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jungle world 29.06.05

Die Wende fällt aus

 

Rhetorisch folgt dem »Ausstieg« der »Ausstieg aus dem Ausstieg«. Faktisch

dürfte sich an der Energiepolitik im Falle eines Regierungswechsels nur

wenig ändern. von cord riechelmann

Angela Merkel weiß, wo man die Rede von einer Wende in der Umwelt- und

Energiepolitik gern hört. Als sie kürzlich vor dem Verbandstag der

deutschen Elektrizitätswirtschaft (VDEW) in Berlin ein »umfassendes

Maßnahmenpaket« für den Fall der Machtübernahme nach den vorgezogenen

Neuwahlen ankündigte, wirkten die anwesenden Manager der Energiekonzerne

äußerst zufrieden. Teile der Rede hätten »von uns geschrieben sein

können«, teilte einer von ihnen der Frankfurter Allgemeinen

Sonntagszeitung mit.

 

Merkel redete vom Ausstieg aus dem so genannten Atomkonsens, davon, dass

der Ökostrom künftig in geringerem Maße gefördert und die Ökosteuer

überprüft werden solle. Doch das alles ist, wenn man genauer hinsieht, vor

allem Rhetorik der Kanzlerkandidatin der Union.

 

Die Ökosteuer könne man »auf keinen Fall sofort abschaffen«, musste Merkel

mit Bedauern hinzufügen, und einen Bedarf für den Neubau von

Atomkraftwerken sieht sie im Augenblick auch nicht. Bei dem, was sie als

»Ausstieg« bezeichnet, wird es sich im Wesentlichen um eine erhebliche

Laufzeitverlängerung der zurzeit noch aktiven 17 Atommeiler handeln. Das

ist natürlich keine gute Nachricht, denn an der Bedrohung, die von den

Atomkraftwerken ausgeht, hat sich nichts geändert.

 

Ginge es nicht um tödliche Gefahren, so könnte man sich geradezu über die

Vorschläge einiger Unionspolitiker aus der Provinz amüsieren. Am

Donnerstag voriger Woche meldete sich einer von denen, die Merkels

Direktiven offenbar nicht verstanden haben, zu Wort. Der parlamentarische

Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Dresdner Landtag, Heinz Lehmann, will

in Sachsen ein neues Atomkraftwerk bauen und er weiß auch schon genau, wo

es stehen soll: in Hirschfelde bei Zittau. Dort gab es früher ein

Braunkohlekraftwerk, das mittlerweile abgerissen wurde.

 

Wesentlich ernster zu nehmen sind jedoch die Aussagen des

umweltpolitischen Sprechers der Unionsfraktion im Bundestag, Peter

Paziorek. Er sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass der

Neubau von Atomkraftwerken »kein Thema« sei. Das sei politisch nicht

durchsetzbar, und kein Stadtrat der Republik werde da mitziehen.

 

Im Gegensatz zu Lehmann scheint er sich noch daran erinnern zu können, wie

auf dem Höhepunkt der Anti-Atombewegung selbst die treuesten Wähler der

Unionsparteien, Winzer und Bauern, die Straßen mit Traktoren sperrten,

sich an Bäume ketteten und im Kampf gegen Atomkraftwerke und

Wiederaufbereitungsanlagen mit langhaarigen Parka-Trägern zusammentaten.

Auch die hemdsärmeligen Atomkraftbefürworter, die einen Ende der

siebziger, Anfang der achtziger Jahre auf dem Höhepunkt des

»Freundeskreises Gorleben« ungefragt in jeder westdeutschen Kleinstadt mit

den Worten anraunzten: »Bei dir kommt der Strom wohl aus der Steckdose?«,

scheinen sich ihm dauerhaft ins Gedächtnis geprägt zu haben.

 

Die einen wie die anderen verschwanden von der Bildfläche, seit die Grünen

das Land mitregierten und die Sache mit den Atomkraftwerken ihrem Ende

entgegen zu gehen schien. Deshalb wurde in all den Jahren der Auftritte

Renate Künasts und Jürgen Trittins auch nicht mehr so genau registriert,

wer auf einmal wieder von der »sauberen« Atomenergie sprach. Zu ihren

Fürsprechern zählten längst nicht mehr nur Personen vom Schlage Hans Olaf

Henkels oder Guido Westerwelles. Man konnte die Meinung, dass die

Atomenergie im Grunde gar keine schlechte Sache sei, auf den Gängen vor

den Büros der taz-Redakteure ebenso vernehmen wie in irgendwelchen

schicken Galerien des rot-grünen Milieus in Berlin-Mitte.

 

Weil einerseits der Widerstand gegen die Atomkraft im Allgemeinen geringer

geworden ist, anderseits aber konkrete Pläne für den Bau eines AKWs

zumindest vor Ort viel Ärger mit sich bringen dürften, steht zu vermuten,

dass sich die Politik einer Regierung Merkel in Sachen Atomkraft kaum von

der rot-grünen unterscheiden würde.

 

Auch in den vergangenen sieben Jahren ist kein Kernforschungszentrum

geschlossen worden. Nur flossen ein paar Euro mehr in die Erforschung

erneuerbarer Energien. Und das Argument, mit dem solche staatlichen

Zuschüsse gerechtfertigt wurden, ist dasselbe, das Heinz Lehmann nunmehr

in Sachsen für sein Atomkraftwerk ins Feld führt: Der Neubau bringe

Arbeitsplätze in die Region, sagt er. Mit dem Versprechen, Arbeitsplätze

zu schaffen, konnte man schon unter Rot-Grün auf der einen Seite

staatliche Wälder privatisieren und auf der anderen Seite private

landwirtschaftliche Nutzflächen enteignen, um zum Beispiel den Hamburger

Flughafen auszubauen.

 

Die so genannte Wende in der Energiepolitik ist bereits unter der

rot-grünen Regierung vorbereitet worden, die etwa für den Neubau von

Atomkraftwerken in Slowenien immer offen gewesen ist. Billigen Strom muss

man ja nicht unbedingt in neuen Atomkraftwerken hierzulande produzieren.

Es lässt sich per Vertrag regeln, dass man ihn beispielsweise aus neuen

Atomkraftwerken in der Ukraine beziehen kann.

 

Und wenn Merkel nunmehr fordert, die erneuerbaren Energien müssten sich

den »realen Marktbedingungen« stellen, dann ist das nur die Fortsetzung

von dem, was Rot-Grün wollte. Der so genannte reale Markt regelt auch bei

den subventionierten Energieproduzenten die Verhältnisse. Die Betreiber

von Windrädern sind längst keine alternativen Bastler mehr, die im Garten

ihres Kleinbauernhofes ein Rad aufbauen, sondern hochmoderne Unternehmen

mit Sitz in Baden-Württemberg oder Bayern. Sie in ihrer Expansion zu

behindern, widerspricht den Grundsätzen der CDU/CSU. Deshalb dürfte alles

beim Alten bleiben.

 

Sollte Angela Merkel ab Herbst regieren und es ihrer Regierung tatsächlich

gelingen, den Strom billiger zu machen, wie es die Unternehmer fordern, um

ihre angeblich Arbeitsplätze gefährdenden hohen Energiekosten zu senken,

wird man nach ein paar Jahren wohl feststellen, dass weder die

Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, noch die zu erwartenden höheren

Gewinne der Energiekonzerne zu saubererer Luft und glücklicheren Menschen

beigetragen haben. Nach wie vor wird man Energiekonzerne per Gesetz oder

mit öffentlich-rechtlichen Verträgen dazu bringen müssen, ihre Gewinne in

die Erforschung erneuerbarer Energien zu stecken.

 

Das einzige, was sich wohl grundlegend ändern wird im Staate Merkels, ist

die Stellung der Jäger. Ihre Lobby dürfte wieder ungehindert ihre fast

absolute Mehrheit im Parlament in praktische Politik umsetzen. Man kann

den Grünen viel vorwerfen, doch das ungehinderte Schießen von Rabenvögeln,

Füchsen und anderem Wild fand Renate Künast nie gut.

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taz 20.06.2005

Enthaltsam beim Atom

Welche Folgen hat ein Regierungswechsel für die Anti-AKW-Bewegung? Immerhin hat die Debatte um die "Renaissance" der Atomkraft schon zu Unruhe geführt. Bürgerinitiativen tagen in Salzgitter

Von Reimar Paul

Die Bürgerinitiativen gegen Atomenergie haben bei einem bundesweiten Treffen am Wochenende in Salzgitter über die Konsequenzen eines möglichen Regierungswechsels beraten.

Durch die für Herbst angekündigten Neuwahlen zum Bundestag sei für die Anti-Atom-Bewegung eine neue Situation entstanden, hatte Ursula Schönberger von der gastgebenden Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad in der Einladung für die Konferenz geschrieben. CDU- wie FDP-Politiker hatten landauf landab in den vergangenen Monaten erklärt, sie wollten die Laufzeiten für die 17 deutschen Atomkraftwerke deutlich verlängern, über den Bau von neuen AKWs sollten die Energieversorger entscheiden. Der Salzstock Gorleben soll nach Ansicht von Christdemokraten und Liberalen zügig zu Ende erkundet, das noch durch Klagen blockierte Endlager Schacht Konrad so rasch wie möglich in Betrieb genommen werden.

In Salzgitter bezweifelten indes viele Atomgegner, dass ein Regierungswechsel im Herbst tatsächlich so gravierende Veränderungen in der Atompolitik mit sich bringt wie sie in den vergangenen Wochen herbei geschrieben wurden. Naturgemäß stehen viele Inis den Grünen nahe. Allerdings gebe es keinen Grund, sich im Hinblick auf die Bundestagswahl für oder gegen eine bestimmte Partei ins Zeug zu legen. Mit dieser Enthaltsamkeit setzt die Anti-Atom-Bewegung eine uralte Tradition fort: Man will sich keinesfalls parteipolitisch vereinnahmen lassen, die begrenzte Kooperation mit Parteien vor Ort ist dadurch aber nicht ausgeschlossen.

Registriert haben viele Bürgerinitiativen, dass die in den Medien aufkeimende Debatte um eine "Renaissance" der Atomkraft zu verstärkter Unruhe und Besorgnis in der Bevölkerung geführt hat. Informationsbroschüren, Aufkleber und Anstecker würden wieder deutlich mehr nachgefragt, hieß es in Salzgitter. Schon beim evangelischen Kirchentag Ende Mai in Hannover hatten Atomgegner von großem Ansturm auf ihre Büchertische und Infostände berichtet.

Auch die Proteste gegen die jüngsten Castortransporte von Rossendorf nach Ahaus werden von den beteiligten Initiativen als Erfolg gewertet. Tausende hätten sich an den Demonstrationen und Blockaden entlang der Strecke und im Münsterland beteiligt, berichteten die Organisatoren.

Politische Schlagkraft will die Anti-Atom-Bewegung in den kommenden Monaten durch weitere Aktionen und Kampagnen zurückgewinnen. Schon sind Aktionen gegen den nächsten Castortransport nach Gorleben (voraussichtlich im November) sowie gegen Transporte von der und zur Urananreicherungsanlage Gronau angekündigt.

Am 20. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe im April 2006 soll es in Deutschland und anderen Ländern große Demonstrationen geben. Die Initiative "x-tausendmal quer", die sich in der Vergangenheit vor allem an Sitzblockaden gegen Castortransporte beteiligt hat, will unterdessen mit Unterschriftenaktionen und im Internet "das Comeback der Anti-Atom-Bewegung organisieren" (www.ausgestrahlt.de).

Mehr in den Fokus wollen die Atomkraftgegner auch die Atommüll-Hinterlassenschaften Asse II und Morsleben rücken. "Es ist grotesk, wenn niedersächsische Politiker immer mehr Atommüll ins Land holen wollen, während sie gleichzeitig die Altlasten nicht in den Griff bekommen", meinte Ursula Schönberger mit Blick auf die Gorleben- und Schacht Konrad-Debatte.

Das Endlager Morsleben in Sachsen-Anhalt wurde nach der Wende von der Bundesregierung übernommen. Atommüll wird dort seit einigen Jahren zwar nicht mehr eingelagert, doch streiten Behörden und Umweltschützer über die sicherste Methode einer dauerhaften Schließung des Lagers. Zuletzt krachten in Morsleben mehrfach tonnenschwere Salzbrocken von der Decke, das Bundesamt für Strahlenschutz ordnete deshalb Notfallsicherungsmaßnahmen an.

In das so genannte "Versuchs"-Endlager Asse II bei Wolfenbüttel wurde von 1968 bis 1978 schwach und mittel-radioaktiver Atommüll eingelagert, teilweise kippte man die Fässer einfach in die Gruben des früheren Salzbergwerks ab. Seit einigen Jahren dringt Lauge aus unbekannter Quelle in das Endlager ein - täglich sind es rund zwölf Kubikmeter. Ein Absaufen der ganzen Anlage wird inzwischen auch von offizieller Seite nicht mehr ausgeschlossen.

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rbi-aktuell.de 17. Juni 2005

Strahlemann & Co.

Der Stolz der DDR ist noch immer Streitfall zwischen Anti-Atomkraft-Initiativen und sächsischer Landesregierung

Von Falk Hornuß

Das 1957 bei Dresden eröffnete Atomforschungszentrum Rossendorf war der Stolz der DDR. Endlich war man auch atomar „unabhängig" von der Sowjetunion. Bis 1991 diente der Forschungsreaktor mit seinen 10 Megawatt hauptsächlich als Neutronenquelle zur Herstellung von Radioisotopen. Seitdem lagen die Brennstäbe, wenn auch stark gesichert, einfach so rum. Bis zum 14. Juni diesen Jahres wurden sie als Castortransport ins Zwischenlager Ahaus gebracht. So weit so gut, könnte man nun meinen. Doch auch noch Tage nach dem Transport haben sich die Gemüter noch nicht beruhigt. Anti-Atomkraft-Initiativen werfen nun der sächsischen Landesregierung eine bewußte Täuschung der Öffentlichkeit vor, weil diese immer wieder behauptet hat, daß die Castor-Transporte von Dresden nach Ahaus sicherheitstechnisch nötig seien.

Nun hat der aktuelle Chef der Rossendorfer Atomanlage, Udo Helwig, erstmals offiziell eingeräumt, daß die 18 Castor-Behälter in der Anlage genauso sicher hätten gelagert werden können. Außerdem bleiben laut Helwig auch in Zukunft die Sicherheitsvorkehrungen für Rossendorf genauso hoch wie vorher, weil noch viele weitere gefährliche Atommüllfässer unterschiedlichsten Inhaltes dort lagern. Die Transporte waren also nicht wirklich erforderlich, folgern daraus zu recht die Bürgerinitiativen Kein Atommüll in Ahaus, Widerstand gegen Atomanlagen (WIGA) Münster, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Menschen gegen Atomanlagen (MEGA) Waltrop und das Anti-Atom-Forum Ostwestfalen-Lippe. Der riesige Polizeiaufwand und die hohen Sicherungskosten auf der Autobahn waren somit völlig unnötig.

Also stellt sich nun die Frage nach den für diesen Skandal politisch Verantwortlichen. Neben der sächsischen Landesregierung spielten dabei auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bü90/Grüne) als zuständige Genehmigungsbehörden eine wesentliche Rolle. Diese hatten ebenfalls in der Öffentlichkeit bis zuletzt immer wieder behauptet, die Transporte seien einfach „alternativlos" und somit notwendig. Haben das BfS und Trittin davon vorher nichts gewußt oder wollten sie davon nichts wissen? Fragen über Fragen und keine ehrlichenAntworten. Allerdings war dies von den Atomkraftgegnern auch nicht ernsthaft erwartet worden.

Fast noch schlimmer sind allerdings auch weitere Aspekte dieses Transportes. Der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus sind nämlich eigenen Angaben zufolge Fotos zugespielt worden, welche die Deckel der Castor-MTR-2-Behälter aus Rossendorf unmittelbar nach ihrer Ankunft im Zwischenlager Ahaus zeigen. Deutlich erkennbar seien auf den Bildern erhebliche Rostschäden im Bereich der Verschraubungen zu sehen. Damit erhärte sich der Verdacht der Anti-Atomkraft-Initiative, daß die Behälter unzulänglich und für eine 40-jährige sichere Lagerung nicht geeignet sind. Auch hierzu gibt es seitens der Politik noch keine ausreichende Stellungnahme. Auch der nach Meinung der Atomkraftgegner traditionell überzogen harte Polizeieinsatz erregt ebenfalls immer noch die Gemüter. Ein 19-jähriger Atomkraftgegner aus Borken hat mittlerweile sogar Strafanzeige gegen die Polizei wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung eingereicht. Ebenso traditionell wird daraus natürlich nichts werden.

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ngo-online.de 16. Jun. 2005

Atomtransporte

Rossendorf-Chef gesteht: Castor-Transporte nach Ahaus waren unnötig

Die Anti-Atomkraft-Initiativen werfen der sächsischen Landesregierung eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit vor, weil diese immer behauptet hat, dass die Castor-Transporte von Dresden nach Ahaus sicherheitstechnisch nötig seien. Nun hat der Chef der Rossendorfer Atomanlage, Udo Helwig, laut Presseberichten eingeräumt, dass die 18 Castor-Behälter in Dresden-Rossendorf genauso sicher hätten gelagert werden können. Die Transporte waren also nicht erforderlich, folgern die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", Widerstand gegen Atomanlagen (WIGA) Münster, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Menschen gegen Atomanlagen (MEGA) Waltrop und das Anti-Atom-Forum Ostwestfalen-Lippe.

