Ausdruck, dass künftig wieder mehr Demonstrationen, den Druck auf die Atomlobby erhöhen. Jochen Stay von der Initiative X-tausendmalQuer, die regelmäßig gegen die Castor-Transporte im Wendtland protestiert, hält eine kämpferische Rede. Zwar seien die Argumente längst ausgetauscht - beispielsweise über die ungelöste Frage des verstrahlten Atommülls. Doch die Konzerne, die ein wirtschaftliches Interesse an längeren Laufzeiten hätten, verunsicherten die Menschen.

Aus Sicht des Mediziners Ulrich Peckolt von IPPNW (Ärzte gegen den Atomkrieg) wird der Ausstieg aus der Atomenergie vor allem von Seiten der CDU immer wieder in Frage gestellt, was ein Machtwort der Kanzlerin notwendig mache: «Frau Merkel -schalten Sie ab», ruft er vor der katholischen Kirche in Biblis, von wo aus die Demonstranten ihren Zug starteten.

Im speziellen Fall Biblis nennt Peckolt 49 schwerwiegende Sicherheitsmängel des Atomkraftwerks, die ein sofortiges Abschalten rechtfertigten. Aus Sicht von Guido Carl vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spielen die Konzerne auf Zeit. Wenn die Laufzeiten jüngerer Atommeiler auf die älteren übertragen werden, dann müssten die Betreiber theoretisch alle Atomkraftwerke in einigen Jahren relativ zeitgleich abschalten. «Die möglichen Engpässe könnten dann zu Sondergenehmigungen führen, was den Atomkonsens nachhaltig in Frage stellen würde», sagt er.

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taz 27.04.2006

Atomkraft - doch wieder?

Energiekonzern Vattenfall will in den nächsten zehn Jahren neues Atomkraftwerk bauen. Standort wahrscheinlich in seinem Monopolgebiet in Norddeutschland. Scharfe Kritik von Rot-Grün und Umweltverbänden an den Plänen

Den Neubau eines Atomkraftwerks "in den nächsten zehn Jahren" kann der Energiekonzern Vattenfall "sich vorstellen". Das erklärte Bruno Thomauske, Geschäftsführer der Hamburger Vattenfall-Filiale, die bis Ende vorigen Jahres Hamburgische Electricitäts-Werke (HEW) hieß. Zuvor müssten jedoch, fordert Thomauske, die Laufzeiten der bestehenden Reaktoren verlängert werden.

Über konkrete Vorstellungen schweigt der Stromkonzern, der in Norddeutschland eine Monopolstellung hat, sich aus. Für Atomkritiker ist jedoch "klar", dass ein neues AKW nur im Versorgungsgebiet Vattenfalls denkbar wäre: in Schleswig-Holstein oder - wahrscheinlicher - in Mecklenburg-Vorpommern.

Mit diesem Vorstoß stellt der drittgrößte Energieproduzent Deutschlands den Ausstieg aus der Atomenergie so scharf wie noch nie in Frage. Die Große Koalition im Bund hält zwar offiziell an der Stillegung von Atommeilern fest, wie sie von der rot-grünen Vorgängerregierung vereinbart wurde. In der CDU wird jedoch weiter an der Möglichkeit festgehalten, die Ausdehnung der Betriebsdauer an strengere Sicherheitsbedingungen zu knüpfen.

Renate Backhaus vom Bundesvorstand des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) reagierte mit strikter Ablehnung auf die Ankündigung von Vattenfall. Wie vereinbart, "müssen in den nächsten vier Jahren vier AKW vom Netz genommen werden", forderte sie. Eines davon ist nach dem Atomkonsens der Meiler Brunsbüttel, an dem Vattenfall beteiligt ist. Die beiden anderen Atomreaktoren des Konzerns, Krümmel und Brokdorf, stehen ebenfalls in Schleswig-Holstein. Ihre Stillegung ist für 2016 und 2022 vorgesehen.

Eine "ungeheuerliche Provokation" sieht die Umweltexpertin der Hamburger SPD, Monika Schaal, in dem Vorstoß des Konzerns. In der gestrigen Debatte der Bürgerschaft über den GAU von Tschernobyl vor 20 Jahren lehnte sie ebenso wie ihr Fachkollege Christian Maaß von den Grünen "jeden Ausstieg aus dem Ausstieg ab". Eine echte Einwirkungsmöglichkeit hat die Hamburger Politk allerdings nicht mehr: Die Mehrheitsanteile der Stadt an den HEW wurden nach 1999 vom damaligen rot-grünen Senat an den schwedischen Energiekonzern Vattenfall verkauft. Die Quittung droht jetzt.

Die CDU-Regierung in der Hansestadt sieht den Atomkurs Vattenfalls positiv. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall preist trotz des "schrecklichen Unfalls von Tschernobyl" die "Kernenergie" als Ausweg aus der Klimakatastrophe.

Das Gegenteil sei der Fall, findet die grüne Bundestagsabgeordnete Anja Hajduk. "Eine Renaissance der Atomkraft" würde "die Investitionen in umweltfreundliche Energieformen verhindern". Und der Hamburger BUND-Chef Manfred Braasch hält die Vattenfall-Drohung "ausgerechnet zum Jahrestag von Tschernobyl für eine zynische Verhöhnung der Opfer des GAU".

Im Hamburger Landesparlament sorgte die Debatte für einen Eklat. Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) zwang die Grünen und viele SPDler, ihre "Atomkraft-Nein Danke"-Sticker abzunehmen. "Politische Aussagen", so seine Begründung, "sind hier unzulässig". Sven-Michael Veit

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Netzeitung 26. Apr 2006

Zehntausende gedenken der Tschernobyl-Opfer

Schweigend zogen Tausende durch die Straßen - im Gedenken an die Opfer von Tschernobyl. Zum Zeitpunkt der Explosion erklangen Glocken. In Weißrussland wird die Trauer zum politischen Protest genutzt.

Mit Gottesdiensten und Schweigeminuten haben Zehntausende in der Ukraine, Weißrussland und Russland der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 20 Jahren gedacht. Am Ort der Tragödie in der Nordukraine versammelten sich frühere Mitarbeiter des Kraftwerks und deren Familien zu Ehren der unzähligen Tschernobyl-Opfer.

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko erinnerte an das Schicksal der Strahlenopfer. Er kündigte an, die Zone um den Reaktor in der Zukunft wieder besiedeln zu wollen. «Für Hunderttausende oder vielleicht Millionen Menschen, die nun über die Ukraine verstreut leben, ist dieses Stück Land heilig», sagte er.

Auf dem Roten Platz in Moskau nahm die Polizei 13 Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace fest, die ungeachtet eines Demonstrationsverbots gegen die fortdauernde Atomkraftnutzung in Russland protestiert hatten.

In der Nacht gedachten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hunderte Menschen an einer Gedenkfeier am zentralen Tschernobyl-Mahnmal teil. Um 1:23 Uhr (Ortszeit) läuteten vielerorts in der Stadt die Glocken. Zu diesem Zeitpunkt war am 26. April 1986 der vierte Reaktorblock von Tschernobyl nach einer gescheiterten Notfallübung explodiert. Das Ausmaß der Katastrophe ist bis heute umstritten. Während konservative Studien von langfristig maximal 4000 Toten ausgehen, sprechen Atomkraftgegner von bis zu 100.000 Toten.

Politischer Protest in Minsk

In Weißrussland riegelte die Polizei den zentralen Oktoberplatz in Minsk ab. Dennoch marschierten bis zu 10.000 Demonstranten am Abend unter Führung von Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch zu einem Platz mit einem Denkmal für die Opfer von Tschernobyl. Seit Jahren nutzt die Opposition den Tschernobyl-Marsch am 26. April auch dazu, um gegen die autoritäre Politik von Staatspräsident Alexander Lukaschenko zu demonstrieren. «Wir werden dieses Regime mit friedlichen Aktionen zerstören», sagte Milinkewitsch.

Bis heute ist ein Fünftel der Fläche Weißrusslands radioaktiv verstrahlt. Lukaschenko nannte ungeachtet dessen den Aufbau einer eigenen Atomindustrie als nationales Ziel. Die Polizei rief über Lautsprecher die Menschen auf, nach Hause zu gehen, da die Kundgebung im Stadtzentrum von den Behörden nicht genehmigt worden sei.

In Rom rief Papst Benedikt XVI. vor Tausenden Menschen auf dem Petersplatz dazu auf, Atomenergie nur friedlich zu nutzen. In Deutschland hat Greenpeace angekündigt, sich in 70 Städten mit Mahnveranstaltungen und Protestaktionen unter anderem vor dem Brandenburger Tor in Berlin für ein Ende der Atomkraft einzusetzen. (nz)

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Reuters 26.04.2006

Tschernobyl-Jahrestag heizt Atom-Debatte weiter an

Berlin (Reuters) - Der 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat den Streit über den Atomausstieg in Deutschland weiter angeheizt.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bekräftigte, Forderungen aus der Union und der Energiewirtschaft nach längeren Laufzeiten der Kernkraftwerke nicht nachzugeben. "Die prinzipiellen Risiken sind zu groß und außerdem wollen wir nicht unnötigen Atommüll produzieren", sagte er am Mittwoch. Der SPD-Politiker wurde von seinem Vorgänger Jürgen Trittin (Grüne) und Umweltschützern unterstützt. Der Verband der Elektrizitätswirtschaft Baden-Württemberg beklagte, der Gedenktag werde "von politischer Seite ausgeschlachtet", um Front gegen die Atomlobby zu machen.

Am 26. April 1986 war ein Reaktor des Kernkraftwerks in der ukrainischen Stadt Tschernobyl explodiert, was zu verheerenden Gesundheitsschäden in der Bevölkerung führte und auch auf Westeuropa ausstrahlte. Das genaue Ausmaß ist bis heute umstritten. Der Gründer der Gesellschaft für Strahlenschutz, Edmund Lengfelder, warf der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA vor, die Auswirkungen zu verharmlosen. Die Angabe von 55 Toten durch direkte Strahleneinwirkung in Berichten von WHO und IAEA sei ein znyischer Witz, sagte er dem Deutschlandradio Kultur. Denn Tausende seien an Folgekrankheiten wie Blutkrebs gestorben.

Gabriel wies Argumente der Kernkraftbefürworter nochmals entschieden zurück. Weder seien Atomkraftwerke ein Garant für niedrigere Strompreise noch der bessere Weg beim Klimaschutz, sagte er im ZDF. Frankreich nutze die Atomenergie besonders stark, habe aber trotzdem höhere Strompreise als Deutschland. Den Hinweis, Atomkraftwerke trügen zur Vermeidung von Kohlendioxid bei, ließ er nicht gelten. Es sei die Wahl zwischen Pest oder Cholera, unter Radioaktivität oder durch CO2-verursachter Umweltverschmutzung zu leiden. Von den 25 EU-Staaten hätten sich 17 gegen die Kernenergie ausgesprochen, so dass von einer Renaissence der Atomkraft nicht die Rede sein könne.

Die Ausstiegsvereinbarung in Deutschland laufe bis 2020 und bedeute nicht, dass alle Atomkraftwerke in Kürze abgeschaltet würden, sagte Gabriel. Jedoch müsse Atommüll vermieden werden, weshalb der Zeitplan bleibe. So sei es im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD festgeschrieben. Die Bundesrepublik müsse erneuerbare Energien nutzen und für mehr Effizienz beim Stromverbrauch sorgen.

TRITTIN UNTERSTÜTZT GABRIEL

Ex-Umweltminister Trittin, der für die rot-grüne Vorgängerregierung den Ausstiegsvertrag mit der Wirtschaft maßgeblich ausgehandelt hatte, sagte im Südwestrundfunk, Deutschland habe die richtige Konsequenz aus Tschernobyl gezogen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf Bundeskanzlerin Angela Merkel doppeltes Spiel in der Atompolitik vor. Während sie vordergründig am Ausstieg festhalte, fördere die Kanzlerin hinten herum auf internationaler Bühne die Atomkraft, sagte Künast der "Passauer Neue Presse".

Der Geschäftsführer des Baden-Württemberger Elektrizitätsverbandes, Bernhard Schneider, nannte es bedenklich, zwischen der Katastrophe und den Sicherheitsstandards in deutschen Kraftwerken einen direkten Zusammenhang herzustellen "und damit den Gedenktag zu einem Anti-Atomtag hochzustilisieren". Kernkraft verhindere nicht erneuerbare Energien. Es gehe um einen vernünftigen Mix.

EXPERTEN WARNEN VOR NEUEN UNFÄLLEN

Ein Reaktorunfall in Deutschland würde nach Einschätzung des Präsidenten der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, Millionen Menschen das Leben kosten. Als Grund nannte er in der "Netzeitung" die andersartige Technik, die bei einer Kernschmelze zu einer deutlich stärkeren Strahlenbelastung führen würde als damals in Tschernobyl. Zudem verwies er auf die hohe Bevölkerungsdichte in Deutschland. Es müsste dann allein mit 1,2 bis zwölf Millionen Krebstoten gerechnet werden.

Der Atomexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Thomas Breuer, warnte erneut davor, dass die Ummantelung des beschädigten Reaktors in Tschernobyl einzustürzen drohe. Die radioaktive Masse in dem Unglücksmeiler müsse geborgen werden, um wirklich für Sicherheit zu sorgen, sagte er dem Sender n-tv. Die Umweltschutzorganisation Robin Wood demonstrierte nach eigenen Angaben in zahlreichen deutschen Städten für den Atomausstieg.

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Umwelt-Journal 26.04.2006

Atomkraft - todsicher wie in Tschernobyl

Hamburg/Berlin, 26.04.2006: Mit einem Glockenschlag 23 Minuten nach jeder vollen Stunde erinnert Greenpeace seit Dienstagmittag vor dem Brandenburger Tor in Berlin an den schlimmsten Unfall in der Nutzung der Atomenergie. Um 1.23 Uhr explodierte in der Nacht zum 26. April 1986 in Tschernobyl der Atomreaktor. Er verstrahlte riesige Gebiete der nördlichen Erdhalbkugel. Hunderttausende Menschen mussten aus der Region um den Unglücksreaktor evakuiert werden.

Die Aktivisten haben in Berlin Kerzen in Form eines Radioaktivitätszeichen angezündet und halten ein Banner mit der Aufschrift: "

Am 26.4.1986 ereignete sich in einem der vier russischen Druckröhrenreaktoren (Kernkraftwerk) in T. der bislang größte Unfall in einem Kernkraftwerk.

Tschernobyl zeigt: Atomkraft ist todsicher. Abschalten!". Bis Mittwochabend 20 Uhr wollen die 15 Greenpeacer der Katastrophe gedenken. Insgesamt finden rund um den Jahrestag in 70 Städten Deutschlands Mahnveranstaltungen und lokale Protestaktionen von Greenpeace-Gruppen statt.

In Hamburg eröffnet Greenpeace am Mittwoch eine Ausstellung mit Fotos von Opfern der Radioaktivität. Die 80 Bilder von Robert Knoth zeigen Menschen aus dem Gebiet um Tschernobyl und aus den Regionen um die russischen Atomanlagen Tomsk und Majak sowie dem ehemaligen russischen Atombombentestgebiet Semipalatinsk/Kasachstan. Die Ausstellung wird derzeit weltweit in 27 Ländern gezeigt. Dieses Jahr wird sie noch in Berlin, München und Köln zu sehen sein.

"Tschernobyl hat der Welt vor Augen geführt, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist. Heute, nach 20 Jahren, muss endlich die Lehre daraus gezogen werden. Weltweit müssen die Atomkraftwerke abgeschaltet werden", fordert Jörg Feddern, Energieexperte von Greenpeace. "Keiner kann sicher sagen, wie viele Menschen an den Folgen von Tschernobyl sterben werden, wie viele erkranken werden. Aber eines ist klar: Das Leiden in den betroffenen Regionen geht weiter."

Im September 2005 behauptete die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO), die Reaktorkatastrophe werde voraussichtlich 4.000 Todesopfer durch

Durch eine bösartige Geschwulst verursachte lebensbedrohliche Erkrankung, wobei die Geschwulst in gesundes Organgewebe hineinwächst, bis schließlich das gesamte Organ durch Tumor-Gewebe zerstört ist.

Krebs zur Folge haben. Dagegen zeigt eine neue Greenpeace-Studie, dass viele Experten deutlich mehr Opfer erwarten. Die Russische Akademie der Wissenschaften geht von 270.000 zusätzlichen Krebserkrankungen mit 93.000 Todesfällen aus. Weitere Studien vermuten noch schlimmere Auswirkungen. Zudem ist Krebs nicht die einzige Folge. Das Spektrum der Erkrankungen ist groß.

Greenpeace fordert die Mitgliedsländer der IAEO auf, sich für einen Kurswandel der Organisation stark zu machen. Statt wie bisher den Bau von Atomkraftwerken zu fördern, soll die Organisation den weltweiten Ausstieg aus der Atomkraft überwachen. "Nur so lässt sich auch die Gefahr von Atombomben bannen. Das zeigt das Beispiel Iran gerade wieder ganz besonders deutlich. Wer Atomkraftwerke betreibt, kann letztendlich auch Bomben bauen", so Jörg Feddern.

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Reuters 26.05.2006

Gabriel bekräftigt sein Ja zum Atomausstieg

Berlin (Reuters) - Anlässlich des 20. Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sein Ja zum Atomausstieg bekräftigt.

Der Sozialdemokrat wies am Mittwoch die Argumente der Kernkraftbefürworter nochmals entschieden zurück. Weder seien Atomkraftwerke ein Garant für niedrigere Strompreise noch der bessere Weg beim Klimaschutz, sagte er im ZDF. Frankreich nutze die Atomenergie besonders stark, habe aber dennoch höhere Strompreise als Deutschland. Den Hinweis, Kernkraftwerke trügen zur Vermeidung von Kohlendioxid bei, ließ der Minister nicht gelten. Es sei die Wahl zwischen Pest oder Cholera, unter Radioaktivität oder durch CO2-verursachter Umweltverschmutzung zu leiden. Die Ausstiegsvereinbarung in Deutschland laufe bis 2020 und bedeute nicht, dass alle Atomkraftwerke in Kürze abgeschaltet würden. Jedoch müsse Atommüll vermieden werden.

In der Ukraine wurde den Opfern der Katastrophe gedacht. In Kiew legte Präsident Viktor Juschtschenko Rosen an einem Denkmal für die Feuerwehrleute und Ingenieure nieder, die infolge ihres Einsatzes bei der Katastrophe gestorben waren. Hunderte Menschen zogen am Mittwochmorgen mit brennenden Kerzen und roten Nelken durch die Straßen von Slawutysch. Der Ort wurde für die Arbeiter des Atomkraftwerks gebaut, nachdem am 26. April 1986 der Reaktor des Blocks IV explodiert war. Um 01.23 Uhr Moskauer Zeit - die Uhrzeit der Explosion - läuteten Glocken, Sirenen heulten auf.

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wdr 24.04.2006

Ahaus: zwischen Lager und Widerstand

Atomkraftgegner in NRW - 20 Jahre nach Tschernobyl

Von Sabine Tenta

Das Zwischenlager für radioaktiven Abfall macht Ahaus zum Epizentrum des Anti-Atomkraft-Protestes in NRW. Die Betreiber des Zwischenlagers setzen auf Wisente aus der Ex-DDR, während die Atomkraftgegner sich x-fach quer stellen.

Auf der Weide zwischengelagert

Ein normaler Werktag im April in Ahaus: Auf einer Wiese vor den Toren der Stadt fressen stoisch drei Wisente ihr Heu, umgeben von einem zwei Meter hohen Elektrozaun. Hinter den exotischen Rindern steht ein Betongebäude, das in NRW ähnlichen Seltenheitswert hat: Das "Brennelemente-Zwischenlager", auch kurz BZA genannt. Das Tor zu dem riesigen, 200 Meter langen Betongebäude ist weit geöffnet, Autos fahren ein und aus. Über das Dach des Lagers ragen die Flügel einer nahegelegenen Windkraftanlage. Es wirkt wie eine stille Dauerdemonstration für erneuerbare Energien. Dass davor in dem Betongebäude Castoren mit radioaktivem Müll lagern, ist von außen nicht zu sehen. Auf gut sichtbare Firmenschilder hat die Betreibergesellschaft verzichtet.

Die Protestplakate auf der anderen Straßenseite sind dagegen unübersehbar: Schrillgelbe Warnzeichen für Radioaktivität und die Forderung: "Nix Castor". Sie stammen von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus". Deren Sprecher Felix Ruwe freut sich: "Dass wir die Wiese direkt gegenüber gepachtet haben, ärgert die Betreiber vom BZA ganz schön." Sein Mitstreiter Willi Hesters erklärt, dass die Wisente auf dem Gelände des Zwischenlagers dem BZA gehören. Ursprünglich seien sie Erich Honecker von einem Staatsgast geschenkt worden. Das zottelige Vieh, das die DDR und Honecker überlebt hat, vermittelt den friedlichen Eindruck von urwüchsiger und unverwüstlicher Natur. Hesters interpretiert die Viehhaltung anders: "Der Hintergrund ist, dass ein Elektrozaun nicht ohne weiteres gegen Menschen, also in diesem Fall Demonstranten, aufgezogen werden darf."

Demo zum Tschernobyl-Jahrestag

Die Bürgerinitiative Ahaus hat rund 300 Mitglieder und kann auf eine knapp dreißigjährige Geschichte zurückblicken, die eng mit der Historie des Zwischenlagers verknüpft ist. Das Vereinsbüro in der Ahauser Innenstadt ist eine Art Widerstands-Zwischenlager: Hier warten Fahnen, Transparente und Megafone auf ihren nächsten Demo-Einsatz am 29. April.