Außerdem blieben laut Helwig auch die Sicherheitsvorkehrungen für das Zwischenlager Rossendorf genauso hoch wie vorher, weil noch viele weitere gefährliche Atommüllfässer dort lagern. Damit entpuppt sich auch das Argument der "grünen Wiese" nach den Ahaus-Transporten als Lüge. Nur einen Tag nach dem letzten der Castor-Transporte nach Ahaus erweise sich, dass der riesige Polizeiaufwand und die hohen Sicherungskosten auf der Autobahn völlig unnötig waren. Die Menschen in Ahaus und im Münsterland müssten nun für die nächsten Jahrzehnte ausbaden, dass die sächsische Landesregierung mit skrupellosen Methoden den Atommüll abgeschoben hat. Die Frage nach der Sicherheit des Atommülls habe dabei keine Rolle gespielt.

Für die Bürgerinitiativen stelle sich die Frage nach der politischen Verantwortung für diesen unerhörten Vorgang. Neben der sächsischen Landesregierung spielten dabei auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin als Genehmigungsbehörden eine große Rolle. Diese hatten in der Öffentlichkeit bis zuletzt immer behauptet, die Transporte seien "alternativlos" und notwendig. Nun seien sie vom Betreiber der Rossendorfer Anlage selbst widerlegt worden. Hätten das BfS und Trittin davon vorher nichts gewusst oder wollten sie davon nichts wissen? Haben auch das BfS und Trittin die Öffentlichkeit bewusst getäuscht? Das erbärmliche Taktieren um den Transporttermin, sowie das bürgerfeindliche Handeln der abgewählten NRW-Landesregierung in Sicherheitsfragen, sei nach Meinung der Initiativen durch den Ausgang der Landtagswahlen angemessen bewertet worden.

Die Anti-Atomkraft-Initiativen ziehen einen Tag nach dem Ende der Castor-Transporte ein positives Fazit. Initiativen-Sprecher Matthias Eickhoff: "Wir haben eine Renaissance der Anti-Atomkraft-Bewegung im Münsterland erlebt. Die Menschen wollen den Atomausstieg. Das heißt für uns: Keine neuen Atomtransporte nach Ahaus und sofortige Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau." Für den kommenden Sonntag, den 19. Juni, rufen die Anti-Atomkraft-Initiativen zu einem Sonntagsspaziergang in Ahaus auf. Die Protestveranstaltung wird um 14 Uhr in Form einer Kundgebung vor dem Ahauser Rathaus stattfinden.

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Verivox 15.06.2005

Totgesagte Anti-Atomkraft-Bewegung rafft sich noch einmal auf

Ahaus - Zum Abschluss einer Dreierserie von Atommüll- Transporten aus Sachsen ins westfälische Zwischenlager Ahaus hat die schon totgesagte Anti-Atomkraft-Bewegung gezeigt, dass es sie noch gibt. Während beim ersten Transport vor zwei Wochen nur wenige hundert Menschen in Ahaus demonstriert hatten, trommelten die Veranstalter jetzt bis zu 3000 Demonstranten zusammen. Sogar die Grünen, wegen ihrer Zustimmung zum Atomkonsens zum Lieblingsfeind eingefleischter Kernkraftgegner erkoren, riefen bundesweit zum Mitmachen auf.

Dabei halten selbst viele Atomkraft-Kritiker den Protest gegen die Transporte aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden nach Ahaus für ein zweischneidiges Schwert. Das in 18 kleineren Castor-Behältern verstaute Erbe der DDR-Kernforschung hat nach Einschätzung von Experten bei weitem nicht das radioaktive Gefährdungspotenzial von Atommüll aus arbeitenden Reaktoren. Alle 18 Castoren zusammen kommen demnach nicht einmal auf ein Zehntel des Strahlungswertes eines Behälters aus einem Kernkraftwerk.

Dietrich Thränhardt, Politikwissenschaftler an der Universität Münster, sieht der Bewegung die Felle davonschwimmen. Nur im Falle des Neubaus von Atomkraftwerken oder bei spektakulären Unglücksfällen hätte die Bewegung seiner Ansicht nach Aussicht auf mehr Beachtung. "Bürgerbewegungen sind immer gebunden an spektakuläre Ereignisse", sagte er schon nach dem ersten Transport aus Rossendorf, der von rund 650 Demonstranten begleitet wurde. Beim bis dahin letzten Transport nach Ahaus im Jahr 1998 bot sich noch ein völlig anderes Bild: Die Polizei stand damals mehr als 10 000 Demonstranten gegenüber.

Den Vergleich mit den Demonstrationen von 1998 weist Udo Buchholz, eine der Ikonen der Protestbewegung im Münsterland, indes entschieden zurück: "Der Massstab von 1998 war immer zu hoch gegriffen." Weil die Zahl der Aktivisten bei den drei Transporten Rossendorf-Ahaus von Mal zu Mal stieg, sieht er die Anti-Atomkraft-Bewegung wieder im Aufwind. "Vor drei Wochen hat keiner für möglich gehalten, dass 3000 Leute kommen." Auch die 68-jährige Aktivistin Margret Ullrich aus Dortmund, die seit 25 Jahren an Demonstrationen gegen Kernkraft teilnimmt, betont: "Die Bewegung ist überhaupt nicht tot."

Bei den aktuellen Transporten blieben die Atomkraftgegner im Katz- und-Maus-Spiel mit der Polizei jedoch zweiter Sieger. Bei der letzten Fuhre am Dienstagmorgen rüttelten Demonstranten wütend am Tor des Zwischenlagers und warfen Flaschen und Farbbeutel gegen Polizisten. Dem eigentlichen Ziel der Empörung konnte das alles nichts anhaben: Die Sattelschlepper mit den Castoren waren da schon unbemerkt von den Demonstranten durch den Hintereingang ins Zwischenlager gerollt.

Weitere Nachrichten zum Thema

Serie von Atommüll-Transporten nach Ahaus geht mit Tumulten zu Ende

Nach sieben Jahren Pause wieder Atommülltransporte nach Ahaus

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taz 15.06.2005

Aufschwung für Atomgegner

Mehr als 3.000 Menschen demonstrieren Montagabend gegen den Castortransport nach Ahaus. "Das ist die Wiedergeburt der Anti-AKW-Bewegung." Auseinandersetzungen mit der Polizei

AUS AHAUS

JÖRN-JAKOB SURKEMPER

Der Widerstand gegen die Atomenergie hat in der Nacht von Montag auf Dienstag einen neuen Höhepunkt erreicht. Mindestens 3.000 Menschen haben sich am Montag Abend bei strahlendem Sonnenschein vor dem kleinen Ahausener Bahnhof eingefunden, um gegen den dritten und vorläufig letzten Atommülltransport aus dem sächsischen Rossendorf zu demonstrieren. Damit waren es tausend Menschen mehr als eine Woche zuvor, als rund 2.000 auf die Straße gingen.

Den Initiatoren scheint es damit gelungen zu sein, den Protest wieder auf eine breite Basis zu stellen und die "Lethargie der Leute aufzubrechen", sagte Matthias Eickhoff, Sprecher der Initiative "Widerstand gegen Atomanlagen". Jochen Stay von der Initiative "X-Tausendmal quer" kündigte eine Wiedergeburt der Anti-Atom-Bewegung an. "Wir werden weiter für ein Leben ohne Atomkraft kämpfen", sagte Stay auf der Demo am Montag.

Der Transport der letzten sechs von insgesamt 18 Castor-Behältern über die 600 Kilometer lange Strecke vom sächsischen Rossendorf ins westfälische Ahaus verlief ohne größere Zwischenfälle. Kurz nach seiner Abfahrt Montag Mittag schafften es Atomkraftgegner drei mal die Strecke vorübergehend zu blockieren. Als die gefährliche Fracht dann in Ahaus eintraf, lieferten sich die rund 250 noch anwesenden Demonstranten vor dem Zwischenlager Rangeleien mit der Polizei, weil diese den Transport unbemerkt über einen Seiteneingang in das Lager eskortiert hatte. Einige wütende Demonstranten versuchten einen Polizeiwagen umzuwerfen, Flaschen und Farbbeutel flogen. Nach Angaben der Atomkraftgegner wurde ein Demonstrant in Gewahrsam genommen. Die Polizei bestritt dies. "Es sind lediglich einige Personalien festgestellt worden", so Peter Nowak von der Polizei Münster.

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" kritisierte die Entscheidung, den Transport über einen unbeleuchteten Feldweg ohne Randstreifen zu leiten scharf: "Dieses völlig unnötige Risiko hätte leicht in einem schweren Unfall enden können, wenn einer der Castor-Lkws in den Feldgraben gerutscht wäre", sagte Felix Ruwe, der Sprecher der Initiative.

Im Zwischenlager Ahaus lagern bereits 305 größere Castor-Behälter, die jedoch nur 50 der insgesamt 450 genehmigten Stellplätze einnehmen. Ein wesentlicher Kritikpunkt der Atomkraftgegner ist die ungelöste Frage der Endlagerung. "Eine Lösung wird seit 30 Jahren verschleppt", sagte Felix Ruwe und forderte einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Bis dahin solle der Atommüll so wenig herumgefahren werden wie möglich, ergänzte Initiativen-Sprecher Matthias Eickhoff. Das Zwischenlager in Ahaus sei genauso sicher oder unsicher wie das Lager am Forschungsreaktor in Sassendorf.

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Stuttgarter Zeitung 14.06.2005

Über Feldweg ans Ziel

Rangeleien mit Demonstranten nach Abschluss von Atom-Transport aus Rossendorf

Ahaus/Münster - Der dritte und letzte Castor-Transport vom ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf ins Zwischenlager Ahaus ist abgeschlossen. Der Lkw-Konvoi mit den Spezialbehältern traf am Dienstag gegen 2.45 Uhr im westfälischen Ahaus ein. Unbemerkt von den am Haupteingang wartenden Demonstranten fuhren die sechs Sattelschlepper über einen Seiteneingang in das Zielgelände, wie ein Polizeisprecher erklärte. Im Anschluss kam es zu Rangeleien mit den empörten Atomkraft-Gegnern. Kurz vor 03.30 Uhr beruhigte sich die Lage wieder.

Der Sprecher der Bürgerinitiative Ahaus, Felix Ruwe, sprach von einer äußerst leichtsinnigen Entscheidung der Polizei. Der Transport sei im Dunkeln ohne Licht über einen schmalen Feldweg zum Hintereingang des Atommülllagers gefahren. "Dieses völlig unnötige Risiko hätte leicht in einem schweren Unfall enden können, wenn einer der Castor-Lkws in den Feldgraben gerutscht wäre", sagte Ruwe. Seinen Angaben zufolge hatten rund 250 Demonstranten bis zuletzt in Ahaus ausgeharrt.

Die Polizei sprach dagegen von rund 100 Personen und wies die Vorwürfe der Bürgerinitiative zurück. Der Konvoi sei über einen asphaltierten Feldweg seitlich in das Gelände eingefahren, sagte Peter Nowak von der Polizei Münster. Solche Streckenänderungen seien immer möglich, betonte der Sprecher. Bei den Rangeleien im Anschluss seien lediglich einige Personalien festgestellt worden. Ruwe sagte dagegen, dass eine Demonstrantin in Gewahrsam genommen worden sei. Zudem hätten einige Atomkraft-Gegner versucht, ein Polizeifahrzeug umzuwerfen. Die Polizei habe daraufhin sehr rabiat reagiert. Ruwe wertete die Aktionen als Erfolg. Man habe ein politisches Zeichen setzen und nicht "Räuber und Gendarm spielen" wollen.

Der am Montagmittag begonnene Transport war weit gehend störungsfrei verlaufen. Atomkraftgegner hatten zum Auftakt vorübergehend die Ausfahrt im sächsischen Rossendorf blockiert. Sie wurden von der Polizei weggetragen. In Radeberg hatten neun Demonstranten versucht, den Transport aufzuhalten, und in der Gemeinde Feldschlößchen stellten sich laut Polizei 25 Atomkraftgegner den Castorbehältern in den Weg. Die Blockaden wurden nach kurzer Zeit von der Polizei beendet. In Ahaus demonstrierten am Abend nach Angaben von Bürgerinitiativen rund 3.000 Menschen. Die Polizei sagte, zu Spitzenzeiten seien es 1.3000 Demonstranten gewesen.

Die zwei vorangegangenen Straßentransporte hatten ohne größere Zwischenfälle die 600 Kilometer lange Strecke in das atomare Zwischenlager zurückgelegt. Mit dem dritten Transport ist die Auslagerung von insgesamt 18 Behältern mit 951 Brennelementen von Rossendorf nach Ahaus abgeschlossen.

AP

14.06.2005 - aktualisiert: 14.06.2005, 10:06 Uhr

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AP in YAHOO-Nachrichten Dienstag 14. Juni 2005, 09:39 Uhr

Castor-Transport kam über Feldweg nach Ahaus

Ahaus/Münster (AP) Der dritte und letzte Castor-Transport vom ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf ins Zwischenlager Ahaus ist abgeschlossen. Der Lkw-Konvoi mit den Spezialbehältern traf am Dienstag gegen 02.45 Uhr im westfälischen Ahaus ein. Unbemerkt von den am Haupteingang wartenden Demonstranten fuhren die sechs Sattelschlepper über einen Seiteneingang in das Zielgelände, wie ein Polizeisprecher erklärte. Im Anschluss kam es zu Rangeleien mit den empörten Atomkraft-Gegnern. Kurz vor 03.30 Uhr beruhigte sich die Lage wieder.

Der Sprecher der Bürgerinitiative Ahaus, Felix Ruwe, sprach von einer äußerst leichtsinnigen Entscheidung der Polizei. Der Transport sei im Dunkeln ohne Licht über einen schmalen Feldweg zum Hintereingang des Atommülllagers gefahren. «Dieses völlig unnötige Risiko hätte leicht in einem schweren Unfall enden können, wenn einer der Castor-Lkws in den Feldgraben gerutscht wäre», sagte Ruwe. Seinen Angaben zufolge hatten rund 250 Demonstranten bis zuletzt in Ahaus ausgeharrt.

Die Polizei sprach dagegen von rund 100 Personen und wies die Vorwürfe der Bürgerinitiative zurück. Der Konvoi sei über einen asphaltierten Feldweg seitlich in das Gelände eingefahren, sagte Peter Nowak von der Polizei Münster. Solche Streckenänderungen seien immer möglich, betonte der Sprecher. Bei den Rangeleien im Anschluss seien lediglich einige Personalien festgestellt worden.

Ruwe sagte dagegen, dass eine Demonstrantin in Gewahrsam genommen worden sei. Zudem hätten einige Atomkraft-Gegner versucht, ein Polizeifahrzeug umzuwerfen. Die Polizei habe daraufhin sehr rabiat reagiert. Ruwe wertete die Aktionen als Erfolg. Man habe ein politisches Zeichen setzen und nicht «Räuber und Gendarm spielen» wollen.

Der am Montagmittag begonnene Transport war weitgehend störungsfrei verlaufen. Atomkraftgegner hatten zum Auftakt vorübergehend die Ausfahrt im sächsischen Rossendorf blockiert. Sie wurden von der Polizei weggetragen. In Radeberg hatten neun Demonstranten versucht, den Transport aufzuhalten, und in der Gemeinde Feldschlößchen stellten sich laut Polizei 25 Atomkraftgegner den Castorbehältern in den Weg. Die Blockaden wurden nach kurzer Zeit von der Polizei beendet. In Ahaus demonstrierten am Abend nach Angaben von Bürgerinitiativen rund 3.000 Menschen. Die Polizei sagte, zu Spitzenzeiten seien es 1.3000 Demonstranten gewesen.

Die zwei vorangegangenen Straßentransporte hatten ohne größere Zwischenfälle die 600 Kilometer lange Strecke in das atomare Zwischenlager zurückgelegt. Mit dem dritten Transport ist die Auslagerung von insgesamt 18 Behältern mit 951 Brennelementen von Rossendorf nach Ahaus abgeschlossen.

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Westfalenpost 14.06 2005

Letzter Atommüll-Konvoi in Ahaus angekommen

Ahaus (dpa) - Die Serie von Atommüll-Transporten vom sächsischen Rossendorf ins westfälische Ahaus ist in der Nacht zum Dienstag unter dem Protest tausender Demonstranten zu Ende gegangen.

Die letzten sechs der insgesamt 18 Castor-Behälter aus dem ehemaligen Forschungsreaktor bei Dresden rollten gegen 2.30 Uhr nach einer weitgehend störungsfreien, mehr als 15-stündigen Fahrt durch den Hintereingang des Brennelemente-Zwischenlagers.

Nach der Ankunft kam es zu Tumulten zwischen Demonstranten und Polizei. »Am Ende gab es eine unerwartete Wende«, sagte ein Polizeisprecher. Atomkraftgegner versuchten, das Haupttor der Anlage zu stürmen und einen Polizeiwagen umzustürzen. Aus der Menge hunderter Demonstranten flogen Flaschen und Farbbeutel auf die vor dem Zwischenlager aufmarschierten Polizei-Hundertschaften. Die Polizisten drängten die Protestierenden teils harsch zurück. Nach kurzer Zeit entspannte sich die gereizte Stimmungslage.

Bereits am Vorabend waren in der Ahauser Innenstadt nach Angaben der Veranstalter 3000 Atomkraftgegner gegen die Lagerung von radioaktivem Müll in ihrer Stadt auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Polizei nahmen etwa 1500 Menschen an dem Zug von der Innenstadt zum Zwischenlager teil.