Aus Anlass des 20. Jahrestages der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl startet am Ahauser Bahnhof eine "Demonstration für den sofortigen Atomausstieg." Aus dem ganzen Land werden Atomkraftgegner erwartet. "Es sind immer noch viele Bürgerinitiativen aktiv, zum Beispiel die in Hamm, obwohl der Hochtemperaturreaktor dort schon 1989 stillgelegt wurde" sagt Felix Ruwe. Weitere Anti-Atomkraft-Initiativen hätten sich in den letzten Jahren gegründet: "Es ist ja keineswegs so, dass es in Nordrhein-Westfalen keine Atomindustrie gibt."

Zum einen würden die NRW-Energiekonzerne Eon und RWE Atomkraftwerke betreiben, wenn auch außerhalb der Landesgrenzen. Zum anderen gebe es in Gronau die Urananreicherungsanlage. Sie macht Gronau zu einem weiteren Schwerpunkt des Anti-AKW-Protestes in NRW. Die Stadt liegt knapp 20 Kilometer von Ahaus entfernt, die Aktivisten beider Städte stehen in regem Austausch. Willi Hesters sagt: "In Gronau wurden die Iraner ausgebildet, die jetzt in ihrem Heimatland Uran anreichern." Zudem würde Uran aus Gronau nach Russland transportiert, "und da geht ja gerne mal was unterwegs verloren", sagt Felix Ruwe mit sorgenvoller Miene. Er befürchtet, dass Terroristen Zugang zu Uranmunition erhalten.

X-fach quer gestellt

Auf nahezu allen Broschüren, Aufklebern und Postkarten, die im Büro herumliegen, prangt das gelbe "X". Es ist neben der roten Sonne auf gelbem Grund zum zweiten Symbol der Anti-Atomkraft-Bewegung geworden. In Ahaus hängt es an Häuserwänden, klebt auf Autos und Fahrrädern. Das X steht für den Protest gegen die Castor-Transporte (Motto: "Wir stellen uns quer") und für den "Tag X", denn die genauen Termine für die Transporte werden immer erst kurzfristig bekannt. Wenn die Castoren rollen, dann ist Demonstrations-Hochsaison in Ahaus.

In den letzten Jahren hat der Protest allerdings deutlich nachgelassen. 1998 kamen noch 10.000 Menschen zu den Protest-Aktionen. Im vergangenen Jahr, als die Castoren aus dem sächsischen Rossendorf kamen, waren es nur noch rund 3.000. "Die Ausstiegsverhandlungen von Jürgen Trittin mit der Atomwirtschaft haben den Widerstand geschwächt", sagt Felix Ruwe, "da haben sich viele gesagt, das ist jetzt entschieden." Entschieden ist für Ruwe jedoch noch lange nichts, die vereinbarten Restlaufzeiten der Atomkraftwerke sind ihm viel zu lang. Darum wird in Ahaus beharrlich weiter demonstriert. Einmal im Monat findet eine Kundgebung statt, die "Sonntagsspaziergang" genannt wird. Im Mai wird es bereits die 138. Auflage geben. Die Teilnehmerzahl schwankt, manchmal sind es nur 50, vor den Transporten aber bis zu 200 Menschen. "Nach dem GAU in Tschernobyl kamen sogar zwischen 300 und 400 Leute", erinnert sich Felix Ruwe. Die Informationen der Atomkraftgegner seien damals sehr gefragt gewesen.

"Atomenergie und Atommüll können nicht sicher sein"

Treffpunkt für den katholischen Protest

Begleitend zu den Sonntagsspaziergängen gibt es in der Ammelner Kapelle, die nur wenige hundert Meter vom Zwischenlager entfernt steht, einen Wortgottesdienst. Gestaltet wird er von den Mitgliedern der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD). "Auf unvorstellbare Zeitspannen hin bleibt der Atommüll ein Mensch und Natur gefährdendes Material. Atomenergie und Atommüll können nicht sicher sein", sagt Gertrud Roth, Sprecherin des Kreisdekanats Borken. Sie vertritt 28.000 Frauen und hat damit eine einflussreiche Stimme in einer Region, die durch und durch katholisch ist. Gertrud Roth betont, dass sie nicht zum Sprachrohr der Bürgerinitiative werden wolle und dass das Thema Atomenergie in ihren Reihen durchaus kontrovers diskutiert werde. Aber im Sinne der "Bewahrung der Schöpfung, die uns Frauen vielleicht näher ist, weil wir Leben weitergeben", sei es wichtig, sich an den Protesten zu beteiligen, sagt die dreifache Mutter und zweifache Großmutter. Darum habe sich das Kreisdekanat im März 2004 ausdrücklich gegen die Castor-Transporte ausgesprochen. Beim letzten Transport stand auch Gertrud Roth mit ihren Mitstreiterinnen drei Nächte lang vor den Toren des Zwischenlagers. "Es war eine sehr bedrückende Stimmung, als die Lkw schließlich kamen mit dieser erstaunlichen Menge an Polizeiwagen", erinnert sie sich. "Eigentlich komisch, wenn ich heute am Zwischenlager vorbei fahre, dann steht das Tor weit offen. Das sieht richtig einladend aus, als könnte man einfach so reinspazieren."

http://www.wdr.de/themen/politik/nrw02/tschernobyl/ahaus.jhtml?rubrikenstyle=politik#wsStichwortLink02

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SOFA Münster - 23.04.2006 02:36 (über www.de.indymedia.org)

Russland: Proteste gegen Uranzug aus Gronau

Der Urantransport aus Gronau, der am 19. April, startete, stößt in Russland auf starken Protest. Nach einer Pressekonferenz der Umweltorganisation ecodefense am geplanten Zielort in Ekaterinenburg interessieren sich Medien, lokale PolitikerInnen und Staatsanwälte für den Fall. In Russland ist nämlich der Import von Atommüll eigentlich gesetzlich verboten. Die Ankunft der Uranzuges wird nach der Verladung des Atommülls in St. Petersburg am 27. April in Ekaterinenburg erwartet. Dann kommt passend zum Tschernobyl-Jahrestag deutscher Atommüll in Russland an ... Wir erklären uns mit unseren russischen FreundInnen solidarisch in ihrem Kampf gegen den deutschen Atommüllexport!

Heute haben in Gronau und Almelo/NL rund 200 Leute gegen die Urananreicherungsanlagen protestiert. Thema waren auch die Urananreicherung im Iran. Im Mittelpunkt stand die sofortige Stilllegung der Anlagen.

Dies ist erst der Anfang der Demos zum 20. Tschernobyl-Jahrestag im Münsterland und Umgebung. Am 25./26. April werden viele lokale Aktionen stattfinden, z. B. eine nächtliche Mahnwache vor dem Zwischenlager Ahaus.

Am Samstag, 29. April, steigt dann um 12 Uhr die Großdemonstration in Ahaus mit internationaler Beteiligung, u. a. aus Frankreich, den Niederlanden und Zimbabwe. Es geht darum, der Atommafia öffentlichen Druck entgegenzusetzen. Mit uns ist eine Renaissance der Atomenergie nicht durchsetzbar.

Aufruf, Plakat und weitere Infos finden sich unter www.bi-ahaus.de und www.sofa-ms.de

Atomkonzerne auflösen - sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie !!

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22.04.2006 SEIT 20 JAHREN TSCHERNOBYL - das taz-dossier - 14 Beiträge

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WDR 22.4.06:

Atomkraftgegner demonstrieren

In Gronau erinnern am Samstag Atomkraftgegner an die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl vor 20 Jahren. Sie demonstrieren für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und die Schließung der Urananreicherungsanlagen in Gronau und in Almelo. Die grenzüberschreitende Kundgebung wird am Samstagnachmittag in Almelo fort-gesetzt.

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TAZ NRW vom 22.4.06:

Anti-Atom unter Strom

Zum 20. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe demonstrieren Atomkraftgegner in ganz NRW für einen schnellen Atomausstieg. Unterstützt werden sie von einer breiten Bevölkerungsmehrheit

VON ANDREAS WYPUTTA

Der 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl mobilisiert Nordrhein-Westfalens Anti-Atombewegung. Mit dutzenden Veranstaltungen landesweit werden Atomkraftgegner in den kommenden Tagen an den Super-GAU in dem ukrainischen Atomkraftwerk erinnern, der am 26. April 1986 weite Teile Europas verstrahlte - und so gegen die Gefahren der Atomindustrie demonstrieren (siehe Kasten).

Dabei können sich die Anti-Atom-Aktivisten auf die Unterstützung breiter Teile der Bevölkerung verlassen. Nach einer aktuellen, bisher unveröffentlichten Studie des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) unterstützen 62 Prozent der Bundesbürger die Forderung nach einem "schnellen Atomausstieg".

Schlicht nicht mehrheitsfähig sind damit Versuche der nordrhein-westfälischen Landesregierung, der Atomenergie langfristig eine Renaissance zu bescheren: Noch Anfang April hatte NRWs Vize-Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) den von der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung durchgesetzten Atomausstieg als "das völlig falsche Signal" bezeichnet. "Wir führen eine völlig verklemmte Debatte. Wir dürfen Kernkraftwerke als Option nicht ausschließen", meint Nordrhein-Westfalens Forschungsminister. Selbst Thorium-Hochtemperatur-Reaktoren (THTR) hält Pinkwart für "eine zukunftsweisende Technologie" - dabei war der bisher bundesweit einzige Atommeiler dieser Bauart im westfälischen Hamm Ende der achtziger Jahre nach einer Pannenserie abgeschaltet worden. Anfang Januar hatte auch die CDU-Landesministerin für Wirtschaft und Energie, Christa Thoben, für die Hochtemperaturtechnik geworben.

Pinkwart und Thoben betrieben eine "irrlichternde Debatte", halten Atomkraftgegner wie Dirk Jansen vom nordrhein-westfälischen BUND dagegen. "Statt in erneuerbare Energien zu investieren, setzen CDU und FDP auf die Technik von vorgestern." So sei das von Atomkraftbefürwortern immer wieder vorgebrachte Klimaschutzargument nichts weiter als "Propaganda der Atomstromkonzerne", sagt Jansen: "Der Sofortausstieg aus der Atomkraft und die Substitution der klimaschädlichen Kohlekraftwerke sind sehr wohl gleichzeitig möglich." Das hätten "diverse Studien", etwa des renommierten Wuppertal-Institutes, wiederholt nachgewiesen.

Auf völliges Unverständnis trifft der energiepolitische Kurs der Landesregierung auch an den nordrhein-westfälischen Atomstandorten: Pinkwart und Thoben handelten "verantwortungslos", sagt etwa Horst Blume von der Bürgerinitiative Umweltschutz am THTR-Standort Hamm. Die Landesregierung argumentiere "in Stammtischmanier" und "wenig weitblickend", kritisiert auch Felix Ruwe, Sprecher der Initiative Kein Atommüll in Ahaus - schließlich seien die weltweiten Uranvorräte genauso endlich wie die fossilen Energieträger. "Statt der Förderung ungefährlicher regenerativer Energien haben die Ministerinnen und Minister nur kurzfristige Geschäftsinteressen im Kopf." Dabei mache der Tschernobyl-Jahrestag selbst hartnäckige Lobbyisten der Atomindustrie sprachlos: "Am Zwischenlager-Standort Ahaus ist zur Zeit kein einziger Atombefürworter aufzutreiben."

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taz NRW 22.4.2006

Atomausstieg sofort

Widerstand tut Not

Aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat Nordrhein-Westfalens Landesregierung nicht das Geringste gelernt. 20 Jahre nach dem Super-GAU bastelt das Kabinett munter an einer Renaissance der Atomkraft - aller Beschwichtigungen, aller lauen Dementis von Regierungschef Rüttgers gerade im Landtagswahlkampf zum Trotz. Von Zweifeln unbelastet werben gerade FDP-Forschungsminister Andreas Pinkwart wie CDU-Wirtschaftsministerin Christa Thoben für pannenbelastete Thorium-Hochtemperatur-Reaktoren, ignorieren dabei jedes Risiko.

KOMMENTAR VON

ANDREAS WYPUTTA

Widerstand tut also Not - unumkehrbar ist der von der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossene Atomausstieg noch längst nicht. Unverzichtbar sind deshalb die vielen Demonstrationen und Proteste, zu denen die Anti-Atom-Bewegung in den kommenden Tagen landesweit aufruft. Zwar können sich die Atomkraftgegner auf die sichere Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit verlassen - immerhin sprechen sich bundesweit 62 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für einen "schnellen Atomausstieg" aus. Entscheidend aber bleibt, wie viele Demonstranten der Widerstand auf die Straße treibt: Die stille Ablehnung der Atomenergie allein dürfte Konservative und Liberale wie Pinkwart, Thoben&Co. wenig beeindrucken.

Und genau hier liegt die Gefahr für die Anti-Atombewegung. Der "schnelle Atomausstieg" ist mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, die energiepolitische Reise zurück in die fünfziger Jahre gilt Vielen als schlicht kaum noch vorstellbar. Kaum noch nötig könnte einer schweigenden Mehrheit der sichtbare Protest gegen die Renaissance der Atomkraft deshalb erscheinen - und auf genau diese Trägheit hoffen die ideologischen Hardliner der Landesregierung. Denn ohne Protest findet der Atomausstieg schlicht nicht statt.

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ntv Dienstag, 18. April 2006

20 Jahre nach Tschernobyl "Die IAEO lügt"

Studie zu Tschernobyl

93.000 statt 4.000 Tote

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 20 Jahren hat nach einer Untersuchung der Umweltorganisation Greenpeace weltweit sehr viel dramatischere Folgen für die menschliche Gesundheit als bisher angenommen.

"Neue Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften kommen für Weißrussland, Ukraine und Russland alleine auf 270.000 zusätzliche Krebserkrankungen, von denen voraussichtlich 93.000 tödlich enden werden", sagte Greenpeace-Experte Thomas Breuer bei der Vorstellung eines "Tschernobyl-Gesundheitsreports" in Berlin.

Breuer kritisierte zugleich die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO), die lediglich 4.000 Todesfälle erwartet und knapp 50 Todesfälle gezählt hat. Anders als die "verniedlichenden" Angaben der IAEO seien die Schätzungen von Greenpeace realistisch, sagte Breuer. Hinzu kämen Lungen- und andere Krankheiten wie Erbschäden-Übertragungen auf neue Generationen sowie immer noch nicht abschätzbare Todesfälle auch in Westeuropa. Ähnliche Kritik an den Zahlen der IAEO hatte bereits die Ärzte-Vereinigung IPPNW geübt (siehe Link).

"IAEO soll Ausstieg statt Atomkraft fördern"

Wie Greenpeace forderte auch das Freiburger Öko-Institut, weltweit aus der Kernenergie auszusteigen. "Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass die IAEO die Förderung der Atomkraft aufgibt und stattdessen den weltweiten Atomausstieg beaufsichtigt", sagte Breuer.

"Wir verstehen den Atomausstieg gerade jetzt, wo sich Tschernobyl jährt, als eine besondere Mahnung an die nachfolgende Generation", erklärte die Energie-Expertin des Öko-Instituts, Bettina Brohmann. "Eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken ist hingegen eine energie- und umweltpolitische Rolle rückwärts." Weder werde dadurch der Strompreis gesenkt noch der Ausstoß des schädlichen Kohlendioxids verringert. Vielmehr seien weder nukleare Entsorgung noch Sicherheitsprobleme wie terroristische Bedrohungen gelöst.

"Unsere Generation hat gesehen, wie diese Katastrophe begann, doch wird sie wohl kaum ihr Ende erleben", heißt es in dem Greenpeace-Bericht. "Die internationale Staatengemeinschaft sollte diesen Unfall zum Anlass nehmen, weltweit aus der Atomenergie auszusteigen." Dann erübrige sich auch der Atomwaffen-Streit mit Iran und Nordkorea.  

Bei dem Unglück am 26. April 1986 war der Reaktorblock 4 in Tschernobyl explodiert. Auch weite Teile Deutschlands und weiterer westlicher Staaten waren von dem Unglück betroffen.  

Deutliche Kritik an der IAEO

Wie kürzlich die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) griff Greenpeace die IAEO frontal an. Mit der Angabe von zu erwartenden 4.000 Toten habe die UN-Behörde die niedrigste Zahl einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) genannten Bandbreite bis 8.900 Tote im Jahr 2005 als Obergrenze verbreitet. "Selbst die IAEO geht in ihren Schätzungen eigentlich von mehr Todesopfern aus, als sie öffentlich erklärt", meinte Breuer. Dazu müsse man das Kleingedruckte ihrer Studie lesen. "Was die Behörde da betreibt, ist bewusste Verharmlosung."

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taz, 18.4.2006

Tschernobyl - Erfahrung des Verschweigens

20 Jahre nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Tschernobyl: Der russische Journalist und Menschenrechtler Grigori Pasko macht in seinem Heimatland eine Wiedergeburt der atomar-industriellen Macht aus. Die UNO - so sein Vorwurf - hilft dabei

VON GRIGORI PASKO

Wahrscheinlich erinnern sich nur russische Marinesoldaten an den Vorläufer der Tragödie von Tschernobyl: Am 10. August 1985 experimentierte eine Offiziersgruppe der Flotte im Stillen Ozean in der kleinen Bucht Tschaschma im Süden des Primorski-Kreises. Nahe einer Schiffsreparaturwerft wurde eine Operation zur Nachladung eines Kernreaktors durchgeführt. Als Folge von fehlerhaftem Verhalten der Spezialisten kam es zu einer Verpuffung. Zehn Menschen starben. Ich war mehrmals an den Orten, wo die Leichname der Getöteten bestattet sind, und dort, wo sich der havarierte Reaktor befindet. Noch vor wenigen Jahren war hier die Radioaktivität deutlich erhöht.

Viele Details des Unglücks von Tschaschma haben mir Augenzeugen erzählt. Und viele Details der Beseitigung der Folgen des Unfalls im Atomkraftwerk von Tschernobyl erzählte mir mein Bruder Alexander. Er ist Militärarzt und war zweimal als Liquidator in Tschernobyl. Es ist bekannt, dass der Unfall in Tschernobyl geheim gehalten wurde. Erst vor wenigen Jahren wurde bekannt, dass der Staat für die Beseitigung der Folgen der Katastrophe rund 600.000 Menschen mobilisiert hatte. Davon waren 340.000 Wehrdienstleistende, darunter 24.000 Berufssoldaten - Männer zwischen 30 und 40 Jahren. Nach Angaben der sowjetischen Streitkräfte stammte die große Mehrheit der Offiziere aus Kreisen des östlichen Teils des Landes, manche wurde dreimal als Liquidator eingesetzt. Auch noch nach dem Zusammenbruch der UdSSR war das Ereignis für Russland, die Ukraine und Weißrussland eine echte Tragödie. Heute, 20 Jahre später, schmerzt diese Katastrophe noch immer. Trotzdem finden sich zunehmend Spezialisten, die die Tragik dieser Katastrophe in Zweifel ziehen.

Am 5. September 2005 wurde der Öffentlichkeit die "historische" Studie "Das Erbe von Tschernobyl: medizinische, ökologische und sozialökonomische Folgen" vorgestellt. Die Studie hatte das "Tschernobyler Forum" erstellt - eine Gruppe von Spezialisten, die 2003 auf Initiative der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gegründet worden war. In der Studie des Forums, dem acht Unterabteilungen der UNO angehören, ist zu lesen, dass sich die Anzahl von Menschen, die in Folge von Verstrahlungen nach der Katastrophe in Tschernobyl gestorben sind, bis heute auf 56 beläuft: 47 Rettungskräfte und neun Kinder. Die Kinder starben an Schilddrüsenkrebs. Ungefähr 4.000 Menschen sind als Folge derzeit an Schilddrüsenkrebs erkrankt, von denen die Mehrheit 1986 Kinder waren. Laut Schätzungen könne die Gesamtzahl von Toten ungefähr 4.000 betragen. Das sind viel weniger, als früher geschätzt wurde: Da nahm man an, dass 15.000 Menschen Opfer der Katastrophe werden könnten. Einer der Ersten, die in Russland diesen Schlussfolgerungen widersprachen, war Professor Aleksej Jablokow, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. Er bezeichnete die Studie als "fürchterlichen Versuch, das wahre Bild der Folgen auf die Menschheit der radioaktiv verseuchten Nordhalbkugel zu entstellen". Dies geschehe, "um die Folgen dieser größten Katastrophe in der Geschichte der Technik zu bagatellisieren".

Auch Greenpeace-Experten, von der IAEA mit Zuarbeiten beauftragt, stimmten mit der Studie nicht

überein: Die Ergebnisse seien nicht vollständig, da sie nur einen Teil der Betroffenen überprüften.

Greenpeace belegt, dass die Anzahl der Liquidatoren im UN-Dokument heruntergerechnet wurde.

 

Vor wenigen Tagen dementierten in Moskau Lokalpolitiker und Greenpeace-Vertreter gemeinsam mit

Wissenschaftlern die UNO-Angaben. Die negativen Einflüsse auf die Gesundheit der Bevölkerung in den

verseuchten Regionen sei unberücksichtigt geblieben. Laut Berechnungen unabhängiger Experten lässt

sich die zusätzliche Todesrate allein für Russland auf 67.000 Menschen beziffern. In vielen

Untersuchungen zur Todeszahl seien nur die Fälle aufgelistet, bei denen Menschen an

Schilddrüsenkrebs, Leukämie oder bösartigen Geschwulsterkrankungen starben. Todesfälle aufgrund

anderer Erkrankungen, die durch den Einfluss von Strahlung hervorgerufen oder verstärkt werden,

blieben von der Studie unberücksichtigt.