Mitglieder des Bündnisses »Widerstand gegen Atomanlagen« reagierten empört auf die Ankunft der Castoren. Der Konvoi habe eine nicht genehmigte Strecke über Feldwege zum Hintereingang des Zwischenlagers genommen, sagte der Sprecher des Bündnisses, Matthias Eickhoff. »Das ist unverantwortlich«, sagte er. Der Sprecher des Polizeipräsidiums Münster, Alfons Probst, sagte dagegen, die Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz schreibe lediglich die Route auf den Bundesautobahnen vor. Es habe kein Sicherheitsrisiko gegeben. Die Kolonne hatte mit dem Umweg eine Straßenblockade von Castor-Gegnern umfahren.

Zu Beginn des Transports am Montagmittag in Sachsen hatten Atomkraftgegner den Tross zwei Mal gestoppt. Auch entlang der 600 Kilometer langen Strecke durch Thüringen und Hessen kam es immer wieder zu kleineren Kundgebungen.

Die Demonstranten kritisieren die Atommüll-Transporte als unsinnig und gefährlich. Sie befürchten, dass das Zwischenlager Ahaus zu einem Endlager für Atommüll umgewidmet werden könnte. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, hatte dem widersprochen. Ahaus erfülle nicht die Anforderungen an ein Endlager.

Um den Transport der 951 Brennelemente hatte es einen monatelangen Streit zwischen Sachsen und Nordrhein-Westfalen gegeben. Nach Auffassung von NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hätten die Castoren auch in Rossendorf zwischengelagert werden können. Sachsen beharrte jedoch trotz der Kosten in zweistelliger Millionenhöhe für den Einsatz mehrerer tausend Polizisten auf den Transport, da die Halle in Rossendorf nicht die Zulassung als Zwischenlager hat.

14.06.2005   dpa

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wdr2 Morgenmagazin 14.06.2005

Castoren in Ahaus

Radiobericht von Andreas Loreck

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SPIEGEL ONLINE - 14. Juni 2005, 08:04

Castor-Transport

Tumulte vor dem Zwischenlager Ahaus

Der dritte und letzte Castor-Transport mit Atommüll aus dem sächsischen Rossendorf ist am frühen Morgen in Ahaus eingetroffen. Vor dem Zwischenlager in der nordrhein-westfälischen Stadt kam es zu Tumulten.

Ahaus - Der Konvoi mit den sechs Lastwagen aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf erreichte das Zwischenlager nach Angaben der Polizei um 2.28 Uhr über einen Wirtschaftsweg - unbemerkt von den Demonstranten. Die Atomkraftgegner reagierten auf den Schachzug der Polizei mit Tumulten. Sie ließen ihre Wut an einem Polizeiwagen aus. Außerdem flogen Flaschen und andere Gegenstände.

Die Vertreter der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" riefen die Demonstranten auf, friedlich nach Hause zu gehen. Der Appell wurde zunächst nicht befolgt. Es kam zu einzelnen vorläufigen Festnahmen. Auch die Polizei war um Deeskalation bemüht. Nach rund zwei Stunden beruhigte sich jedoch die Lage.

Die Fahrzeuge hatten am Mittag begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot das frühere Reaktorgelände in der Nähe von Dresden verlassen und bis nach Ahaus eine rund 600 Kilometer lange Strecke zurückgelegt. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es dabei nicht, wie ein Polizeisprecher sagte.

Damit sind seit dem 30. Mai an drei Montagen in Folge aus Rossendorf insgesamt 18 Castoren mit zusammen 951 Brennstäben in das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus gebracht worden.

Die Genehmigung für den von Sachsen beantragten Transport hatte das Bundesamt für Strahlenschutz bereits vor 14 Monaten erteilt. Nicht zuletzt wegen des juristischen Widerstands der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, der letztlich erfolglos blieb, kam jedoch ein Vollzug noch vor der dortigen Landtagswahl vor einer Woche nicht zustande.

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Nachrichten.ch 14.06.2005

Atommüll-Transport geht mit Tumulten zu Ende

Ahaus - Die Serie von Atommüll-Transporten von Rossendorf nach Ahaus ist unter dem Protest tausender Demonstranten zu Ende gegangen. Nach der Ankunft kam es zu Tumulten zwischen Protestierern und der Polizei.

Die letzten sechs der insgesamt 18 Castor-Behälter aus dem ehemaligen Forschungsreaktor bei Dresden rollten gegen 2.30 Uhr nach einer weitgehend störungsfreien, mehr als 15-stündigen Fahrt durch den Hintereingang des Brennelemente-Zwischenlagers nahe der deutsch-niederländischen Grenze. Am Ende gab es eine unerwartete Wende, sagte ein Polizeisprecher. Atomkraftgegner versuchten, das Haupttor der Anlage zu stürmen und einen Polizeiwagen umzustürzen. Aus der Menge hunderter Demonstranten flogen Flaschen und Farbbeutel auf die vor dem Zwischenlager aufmarschierten Polizei-Hundertschaften.

Kernkraftgegner machten mobil gegen den Atommüll aus Dresden.

3000 Demonstranten

Bereits am Vorabend waren in der Ahauser Innenstadt nach Angaben der Veranstalter 3000 Atomkraftgegner gegen die Lagerung von radioaktivem Müll in ihrer Stadt auf die Strasse gegangen. Nach Angaben der Polizei nahmen etwa 1500 Menschen an dem Zug von der Innenstadt zum Zwischenlager teil. Zu Beginn des Transports am Montagmittag in Sachsen hatten Atomkraftgegner den Tross zwei Mal gestoppt. Auch entlang der 600 Kilometer langen Strecke durch die Bundesländer Thüringen und Hessen kam es immer wieder zu kleineren Kundgebungen.

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wdr 13.06.2005

Dritter Atommüll-Transport unterwegs

Wieder Demonstrationen in Ahaus

Der dritte und letzte LKW-Transport mit Atommüll aus Sachsen soll in der Nacht zu Dienstag (14.06.05) im westfälischen Zwischenlager Ahaus ankommen. Schon am Montagabend demonstrierten hier mehrere hundert Menschen gegen die radioaktive Fracht.

Kein Castor ohne Polizeischutz

Um 11.25 Uhr verließ ein Konvoi mit sechs Sattelschleppern den ehemaligen Forschungsreaktor in Rossendorf, wo der Atommüll zu DDR-Zeiten produziert worden war. 1.500 Polizisten mit 80 Fahrzeugen begleiteten den Tross. Atomgegner hatten zunächst eine Viertelstunde lang die Ausfahrt versperrt, wurden dann aber von Polizisten weggetragen. Der 600 Kilometer weite Transport verlaufe sehr ruhig, hatte am Abend ein Sprecher der Polizei Münster wdr.de versichert.

Vehemente Proteste der Atomgegner

In Ahaus nahe der deutsch-niederländischen Grenze soll der Atommüll zwischengelagert werden; zwei Transporte hat es in den letzten Wochen bereits gegeben - trotz vehementer Proteste von Atomgegnern. Sie wehren sich gegen eine "Renaissance der Atomkraft" unter einer schwarz-gelben Landesregierung und wollen den Unmut mit einer Unterschriftenaktion bündeln. Die Unterschriften sollen der Noch-Landesregierung überreicht werden. Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" hofft dabei auf Unterstützung von den Grünen, obwohl diese die Transporte hätte verhindern können, wie die Initiative meint. Bereits am Vormittag hatten wie schon eine Woche zuvor rund 80 Schüler ihre Klassenzimmer verlassen und eine Kreuzung in Ahaus blockiert. Abends versammelten sich mehrere hundert Demonstranten etwa zwei Kilometer von dem Zwischenlager entfernt in der Innenstadt und zeigten Transparente mit Aufschriften wie "Kein Castor nach Ahaus". Unter den Protestlern waren auch christliche Gruppen.

Endlager Ahaus?

Sitzblockade gegen Atommüll

Die Atomkraftgegner befürchten, dass Ahaus sich als Endstation für die insgesamt 951 Brennelemente aus Rossendorf erweist. Der Leiter des Bundesamtes für Strahlenschutz versicherte, solche Spekulationen seien haltlos. "Ein Zwischenlager kann kein Endlager werden", so Wolfram König. Er erklärte auch, es sei gewährleistet, dass die Castor-Behälter in Ahaus für die nächsten Jahrzehnte sicher gelagert werden können. Ein Endlager gibt es noch nicht; der Salzstock bei Gorleben, der in Frage kam, wurde auf Geheiß der rot-grünen Bundesregierung nicht weiter erkundet. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will den Salzstock aber wieder prüfen lassen.

Kosten in Millionenhöhe

Beim letzten Transport sollen die restlichen sechs der 18 Castor-Behälter mit insgesamt 951 Brennelementen abtransportiert werden. Um die Atommüll-Transporte hatte es im Vorfeld monatelangen Streit zwischen den Landesregierungen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gegeben. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hatte argumentiert, die Brennstäbe könnten unter gleichen Sicherheitsstandards ebenso in Rossendorf deponiert werden. Dadurch wären Kosten in Millionenhöhe für den Einsatz mehrerer tausend Polizisten eingespart worden. Sachsen hatte jedoch auf die Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz gepocht und war damit auch vor Gericht erfolgreich geblieben.Alle Beiträge zum Thema Atomtransporte

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wdr 14.06.2005

 

Dritter Atommüll-Transport angekommen

Wieder Demonstrationen in Ahaus

Der dritte und letzte LKW-Transport mit Atommüll aus Sachsen ist in der Nacht zu Dienstag (14.06.05) im westfälischen Zwischenlager Ahaus angekommen. Gegen die radioaktive Fracht demonstrierten hier annähernd 2.000 Menschen.

Kein Castor ohne Polizeischutz

Die Atomkraft-Gegner hatten vorher mehrfach versucht, die 600 Kilometer lange Fahrt des Konvois von Rossendorf (Sachsen) nach Ahaus zu stoppen. Die Polizei unterband die Blockadeversuche aber schnell, ohne dass es, wie sie meldete, zu nennenswerten Zwischenfällen gekommen wäre.

Dennoch leitete die Polizei den Konvoi, der die letzten der 18 Castoren mit Atommüll aus einem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor nach Ahaus bringen sollte, nicht über die Hauptzufahrtstraße ins Zwischenlager, die von Demonstranten blockiert war. Vielmehr nahmen die sechs Lastwagen einen Wirtschaftsweg und erreichten das Zwischenlager so unbemerkt über den Hintereingang. Die Demonstranten reagierten auf den Schachzug der Polizei mit Tumulten, ließen ihre Wut an einem Polizeiwagen aus und warfen Flaschen. Der Appell der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", friedlich nach Hause zu gehen, verhallte ungehört. Erst nach einigen vorläufigen Festnahmen und zwei Stunden später beruhigte sich die Lage.

Vehemente Proteste der Atomgegner

Sitzblockade gegen Atommüll

Die Demonstranten wehren sich gegen eine "Renaissance der Atomkraft" unter einer künftigen schwarz-gelben Landesregierung und wollen den Unmut mit einer Unterschriftenaktion bündeln. Die Unterschriften sollen der Noch-Landesregierung überreicht werden. Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" hofft dabei auf Unterstützung von den Grünen, obwohl diese die Transporte hätte verhindern können, wie die Initiative meint.

Audio

Dritter Atommüll-Transport angekommen

[WDR2 Morgenmagazin (14.06.05); 2'30]

Endlager Ahaus?

Die Atomkraftgegner befürchten zudem, dass Ahaus sich als Endstation für die insgesamt 951 Brennelemente aus Rossendorf erweist. Der Leiter des Bundesamtes für Strahlenschutz versicherte, solche Spekulationen seien haltlos. "Ein Zwischenlager kann kein Endlager werden", so Wolfram König. Er erklärte auch, es sei gewährleistet, dass die Castor-Behälter in Ahaus für die nächsten Jahrzehnte sicher gelagert werden können. Ein Endlager gibt es noch nicht; der Salzstock bei Gorleben, der in Frage kam, wurde auf Geheiß der rot-grünen Bundesregierung nicht weiter erkundet. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will den Salzstock aber wieder prüfen lassen.

http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/atommuelltransport/050614.jhtml?rubrikenstyle=politik

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Westfalenpost 13.06.2005

Gefährlicher Stoff fürs Straßentheater Initiative gegen Atommülltransporte weist auf Castor hin

Soest Mit gelben Kreuzen machten die Atomkraftgegner gestern auf den Castor-Transport aufmerksam. Ein Mini-Castor-Modell rollte anschließend über den Markt. Foto: Birgit Helmers Soest. (bhe) "Wir sind hier viel zu viele." Drei Streifenwagen standen gestern um 17 Uhr am Markt, da hatte sich gerade eine Hand voll Demonstranten versammelt. Polizei-Einsatzleiter Uwe Sommer schickte zwei Wagen weg. Aus der Hand voll wurden später gut dreißig Soester, die gegen Atomkraft demonstrierten.

Der Castor rollt an Soest vorbei, und kaum einen interessiert´s. Das stört die Soester Initiative gegen Atommülltransporte massiv. Deshalb setzte die Gruppe gestern aus aktuellem Anlass ein Zeichen in der Fußgängerzone.

Zweimal war in den vergangenen beiden Wochen ein Castortransport auf der A 44 an der Bördestadt vorbeigefahren. Der letzte der drei Atommüll-Transporte aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor im sächsischen Rossendorf zum Brennelemente-Zwischenlager im westfälischen Ahaus ist gestern gestartet. Dass auch er die Route über die A 44 nehmen würde, bezweifelte die Soester Initiative nicht. Mit Straßentheater, Musik und Plakaten machte sie auf die Gefahr für Mensch und Umwelt aufmerksam.

"Castor-Sicherheit hin oder her", sagte Stefan Förster, "es bleiben unkalkulierbare Risiken. Unter anderem werden zwei Kilogramm hochgiftiges Plutonium transportiert." Eine gefährliche Fracht. "Das reicht, um mehrere Millionen Menschen zu töten." Förster sieht in den Transporten keinen Sinn, weil die Lagerhalle in Rossendorf bautechnisch moderner sei als das Zwischenlager in Ahaus. Und: "Die Entsorgungsfrage bleibt ungelöst." Mit einem offenen Brief und der Bitte um Unterstützung hatte sich die Initiative auch an Bürgermeister Dr. Ruthemeyer gewandt.

Die Demo im Anschluss an das Straßentheater führte zum Alten Schlachthof. Förster schloss aus, dass sich Aktive aus der Soester Gruppe später auf den Weg zur Autobahn machen würden, um die Castor-Durchfahrt zu blockieren.

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Freie Presse 13.06.2005

Dritter Atommüll-Transport von Rossendorf nach Ahaus rollt

Polizei spricht von kleinen Störungen

Rossendorf/Ahaus (ddp-nrw). Der letzte von insgesamt drei Atommülltransporten vom einstigen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden ins Zwischenlager Ahaus in Westfalen hat am Montagvormittag begonnen. Dabei sei es zu keinen Störungen gekommen, sagte ein Polizeisprecher. Knapp zehn Atomkraftgegner hätten vor der Ausfahrt des Reaktorgeländes friedlich gegen die Straßentransporte demonstriert.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen werden insgesamt sechs Castoren auf Lastwagen ins rund 600 Kilometer entfernte Ahaus befördert. Die Überführungen an den vergangenen zwei Montagen war ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Die Route führte über Thüringen und Hessen. Insgesamt werden 18 Castoren mit 951 Brennstäben in das westfälische Zwischenlager gebracht.

Im Vorfeld hatten mehrere Anti-Atom-Initiativen erneute Proteste entlang der Transportstrecke angekündigt. Initiativen aus dem Münsterland planen für Montagabend eine Großdemonstration sowie eine Dauermahnwache am Zwischenlager.

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Yahoo Nachrichten 13.06.2005 15:16

Demonstration vor dem Thüringischen Landtag

Zwischen gelben Regenschirmen protestieren Atomkraftgegner der PDS gegen die Atompolitik der Bundesregierung und den Castor-Transport vom saechsischen Atomforschungszentrum Dresden-Rossendorf ins nordrhein-westfaelische Ahaus am Montag, 13. Juni 2005, vor dem Thueringer Landtag in Erfurt. Insgesamt drei Transporte erfolgten auf der 600 Kilometer langen Strecke ueber Autobahnen. (AP Photo/Jens Meyer)

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Netzeitung 13.06.2005

Dritter Castor-Transport nach Ahaus unterwegs

Nur eine Viertelstunde verspätet ist der dritte und letzte Castor-Transport von Rossendorf nach Dresden gestartet. Atomkraftgegner blockierten die Ausfahrt - bis sie fortgetragen wurden.

Der dritte und letzte Castor-Transport vom ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden ins westfälische Zwischenlager Ahaus ist am Montagvormittag gestartet. Der Atomkraftgegner hatten eine Viertelstunde lang die Ausfahrt des Konvois blockiert. Die Polizei trug sie fort. Die Atomkraftgegner leisteten dabei keinen Widerstand.

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Yahoo: Hier einige Bilder zum Transport

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sz-online 13.06.2005

Letzter Castor-Transport verlässt am Mittag Rossendorf

Dresden - Der letzte Castor-Transport in das westfälische Zwischenlager Ahaus soll am Mittag (12.00 Uhr) in Dresden-Rossendorf starten. Das teilte die Polizeidirektion Dresden am Vormittag mit. Autofahrer müssten mit Staus und Behinderungen entlang der Strecke rechnen. Aus Sicherheitsgründen seien auch Straßensperrungen nötig. Wie schon bei den zwei vorangegangenen Transporten werden die sechs Castoren von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. Atomkraftgegner haben erneute Proteste angekündigt, unter anderem in Jena. (dpa)

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taz 12.06.2005

Atommüll bis mindestens 2018

Anti-Atom-Initiativen warnen vor hunderten Castor-Transporten nach Ahaus. Ministerien und das Bundesamt für Strahlenschutz geben sich ahnungslos

VON ANDREAS WYPUTTA

Dem münsterländischen Städtchen Ahaus droht heute Abend einmal mehr der Ausnahmezustand. Begleitet von massiver Polizeipräsenz werden zum dritten Mal Castor-LKW aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden ins "Brennelemente-Zwischenlager Ahaus" rollen. Der Inhalt: Kernwaffenfähiges Uran 235 und hochgiftiges Plutonium. Die Anti-Atom-Bewegung ruft zu Protesten auf: Um 19 Uhr steigt heute Abend ein Open-Air-Konzert vor dem Ahauser Bahnhof, nach der Auftaktkundgebung zieht ein Demonstrationszug vom Bahnhof durch die Ahauser Innenstadt zum Zwischenlager. Ab 22 Uhr wollen die Atomkraftgegner vor dem Atommülllager gegen die Transporte protestieren - bis die Castoren im Morgengrauen Ahaus erreichen. "Die Transporte sind unsinnig", sagt Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus. "Die Lagerhalle hier ist genauso sicher oder unsicher wie die Halle in Rossendorf."