 

Nach Meinung von Professor Veniamin Chudol vom Zentrum für unabhängige ökologische Expertisen der

Russischen Akademie der Wissenschaften, liegt die Todesrate von Menschen, die in den verseuchten

Gebieten leben, bei 3,75 Prozent. In Russland leben rund 2 Millionen Menschen in solchen Gebieten.

Das heißt: 67.000 zusätzliche Todesfälle in 15 Jahren allein in Russland - zehnmal mehr, als IAEA

und WTO eingestehen wollen.

 

Die UNO-Studie erschien nicht zufällig am Vorabend des 20-jährigen Jahrestages der

Reaktorkatastrophe. Es ist die Aufgabe der IAEA, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass der

Atomteufel nicht so schrecklich ist, wie man ihn immer darstellt. In Russland ist das Ziel,

Programme ideologisch zu unterstützen, die den Bau von 40 Atomreaktoren bis zum Jahr 2030 vorsehen.

Nicht von ungefähr kann man in Russland derzeit die Wiedergeburt der atomar-industriellen Macht

beobachten. Der neue Chef der Atomenergiebehörde, Sergei Kirienko, hat die Schaffung des staatlichen

Monopolisten Atomprom angekündigt - ein Gigant vom Typ Gasprom.

 

"Können wir den Daten, die die Vereinten Nationen vorgelegt haben, glauben?", fragt Wladimir

Tschuprow, Leiter der Energieabteilung von Greenpeace Russland. "Wir haben die Erfahrung des

Verschweigens - das galt für die Unglücksfälle in Majak 1957, im Leningrader Atomkraftwerk 1975, die

ersten Tage nach der Katastrophe von Tschernobyl, das Austreten radioaktiven Jods im Atomzentrum von

Dimitrowgrad 1997. Und es gibt noch viele derartige Unfälle - Fälle, von denen wir nichts wissen.

Alles das sagt uns: Traut den offiziellen Daten nicht!"

 

Aus dem Russischen

von Barbara Oertel

 

taz vom 18.4.2006, S. 9, 197 Z. (Dokumentation), GRIGORI PASKO

 

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Reuters So Apr 16, 2006 11:18 MESZ

Schlappe für Blair: Britisches Komitee lehnt Atomenergie ab

London (Reuters) - Ein britisches Parlamentskomitee hat am Sonntag jeden Regierungsversuch zurückgewiesen, den künftigen Strombedarf des Landes durch Atomenergie zu decken.

Premierminister Tony Blair fügte es damit eine politische Schlappe zu.

Es wird allgemein davon ausgegangen, dass Blair die alternden Nuklearanlagen des Landes durch neue ersetzen will. Mit dem Komitee, in dem Vertreter aller Parteien sitzen, sprach sich jedoch schon die zweite einflussreiche Institution dagegen aus. In einem entsprechenden Bericht mit dem Titel "Die Lichter anlassen" erklärte das Gremium, der Bedarf solle durch zusätzliche gasbetriebene Energieanlagen sowie durch erneuerbare Energien aus Wind- und Wasserkraft gedeckt werden. "Über die nächsten zehn Jahre kann Atomenergie weder den zusätzlichen Bedarf noch die Ausfälle durch Kohlereduzierung decken, schlicht weil die Anlagen nicht schnell genug gebaut werden können", heißt es in dem Bericht. Zudem gingen mit der Atomenergie eine Reihe von Gefahren einher - durch Unfälle, Terroristen, Proliferationsprobleme und der Verfügbarkeit von Uran. Auch gebe es Probleme mit der öffentlichen Akzeptanz. Der Bericht wurde nur wenige Tage vor dem 20. Jahrestag des Atomunfalls von Tschernobyl veröffentlicht.

Blairs Regierung hatte erklärt, dass sie ihr selbst gesetztes Ziel einer Reduzierung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes von 20 Prozent bis zum Jahr 2010 wahrscheinlich verpassen wird.

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Merkur-Online 17-04-2006

Meine Kumpels aus dem Parlament

Vetternwirtschaft: Wie sich deutsche Energie-Konzerne in die Politik einkaufen

Berlin - Es hätte ein schöner Abend werden können in der vornehmen Hauptstadt-Repräsentanz der Ruhrkohle AG. Zur Verwunderung der Damen und Herren Abgeordneten jedoch wurde die Einladung kurzfristig zurückgezogen: Statt in ihrer schicken Konzern-Filiale in Berlin-Charlottenburg wollten sich die RAG-Manager mit den Bundespolitikern lieber auf neutralem Boden treffen.

Die protokollarische Peinlichkeit belegt, wie sehr der Essener Kohle-Konzern unter Strom steht: Ausgerechnet die Ruhrkohle AG, die wie kein zweites Unternehmen in der Hauptstadt ein dichtes Netzwerk geknüpft hat, zeigt plötzlich Berührungsängste. Vor dem geplanten Börsengang will der Energiekonzern seine Kontakte spielen lassen, zugleich aber jeden Eindruck einer Verfilzung mit der Politik vermeiden.

Vom Ministeramt auf den Chefsessel des Energiekonzerns

Dabei   ist  der Kohle-Klüngel längst nicht mehr zu übersehen. "Die RAG ist die sechste Fraktion im Bundestag", lästert ein Abgeordneter.

Den größten Coup hatten die Lobbyisten vor knapp drei Jahren gelandet: Im Sommer 2003 wechselte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller als Vorstandschef zur RAG. Im September 2004 folgte sein früherer Staatssekretär Alfred Tacke. Die Opposition war empört. Tacke hatte zuvor dem größten deutschen Energiekonzern Eon eine Ministererlaubnis zur Übernahme von Ruhrgas erteilt und sich dabei über das Votum des Kartellamts hinweggesetzt.

Als Eon-Tochter profitierte auch die RAG von Tackes Erlaubnis. Heute sitzt der Ex-Staatssekretär auf dem Chefsessel der Steag, Stromtochter der RAG. In dieser Funktion dürfte Tacke wieder seinem alten Bekannten Manfred Overhaus begegnen. Der frühere Staatssekretär im Finanzministerium wurde von Müller als Berater engagiert.

Keine andere Branche hat sich so mit der Politik verbrüdert wie die Energie-Konzerne. Zwar sind die Zeiten, als Strom- und Gasversorgung noch Aufgaben des Staates waren, längst vorbei. Auf dem Papier ist die Branche weitgehend privatisiert, in der Realität aber kungelt sie aufs Heftigste mit Abgeordneten, Beamten, Ministern und Ex-Ministern. Es ist ein Geben und Nehmen.

Prominentestes Beispiel: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der auf Drängen seines Duz-Freundes Putin für die neue Ostsee-Pipeline arbeitet. Der Aufsichtsratsposten ist gut bezahlt. Dass er als Regierungschef am Ende seiner Amtszeit das deutsch-russische Energie-Projekt selbst durchgesetzt hatte, das hört Gasprom-Manager Schröder nicht gerne. Und von den Plänen für eine deutsche Bürgschaft für einen Gasprom-Kredit über 900 Millionen Euro will er auch nichts gewusst haben.

Von "lupenreiner Vetternwirtschaft" sprechen die Grünen. Natürlich ist damit nur Schröder gemeint und nicht der grüne Ex-Staatssekretär Rezzo Schlauch, der seit ein paar Tagen im Beirat des Stuttgarter Energiekonzerns EnBW sitzt, um "das Unternehmen konstruktiv-kritisch zu beraten". Schlauchs früherer Chef, Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), ist ebenfalls untergekommen - in einem Aufsichtsrat von RWE.

Für diesen Stromkonzern hat auch der CDU-Abgeordnete Laurenz Meyer einmal gearbeitet. Meyer musste als Generalsekretär auch deshalb zurücktreten, weil bekannt geworden war, dass er noch Strom zum verbilligten Mitarbeitertarif bezog.

Der Otto Normalverbraucher leidet unter immer höheren Strom- und Gaspreisen. Kritiker machen für die Kostenexplosion auch die Mauscheleien mit der Politik verantwortlich: "Die Energiewirtschaft ist ein Beispiel für wettbewerbsschädlichen Filz zwischen Politik und Unternehmen", so Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher.

Beim Treffen mit der CDU-Fraktion fungiert Merz als Berichterstatter

Nirgendwo wird die Kumpelei so ungeniert betrieben wie im Kohle-Revier. Es steht ja auch viel auf dem Spiel: Im Mai 2007 will die Ruhrkohle AG (RAG) an die Börse und sich der Bergbau-Altlasten über eine Stiftung entledigen. Weil Milliardenrisiken drohen, sind viele Bundespolitiker skeptisch. Ex-Minister Müller muss Überzeugungsarbeit leisten. An seiner Seite ein alter Bekannter: Gerd Schröder. Als sich bei Rotwein und Zigarren im Berliner Luxushotel Adlon unlängst RAG-Chef Müller mit seinem Amtsnachfolger Michael Glos (CSU) traf, saß auch Berater Schröder mit am Tisch. Angeblich honorarfrei.

Nicht ganz so günstig dürften die Dienste von Friedrich Merz sein: Der prominente CDU-Abgeordnete vertritt die RAG in seiner Nebentätigkeit als Anwalt. Bei offiziellen Gesprächsterminen der Bundestagsfraktion mit dem Konzern fungiert Merz schon mal als "Berichterstatter". Das hat ein G'schmäckle.

Und selbst der zweite Mann im Staate steht in den Diensten der RAG. "Ich habe auf Bitten der Tarifpartner die Position des neutralen Mannes im Aufsichtsrat der RAG eingenommen", bestätigt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Immerhin sitzt im Aufsichtsrat ja auch der SPD-Abgeordnete Klaus Brandner. Lammert führt seine Einkünfte in Höhe von 25 000 Euro jährlich ab - allerdings an seine eigene Stiftung.

VON HOLGER EICHELE

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ARD Tagesschau 15.04.2006

Proteste in Frankreich

Tausende demonstrieren gegen Atomkraft

Wenige Tage vor dem 20. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl haben tausende Atomkraftgegner in Frankreich gegen den geplanten Bau neuer Atomkraftwerke des Typs EPR demonstriert. Zu Beginn der Protestaktion in der nordfranzösischen Hafenstadt Cherbourg verharrten sie 15 Minuten lang in Schweigen, später legten sie sich zu den Tönen einer Sirene reglos auf den Boden. In Cherbourg soll der erste Reaktor der neuen Generation entstehen. Befürworter beschreiben diesen Typus als sicherer, umweltfreundlicher und effizienter als seine Vorgänger.