Dennoch könnten die 18 sächsischen Castoren erst der Auftakt zu einer ganzen Kette von Atommülllieferungen sein. Bis 2018 drohten hunderte von Castor-Transporten, warnen Atomkraftgegner wie der Münsteraner Matthias Eickhoff, Sprecher der Initiative Widerstand gegen Atomanlagen. Zunächst dürfte der Atommüll aus den westdeutschen Forschungsreaktoren Garching bei München und Karlsruhe anrollen - während im Atomkonsens zwischen rot-grüner Bundesregierung und der Atomindustrie dezentrale Zwischenlager für Atomkraftwerke vorsieht, wird der strahlende Schrott der Forschungsreaktoren in Ahaus entsorgt. "Die Technische Universität München als Betreiber des Forschungsreaktors Garching II hat als Entsorgungsnachweis schon Plätze in Ahaus angemietet", sagt Eickhoff - und rechnet mit mindestens 72 Castoren nur aus München und Karlsruhe.

Doch auch der radioaktiv verseuchte Müll der norddeutschen Atomkraftwerke wie Grohnde oder Stade könnte in Ahaus landen: Zwar sollen die Brennstäbe in Gorleben im Wendland eingelagert werden. Doch alles, was bei der Wiederaufbereitung abgetrennt wird, soll im Münsterland auf eine Klärung der noch immer offenen Endlagerfrage warten. "Das können auch hoch verstrahlte Anlagenteile sein", warnt Eickhoff.

Bundes- und Landesbehörden dagegen geben sich unwissend. "Es kann natürlich sein, dass weitere Castor-Transporte nach Ahaus kommen, klar", so Florian Emrich, Sprecher des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) als zuständiger Genehmigungsbehörde auf taz-Anfrage am Freitag. Genaue Informationen habe er aber nicht, sagt Emrich - und verspricht Klärung bis zum heutigen Montag. Ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, wird deutlicher, erklärt die offizielle BfS-Linie: "Noch sind ja keine Transporte beantragt. Und über nicht beantragte Transporte können wir nichts sagen." Weitere dezentrale Zwischenlager an den Standorten der Atomkraftwerke seien im Bau, die zentralen Zwischenlager Ahaus und Gorleben verlören "deshalb an Bedeutung". Alles unter Kontrolle lautet die Botschaft, keine Aufregung, bitte.

Grotesk argumentieren auch die nordrhein-westfälischen Landesministerien. Das Umweltministerium erklärt sich für "nicht zuständig", verweist auf das Verkehrs- und Energieministerium. Doch der schwarze Peter wird sofort an das Innenministerium weitergereicht. "Wir sind doch nur das Ende einer langen Kette, müssen die Transporte nur polizeilich absichern", sagt eine Sprecherin dort. Näheres wisse bestimmt das Düsseldorfer Energieministerium - oder ausgerechnet das Bundesamt für Strahlenschutz.

Ahaus könnte schleichend zum Endlager werden, fürchten deshalb die Anti-Atom-Initiativen. "In Deutschland ist die Endlagersuche nach mehr als 35 Jahren ohne jede Lösung. Woher sollen wir da den Optimismus nehmen, dass Politik und Wissenschaft in den nächsten 30 Jahren eine wirklich sichere Lösung finden", fragt Atomkraftgegner Ruwe. Weltweit gebe es kein sicheres Endlager - Versicherungen des Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, sind deshalb nicht nur für Ruwe eine "reine Farce". Nötig seien massive Proteste auf der Straße: In Dresden, an der Transportstrecke der Autobahn 2 bei Kamen und in Bad Oeynhausen sind Mahnwachen geplant, weitere Proteste sind in Jena, Kassel und Soest angekündigt.

Die Betreiber des Zwischenlagers dagegen wischen Proteste wie Sicherheitsbedenken lässig beiseite. "Keinerlei Probleme" gebe es bei der Einlagerung der Castoren, versichert BZA-Sprecher Michael Ziegler - dabei warnen die Anti-Atom-Initiativen seit Wochen, die Dichtungen der Behälter könnten durch zu fest angezogene Schrauben beschädigt und damit sogar undicht geworden sein. "Unsinn", kontert Ziegler: "Solche Gerüchte gehören leider schon seit Jahren zum Handwerkszeug dieser Bürgerinitiative."

www.bi-ahaus.de

www.nixfaehrtmehr.de

www.castorstopp-dresden.de

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ngo-online 10. Jun. 2005

Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus"

Fotos belegen mutmaßliche Beschädigung von angeliefertem Castor-Behälter

Der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" e.V. sind Fotos zugespielt worden, welche die Deckel der Castor-MTR-2-Behälter aus Dresden-Rossendorf unmittelbar nach ihrer Ankunft in Ahaus zeigen. Deutlich erkennbar seien erhebliche Rostschäden im Bereich der Verschraubungen. Damit erhärte sich der Verdacht der Anti-Atomkraft-Initiative, dass die Behälter unzulänglich und für eine 40-jährige sichere Lagerung nicht geeignet sind. Dass das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sich weigert, sämtliche Messprotokolle zu den Strahlungswerten der 18 Castor-Behälter zu veröffentlichen, sei ein weiteres Zeugnis für die Geheimniskrämerei der Bundesbehörde.

Die Initiative fordert eine sofortige Stellungnahme des BfS zu den sichtbaren Schäden. Da die Behälter nach der Bewertung des BfS als absolut sicher und ungefährlich eingestuft werden, ist es nach Ansicht der Initiative dringend erforderlich, den tatsächlichen Zustand der CASTOR MTR-2-Behälter von unabhängigen Vertreten dokumentieren zu lassen. Außerdem fordert sie die Veröffentlichung aller Messwerte, die im Zusammenhang mit den Transporten stehen, verlangt Felix Ruwe von der BI-Ahaus.

Unterdessen hat ein 19-jähriger Atomkraftgegner aus Borken Strafanzeige gegen die Polizei wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung eingereicht. Der junge Mann befand sich am Montag im Polizeikessel auf der Schöppinger Straße. Polizeibeamte überdehnten bei der Räumung seinen linken Daumen, winkelten seinen rechten Arm an und drückten seinen Kopf mit der Hand so heftig in den Nacken, dass er danach noch tagelang über Schmerzen klagte.

Ein weiterer Demonstrant klagte über Magenbeschwerden und musste im Kessel von Sanitätern behandelt werden. Die Polizei weigerte sich, die Sanitäter mit dem Mann aus dem Kessel zu lassen, damit dieser an seine Medikamente im Auto kommen konnte. Erst nach langwierigen Diskussionen geleitete die Polizei den Mann schließlich zu seinem Auto.

Die Bürgerinitiative hält dieses Vorgehen der Polizei für absolut unverantwortlich. Wenn selbst eine medizinische Versorgung verweigert wird, sei dies schlichtweg unmenschlich und rechtswidrig. Die BI Ahaus ruft deshalb Zeugen auf, sich bei der BI zu melden und auch Fotomaterial einzureichen, um das Vorgehen der Polizei lückenlos dokumentieren zu können. Die BI werde Betroffenen Rechtsbeistand gewähren.

Sie fordert von der Polizei, sich am nächsten Montag an demokratische Grundregeln zu halten. Friedlicher Protest sei für eine demokratische Gesellschaft notwendig, wenn politische Entscheidungsgremien den Dialog mit der Bevölkerung verweigern. Die Polizei habe sich hierbei neutral zu verhalten. Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit gehe in jedem Fall vor dem privaten Anspruch auf den Transport von hochradioaktivem Atommüll.

Am Montag, den 13.06.05, veranstalten die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland eine Großdemonstration gegen den dritten Castor-Transport von Dresden nach Ahaus und für den sofortigen Atomausstieg. Beginn wird schon um 19 Uhr am Ahauser Bahnhof mit einem Konzert sein. Es werden unter anderem eine Ahauser Schülerband und Klaus der Geiger spielen. Um 20 Uhr beginnt dann die Auftaktkundgebung. Danach führt die Demonstration zum Zwischenlager.

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ahaus@online.de 09.06.2005

Atomkraftgegner weiten Proteste für 3. Castor-Konvoi aus

Ahaus - 09.06.2005 - Die Anti-Atomkraft-Initiativen rufen für den dritten Castor-Transport von Dresden nach Ahaus am kommenden Montag zu massiven Protesten auf. Nachdem am vergangenen Montag bereits Blockaden in Dresden, Jena, Kamen und Ahaus stattfanden, planen die Anti-Atomkraft-Initiativen die Proteste beim dritten Transport noch einmal auszuweiten. Es wird erneut Aktionen in Dresden, Kamen und Bad Oeynhausen geben. Dazu kommen bereits jetzt Proteste in Jena, Kassel und Soest, sodass der Widerstand entlang der 600 km langen Autobahnstrecke eindeutig wächst. „Wir haben die Transportroute quer durch Deutschland sehr gut sichtbar gemacht," zogen Sprecher der Initiativen eine positive Zwischenbilanz. In Ahaus wird am kommenden Montag, 13. Juni um 20 Uhr am Bahnhof eine zentrale Großdemonstration gegen die Atomtransporte und für den sofortigen Atomausstieg stattfinden. Ab 19.00 Uhr spielt die Band „FARGOW"! Unter dem Motto „Stoppt die Castoren - stoppt die Renaissance der Atomkraft" wird eine Demonstration durch die Innenstadt zum Atommüll-Lager führen, wo die ganze Nacht hindurch eine Mahnwache stattfinden wird. Am letzten Montag hatten bereits mehr als 2000 Menschen in Ahaus demonstriert.

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ddp 09.06.2005

Donnerstag 9. Juni 2005, 11:13 Uhr

Anti-Atomkraft-Initiativen rufen zu massiven Protesten auf

Ahaus (ddp-lsc). Die Anti-Atomkraft-Initiativen rufen für den dritten und letzten Castor-Transport aus dem sächsischen Rossendorf bei Dresden ins westfälische Ahaus am kommenden Montag zu massiven Protesten auf. Nachdem am vergangenen Montag bereits Blockaden in Radeberg, in Jena, im nordrhein-westfälischen Kamen und in Ahaus stattgefunden hätten, planen die Anti-Atomkraft-Initiativen nach eigenen Angaben die Proteste beim dritten Transport noch einmal auszuweiten.

Die Initiativen kündigten am Donnerstag in Ahaus an, es werde erneut Proteste in Dresden sowie in Kamen und Bad Oeynhausen in Nordrhein-Westfalen geben. Dazu kämen bereits jetzt Aktionen in Jena, im hessischen Kassel und im westfälischen Soest, so dass der Widerstand entlang der 600 Kilometer langen Autobahnstrecke «eindeutig wächst». «Wir haben die Transportroute quer durch Deutschland sehr gut sichtbar gemacht», sagten Sprecher der Initiativen.

In Ahaus soll am Montag ab 20.00 Uhr am Bahnhof eine zentrale Großdemonstration gegen die Atomtransporte und für den sofortigen Atomausstieg stattfinden. Protestiert werden soll gegen die Pläne von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel, die Laufzeiten für Atomkraftwerke zu verlängern. Unter dem Motto «Stoppt die Castoren - stoppt die Renaissance der Atomkraft» wird eine Demonstration durch die Innenstadt zum Atommüll-Lager führen, wo die ganze Nacht hindurch eine Mahnwache stattfinden wird. Am vergangenen Montag hatten bereits mehr als 2000 Menschen in Ahaus demonstriert. In Rossendorf hatte lediglich ein Dutzend Menschen an einer Mahnwache teilgenommen.

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Kölner Stadtanzeiger 09.06.05

Proteste gegen dritte Atommüll-Fuhre

In sechs Castor-Behältern wird auf der A 4 Atommüll aus dem sächsischen Rossendorf nach Ahaus transportiert.

Ahaus (dpa/lnw) - Vier Tage vor dem geplanten Start des letzten von drei Atommüll-Transporten aus Dresden-Rossendorf ins westfälische Ahaus haben Kernkraftgegner erneut Proteste angekündigt. Es werde entlang der 600 Kilometer langen Strecke in Dresden, Jena, Kassel, Kamen, Soest und Bad Oeynhausen Blockaden geben, teilte die Anti- Atomkraft-Szene im Münsterland am Donnerstag mit. Am Montag werde in Ahaus gegen den Castor-Transport und für den sofortigen Atomausstieg demonstriert. Die vorige Atommüll-Fuhre hatten in Ahaus bis zu 2000 Protestler begleitet.

Die letzten sechs der insgesamt 18 Castoren mit 951 abgebrannten Brennelementen aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor in Rossendorf bei Dresden werden in der Nacht zu Dienstag in Ahaus erwartet. Dort sollen sie bis zu 30 Jahre zwischengelagert werden. Atomkraft-Gegner kritisieren, dass die Frage der Endlagerung nach Ablauf dieser Zeit immer noch ungelöst ist.

Die Proteste der Atommüll-Gegner gegen die ersten zwei von einem großen Polizeiaufgebot begleiteten Konvois waren friedlich verlaufen. Am vergangenen Montag hatten Castor-Gegner vor dem Forschungszentrum in Rossendorf eine Mahnwache postiert, an der sich ein Dutzend Menschen beteiligte. Noch vor zwei Wochen demonstrierten an gleicher Stelle 50 Atomgegner. In Ahaus hatten am vergangenen Montag mehrere hundert Anti-Atomkraft-Aktivisten eine Zufahrtsstraße zum Zwischenlager in Ahaus stundenlang blockiert. Ein Anti-Atomkraft- Aktivist erklomm einen Fernmeldeturm und enthüllte ein Transparent mit der Aufschrift "Atomausstieg - Alles Lüge".

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TAZ NRW 8.6.05:

In Ahaus wächst der Widerstand

Über 2.000 Menschen demonstrieren gegen neue Atommülltransporte ins Münsterland. Proteste auch in Sachsen, Thüringen und Hessen. Castor-LKW vor Kamen durch Autobahnblockade gestoppt

AUS AHAUS

ANDREAS WYPUTTA

Die Castoren rollen, der Protest wächst: Über 2.000 Menschen haben in der Nacht von Montag auf Dienstag gegen neue Atommülltransporte aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden ins Zwischenlager Ahaus demonstriert. Selbst als die sechs Castor-LKW das Brennelemente-Zwischenlager (BZA) im Morgengrauen gegen 04:30 Uhr erreichten, blockierten noch immer über 400 Atomkraftgegner die Zufahrt. Vor einer Woche hatten dagegen nur 650 Menschen insgesamt gegen die ersten Castor-Transporte seit 1998 nach Ahaus demonstriert.

Proteste gegen die mit hochgiftigem Plutonium und kernwaffenfähigem Uran beladenen Castoren gab es auch in Sachsen, Thüringen und Hessen. Schon kurz nach der Abfahrt musste der Konvoi im sächsischen Radeberg stoppen - Atomkraftgegner blockierten die Landstraße, Greenpeace-Aktivisten stellten gelbe Holzkreuze als Zeichen des Protests auf. In Thüringen gab es Mahnwachen, und in Hessen nahm die Polizei 13 Demonstranten vorübergehend fest. In Bad Oeynhausen, dem "Nadelöhr" der als Alternativroute geltenden Nordstrecke, verteilten Teilnehmer einer Mahnwache Flugblätter und sammelten Unterschriften für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Zum zweiten Mal gestoppt wurden die Castoren dann bei Kamen: Rund 25 Atomkraftgegner blockierten die Autobahn und konterkarierten so das Sicherheitskonzept der Polizei, die die Blockade nicht bestätigen wollte.

In Ahaus selbst sorgte besonders eine Erklärung des Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, für Ärger. Kein Zwischenlagerstandort habe vom Atomkompromiss zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der Atomindustrie "so profitiert wie Ahaus", hatte der Chef des Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) direkt unterstellten BfS ausgerechnet am Montag erklärt. "Wenn wir nicht massiv auf die Straße gehen, drohen uns hunderte Atommülltransporte", hielt Heiner Möllers-Taubitz von der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus dagegen. "Ahaus droht zum Endlager zu werden." Auf die Castoren aus Rossendorf könnte hochangereichertes Uran aus dem Forschungsreaktor München-Garching folgen, danach dürften bis 2018 hunderte Transporte aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague rollen. "Ahaus ist ein zentrales Projekt der deutschen Atomindustrie. Von Schonung kann keine Rede sein", sagt auch Matthias Eickhoff von der Gruppe Widerstand gegen Atomanlagen aus Münster.

Umso heftiger reagierten Polizei und Ahauser Stadtverwaltung: Ozan Kubat, Sprecher der Ahaus Jusos, klagt über Drohungen des Ahauser Schuldezernenten Hermann Kühlkamp. "Sie können sich warm anziehen", soll Kühlkamp am Telefon gedroht haben - Kubat hatte zu Schülerdemonstrationen aufgerufen, an denen sich schon Montag Mittag über 120 Schülerinnen und Schüler beteiligt hatten. Die Anti-Atom-Initiativen kritisierten Kühlkamps Verhalten: Der Schuldezernent versuche, dass Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.

Auch die Polizisten vor dem Zwischenlager reagierten stark gereizt, versuchten die Demonstranten auf ihrem genehmigten Weg zum Zwischenlager immer wieder aufzuhalten. Als die Proteste nicht abrissen, kesselte die Polizei rund 100 Demonstranten ein - Proteste des Landwirts gegen den Kessel auf seinem Privatbesitz wurden ignoriert. Der Atommüllkonvoi stand zu diesem Zeitpunkt schon über eine Stunde auf dem Parkplatz Hochmoor der A31, rund 15 Kilometer vor Ahaus. Nach Polizeiangaben wurden 118 Atomkraftgegner in Gewahrsam genommen und "erkennungsdienstlich behandelt": Neben Ausweiskontrollen wurden die Demonstranten auch fotografiert.

Die Anti-Atom-Initiativen werteten die Proteste dennoch als großen Erfolg. "Wir konnten die Ankunft der Castoren über fast zwei Stunden hinauszögern", sagt Atomkraftgegner Eickhoff. "Die Verdreifachung des Widerstands, die große Unterstützung zeigt, dass die Menschen die Atommülltransporte ins Münsterland ablehnen."

ANDREAS WYPUTTA

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Münsterland-Zeitung 8.6.05:

Sitzblockaden gegen Castor

Ahaus - Dienstag, 4.25 Uhr: Sechs mit je einem Castor-Behälter beladene LKW rollen unter dem Protest von 250 Demonstranten, die ein großes Polizeiaufgebot hinter Absperrgitter drängt, auf das Gelände des Brennelement-Zwischenlagers. Der zweite Atommülltransport aus Rossendorf ist angekommen " mehr als eine Stunde später als erwartet.

"Dem Widerstand in Ahaus ist nicht die Luft ausgegangen, ganz im Gegenteil", gibt Matthias Eickhoff wenige Minuten später den verbliebenen Journalisten zu Protokoll. Die Zahl der Demonstranten " darunter wie schon am Morgen viele Schüler " habe sich im Vergleich zum ersten Transport eine Woche zuvor verdreifacht. "Wir wollten mit möglichst vielen Menschen auf der Transportstrecke ein politisches Zeichen für den sofortigen Atomausstieg setzen " das Ziel haben wir erreicht."

Auch ein anderes: Die Polizei hatte es nicht so leicht wie beim ersten Transport, den Konvoi an den Atomkraftgegnern vorbei ins Zwischenlager zu dirigieren. Zwei Sitzblockaden auf der Schöppinger Straße " eine auf Höhe der Gaststätte Sueks Manns und die andere an der Volxküche etwa in gleicher Entfernung vom BZA in Richtung Ahaus " mussten die Einsatzbeamten aus NRW zunächst auflösen, damit der an der Anschlussstelle Legden von der A 31 abgebogene Konvoi passieren konnte.

Rüde oder ruhig

Mit der Durchfahrt der von vielen Sicherheitsfahrzeugen begleiteten LKW ist die Demonstration an sich vorbei " aber noch nicht beendet. Erst um 6.15 Uhr gehen die letzten Kernkraftgegner nach Hause. Polizei und Bürgerinitiative beurteilen die Situation am Morgen unterschiedlich. Unstrittig ist, dass die Polizei von 118 Demonstranten im Bereich der Volxküche die Personalien festgestellt hat, da diese ihre Versammlung nicht auflösen wollten, wie Polizeipressesprecher Markus Kuhlmann begründet. Dabei sei es "etwas emotionaler, aber ruhig und sehr friedlich" zugegangen, ergänzt er. Zum Einsatz von Schlagstöcken oder Ingewahrsamnahmen sei es nicht gekommen. Felix Ruwe und Matthias Eickhoff, die Sprecher der Anti-Atomkraftinitiativen, sprechen dagegen von "Schikane durch die stundenlange Einkesselung" und einem "überzogenen Vorgehen der Polizei bei der Räumung", das mehrere Demonstranten verletzt habe. - sy- -

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Münsterland-Zeitung 8.6.05:

Aufwind für den Widerstand

Ahaus - "Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt so ist, wie sie ist", dröhnt es aus dem Lautsprecher in die taghell erleuchtete Nacht vor dem Brennelementzwischenlager. "Es ist nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt."

Ihren Beitrag zu einer ihrer Meinung nach besseren Welt leisten von Montag auf Dienstag, der Nacht des zweiten Castor-Transports, mehr als 250 Demonstranten. "Klar, werden wir den Transport nicht verhindern können", unterstreicht Eva-Maria Simon. Die Studentin aus Köln sitzt im Schneidersitz zusammen mit anderen Atomkraftgegner auf dem mit Stroh bedeckten Asphalt an der Schöppinger Straße in Höhe des Jägerhauses " eine von den beiden Blockaden auf der Zufahrtsstraße. "Aber wir haben die Chance, öffentlich Flagge zu zeigen gegen dieses unverantwortliche, völlig sinnlose Hin- und Herkarren des Atommülls." In Massen sollten die Menschen auf die Straße gehen, wünscht sich die junge Frau. Sie selbst hat immerhin schon zwei Freundinnen mitgebracht.

Sonntagsspaziergang

Schüler, Studenten, Eltern mit ihren heranwachsenden Kindern, Landwirte, Vertreterinnen der katholischen Frauengemeinschaft, Autonome und Punks, Ahauser und Auswärtige " "es ist toll, dass so viele hier vertreten sind", freut sich Matthias Eickhoff im Namen der Anti-Atomkraftinitiativen.

Der Widerstand sei spürbar breiter geworden " und soll noch mehr wachsen. Am kommenden Sonntag, 14 Uhr, findet ein Sonntagsspaziergang statt ("dann kommen die Landwirte hoffentlich auch mit ihren Treckern"), am darauf folgenden Montag der nächste und letzte Castortransport aus Rossendorf. - sy-

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Münsterland-Zeitung 8.6.05:

118 Demonstranten festgehalten

Ahaus - "Das ist doch reine Schikane", steht für die Sprecher der Antiatomkraftinitiativen fest: Der Demonstrationstag, der bunt und fröhlich am Bahnhof begonnen hatte, endet am Dienstagmorgen gegen 6 Uhr mit Aggression und Enttäuschung. Der Grund: Die Polizei hält 118 Demonstranten eineinhalb Stunden fest, um ihre Personalien aufzunehmen.

Um 4.45 Uhr hält die Polizei die Atomkraftgegner, darunter auch die Besatzung der Volxküche, in einem Kessel fest. Nur langsam werden die ersten Demonstranten zur Feststellung der Personalien abgeführt. Sie haben behauptet, zwei Polizisten hätten uns aus der Sitzblockade wiedererkannt", erzählen Ratsherr Tim Rohleder und "Trommelfloh" Maxim Wartenberg aus Münster. "Die haben mir einen Aufkleber mit Nummer auf den Ausweis geklebt und mich damit gefilmt", berichtet Bernd Mutz aus Gladbeck. Auch Anna Laumann aus Ahaus kritisiert scharf das Verhalten der Polizei: "Als die Polizisten die Straße geräumt haben, bin ich friedlich mitgegangen. Doch dann wurden wir immer weiter in die Volxküche zurückgedrängt, es wurde immer enger und schließlich hat man uns dort mit vielen Leuten, die nur in der Volxküche "was essen wollten, eingekesselt. Danach gab es überhaupt keine Auskunft, wie es weiter geht."

Um 6.05 Uhr wird schließlich der letzte Demonstrant abgeführt. Zehn Minuten später darf auch er gehen. "Eigentlich wollte ich mir nur ein Brötchen in der Volxküche holen. Ich war nicht mal auf der Straße " leider", ärgert sich Erne aus Süddeutschland. - dam/sy-

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TAZ 8.6.05:

Atommüll und kein Ende

In der Nacht von Montag auf Dienstag haben sechs weitere Castoren aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden das Zwischenlager Ahaus erreicht. Der Inhalt: 951 Brennelemente aus kernwaffenfähigem Uran und hochgiftigem Plutonium.

Bereits eine Woche zuvor waren sechs Atommüllbehälter nach Ahaus gebracht worden. Am kommenden Montag sollen die Lieferungen aus Rossendorf dann mit einem dritten Transport abgeschlossen werden - und das, obwohl die Ahauser Leichtbau-Lagerhalle genauso wenig Schutz bietet wie ihr baugleiches Gegenstück in Sachsen. Die Anti-Atom-Initiativen befürchten deshalb, dass im Münsterland faktisch ein Atommüll-Endlager entstehen könnte und rufen zu bundesweiten Protesten auf. Die Hoffnung: Eine weitere massive Stärkung des Widerstands, durch die Polizei und Politik zum Einlenken gezwungen würden. In Ahaus selbst demonstrieren Atomkraftgegner schon seit Wochen auf dem Widerstandscamp direkt gegenüber dem Zwischenlager - weitere Proteste sind für Sonntag und Montag angesetzt.

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wdr 08.06.2005

Castor-Behälter auf dem Rückweg

Die gestern in Ahaus entladenen Castor-Behälter sind auf dem Rückweg ins sächsische Rossendorf. Begleitet von einem Polizeiaufgebot hatte der Konvoi das Zwischenlager gegen Mitternacht verlassen. Rund ein Dutzend Atomkraftgegner protestierte friedlich bei der Abfahrt. Die dritte und letzte Atommüllverlagerung von Rossendorf nach Ahaus wird kommenden Montag erwartet.

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NRZ 7.6.2005

Kessel-Treiben?

ATOM / Nach dem zweiten Castor-Konvoi nach Ahaus erheben Kernkraftgegner Vorwürfe gegen den Polizei-Einsatz.

AHAUS. Der Widerstand gegen die Atommülltransporte ist beim zweiten von drei geplanten Konvois merklich angewachsen. Unter lautem Protest von etwa 2000 (die Polizei sprach von 1000) Kernkraftgegnern erreichte der radioaktive Müll gestern Morgen, aus Dresden-Rossendorf kommend, das Zwischenlager im westfälischen Ahaus.

Die letzten Meter seiner 600 Kilometer langen Reise durch Sachsen, Thüringen, Hessen und NRW hatten die Castoren unter gellenden Pfiffen von Demonstranten zurückgelegt. Aus der Menge flogen mehrere Farbbeutel gegen die Container. Zuvor hatte ein Großaufgebot der Polizei die Zufahrtstraße zum Zwischenlager räumen müssen. Mehrere hundert Demonstranten hatten die Straße die ganze Nacht über mit einer Sitzblockade versperrt.

Die Bewertung der Vorgänge ging scharf auseinander. Die Bürgerinitiativen in Ahaus sprachen von 70 bis 80 Personen, die einem "Kessel" festgehalten worden seien und monierten den "blutigen Einsatz" von Schlagstöcken. Das Vorgehen der Polizei sei übertrieben und "haarsträubend" gewesen.

Dem widersprach der Sprecher des Innenministeriums, Ulrich Rungwerth. Von einem Kessel könne keine Rede sein, die Polizei sei lediglich gezwungen gewesen, die Blockade der Schöppinger Straße aufzulösen. Dabei sei kein einziger Schlagstock zum Einsatz gekommen. Die Polizei vor Ort habe dann die Personalien von 118 Demonstranten festgestellt und die Personen danach wieder "entlassen". Einige müssen mit Anzeigen rechnen.

Die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland verbuchten die Proteste dennoch für sich als Erfolg; nicht nur, weil es gelungen sei, die Ankunft des Transportes um mehr als eine Stunde zu verzögern, sondern vor allem wegen der Mobilisierung von Kernkraftgegnern. Was das nun für die dritte und letzte Fuhre von Castor-Behältern am kommenden Montag bedeutet, ist ungewiss. Die Bürgerinitiativen kündigten an, die Ankunft der letzten von insgesamt 951 Brennelementen zu "begleiten". (pbd/NRZ/dpa)  

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dpa 7.6.05: 8.20 Uhr:

Atommüll-Transport erreicht Zwischenlager in Ahaus

Ahaus (dpa) - Unter lautem Protest von Kernkraftgegnern hat am frühen Dienstagmorgen der zweite von drei Atommüll-Transporten aus Dresden-Rossendorf das Zwischenlager im westfälischen Ahaus erreicht.

Der von einem großen Polizeiaufgebot begleitete Konvoi aus sechs mit jeweils einem Castor-Behälter beladenen Lastwagen hatte rund 18 Stunden für die 600 Kilometer lange Strecke vom sächsischen Forschungsreaktor ins westfälische Brennelemente-Zwischenlager benötigt. Die Fahrt verlief nach Polizeiangaben ohne nennenswerte Störungen. Es gab lediglich leichte Verkehrsbehinderungen wegen Straßensperrungen.

Am Ankunftsort in Ahaus hatten am Montagabend nach Angaben von Bürgerinitiativen bis zu 2000 Menschen gegen die ihrer Meinung nach unsinnigen Transporte demonstriert. Die Polizei ging von mehr als 1000 Demonstranten aus. Die Widerständler befürchten, dass der hoch radioaktive Atommüll wegen der ungelösten Endlager-Frage für immer im Zwischenlager Ahaus bleiben könnte. Zunächst ist eine Lagerzeit von etwa 30 Jahren vorgesehen.

Die letzten Meter seiner 600 Kilometer langen Reise durch Sachsen, Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen legte der Konvoi am Dienstagmorgen unter gellenden Pfiffen von Demonstranten zurück. Aus der Menge von nach Polizeiangaben etwa 250 Protestierern flogen mehrere Farbbeutel gegen die Container.

Zuvor hatte ein Großaufgebot der Polizei die Zufahrtstraße zum Brennelemente-Zwischenlager räumen müssen. Mehrere hundert Demonstranten hatten die Straße die ganze Nacht über mit einer Sitzblockade versperrt. Die Polizei stellte die Personalien von 118 Umweltschützern fest. Einige müssen mit Anzeigen rechnen. Ein Sprecher des Aktionsbündnisses «Widerstand gegen Atomanlagen» bezeichnete den Polizeiansatz als übertrieben und «haarsträubend». Die Demonstration sei friedlich gewesen.

Die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland verbuchten die Proteste dennoch für sich als Erfolg. Es sei gelungen, die Ankunft des Transportes um mehr als eine Stunde zu verzögern, hieß es. Die Kolonne hatte unterwegs mehrmals kurz anhalten müssen, weil sich einzelne Demonstranten auf die Fahrbahn oder in ihre Nähe begeben hatten.

Die letzte der drei Fuhren mit radioaktivem Abfall von Rossendorf nach Ahaus wird für kommenden Montag erwartet. Dann sollen die restlichen sechs der 18 Castor-Behälter mit insgesamt 951 Brennelementen transportiert werden. Um die Transporte hatte es im Vorfeld monatelange Streitigkeiten zwischen den Landesregierungen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gegeben. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hatte argumentiert, die Brennstäbe könnten unter gleichen Sicherheitsstandards ebenso in Rossendorf deponiert werden. Dann hätten die Kosten in Millionenhöhe für den Einsatz mehrerer tausend Polizisten gespart werden können. Sachsen hatte jedoch auf die Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz gepocht und war damit auch vor Gericht erfolgreich geblieben.

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Münsterland-Zeitung 7.6.05:

Anti-Atom-Protest wächst

Ahaus"Ich sehe hier heute nicht die Renaissance der Atomkraft", rief Matthias Eickhoff, einer der Sprecher der Castorgegner, gestern gegen 20.45 Uhr über die Köpfe von über 1200 Demonstranten hinweg, "ich sehe die Renaissance der Anti-Atomkraftbewegung".

Mehr als doppelt so viele Demonstranten wie beim ersten Castortransport vor einer Woche hatten sich gestern am Bahnhof versammelt, um gegen den zweiten der insgesamt drei Straßentransporte vom ehemaligen Forschungsreaktor Rossendorf nach Ahaus zu demonstrieren. "Castor " unser Albtraum auf Rädern" war auf einem Transparent zu lesen, auf einem anderen "Wann kommt das böse Erwachen""

So viele Menschen mobilisiert zu haben " vor allem auch so viele Jugendliche " , werten die Sprecher der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" als Erfolg für den "notwendigen Widerstand, wenn wir hier nicht zum Endlager werden wollen".

Eickhoff zeigte sich optimistisch, dass nächste Woche Montag, wenn der dritte Castortransport aus Rossendorf erwartet wird, noch mehr Menschen auf den Beinen seien. Nach Schätzung der BI versammelten sich bereits gestern Abend nach der Kundgebung am Bahnhof vor dem Rathaus an die 2000 Demonstranten.

Die Atomkraftgegner versammelten sich nach einem Protestzug durch die Innenstadt vor dem BZA. Das Eintreffen des Castor-Konvois wurde für den frühen Morgen erwarten. - sy-

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Münsterland-Zeitung 7.6.05:

"Alle Grenzwerte eingehalten"

Ahaus - Als "gezielte Falschinformation zur Mobilisierung des Protests" hat gestern Michael Ziegler, Sprecher des Brennelement-Zwischenlagers die von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" angeführten Grenzwertüberschreitungen an einem der 18 Castorbehälter in Rossendorf bezeichnet. Ziegler: "Da ist überhaupt nichts dran. Alle Behälter sind ordentlich abgefertigt worden, das heißt: unbeanstandet nach den geltenden Bestimmungen und Vorschriften." Mit ihren aus der Luft gegriffenen Behauptungen verängstige die BI nur die Bevölkerung.