Vor sich her trugen die Demonstranten ein gelbes Spruchband mit der Aufschrift: "20 Jahre nach Tschernobyl, Stopp den Atomreaktor EPR". Einige Demonstranten hielten Transparente mit der Aufschrift "Nein" hoch. Vor dem Büro des Stromversorgers EDF stapelten sie hunderte Dosen aufeinander, die atomaren Abfall darstellen sollten. Die Polizei sprach von 10.000 Teilnehmern, nach Angaben der Organisatoren waren es rund 30.000. Unter ihnen waren auch Aktivisten aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden.

Nach Tschernobyl noch Reaktoren gebaut

Man müsse sich ins Gedächtnis rufen, "dass wir nicht vor einer Katastrophe geschützt sind", erklärte der französische Grünen-Abgeordnete Noël Mamere. Frankreich ist das einzige Land in Europa, das nach dem Unfall in Tschernobyl am 26. April 1986 noch neue Atomkraftwerke gebaut hat. Die landesweit 59 Reaktoren in 19 Atomkraftwerken decken fast 80 Prozent des französischen Energiebedarfs. Etwa im Jahr 2020 müssen rund 30 der Reaktoren aus Altersgründen ersetzt werden.

Der erste Druckwasserreaktor des Typs EPR, ein deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt von Siemens und Framatome-ANP, soll zwischen 2010 und 2012 in Flamanville in der Nähe des Ärmelkanals ans Netz gehen. Seine Gegner argumentieren, die drei Milliarden Euro, die der Bau des Reaktors kostet, wären besser in die Entwicklung alternativer Energien investiert. Nach ihren Berechnungen würden auf diese Weise in den kommenden 15 Jahren 15mal mehr Jobs geschaffen und doppelt soviel Energie produziert wie durch den Reaktor.

Anti-AKW-Demos [G. Kellermann, ARD Paris]

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Spiegel-Online 13.04.2006

ATOMENERGIE

Frankreich beschließt Bau eines Endlagers

Für tausende Jahre sicher soll es sein - wo es sich befinden wird, ist noch unklar. Die französische Nationalversammlung hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, der eine unterirdische Endlagerstätte für atomaren Abfall vorsieht.

Paris - Die Nationalversammlung des stark von Atomenergie abhängigen Landes nahm gestern Abend in erster Lesung einen Gesetzentwurf an, der eine unterirdische Endlagerstätte ab 2025 vorsieht. Wo das Depot liegen soll, soll 2015 entschieden werden. Daneben sollen verstärkt Alternativen zur Endlagerung erforscht werden; dabei geht es um eine Verringerung der Strahlung auf technischem Wege und eine Verlängerung der Zwischenlagerung von heute 50 bis 100 Jahren auf 100 bis 300 Jahre. Bekräftigt wird das Verbot, ausländischen Atommüll dauerhaft in Frankreich zu lagern.

In Frankreich kommen fast 80 Prozent des Stroms aus Atomkraftwerken. Die Kosten zur Endlagerung des hochradioaktiven Abfalls werden vom Industrieministerium über hundert Jahre auf 15 Milliarden Euro geschätzt. Schon heute müssen die Kraftwerksbetreiber vier Milliarden Euro an Rückstellungen bilden, die laut Gesetz nicht zu anderen Zwecken verwendet werden dürfen.

Die Regierung betreibt ein Forschungslabor im lothringischen Bure, das die Machbarkeit der Endlagerung testen soll. Bürgerinitiativen fürchten, dass die Entscheidung für den Standort eines Endlagers gut zweihundert Kilometer von der deutschen Grenze entfernt damit de facto bereits gefällt wurde.

Das am stärksten strahlende Material macht 0,2 Prozent der über eine Million Tonnen Atommüll aus, die sich in Frankreich in den vergangenen vier Jahrzehnten angesammelt haben. Es enthält aber rund 92 Prozent der Gesamtradioaktivität und muss tausende, teilweise sogar hunderttausende von Jahren gelagert werden, bis es seine Strahlung verliert. Zurzeit befinden sich diese Abfälle in Zwischenlagern an der Erdoberfläche.

Der Gesetzentwurf wurde in der Nationalversammlung mit den Stimmen der Regierungspartei UMP verabschiedet. Kommunisten, Grüne und ein Teil der Sozialisten stimmten dagegen. Andere sozialistische Abgeordnete enthielten sich ebenso wie die Zentrumsliberalen von der UDF. Als nächstes muss der Senat dem Text zustimmen. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.

asc/AFP

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Ärzte Zeitung, 12.04.2006

HINTERGRUND

Wie viele Tschernobyl-Opfer gibt es bis heute - 50 oder 100 000?

Von Sabine Teller

Zum 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gibt es Streit über die Dimension der Strahlenschäden. Ärzteverbände und Umweltschutzgruppen werfen der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO Lüge und Vertuschung vor.

Rückblick: Es war am 26. April 1986, einem Samstag, um ein Uhr, 23 Minuten, 40 Sekunden. Block vier des Atomkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine (damals Sowjetunion) explodierte. 180 000 Kilogramm hochradioaktives Material entwichen ins Freie, die Strahlung übertraf die der Bomben von Hiroshima und Nagasaki um ein Hundertfaches.

20 Jahre nach der Katastrophe kommt die Weltgesundheitsorganisation in Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO zu dem Schluß, daß bis heute 50 Menschen an akuter Verstrahlung durch das Unglück gestorben seien. Laut Tschernobyl-Folgestudie seien etwa 4000 Menschen infolge der Strahlenfreisetzung an Krebs und Leukämie erkrankt.

Für viele Ärzteverbände, Umweltschutzgruppen und Nichtregierungsorganisationen sind diese Zahlen blanker Hohn. "Da wird gelogen, daß sich die Balken biegen", sagt Sebastian Pflugbeil von der Gesellschaft für Strahlenschutz. Genauso wie er halten auch die Internationalen Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW) die Zahlen der IAEO für "absurd" und die Folgen der Tschernobylkatastrophe für weitaus verheerender als offiziell benannt.

In einer Gegenstudie, die Anfang dieses Monats in Berlin vorgestellt worden ist, sprechen die Wissenschaftler von 50 000 bis 100 000 gestorbenen Aufräumarbeitern, sogenannten Liquidatoren. Mehrere hunderttausend Katastrophenhelfer seien invalide. Darüber hinaus sei die Zahl der Schilddrüsenkrebserkrankungen erheblich gestiegen. Allein im weißrussischen Gebiet um Gomel müßten mehr als 50 000 Kinder mit dieser Erkrankung rechnen.

Die Gesundheitsschäden sind nach Angaben der Ärzte weitaus umfangreicher. Frauen litten bereits in frühen Jahren an Brustkrebs, Kinder an Tumoren des Zentralnervensystems. Auch sei die Säuglingssterblichkeit nach Tschernobyl europaweit gestiegen; in Deutschland, Griechenland, Schottland und Rumänien habe es einen signifikanten Anstieg von Leukämieerkrankungen gegeben.

Sebastian Pflugbeil räumt ein, daß seine Angaben nur auf Literaturrecherchen basieren. Die Erhebung von Daten sei durch die Geheimhaltung oder Nichterfassung russischer, aber auch westeuropäischer Behörden kaum möglich. Zudem könnten Strahlenschäden am Einzelfall nur schwer in Ursache und Wirkung nachgewiesen werden.

Dennoch sieht der gelernte Physiker in dem Konflikt mit der IAEO mehr als einen Methodenstreit. "Die Untersuchung der Atomenergie-Behörde ist eine wissenschaftliche Sauerei", sagt der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz. Die WHO habe in einem Zwischenbericht bereits selbst von zu erwartenden 8930 Toten gesprochen und sich dabei auf Quellen bezogen, bei denen von 10 000 bis 25 000 Toten die Rede ist.

Die IAEO habe dies als federführende Behörde aber in ihrem Interesse nach unten korrigiert. "Laut Satzung ist es Auftrag der Behörde, die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern", sagt Pflugbeil und hält die Institution für gänzlich ungeeignet, eine unabhängige Untersuchung vorzunehmen. Pflugbeil: "Käme ihre Auswertung zu einem anderen Ergebnis, hätte das finanzielle Folgen für den westlichen Katastrophenschutz."

So sehen das auch die Grünen im Bundestag, im EU-Parlament und bei der Heinrich-Böll-Stiftung. Angesichts aktueller Bemühungen um den Wiedereinstieg in die Kernenergie wollen sie Tschernobyl energiepolitisch diskutieren. Unter dem Titel "Erinnern für die Zukunft" haben sie deshalb für Ende April zu einer Tschernobyl-Konferenz nach Kiew eingeladen.

Einzelheiten der IPPNW-Studie:

Die Gesellschaft für Strahlenschutz und die IPPNW kommen in ihrer Studie "Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl - 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe" zu folgenden Ergebnissen:

• Bis zu diesem Jahr sind 50 000 bis 100 000 Liquidatoren (Aufräumarbeiter) gestorben. Zwischen 540 000 und 900 000 Liquidatoren sind Invaliden.

• Die Säuglingssterblichkeit hat in mehreren europäischen Ländern - darunter auch in Deutschland - nach Tschernobyl zugenommen. Die vorliegenden Studien ergeben für Europa etwa 5000 Todesfälle unter Säuglingen.

• Allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1000 bis 3000 zusätzlichen Fehlbildungen.

• In der Tschernobyl-Region sind in Folge des Reaktorunglücks etwa 12 000 bis 83 000 Kinder mit genetischen Schäden auf die Welt gekommen, weltweit sind es zwischen 30 000 und 207 000.

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Greenpeace11.04.06

Greenpeace-Kalender: 365 Gründe gegen Atomkraft

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat die 365 schlimmsten Ereignisse in Zusammenhang mit der Atomkraft in einem neuen Jahreskalender zusammengestellt. Die Datensammlung zeigt für jeden Kalendertag einen Vorfall in der Geschichte der Atomkraft.

Hamburg (red) - Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl und die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren die schlimmsten Ereignisse in der Geschichte der Atomkraft. In einem Kalender, den die Umweltschutzorganisation Greenpeace jetzt veröffentlicht hat, nehmen sie "nur" drei Tage ein. Insgesamt 365 der gravierendsten Ereignisse hat Greenpeace aus tausenden Unfällen und Atombombentests ausgewählt.

Die Datensammlung zeigt für jeden Kalendertag einen Vorfall in der Geschichte der Atomkraft: Diebstahl von Atommaterial, einen Unfall in einer Atomanlage oder den Test einer Atombombe. Der Kalender beginnt mit dem 26. April, dem 20. Jahrestag des Unglücks in Tschernobyl. "Der Rückblick zeigt Atomkraft als verheerende Technik. Sie war und ist nicht beherrschbar, Fehler führen zu katastrophalen Folgen", kommentierte Thomas Breuer, Atom-Experte von Greenpeace, bei der Vorstellung des Kalenders.