Unterdessen hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine Mitteilung gegenüber der Münsterland Zeitung über ausgetauschte Castorschrauben revidiert. Mitte Mai hatte BfS-Sprecher Florian Emrich auf Anfrage mitgeteilt, dass Schrauben der Castorbehälter in Rossendorf nach der Verwendung eines anderen Reibbeiwertmittels vorsorglich ausgetauscht worden seien. "Das war ein Missverständnis von meiner Seite", erklärte Emrich gestern gegenüber der Münsterland Zeitung. Tatsache sei, dass die Schrauben neu begutachtet worden seien.

"Dabei wurde kein Handlungsbedarf festgestellt. An den Schrauben ist nichts geändert worden", so der BfS-Sprecher. Im Übrigen habe das Bundesamt aus eigener Initiative Messungen an den Castorbehältern in Rossendorf vorgenommen. Dabei seien keinerlei Grenzwertüberschreitungen festgestellt worden. - gro

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WDR 7.6.05:

Blockaden und Farbbeutel gegen Atommüll

Zweiter Castor-Transport in Ahaus angekommen

Mit Farbbeuteln, Eiern und Sitzblockaden haben 250 Demonstranten im nordrhein-westfälischen Ahaus Dienstagfrüh (07.06.05) den zweiten von insgesamt drei Atommüll-Transporten aus Sachsen empfangen.

 Kein Castor ohne Polizeischutz

Nach Angaben von Bürgerinitiativen hatten bereits am Montagabend (06.06.05) bis zu 2.000 Menschen, laut Polizei nur 1.000 gegen die ihrer Ansicht nach unsinnigen Atommülltransporte protestiert. Die letzten Meter seiner 600 Kilometer langen Reise durch Sachsen, Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen legte der Konvoi unter gellenden Pfiffen der Demonstranten zurück. Nach Polizeiangaben flogen etliche Farbbeutel und Eier gegen die Container. Die Protestler befürchten, dass der hoch radioaktive Atommüll wegen der ungelösten Endlager-Frage für immer im Zwischenlager Ahaus bleiben könnte. Zunächst ist eine Lagerzeit von etwa 30 Jahren vorgesehen.

Polizeigroßaufgebot gegen Sitzblockaden 

Sitzblockade gegen Atommüll

Ein Großaufgebot der Polizei hatte die Zufahrtstraße zum Brennelemente-Zwischenlager räumen müssen. Mehrere hundert Demonstranten hatten sie die ganze Nacht über mit einer Sitzblockade versperrt. Die Polizei stellte die Personalien von 118 Umweltschützern fest. Einige müssen mit Anzeigen rechnen. Ein Sprecher des Aktionsbündnisses "Widerstand gegen Atomanlagen" bezeichnete den Polizeiansatz als übertrieben und "haarsträubend". Die Demonstration sei friedlich gewesen. Die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland verbuchten die Proteste dennoch als Erfolg. Es sei gelungen, die Ankunft des Transportes um mehr als eine Stunde zu verzögern.

Kosten in Millionenhöhe

Der Versuch von Anti-Atomkraftgegnern, den Transport am Kamener Kreuz anzuhalten, war von Polizeikräften verhindert worden. Die letzte der drei Fuhren mit radioaktivem Abfall aus dem sächsischen Rossendorf nach Ahaus wird kommenden Montag (13.06.05) erwartet. Dann sollen die restlichen sechs der 18 Castor-Behälter mit insgesamt 951 Brennelementen abtransportiert werden. Um die Castoren hatte es im Vorfeld monatelange Streitigkeiten zwischen den Landesregierungen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gegeben. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hatte argumentiert, die Brennstäbe könnten unter gleichen Sicherheitsstandards ebenso in Rossendorf deponiert werden. Dadurch wären Kosten in Millionenhöhe für den Einsatz mehrerer tausend Polizisten eingespart worden. Sachsen hatte jedoch auf die Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz gepocht und war damit auch vor Gericht erfolgreich geblieben.

Sind die Castor-Behälter wirklich sicher?

Unterdessen berichten Sicherheitsexperten, dass die Castorbehälter sicher seien. Der Leiter des Instituts für Sicherheitsforschung und Reaktortechnik des Forschungszentrums Jülich, Reinhard Odoj, sagte, die Stahlwände des Behälters hätten je nach Modell eine Stärke von 35 bis 45 Zentimetern, die keine Strahlung nach außen dringen lasse. Die von der Bundesanstalt für Materialforschung geprüften Spezialdichtungen hätten eine Mindesthaltbarkeit von 40 Jahren. Das überzeugt Matthias Eickhoff von der Bürgerinitiative Ahaus nicht: "Niemand hat wirklich Erfahrungswerte, ob sie 40 Jahre halten. Das ist eine freundliche Annahme, mehr aber auch nicht." Zudem seien die Sicherheitstests nur mit leeren Castorbehältern durchgeführt worden. Man wisse nicht, wie sich die Brennstäbe bei einem Unfall verhalten.

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Die Zeit 7.6.05:

Bis zu 2000 Demonstranten

Zweiter Castor-Transport in Ahaus angekommen

Der zweite von drei Atommüll-Transporten aus dem sächsischen Rossendorf ist im Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen angekommen. Am Ankunftsort demonstrierten bis zu 2000 Menschen.

HB DÜSSELDORF. Der von einem großen Polizeiaufgebot begleitete Konvoi aus sechs mit jeweils einem Castor-Behälter beladenen Lastwagen hatte rund 18 Stunden für die 600 Kilometer lange Strecke vom sächsischen Forschungsreaktor ins westfälische Brennelemente-Zwischenlager benötigt. Die Fahrt verlief nach Polizeiangaben ohne nennenswerte Störungen. Es gab lediglich leichte Verkehrsbehinderungen wegen Straßensperrungen.

In Ahaus hatten am Montagabend nach Angaben von Bürgerinitiativen bis zu 2000 Menschen gegen die ihrer Meinung nach unsinnigen Transporte demonstriert. Die Polizei ging von mehr als 1000 Demonstranten aus. Die Widerständler befürchten, dass der hoch radioaktive Atommüll wegen der ungelösten Endlager-Frage für immer im Zwischenlager Ahaus bleiben könnte. Zunächst ist eine Lagerzeit von etwa 30 Jahren vorgesehen.

Die letzten Meter seiner 600 Kilometer langen Reise durch Sachsen, Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen legte der Konvoi am Dienstagmorgen unter gellenden Pfiffen von Demonstranten zurück. Aus der Menge von nach Polizeiangaben etwa 250 Protestierern flogen mehrere Farbbeutel gegen die Container.

Die letzte der drei Fuhren mit radioaktivem Abfall von Rossendorf nach Ahaus wird für kommenden Montag erwartet. Dann sollen die restlichen sechs der 18 Castor-Behälter mit insgesamt 951 Brennelementen transportiert werden. Um die Transporte hatte es im Vorfeld monatelange Streitigkeiten zwischen den Landesregierungen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gegeben.

NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hatte argumentiert, die Brennstäbe könnten unter gleichen Sicherheitsstandards ebenso in Rossendorf deponiert werden. Dann hätten die Kosten in Millionenhöhe für den Einsatz mehrerer tausend Polizisten gespart werden können. Sachsen hatte jedoch auf die Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz gepocht und war damit auch vor Gericht erfolgreich geblieben.

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News-Zeitung 7.6.05  7.58

Protest verzögert Castor-Transport nur wenig

Auch der zweite Castor-Tansport von Dresden nach Ahaus ist trotz zahlreicher Protestaktionen fast unbehindert an sein Ziel gelangt. Hunderte Demonstranten hatten sich dagegen gewehrt.

Unter dem Protest von mehreren hundert Demonstranten ist in der Nacht zum Dienstag der zweite von drei Atommüll-Transporten aus dem sächsischen Dresden-Rossendorf im Zwischenlager Ahaus in Westfalen eingetroffen.

Die Polizei hatte zuvor die Zufahrtsstraße räumen müssen. Demonstranten hatten sie stundenlang blockiert. Die Atomkraftgegner wurden von Polizisten weggetragen. Einige der mehreren hundert Demonstranten bewarfen die Lastwagen, die die Atommüllbehälter geladen hatten, mit Farbbeuteln-

Bereits am Montagabend hatten in der Innenstadt von Ahaus mehr als 2000 Menschen gegen die Transporte demonstriert. Das Aktionsbündnis «Widerstand gegen Atomanlagen» hatte dazu aufgerufen. Die Transporte der insgesamt 18 Castor-Behälter mit 951 abgebrannten Brennelementen seien unsinnig: In Rossendorf bestünden ähnliche Sicherheitsstandards wie in Ahaus. (nz)

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N-TV 7.6.05:

Proteste und Sitzblockaden

Castor in Ahaus eingetroffen

Unter dem Protest von mehreren hundert Demonstranten ist in der Nacht zum Dienstag der zweite von drei Atommüll-Transporten aus dem sächsischen Dresden-Rossendorf im Zwischenlager Ahaus in Westfalen eingetroffen. Die Polizei hatte zuvor die Zufahrtsstraße räumen müssen. Mehrere hundert Demonstranten hatten sie stundenlang blockiert. Die Widerständler wurden von Polizisten weggetragen. Atomkraftgegner bewarfen die sechs Castor-Transporter mit Farbbeuteln und anderen Gegenständen.

Bereits am Montagabend hatten in der Innenstadt von Ahaus nach Polizeiangeben mehr als 1.000 Menschen gegen die Atommüll-Transporte demonstriert. Nach Angaben des Aktionsbündnisses "Widerstand gegen Atomanlagen" hatten sich an der Protestkundgebung sogar rund 2.000 Menschen beteiligt. Nach ihrer Ansicht sind die Transporte der insgesamt 18 Castor-Behälter mit 951 abgebrannten Brennelementen unsinnig. In Rossendorf bestünden ähnliche Sicherheitsstandards wie in Ahaus.

Der Konvoi aus 47 Fahrzeugen war am Vormittag in Dresden- Rossendorf gestartet. Auf der 600 Kilometer langen Strecke hatten mehrmals Demonstranten versucht, den Transport zu stoppen. Zu nennenswerten Störungen war es jedoch nach Polizeiangaben nicht gekommen. Die Atomkraftgegner verbuchten es für sich als Erfolg, den Konvoi länger als beim erstenTransport eine Woche zuvor aufgehalten zu haben.

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TAZ Ruhr 7.6.05

Hurra, hurra der Castor strahlt

Atomkraftgegner protestieren gegen zweiten Castor-Transport nach Ahaus. Mehr als 150 Schüler versammeln sich zu spontaner Demo und blockieren Ahauser Innenstadt

AHAUS taz Begleitet von Protesten ist gestern der zweite Atommülltransport vom sächsischen Forschungsreaktor in Rossendorf nach Ahaus aufgebrochen. Wie beim ersten Transport in der vergangenen Woche sind auch diesmal wieder rund 1.500 Polizisten im Einsatz, die die hoch radioaktive Fracht auf ihrer 600 Kilometer langen Reise durch Sachsen, Thüringen, Hessen und das Ruhrgebiet absichern sollen.

Auf einen ruhigen Ausflug nach Westfalen können sich die Polizisten jedoch nicht einstellen. "Wir sind positiv überrascht, dass sich der Protest seit dem letzten Transport noch weiter verstärkt und ausgeweitet hat", sagt Matthias Eickhoff von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll nach Ahaus". Die Atomgegner rechnen mit etwa 1.000 Demonstranten, die im Laufe des Tages entlang der Strecke protestieren.

Den Auftakt für die Anti-Atom-Proteste machten gestern etwa 150 Ahauser Schüler. Sie hatten sich am Morgen spontan zu einem Protestmarsch zusammengeschlossen und rund drei Stunden lang die Innenstadt von Ahaus blockiert - sehr zum Ärger vieler Lehrer. Die hatten an manchen Schulen vergeblich versucht, die Schulhöfe abzusperren und die Schüler aufzuhalten. "Dass so viele Schüler spontan und ohne Rücksicht auf mögliche Disziplinarstrafen einfach die Klassenzimmer verlassen und protestieren, hat es in Ahaus seit 1998 nicht mehr gegeben", sagt Matthias Eickhoff. Die Polizei brauchte denn auch mehr als eine halbe Stunde, um auf die Schülerdemo zu reagieren - und schickte dann gleich eine Hundertschaft, allerdings nur um den Verkehr zu regeln. Für die Jugendlichen könnte die Demo jedoch noch ein Nachspiel haben: Der Schulleiter einer Schule hat den "Schulverweigerern" einen Verweis angedroht.

Bereits am frühen Morgen hatte in Ahaus ein Anti-Atom-Aktivist einen 30 Meter hohen Fernmeldeturm bestiegen und dort ein 15 Meter langes Transparent mit der Aufschrift "Atomausstieg - Alles Lüge" befestigt.

Für gestern Abend hatten die Atom-Gegner weitere Proteste in Ahaus angekündigt. Schon jetzt ist die Bürgerinitiative mit der Resonanz der Bevölkerung zufrieden: "Die Proteste gegen den Atommülltourismus quer durch Deutschland fallen bereits heute deutlich stärker aus als vor einer Woche." JAS

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Leipziger Volkszeitung 7.6.05:

Castor-Gegner stehen im Regen

Dresden. Buchstäblich im Regen standen gestern die zehn Gegner der Castor-Transporte von Rossendorf nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen, als der zweite Konvoi mit Kernbrennstäben des ehemaligen Forschungsreaktors am Vormittag auf die 600 Kilometer lange Reise ging.

Wieder machten sich die sechs Mercedes-Laster mit den grünen Containern auf die Reise Richtung Westen, wieder hatten sie sechs der insgesamt 18 Rossendorfer Castoren geladen. Und die Polizei hatte wie schon in der vergangenen Woche beim ersten Castor-Transport den gesamten Bereich zwischen dem Eingang des ehemaligen Kernforschungszentrums und der Bundesstraße BF6 mit transportablen Zaunsfeldern in zwei Trassen unterteilt, um dem Konvoi die ungehinderte Abfahrt zu ermöglichen.

Es fing gerade an wie aus Kannen zu schütten, als sich der Konvoi gestern eine Stunde vor dem erwarteten Zeitpunkt in Bewegung setzte. Elf Uhr rauschten die Laster an den zehn Demonstranten an der Zufahrt der Rossendorfer Anlage vorbei.

Dafür sei mit stärkeren Protesten an der Überland-Strecke zur Autobahn zu rechnen, verlautete es am Morgen in Rossendorf. Greenpeace wolle sich an einem Kreisverkehr in Radeberg postieren, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Doch die Umweltschützer hatten sich verkalkuliert. Als sie versuchten, in der Bierstadt eine Straße zu blockieren, reagierte die Polizei wie schon in der vergangenen Woche auf der Bundesstraße BF6. Sie trug die Aktivisten an den Straßenrand, der Konvoi konnte nach wenigen Minuten weiterrollen. Am späten Abend wurden die Castor-Laster in Ahaus erwartet.

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AP Dienstag 7. Juni 2005, 10:46 Uhr

Zweiter Castor-Transport erreicht Ahaus

Ahaus (AP) Ohne größere Zwischenfälle hat auch der zweite von insgesamt drei Castor-Straßentransporten mit Atommüll aus dem früheren DDR-Forschungsreaktor Rossendorf nach gut 17-stündiger Fahrt das Zwischenlager Ahaus erreicht. Die Proteste zahlreicher Kernkraftgegner vor dem Zwischenlager konnten den Konvoi von sechs schweren Tiefladern mit Castor-Behältern und zahlreichen Begleitfahrzeugen am frühen Dienstagmorgen nicht mehr aufhalten.

Der zweite ausschließlich über die Straße abgewickelte Castor-Transport in Deutschland war am Montag gegen 11.00 Uhr in Rossendorf gestartet. Am Dienstagmorgen erreichte er um 04.30 Uhr das gut 600 Kilometer entfernte Zwischenlager in Nordrhein-Westfalen. Kurz vor der Einfahrt des Transports lösten die Beamten eine Demonstration auf der Zufahrtsstraße auf. Dabei habe es aber keinerlei Festnahmen und auch keinen Schlagstockeinsatz gegeben, sagte ein Behördensprecher.

Die Polizei äußerte sich ausgesprochen zufrieden über den Transport der sechs Castor-Behälter. Die Proteste von insgesamt etwa 1.000 Demonstranten in Ahaus seien zwar emotionaler verlaufen als bei dem ersten Transport vor einer Woche. Doch sei insgesamt alles friedlich geblieben. Insgesamt sollen 18 Behälter mit 951 Brennelementen aus Rossendorf nach Ahaus gebracht werden.

Auch die Kernkraftgegner zogen eine positive Bilanz. Es sei eine wesentlich stärkere Mobilisierung gelungen, als beim ersten Transport. Allein in Ahaus demonstrierten nach Angaben der Bürgerinitiative «Kein Atommüll in Ahaus» am Montagabend rund 2.000 Menschen gegen den Castor-Konvoi. Die Demonstration sei damit eine der größten Anti-Atom-Kundgebungen der letzten Jahre gewesen.

Bei Kamen sei es 25 Atomkraftgegnern außerdem gelungen, auf die Autobahn zu kommen und den Konvoi zeitweise zu stoppen. Die Kernkraftgegner warfen der Polizei überzogenes Vorgehen bei der Räumung der Straße zum Zwischenlager vor. Dabei seien mehrere Personen verletzt worden. Für den dritten und letzten Castor-Konvoi von Rossendorf nach Ahaus am 13.Juni kündigten die Kernkraftgegner weiteren Widerstand an.

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 Thüringer Landeszeitung 7.6.05:

Jeden noch so kleinen Durchgang dicht gemacht

Von Petra Lowe Gera. "Sobald das Führungsfahrzeug kommt, sperren wir die Auffahrt zur Autobahn in Gera-Leumnitz ab", sagte Polizeihauptmeister Bernd Arlt. Der Polizist weiß, welche Konsequenzen diese Sicherungsmaßnahme für den Castor-Transport hat. In Windeseile stauen sich die Autos Richtung Korbußen und in die Gegenrichtung. Gestern Nachmittag kurz vor drei Uhr hatte das Land Thüringen in persona eines großen Polizeiaufgebotes den Transport mit sechs Castoren an der Landesgrenze zu Sachsen übernommen. In strömendem Regen und knapp eine halbe Stunde später war der mehr als 100 Fahrzeuge starke Konvoi mit 18 Kilogramm Atommüll an Gera vorbeigefahren. Entlang der Strecke wurden jede Brücke, jede Unterführung und auch der kleinste Durchgang gesperrt. Die Zufahrten zur Autobahn waren Abschnitt für Abschnitt dicht. Was in der letzten Woche noch in Gera-Leumnitz möglich, war gestern Geschichte. Auch am Kreisel hinderte die Polizei die Autos und LKW am Weiterfahren in Richtung Korbußen und A4. Trotz dieser Sicherheitsmaßnahmen sei die Polizei bemüht, erst so spät wie möglich zu sperren, so Siegfried Wimmelmann, Leiter Verkehrsdienst. Für Gera-Leumnitz hieß das: mit Passieren der Ronneburger Abfahrt.

Bernd Eigenmann fuhr dann auch den ersten LKW, dem die Fahrt zur Autobahn verwehrt wurde. Mehr noch, seinen großen Laster nutzte die Polizei, um die gesamte Auffahrt abzuschotten. Der Kraftfahrer war auf dem Weg nach Nürnberg. So viel Polizei habe er noch nie auf einmal gesehen, war er erstaunt. Für das Sicherheitsaufgebot hatte der Kraftfahrer trotz Wartezeit aber Verständnis. Christian Rockstein hatte das Castor-Schicksal bereits das zweite Mal erwischt. Zähneknirschend nahm er die Absperrung hin. Dennoch ging der Kelch des Verkehrschaos an Gera vorüber. "Behinderungen wie im Freitagabendberufsverkehr", schätzte Polizeisprecherin Steffi Kopp ein. Und auch beim Verkehrsbetrieb hielten sich die Verspätungen mit 12 Minuten für die Buslinie 24 nach Tinz/Langenberg in Grenzen. Anders auf der Autobahn. Auch diesmal zog der Transport einen zähfließenden, manchmal stillstehenden Verkehr bis zu 20 Kilometern Ausmaß hinter sich her.

Am nächsten Montag soll der dritte und letzte Konvoi mit sechs Castoren rollen. Insgesamt 951 Brennstäbe müssen von Dresden-Rossdorf ins Zwischenlager nach Ahaus (NRW) gebracht werden. Zum ersten Mal geschieht das über die Autobahn

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TAZ 7.6.05:

Ein paar Minuten Castor-Stopp

Immer wieder montags: Zweiter Dresdner Atommülltransport rollt seit gestern.

Grün ist jetzt die PDS: Ihr Versuch, den Konvoi doch noch zu stoppen, scheitert

DRESDEN taz Eine Stunde früher als von der Polizei verkündet startete gestern der zweite Rossendorf-Transport: Seit 11 Uhr rollten sechs Castoren vom ehemaligen Kernforschungszentrum Dresden - 600 Kilometer quer durch die Republik ins Zwischenlager Ahaus. Vor den Toren hatte sich diesmal nur etwa ein Dutzend Gegner eingefunden, um nach nächtlicher Mahnwache gegen die ihrer Meinung nach sinnlos gefährliche Tour zu demonstrieren. Eine Chance, die Tieflader aufzuhalten, bot sich angesichts des starken Polizeiaufgebots jedoch noch weniger als vor Wochenfrist.

Unter den Klängen von Mozarts Requiem aus den Lautsprechern der Demonstranten verließ der Konvoi mit den sechs Sattelschleppern zügig das Gelände. Nach Angaben von Andreas Herrmann, Sprecher der Dresdner Castor-Stopp-Initiative, gelang es einer neunköpfigen Gruppe bei Radeberg jedoch, den Konvoi auf dem Weg zur Autobahn aufzuhalten. Polizeisprecher Thomas Herbst bestätigte einen Stopp von mehreren Minuten. Man habe die Demonstranten wegtragen müssen und ihre Personalien festgestellt.

Der Umweltausschuss des Sächsischen Landtages hat sich gestern auf einer Sondersitzung mit den Transporten befasst - nicht auf Antrag der Grünen, sondern der PDS. Die PDS scheiterte mit dem Versuch, sie in letzter Minute doch noch stoppen zu lassen. "Ein einziger Antrag bei den zuständigen Bundesbehörden zur Fortsetzung der Lagerung in Rossendorf hätte ausgereicht, um die Transporte überflüssig zu machen", erklärte der parlamentarische Geschäftsführer André Hahn. Stattdessen wurde der Transport gebilligt - mit den Stimmen der SPD, FDP und CDU. Und auch die Thüringer PDS übte sich in der grünen Domain - protestierte gegen den "unsinnig, gefährlich und horrend teuren" Transport. Um seine "Windigkeit" zu demonstrieren, ließ sie vor dem Erfurter Landtag mit Gas gefüllte Luftballons steigen.

In Ahaus protestierten unterdessen etwa 100 Schüler mehrerer Schulen, die am Vormittag ihre Klassenzimmer verließen und Straßen blockierten. Bereits am Morgen hatte ein Anti-Atomkraft-Aktivist einen Fernmeldeturm erklommen und ein Transparent mit der Aufschrift "Atomausstieg - Alles Lüge" enthüllt. Kommt der Transport ähnlich reibungslos wie der vor Wochenfrist durch, dürfte er noch vor dem Frühstück anlanden. Kommenden Montag sollen die letzten sechs Castoren nach Westfalen geschickt werden.

MICHAEL BARTSCH

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mdr 06.06.2005 11Uhr

Atommüll

Heute rollen wieder Castoren

Ein massives Polizeiaufgebot begleitete den ersten Transport

Sechs weitere Castoren mit Brennelementen aus dem einstigen DDR-Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden werden heute ins westfälische Zwischenlager Ahaus transportiert. Wie die Polizei mitteilte, wird der Atommüll gegen Mittag auf die Reise gehen. Auch bei diesem zweiten Transport haben Atomkraftgegner entlang der rund 600 Kilometer langen Strecke Proteste angekündigt. Die ersten sechs Castoren waren am vergangenen Montag unter massivem Polizeischutz ohne größere Zwischenfälle überführt worden.

Sitzblockaden sollen den Transport aufhalten - die Polizei trägt Demonstranten weg

1000 Demonstranten erwartet

Die Initiative "Castorstopp Dresden" rechnet diesmal mit insgesamt rund 1000 Demonstranten. Vor dem Werkstor in Rossendorf soll es eine Mahnwache und "andere Aktionen" geben. Schwerpunkt der Proteste sei jedoch Nordrhein-Westfalen. Auch die Thüringer PDS will sich wieder am Protest beteiligen. Die Landtagsfraktion plant am Nachmittag eine Aktion vor dem Parlamentsgebäude. Beim ersten Transport am vergangenen Montag hatte die Polizei mehrere Platzverweise gegen PDS-Abgeordnete ausgesprochen. 

Streit um Transport seit über einem Jahr

Aus technischen Gründen müssen die insgesamt 18 Castoren mit insgesamt 951 Brennstäben in drei Fuhren nach Ahaus gebracht werden. Dritter Termin ist voraussichtlich der 13. Juni. Die Genehmigung für den von Sachsen beantragten Transport hatte das Bundesamt für Strahlenschutz bereits im März 2004 erteilt. Wegen juristischen Widerstands der rot-grünen Regierung in NRW hatte sich die Überführung jedoch verzögert.

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Ostthüringer Zeitung 06.06.2005

Castor-Transport führt heute zu Einschränkungen

Polizei empfiehlt Zug und Umleitungen   Gera (OTZ). Heute wird der zweite Castortransport den Raum Thüringen passieren.

Betroffen sind wiederum die Autobahn 4 sowie die querenden Bundes-und Landesstraßen. Wie in der Vorwoche ist mit längeren Staus zu rechnen. Da sich der Transport nur langsam fortbewegen kann, muss die Polizei den Verkehr zeitweise stoppen oder umleiten. Thüringern wird deshalb empfohlen, möglichst mit dem Zug zur Arbeit zu fahren.

Über die aktuelle Verkehrssituation wird wieder über lokale Radiosender informiert. Autofahrer werden deshalb gebeten, ihr Radio eingeschaltet zu lassen.

Auskunft gibt die Polizei auch an der kostenfreien Hotline. Nach Angaben der Polizeidirektion Gera wurden nach "Besetzt"-Beschwerden in der Vorwoche jetzt zwei Apparate geschaltet und die Zahl der Beamten an der Hotline verdoppelt. Vorige Woche wurden 423 Anrufe entgegengenommen.

Im Raum Gera ist ein Unter- bzw. Überfahren der A 4 unter Einschränkungen möglich. Wer die A 9 erreichen will und normalerweise über das Hermsdorfer Kreuz fährt, sollte folgende Strecken nutzen: Nördlich der A 4 über Anschlussstelle Bad Klosterlausnitz oder Eisenberg, südlich der A 4 über Anschlussstellen Hermsdorf-Süd oder Triptis.

Nahziele (Jena, Stadtroda, Weimar u.ä.) sind laut Polizei über die Bundesstraßen besser erreichbar. Für Fernziele in Richtung Frankfurt/Main gibt es keine sinnvolle Alternative.

Staus im Raum Jena in Richtung Erfurt können so umfahren werden: A 9 - Anschlussstelle Eisenberg - B7 - Serba/Trotz - Bürgel - B 7 - Jena - B 7 -Weimar - B 7 - Erfurt. Oder A 9 - Anschlussstelle Bad Klosterlausnitz - L 1075 - Schöngleina - L 2316 - Lucka - Rodigast - B 7 - Jena - weiter wie oben.

Im Raum Erfurt betreffen die Sperrmaßnahmen die A4-Anschlussstellen Erfurt-Ost und Erfurt-West. Kraftfahrern wird empfohlen, bereits in Erfurt die B 7 zu nutzen, die parallel zur Autobahn verläuft. Die Fernziele sind auf der B 7 ausgeschildert. Aufgrund der Kapazität der Bundesstraße muss jedoch bei hohem Verkehrsaufkommen auch dort mit Stau gerechnet werden.

Im Raum Gotha können aufgrund der Straßensituation können keine Umleitungsvarianten angeboten werden.

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wdr 05.06.2005

Proteste in NRW werden die Castorbehälter begleiten

Am Montag (06.06.05) wird der zweite von insgesamt drei Atommüll-Transporten von Sachsen nach NRW rollen. In Ahaus und im Ruhrgebiet sind wieder Proteste geplant.

Der Castor ist falsch, der Protest aber echt

Montagmittag (06.06.05) wird nach Polizeiangaben der zweite der drei geplanten Atommülltransporte im ehemaligen DDR-Forschungszentrum Rossendorf in der Nähe von Dresden starten. Über rund 600 Kilometer werden die sechs Castorbehälter über Thüringen und Hessen nach NRW kommen. Der dritte Transport wird voraussichtlich am 13. Juni sein. Aus technischen Gründen müssen die drei Transporte nacheinander stattfinden. Es sollen 18 Castoren mit insgesamt 951 Brennstäben in Ahaus zwischengelagert werden. Der erste Transport war am 31.05.06.

Die geplanten Proteste

"Wir sind guter Dinge", sagt Matthias Eickhoff von der "Bürgerinitiative Ahaus" im Gespräch mit wdr.de. Beim letzten Transport - die Atomkraftgegner bezeichneten diesen Tag als "X1" - hätten sich allein in Ahaus rund 800 Menschen an den Protesten beteiligt. Bundesweit schätzt er die Zahl auf weit über 1.000. Mit einer ähnlichen Teilnahme rechnet Matthias Eickhoff auch am Tag "X2". Geplant ist eine Demonstration, die um 20 Uhr am Bahnhof starten wird und dann Richtung Zwischenlager zieht. Und auch diesmal soll es, wie am 31.05.05, eine nächtliche Mahnwache geben. "Letzte Woche hatten wir eine sehr bunte soziale Mischung von Menschen, die sagten, wir setzen uns auch Nachts um vier auf die Straße." Schüler, Studenten, Landwirte, und katholische Frauenverbände hätten sich an den Protesten beteiligt. Auch in Kamen ist für den zweiten Transport am 06.06.05 eine Demonstration geplant.

Die Anti-Atomkraftbewegung heute

Ein Widerstandscamp der Atomkraftgegner

Als die vorletzten Transporte 1998 nach Ahaus kamen, haben noch bedeutend mehr Menschen demonstriert. Ist die Luft raus aus der Anti-Atomkraft-Bewegung? "Auf gar keinen Fall", gibt sich Matthias Eickhoff von der Bürgerinitiative Ahaus kämpferisch. 1998 hätten sich in Ahaus rund 5.000 Menschen an den Prostesten beteiligt. "Das war wenige Monate vor der Abwahl der Kohlregierung, da war eine ganz andere Situation." Heute werde die Anti-Atomkraftbewegung mit viel zu hohen Erwartungen konfrontiert. Zum Beispiel, dass der Transport einen Tag lang aufgehalten werden müsse. "Wenn die Polizei aber schon vor ein paar Hundert Demonstranten ausweicht und eine andere Route nimmt, dann ist das schon ein Erfolg." Beim Transport am 31.05.05 hatte die Polizei eine andere als die ursprünglich geplante Fahrstrecke gewählt. Vorrangiges Ziel der Proteste sei, eine politische Debatte anzustoßen. Nach dem Regierungswechsel in NRW und der neuen Energiepolitik der künftigen Koalition erhofft sich die Bürgerinitiative Ahaus weiteren Zulauf: "Man merkt, dass vielen Menschen klar wird, der Atomausstieg ist lange noch nicht vollzogen."

Wie sicher sind die Castorbehälter?

Unterdessen haben sich Sicherheitsexperten zu Wort gemeldet und darauf hingewiesen, dass die Castorbehälter sicher seien. Der Leiter des Instituts für Sicherheitsforschung und Reaktortechnik des Forschungszentrums Jülich, Reinhard Odoj, sagte, die Stahlwände des Behälters hätten je nach Modell eine Stärke von 35 bis 45 Zentimetern, die keine Strahlung nach außen dringen lasse. Die von der Bundesanstalt für Materialforschung geprüften Spezialdichtungen hätten eine Mindesthaltbarkeit von 40 Jahren. Das kann Matthias Eickhoff von der Bürgerinitiative Ahaus nicht überzeugen: "Niemand hat wirklich Erfahrungswerte, ob sie 40 Jahre halten. Das ist eine freundliche Annahme, mehr aber auch nicht." Zudem seien die Sicherheitstests nur mit leeren Castorbehältern durchgeführt worden. Man wisse aber nicht, wie sich die Brennstäbe bei einem Unfall verhalten. Reaktorforscher Odoj hatte darauf verwiesen, dass ein 120-Tonnen-schwerer Castor einen freien Fall aus neun Metern Höhe auf Beton unbeschadet überstanden habe.

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ntv 05.06.2005

600 km quer durch Deutschland

Montag wieder Castor-Tag

Beim zweiten von drei Atommüll-Transporten aus dem Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden ins westfälische Zwischenlager Ahaus wird an diesem Montag wieder mit Protesten gerechnet. Bundes- und Landstraßen müssen nach Polizeiangaben zeitweise gesperrt werden. Vor einer Woche waren bereits sechs Castor-Behältern aus Rossendorf ohne Zwischenfälle nach Ahaus gebracht worden.

Grüne und PDS haben Proteste angekündigt. Dabei soll auch vor der Rücknahme des Atomkonsenses durch eine mögliche CDU/FDP-Bundesregierung gewarnt werden. Die PDS plant eine Demonstration vor dem Landtag in Erfurt.

Geplant sind insgesamt drei Transporte mit jeweils sechs Castor-Behältern, in denen sich insgesamt 951 Brennelemente befinden. Der Atommüll stammt aus einem Forschungsreaktor der DDR, der 1957 in Betrieb ging und 1991 abgeschaltet wurde.

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Maerkische Allgemeine.de 05.06.2005

Neuer Atommüll-Transport rollt morgen durch Thüringen

Gera (dpa) - Der zweite von drei Atommüll-Transporten aus dem Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden ins westfälische Ahaus wird morgen auf der A 4 durch Thüringen rollen. "Im Laufe des Montags" werde der Transport den Freistaat passieren, teilte die Polizei Gera mit. Vor einer Woche waren bereits sechs Castoren aus Rossendorf ohne Zwischenfälle nach Ahaus gebracht worden. Grüne und PDS haben Proteste angekündigt.