Während am 24. Dezember 1967 in vielen Regionen der Welt Weihnachten gefeiert wurde, fanden beispielsweise im chinesischen Lop Nor oberirdische Atombombentests statt. Als Frankreich am 14. Juli 1961 wie jedes Jahr seinen Nationalfeiertag beging, kam es im russischen Tomsk zu einer unkontrollierten Kettenreaktion in einer Urananreicherungsanlage. Und am Neujahrstag 1992 musste im indischen Atomreaktor Rajasthan das Notkühlsystem aktiviert werden, um nach einem Auslaufen von schwerem Wasser Schlimmeres zu verhindern. "In allen Industrieanlagen passieren täglich Unfälle, das ist gar nicht zu vermeiden. Das gilt auch für Atomkraftwerke. Wer behauptet, Atomkraft sei sicher, hat nie die lnge Liste der Vorfälle gesehen," so Breuer weiter.

Greenpeace fordert daher, Atombomben weltweit abzurüsten, alle Atomkraftwerke so schnell wie technisch möglich abzuschalten und die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) umzuwandeln: Sie soll in Zukunft den weltweiten Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft kritisch begleiten.

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Frankfurter Neue Presse 11.04.2006

Umfrage: Knappe Mehrheit der Deutschen will keine Atom-Renaissance

Berlin (dpa) Eine knappe Mehrheit der Bundesbürger lehnt eine längerfristige Nutzung der Atomenergie einer Umfrage zufolge ab. Die Hälfte sei dagegen, während sich 47 Prozent angesichts von Problemen mit fossilen Brennstoffen dafür aussprächen, ergab eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Magazin «Zeit-Wissen». Männer haben demnach mehr Vertrauen in die Kernenergie: 53 Prozent von ihnen sind für die Kernenergie, bei den Frauen sind es nur 41 Prozent.

Noch deutlicher wird die Spaltung der Bevölkerung zum Thema Atomausstieg beim Altersvergleich: Von den über 60-Jährigen sind 56 Prozent dafür, wieder stärker auf die Atomkraft zu setzen, von den 14- bis 29-Jährigen sind 60 Prozent dagegen. Die Wochenzeitung «Die Zeit» veröffentlichte die Ergebnisse der Umfrage am Montag. Das Institut Emnid befragte am 21. und 22. März 1009 Bundesbürger.

Mehrere führende Unions-Politiker machen sich dafür stark, die Laufzeiten der Atommeiler zu verlängern. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag verständigt, dass der vereinbarte Atomausstieg bis 2020 umgesetzt wird. Darauf verweist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bekräftigte am Wochenende das Festhalten seiner Partei am «geordneten Ausstieg aus der Atomkraft».

Die deutsche Wirtschaft will in den kommenden sechs Jahren 70 Milliarden Euro in erneuerbare Energien, Kraftwerke und Energienetze stecken. Das wurde auf dem Energiegipfel bei Merkel in der vergangenen Woche vereinbart.

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Yahoo/ddp 7. April 2006

Evangelische Kirche fordert Ausstieg aus Atomenergie

Darmstadt (ddp-rps). Anlässlich des 20. Jahrestags des Reaktorunfalls von Tschernobyl hat sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in sehr deutlicher Form für den Ausstieg aus der Atomenergie ausgesprochen. Bei der Atomkraft stehe kurzfristiger ökonomischer Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis zu den negativen Folgen, heißt es in einer am Freitag in Darmstadt veröffentlichten Stellungnahme der Kirchenleitung.

Ihre ungewöhnlich klare politische Positionierung begründet die Kirchenleitung unter anderem mit dem Problem der langen Reststrahlung des Atommülls. Der erzeugte radioaktive Abfall müsse für mindestens 250 000 Jahre sicher deponiert werden, dies übersteige bei weitem den «Horizont menschlicher Verantwortungsfähigkeit», betont die EKHN und verweist darauf, dass der Mensch laut christlicher Ethik den Auftrag habe, mit der Schöpfung pfleglich umzugehen.

In ihrer 34-seitigen Stellungnahme spricht sich die EKHN dafür aus, die bis 2020 aus Altersgründen anstehende Erneuerung von Stromerzeugungskapazitäten als Chance zu nutzen, eine nachhaltige Energieversorgung aufzubauen. Eingeleitet werden müsse eine «Revolution» bei der effizienten Nutzung von Energie, fordert die Kirchenleitung.

Jenseits der Atomkraft, so betont die EKHN weiter, bestehe eine realistische und wissenschaftlich begründete Möglichkeit, eine wirtschaftliche und umweltfreundliche Energieversorgung zu erreichen. Wirtschaftliche und ökologisch vertretbare Alternativen, zu denen die erneuerbaren Energien gehörten, würden bislang noch immer zu wenig beachtet.

(ddp)

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SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 7.4.2006

Gutachten

"Folgen Tschernobyls unterschätzt"

Studien gehen nicht nur von weitaus mehr Toten aus - auch Deutschland soll stärker betroffen sein als bislang bekannt.

Von Michael Bauchmüller

Tschernobyl - Das Testfeld des Todes

Die Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sind möglicherweise gravierender als bislang angenommen. Die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) war bisher davon ausgegangen, dass der Atomunfall langfristig noch weitere 4000 Opfer fordern werde.

Unabhängig voneinander kommen nun zwei Studien, die beide am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden, zu weitaus höheren Zahlen.

In einer Studie im Auftrag der Europaabgeordneten Rebecca Harms (Grüne) kamen Gutachter auf bis zu 60.000 weitere Opfer, zum Beispiel durch spät auftretende Krebserkrankungen.

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW erwartet zusätzliche 25.000 Krebstote. Die Zahlen der IAEA seien „falsch und wissenschaftlich nicht zu halten", sagte IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen. Der Reaktor-Unfall jährt sich in drei Wochen zum 20. Mal.

Bei den Annahmen über die Folgen des Unglücks in Tschernobyl sei die IAEA auffällig zurückhaltend gewesen, kritisierte Ian Fairnie, einer der Autoren der Harms-Studie. So habe die Behörde in Wien Spätfolgen nur für Russland, die Ukraine und Weißrussland erwartet.

„Es geht aber um viel mehr als um diese drei Länder", sagte Fairnie, „insbesondere auch um Deutschland." Durch den Fallout, den nuklearen Niederschlag aus Tschernobyl, seien 44 Prozent der Fläche Deutschlands zumindest schwach kontaminiert worden.

Am stärksten sei der Süden Bayerns betroffen gewesen. „Mehr als die Hälfte des Niederschlags ging außerhalb Weißrusslands, der Ukraine und Russlands nieder", heißt es in der Studie. Auch sei mehr Radioaktivität frei geworden als ursprünglich angenommen.

Neuere Schätzungen kämen auf 30 Prozent mehr Cäsium 137. Der Stoff gilt als hochgradig krebserregend.

Die britischen Forscher gehen deshalb in ganz Europa von zusätzlichen Krebskranken als Folge des Reaktor-Unfalls aus. Vor allem Schilddrüsen-, Blasen-, Darm- und Lungenkrebs könnten in den nächsten Jahren überdurchschnittlich oft auftreten.

Allerdings werde es schwierig sein, Krebserkrankungen auf Tschernobyl zurückzuführen. Manche Krankheiten träten erst mit mehr als 20 Jahren Verzug auf. „Es wird Tote in Deutschland geben, von denen wir nicht wissen werden, dass sie an der Katastrophe starben", sagte Fairlie.

Der Bundestag diskutierte am Donnerstag über die Lehren aus der Katastrophe. Der Unionsabgeordnete Philipp Mißfelder warnte davor, aus Tschernobyl Schlüsse für die deutsche Energiedebatte zu ziehen.

Vor allem die späte Reaktion örtlicher Behörden habe dazu beigetragen, dass die Katastrophe solche Ausmaße annehmen konnte. Nötig seien internationale Sicherheitsstandards. Dagegen forderte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast als Folge aus dem Unglück den Ausstieg aus der Kernkraft: „Atom ist eine Risikotechnologie".

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IPPNW 06.04.2006

P R E S S E I N F O R M A T I O N

... nur 50 Tote durch Tschernobyl?

Studie von IPPNW und Gesellschaft für Strahlenschutz widerlegt absurde Zahlen der IAEO

Berlin 06. April.2006 Eine heute vorgelegte Studie der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW und der Gesellschaft für Strahlenschutz (GfS) hat Verlautbarungen der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) Lügen gestraft, weniger als 50 Menschen seien infolge des Super-GAUs von Tschernobyl gestorben (Presserklärung der IAEO vom 5.9.2005).

Bei den von der IAEO vorgelegten Zahlen lassen sich nach Angaben des Präsidenten der Gesellschaft für Strahlenschutz, Dr. Sebastian Pflugbeil, gravierende Unstimmigkeiten nachweisen. Beispielsweise sei von der IAEO mitgeteilt worden, dass auch künftig höchstens 4.000 zusätzliche Krebs- und Leukämietote unter den am meisten belasteten Menschengruppen zu befürchten seien. Dem zugrunde liegenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO sei aber tatsächlich eine Zahl von rund 8.930 künftigen Toten zu entnehmen. "Überprüft man schließlich noch die im WHO-Bericht zu dieser Frage angegebene Literaturquelle, so ergeben sich aus dieser Quelle sogar 10.000 bis 25.000 zusätzliche Krebs- und Leukämietote", so Pflugbeil. Diese Unstimmigkeiten könnten nicht verwundern. Schließlich habe die IAEO laut ihrer Satzung das Ziel zur Förderung der Atomenergie, sie könne mithin nicht unabhängig sein.

Nach Auffassung der IPPNW-Vorsitzenden Dr. Angelika Claußen kann es nicht darum gehen, den offenkundig falschen Zahlen der IAEO die „richtigen" Zahlen gegenüberzustellen, da es diese aus methodischen Gründen niemals geben könne. Wesentliche Daten zur Tschernobyl-Katastrophe unterlägen in Ost und West der Geheimhaltung und große epidemiologische Untersuchungen seien sehr teuer und nur mit staatlicher Unterstützung möglich. "Es ist aber möglich, Anhaltspunkte dafür zu geben, mit welcher Vielfalt von Gesundheitsschäden wir uns befassen müssen und mit welchen Größenordnungen man es zu tun hat, wenn man von den gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl spricht", so Claußen.

Die IAEO versuche, evidente Opfer- und enorm gestiegene Krankheitszahlen durch abwegige Argumentationen zu begründen: "Es ist schon sehr zynisch, wenn den betroffenen Menschen in der Ukraine, Weißrussland und Russland von der IAEO Opfermentalität vorgeworfen und empfohlen wird, sich doch besser zu ernähren und einen gesünderen Lebensstil zu pflegen", so Claußen. Die Studie von IPPNW und Gesellschaft für Strahlenschutz mit dem Titel "Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl - 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe" belegt anhand von wissenschaftlichen Studien, Einschätzungen von Fachleuten und offiziellen Angaben von Behörden das katastrophale Ausmaß des Reaktorunfalls: ·

bis zum Jahr 2006 sind 50.000 bis 100.000 Liquidatoren (Aufräumarbeiter) gestorben. Zwischen 540.000 und 900.000 Liquidatoren sind Invaliden. die Erbgutveränderungen bei Kindern von Liquidatoren und Menschen, die in belasteten Gebieten leben, werden zu einer Belastung künftiger Generationen führen, die man nicht abschätzen kann.

· die Säuglingssterblichkeit hat in mehreren europäischen Ländern &endash; darunter auch in Deutschland &endash; nach Tschernobyl zugenommen. Die vorliegenden Studien ergeben für Europa Todesfälle unter Säuglingen in der Größenordnung von 5.000.

· allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1.000 bis 3.000 zusätzlichen Fehlbildungen. Es ist möglich, dass es in Europa zu mehr als 10.000 schwerwiegenden Fehlbildungen kam.

· unter Bezug auf UNSCEAR kommt man auf 12.000 bis 83.000 mit genetischen Schäden geborene Kinder in der Tschernobylregion und etwa 30.000 bis 207.500 weltweit. In der ersten Generation findet man allerdings nur 10 Prozent der insgesamt zu erwartenden genetischen Schäden.

· in Weißrussland erkrankten seit 1986 über 10.000 Menschen an Schilddrüsenkrebs.

· Einer WHO-Prognose zufolge werden allein im belorussischen Gebiet Gomel mehr als 50.000 Kinder im Laufe ihres Lebens Schilddrüsenkrebs bekommen. In allen Altersgruppen zusammengenommen wird man dann mit etwa 100.000 Schilddrüsenkrebsfällen in dem Gebiet Gomel rechnen müssen.

· die Zahl der bisher durch Tschernobyl bedingten Schilddrüsenkrebsfälle wird in Europa (außerhalb der Grenzen der früheren Sowjetunion) zwischen 10.000 und 20.000 liegen. In höher belasteten Gebieten Süddeutschlands gab es eine signifikante Häufung eines sehr seltenen Tumors bei Kindern, des so genannten Neuroblastoms.

· zu signifikanten Anstiegen der Leukämieerkrankungen kam es in Deutschland, in Griechenland, in Schottland und in Rumänien.

· in einer vom Tschernobylministerium der Ukraine publizierten Arbeit wurde in der Ukraine eine Vervielfachung der Erkrankungen des Endokrinen Systems (25fach von 1987 bis 1992), des Nervensystems (6fach), des Kreislaufsystems (44fach), der Verdauungsorgane (60fach), des Haut und Unterhautgewebes (50fach), des Knochen-Muskel-Systems und der Psychischen Störungen (53fach) registriert. Unter den Evakuierten sank der Anteil der gesunden Menschen von 1987 bis 1996 von 59 Prozent auf 18 Prozent, unter den Einwohnern in den belasteten Gebieten von 52 Prozent auf 21 Prozent und unter den Kindern betroffener Eltern sank er von 81 Prozent auf 30 Prozent. Seit mehreren Jahren wird berichtet, dass Diabetes Typ I (Zuckerkrankheit mit Insulinmangel) bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen hat.

Die Studie finden Sie unter: www.tschernobyl-folgen.de

Weitere Infos unter: http://www.tschernobylkongress.de

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Stern 06.04.2006

Tschernobyl - Die Vergangenheit holt uns ein

Laut der Ärztevereinigung IPPNW verharmlost die Internationale Atomenergie-Behörde die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl im Jahre 1986.

Denn laut IAEO seien nur 50 Menschen unmittelbar an den Folgen der Katastrophe gestorben. Diese Aussagen seien aber nach der IPPNW "falsch und wissenschaftlich nicht zu halten". Sie gehen von einer Größenordnung von 50.000 bis 100.000 Toten aus.

Claußen bemängelt zudem auch Atomkraftwerke in Deutschland und fordert einen vorzeitigen Austritt aus der Atomindustrie. Die Werke Brunsbüttel, Isar I, Philippsburg I, Biblis A und B seien "sicherheitstechnisch extrem veraltet".

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Die Welt 06.04.2006

Mehr Krebs-Tote durch Tschernobyl

Berlin - Zwanzig Jahre nach dem Unglück in Tschernobyl haben atomkritische Wissenschaftler der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) vorgeworfen, die Folgen des Atomunfalls massiv zu verharmlosen.

Während die IAEO mit höchstens 4000 weiteren Krebs- und Leukämietoten rechne, geht die Ärzteorganisation IPPNW von 10 000 bis 25 000 zusätzlichen Toten aus. Die Grünen stellten eine Tschernobyl-Studie britischer Forscher vor, nach der weltweit mit bis zu 60 000 weiteren Krebs-Todesfällen zu rechnen ist. caf

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NetZeitung 05.04.2006

Gabriel kritisiert Atomenergie als Droge

Die Atomenergie-Befürworter leiden an «Realitätsverlust», kritisiert Umweltminister Gabriel. Auf ein Einlenken der SPD kann die Union lange warten.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Befürworter der Atomenergie scharf attackiert. «Atomenergie ist für manche wie eine Droge, Realitätsverlust inklusive. Ich kann nur raten, zum Entzug zu kommen», sagte der SPD-Politiker der «Neuen Presse».

Gabriel kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Der Unionspolitiker rechnet nach eigenem Bekunden mit einem Einlenken der SPD im Atomstreit. Gabriel zufolge produziert jeder die Enttäuschungen, «die er braucht. Das wird auch Herrn Pofalla so gehen», sagte der Umweltminister.

Erkenntnisgewinn nicht in Sicht

Es bleibe beim Atomausstieg wie im Koalitionsvertrag vereinbart, bekräftigte Gabriel. Nach dem Energiegipfel am Montag im Kanzleramt hatte die Union im Streit um die Zukunft der Atomenergie weiter auf ein Einlenken der SPD gesetzt. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hatte am Montag gesagt, er könne sich vorstellen, dass in den nächsten eineinhalb Jahren auch bei der SPD ein «Erkenntnisgewinn» zu diesem Thema wachse.

Die SPD lehnt eine Verlängerung der Laufzeiten der Atommeiler strikt ab, während führende Unionspolitiker sich dafür aussprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte hierzu auf den Koalitionsvertrag verwiesen, der den unter der rot-grünen Regierung vereinbarten Atomausstieg bis 2020 festschreibt. (nz)

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Münsterlandzeitung 03.04.2006

Plädoyer für erneuerbare Energien

Ahaus - In einer gemeinsamen Presseerklärung haben die Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Münsterland und dem Wendland Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, auf dem Energiegipfel in Berlin die Weichen für einen sofortigen Atomausstieg zu stellen. Genau wie Kohle und Gas seien die Uranvorräte nur begrenzt, dafür aber die Gefahren der Nutzung von Atomenergie immens groß.

Demonstration in Ahaus

Am 29. April ist zum 20. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe eine Großdemonstration in Ahaus für den sofortigen Atomausstieg und für den Ausbau erneuerbarer Energien geplant. Hauptredner der Kundgebung am Bahnhof (Beginn 12 Uhr) sind Dr. Angelika Claußen, Vorsitzende der deutschen IPPNW-Sektion (Internationale Ärzte zur Verhinderung eines Atomkriegs) sowie Burkhard Homeyer, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft "Den Kindern von Tschernobyl". >> www.bi-ahaus.de >> www.tschernobylkongress.de

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Süddeutsche zeitung 03.04.2006

Energiegipfel

"Atomkraft steht auf der Tagesordnung"

Für die CDU gibt es noch viel zu diskutieren, die SPD möchte gar nicht mehr darüber reden: Politiker und Energiewirtschafts-Bosse werden auf dem Energiegipfel nun doch über das Reizthema Automausstieg debattieren.

Obwohl die Kernenergie nach ursprünglicher Einschätzung der Bundesregierung keine große Rolle spielen sollte, beherrschte der Streit um die Laufzeiten der Atommeiler die Debatte im Vorfeld des Treffens im Kanzleramt.

Führende Unionspolitiker bekräftigten die Forderung, den Atomausstieg auf den Prüfstand zu stellen. „Das Thema Atomkraft steht auf der Tagesordnung, egal, was die SPD erzählt", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.

Auch die Energiewirtschaft will das Thema auf die Tagesordnung setzen. Eon-Chef Wulf Bernotat sagte der Welt: „Wir können weder ökonomische noch ökologische Fragen sinnvoll diskutieren, wenn wir die Kernkraft ausklammern. Wir werden also darüber reden müssen."

SPD: "rückwärts gewandte Debatte"

Die SPD hingegen wolle die „rückwärts gewandte Debatte über die Atomkraft hinter sich lassen", sagte Generalsekretär Hubertus Heil. Fraktionschef Peter Struck unterstrich: „Es bleibt bei dem, was wir im Koalitionsvertrag niedergeschrieben haben. Das heißt, es wird beim Ausstieg aus der Kernenergie bleiben."

Angela Merkel machte deutlich, dass sie die Frage der Atomenergie auf dem Gipfel wegen der SPD-Vorbehalte nicht in den Mittelpunkt rücken wolle. Sie verwies auf „bestehende Verträge". Auch CDU-Generalsekretär Volker Kauder erwartete, dass die Verlängerung der Restlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke „kein großes Thema sein wird". Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, sagte dem Handelsblatt: „Wer das Thema Atomkraft zum Schwerpunkt des Gipfels machen will, sorgt für dessen Scheitern."

Bei dem Energiegipfel werden keine direkt wirksamen Ergebnisse erwartet. Das Treffen mit Wirtschaft und Verbänden soll nach Regierungsangaben aber Startschuss für weitere Gespräche sein. Merkel sagte: „Wir werden viel Arbeit haben." Trotz der unterschiedlichen Ausgangspositionen der Koalitionsparteien müsse Klarheit für die Bürger erreicht werden, wie die Energieversorgung bis 2020 in Deutschland aussehen wird.

Sorge um das Thema Klimaschutz

Die Stromversorger wollen beim Energiegipfel mittelfristig deutlich höhere Investitionen zur Modernisierung ihrer Kraftwerke zusagen als bisher angenommen. „Zum jetzigen Zeitpunkt stehen ganz konkret 42 Projekte mit einem Investitionsvolumen von mehr als 21 Milliarden Euro fest", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), Eberhard Meller. Bei der Liste des Verbandes mit 750 Unternehmen geht es vor allem um Kohle- und Gaskraftwerke, nicht um Atommeiler.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) verlangte mehr Forschungsanstrengungen im Energiebereich. „Nicht nur der Bund muss dazu seine Mittel bis 2010 von heute gut 400 Millionen Euro verdoppeln. Die Energiewirtschaft muss ihre Anstrengungen genauso steigern", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.

Der World Wide Fund For Nature (WWF) äußerte die Befürchtung, angesichts der Zusammensetzung der Gipfelrunde bleibe der Klimaschutz auf der Strecke. Die Energiepolitik dürfe „nicht jenen überlassen werden, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie die dringend benötigten Innovationen blockieren statt zu befördern".

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