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ahaus@online.de 04.06.2005

Naturschutzverein ruft zu neuen Protesten

Ahaus - 04.06.2005 - Der Natur- und Umweltschutzverein Gronau (NUG) e.V. ruft zu weiteren Protesten gegen die nächsten Castor-Atommülltransporte nach Ahaus auf. Gegen den 2. Castor-Atommüll-Transport, der am Montag in Rossendorf starten soll und in Ahaus vermutlich am frühen Dienstag-Morgen ankommen wird, beginnt am Montag (6.6.) um 20.00 Uhr am Ahauser Bahnhof eine Demonstration, die zum Atommülllager führen soll. Dort soll die Ankunft der Atommüll-LKW erwartet werden. Am Samstag (4.6.) findet ab 20 Uhr auf der Camp-Wiese am Atommüll-Lager ein Protest-Open-Air-Konzert statt. Und auch der Sonntagsspaziergang an der Gronauer Urananreicherungsanlage (5.6., 14 Uhr, Röntgenstraße) fällt in den Reigen der Münsterländer Anti-Atomkraft-Aktivitäten. Bereits an der Demonstration und Blockade in Ahaus anläßlich des ersten Rossendorfer Castorprotestes Anfang der Woche waren Mitglieder des NUG e. V. beteiligt. Der NUG e. V. kritisiert in das Vorgehen der Polizei bei der Räumung der Blockade: Einerseits war die Räumung völlig überflüssig, da der Atommüllkonvoi den Weg durch Heek gewählt hatte und den Blockadeort überhaupt nicht passierte. Andererseits verdrehten Polizisten mehreren DemonstrantInnen Arme und zerrten an den Haaren. Weitere Informationen zu den vielfältigen Aktionen gibt es im Internet unter www.nixfaehrtmehr.de und auch telefonisch beim NUG e. V. unter 02562-23125. Auch im Naturkostladen Möhrchen, Neustraße 3, Gronau, sind Informationen erhältlich und können Fahrgemeinschaften nach Ahaus koordiniert werden. Vor dem Hintergrund der Castortransporte nach Ahaus erwartet der NUG e. V. für den Sonntagsspaziergang am 5. Juni an der Gronauer Urananreicherungsanlage, die traditionell an jedem ersten Sonntag im Monat um 14 Uhr beginnen, mehr TeilnehmerInnen als im Vormonat. Der NUG e. V. lehnt grundsätzlich alle Atomtransporte ab und fordert die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen, damit nicht noch mehr Atommüll anfällt, der nirgends sicher gelagert werden kann.

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Kölner Stadtanzeiger 4.6.05

Zweiter Castortransport kommt am Montag

Ahaus - Die Anti-Atomkraft-Initiativen aus Nordrhein-Westfalen erwarten für den kommenden Montag den zweiten Atommülltransport aus dem sächsischen Rossendorf ins westfälische Ahaus. Die Castoren sollen erneut in der Nacht zum Dienstag in das Brennelemente-Zwischenlager geliefert werden, wie die Atomkraftgegner am Donnerstag mitteilten. Als Route sei wieder die Strecke durch Thüringen, Hessen und das Ruhrgebiet vorgesehen.

Mit Aktionen in Dresden, Kamen und Ahaus wollen die Initiativen gegen den Transport demonstrieren. In Ahaus wird am Montagabend gegen 20.00 Uhr eine zentrale Demonstration am Bahnhof beginnen. Der Protestzug soll diesmal bis zum Zwischenlager führen, wie die Atomkraftgegner ankündigten.

Wegen der durch den ersten Castortransport vom vergangenen Montag verursachten Autobahnstaus von insgesamt 120 Kilometern Länge erwägt die Polizei nach Angaben der Initiativen, den Atommüllkonvoi eventuell doch in den fließenden Verkehr einfädeln zu lassen. Das würde jedoch ein zusätzliches Sicherheitsrisiko für den Transport bedeuten, hieß es.

Darüber hinaus sollen in den Plänen für den kommenden Castortransport sechs mögliche Ausweichrouten zu der genehmigten Strecke von der A 31 ins Zwischenlager vorgesehen seien. Die Polizei und das NRW-Innenministerium seien offenbar nicht bereit, sich an die Beförderungsgenehmigung zu halten, kritisierten die Initiativen. Um das Leben in Ahaus nicht zu stören, würden die Transporte zu Lasten der Nachbargemeinden umgeleitet. (ddp)

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Münsterland-Zeitung 4.6.05:

"Zeichen gegen Atomkraft setzen"

Ahaus - Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" ruft zusammen mit nordrhein-westfälischen und sächsischen Anti-Atom-Initiativen zu "massiven Protesten" gegen den zweiten von drei Castor-Konvois von Rossendorf nach Ahaus am kommenden Montag auf. So solle "ein Zeichen gegen die Renaissance der Atomkraft" gesetzt werden. Schwerpunkte der Demonstrationen sollen Dresden, das Ruhrgebiet und Ahaus sein. In Ahaus beginnt die zentrale Auftaktdemo um 20 Uhr am Bahnhof. Am Zwischenlager Ahaus wird es die ganze Nacht hindurch eine angemeldete Mahnwache geben. Bereits heute und morgen finden im Widerstandscamp am Zwischenlager in Ahaus Open-Air-Konzerte statt. Am Sonntag startet um 14 Uhr der Sonntagsspaziergang an der Urananreicherungsanlage im benachbarten Gronau. BI-Sprecher Felix Ruwe: "Wir rufen alle Ahauser auf, am Montag auf die Straße zu gehen. Kommt es jetzt zu großen Protesten, wird es so schnell keine neuen Transporte nach Ahaus mehr geben. Wir freuen uns auch über Geld- und Sachspenden, wie Essen, warme Getränke, Stroh und Brennholz, um die ganze Nacht hindurch demonstrieren zu können."

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ahaus@online.de 4.6.05

Atomkraftgegner bereiten zweiten Castor vor

Ahaus - 01.06.2005 - Heute um Miiternacht verließen die sechs leeren Castor-LKWs das Atommüll-Lager Ahaus und fuhren zurück nach Dresden. Rund 20 Atomkraftgegner demonstrierten vor dem Tor gegen die Abfahrt. Der Konvoi fuhr über die Autobahnabfahrt Legden/Ahaus auf die A31 Richtung und erneut durch das Ruhrgebiet, Hessen und Thüringen. Gegen Mittag wurde er in Dresden erwartet. Nach Informationen der Anti-Atomkraft-Initiativen entscheidet die Polizei erst heute, wann und wie der nächste Castor-Transport stattfindet. Auch die Initiativen bereiten intensiv den zweiten Transport vor (s. Termine unten). Felix Ruwe von der BI Ahaus: „Wir werden mit einem neuen Konzept an den Start gehen. Immerhin haben wir den Castor in Ahaus zu einem Umweg gezwungen. Es ist uns zudem gelungen, die Atommüll-Transporte bundesweit in die Öffentlichkeit zu bringen. Das war unser Ziel, das haben wir erreicht." Erneut kritisierten die Initiativen, dass die Polizei sich offensichtlich nicht an die genehmigten Routen hält. Matthias Eickhoff von der Wiga Münster: "Wenn kein Verlass darauf ist, dass Genehmigungen eingehalten werden, werden demokratische Grundrechte durch Polizeirecht außer Kraft gesetzt. Wer nicht weiß, dass er von den Atommülltransporten direkt als Anlieger betroffen ist, kann auch nicht klagen. Das ist undemokratisch." Die Initiativen rufen deshalb auch in der Ahauser Nachbargemeinde Heek zu verstärkten Protesten auf. Zudem können beim nächsten Castor auch Legden und Schöppingen betroffen sein. Die Initiativen erwägen, gegen die Polizeiführung eine Strafanzeige zu stellen. Die BI Ahaus möchte sich für die große Unterstützung aus der Bevölkerung herzlich bedanken. Viele Ahauser haben durch Geld- und Sachspenden den Widerstand unterstützt. Auf der Blockade wurden selbst um Mitternacht noch Essen und Getränke angeliefert. Landwirte brachten Stroh und Brennholz. Die Bürgerinitiativen rufen nun dazu auf, beim zweiten Transport mit noch mehr Menschen auf die Straße zu gehen. Felix Ruwe: „Es geht um unsere Zukunft. Hochradioaktiver Atommüll lässt sich nicht sicher lagern und verseucht früher oder später die Umwelt. Das werden kommende Generationen in Ahaus, Heek, Legden und Schöppingen dann ausbaden müssen." Termine: 1. Freitag und Samstag finden ab jeweils 20 Uhr Open-Air-Konzerte im Widerstandscamp auf der BI-Wiese am Zwischenlager in Ahaus statt. 2. Am Tag X2 startet um 20 Uhr am Bahnhof in Ahaus eine Demonstration durch die Innenstadt. Die Demonstration wird dieses Mal bis zum Zwischenlager gehen. Weitere Termine werden bekanntgegeben.

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Spiegel-online 03.06.2005

Da strahlt die Republik:

Aber, der Castor der rollt!

Dies ist eine SPIEGEL-Parodie des ZYN!-Magazins.

Nach jahrelangem Rechtsstreit rollt er nun: der jüngste Castor-Transport. Von Sachsen aus traten die 951 Brennstäbe in 18 Castor-Behältern auf Sattelschleppern ihre Reise ins rund 600 Kilometer entfernte Zwischenlager Ahaus an. Wie nicht anders zu erwarten, kam es dabei heute schon zu ersten Zwischenfällen:

In Rossendorf alarmierte der Rentner Erwin L. verstört die Polizei, weil einer der Sattelschlepper angeblich einige Brennstäbe vor seinem Haus verloren hätte. Ein umgehend gerufenes Sondereinsatzkommando aus Polizisten und Strahlenschutzexperten gab allerdings kurz darauf Entwarnung: es handelte sich nicht um Brennstäbe sondern um zwei Gläser Riesenbockwürste, welche die Hausfrau Brigitte K. auf dem Weg vom hiesigen Supermarkt nach Hause verloren hatte. Frau K. wurde bis zum Ende der Transporte vorsorglich in Sicherheitsverwahrung genommen.

Mehrere, an Bahngleise gekettete Aktivisten wurden von Sicherheitskräften darauf aufmerksam gemacht, dass die Transporte dieses mal nicht mit der Bahn sondern per LkW erfolgen. Einige von ihnen hatten die Woche zuvor beim Lebensmitteldiscounter L. ein Bahnticket für 49,90 Euro erworben und wollten durch das Anketten die Anerkennung dieses Tickets und somit eine Mitfahrt im vermeintlichen Castor-Zug erzwingen. Der Konkurrent von L., der Lebensmitteldiscounter A., reagierte prompt und hat sich die Rechte gesichert, ab morgen bundesweit exklusive Mitfahrten im nächsten Castor-LkW anzubieten. L. legte umgehend Beschwerde ein. Das Bundeskartellamt überprüft den Sachverhalt.

Einer der Sattelschlepper wurde kurz hinter Ottendorf-Okrilla des Mautprellens überführt und mit sofortiger Wirkung der Autobahn verwiesen. Falls Sie in diesem Bereich auf einen etwas orientierungslosen, blauen LkW stoßen sollten, empfiehlt die ZYN!-Redaktion: halten Sie Abstand und überholen sich nur äußert vorsichtig bis gar nicht - diese mal sind es keine Riesenbockwürste!

Derweil bezeichnete die scheidende nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn von den Grünen die Transporte als "total überflüssig". Vielmehr sollten die zur Verfügung stehenden Alternativen genauer überprüft werden. Denkbar wäre auch ein Verkauf der Brennstäbe über ebay. Offerten aus Nordkorea, Pakistan und dem Iran lägen bereits vor. Offen ist hierbei allerdings noch die Frage, ob der Versand auf postalischem Wege möglich ist.

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Thüringer Allgemeine 2.6.05

Mehr Atommüll in Sachsen

Trotz der drei Atommülltransporte von Rossendorf ins westfälische Ahaus lagern mehrere Tonnen spaltbaren Materials noch immer auf dem Gelände des stillgelegten sächsischen Versuchsreaktors, ohne festes Entsorgungskonzept.

DRESDEN (TA). Im sächsischen Rossendorf wird noch über Jahre hinweg hochradioaktiver Müll lagern. Das teils atombombenfähige Material stammt aus der Zeit des inzwischen stillgelegten DDR-Forschungsreaktors auf dem Gelände. Allein die 951 Brennstäbe, die jetzt nach Ahaus gebracht werden, enthalten 390 Kilogramm Uran, erklärt Uwe Helbig, zuständiger Institutsleiter am Forschungszentrum Ros- sendorf, dieser Zeitung. Er bestätigte, dass nach den Transporten weiter etwa 400 Kilogramm hoch angereichertes Uran, eine Tonne Uran für Leistungsreaktoren zur Stromerzeugung, drei Tonnen Natururan und zwei Tonnen abgereichertes Uran lagern.

In Deutschland gebe es für dieses Material keine Entsorgungsmöglichkeiten. Der übliche Weg, das Uran an die Lieferanten zurückzugeben, scheidet auch aus, da es aus der Sowjetunion stammt. Um eine Entsorgung zu ermöglichen, würden unter anderem Gespräche mit Großbritannien und Frankreich geführt mit dem Ziel, die Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield oder La Hague zu nutzen. Ob das weitere Atom-Transporte durch Thüringen bedeutet, ist derzeit unklar.

Wir wollen das Gelände komplett "denuklearisieren", be- gründet Gerd Uhlmann vom sächsischen Wissenschaftsministerium die Atomtransporte, von denen der zweite am kommenden Montag nach Ahaus starten soll. "Rossendorf sei kein Zwischenlager, daher müsse entsorgt werden", so Uhlmann.

Was mit dem übrigen Atommüll in Rossendorf werde, sei noch unklar, räumt er ein. Für das noch vorhandene Uran gebe es in westlichen Reaktoren keine Verwendung. Daher werde auch geprüft, es Tschechien oder Ungarn für ihre Versuchsreaktoren anzubieten. Greenpeace hatte die Transporte als sinnlos kritisiert, weil die strahlende Fracht unter hohem Risiko von einer Zwischenlösung zu einer anderen gebracht werde. Sachsen hätte auch für Rossendorf die Zulassung als Zwischenlager beantragen können", so Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer zu TA. Die Lagerbedingungen seien ähnlich denen in Ahaus. So aber muss Thüringen die Kosten für die drei Polizeieinsätze entlang der A 4 zahlen.

Doch auch Thüringen trägt dazu bei, dass in Rossendorf weiter strahlendes Material lagern wird. Das Land entsorgt die radioaktiven Rückstände aus der Medizin auf dem Forschungsgelände bei Dresden.

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ddp Donnerstag 2. Juni 2005, 10:33 Uhr

Atomkraftgegner: Zweiter Castortransport soll am Montag rollen

Ahaus (ddp-nrw). Die Anti-Atomkraft-Initiativen aus Nordrhein-Westfalen erwarten für den kommenden Montag den zweiten Atommülltransport aus dem sächsischen Rossendorf ins westfälische Ahaus. Die Castoren sollen erneut in der Nacht zum Dienstag in das Brennelemente-Zwischenlager geliefert werden, wie die Atomkraftgegner am Donnerstag mitteilten. Als Route sei wieder die Strecke durch Thüringen, Hessen und das Ruhrgebiet vorgesehen.

Mit Aktionen in Dresden, Kamen und Ahaus wollen die Initiativen gegen den Transport demonstrieren. In Ahaus wird am Montagabend gegen 20.00 Uhr eine zentrale Demonstration am Bahnhof beginnen. Der Protestzug soll diesmal bis zum Zwischenlager führen, wie die Atomkraftgegner ankündigten.

Wegen der durch den ersten Castortransport vom vergangenen Montag verursachten Autobahnstaus von insgesamt 120 Kilometern Länge erwägt die Polizei nach Angaben der Initiativen, den Atommüllkonvoi eventuell doch in den fließenden Verkehr einfädeln zu lassen. Das würde jedoch ein zusätzliches Sicherheitsrisiko für den Transport bedeuten, hieß es.

Darüber hinaus sollen in den Plänen für den kommenden Castortransport sechs mögliche Ausweichrouten zu der genehmigten Strecke von der A 31 ins Zwischenlager vorgesehen seien. Die Polizei und das NRW-Innenministerium seien offenbar nicht bereit, sich an die Beförderungsgenehmigung zu halten, kritisierten die Initiativen. Um das Leben in Ahaus nicht zu stören, würden die Transporte zu Lasten der Nachbargemeinden umgeleitet.

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ddp Donnerstag 2. Juni 2005, 03:56 Uhr

Atomausstieg könnte sich bis 2039 verzögern

Berlin (ddp). Der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland könnte sich nach einem möglichen Wahlsieg von Union und FDP um 18 Jahre nach hinten verschieben. «Ob ein Kernkraftwerk abgeschaltet wird, sollte allein eine Frage der Technik und der Wirtschaftlichkeit sein», sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Birgit Homburger, dem Berliner «Tagesspiegel» (Donnerstagausgabe). Für das jüngste deutsche Kraftwerk, Neckarwestheim II, würde dies eine Laufzeit bis ins Jahr 2039 bedeuten - denn bis dahin halten Fachleute einen Betrieb für technisch und wirtschaftlich möglich. Der Atomkonsens von Rot-Grün sieht dagegen einen voraussichtlichen Ausstieg aus der Kernkraft für das Jahr 2021 vor.

Ein politisch motiviertes, vorzeitiges Ende der Kernkraft sei jedoch nicht wünschenswert, betonte Homburger. «So lange keine Sicherheitsbedenken bestehen, muss die Entscheidung zum Abschalten am Markt getroffen werden.»

Etwas zurückhaltender äußerte sich hingegen der CDU-Umweltexperte Peter Paziorek. Er sprach sich für eine Verlängerung der Laufzeiten um durchschnittlich acht Jahre aus, was ein Ende der Atomkraft im Jahr 2029 bedeuten würde. Es gebe aber auch in der Union Stimmen, die eine Verlängerung der Laufzeiten um 18 Jahre anstrebten.

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dpa Donnerstag 2. Juni 2005, 18:03 Uhr

Kein weiterer Atomtransport aus Deutschland nach Sellafield

Berlin (dpa) - Nach dem Störfall in der britischen Atomanlage Sellafield hat der Energiekonzern Vattenfall Europe den weiteren Transport von Atommüll aus Deutschland nach England gestoppt. Umweltminister Jürgen Trittin sagte in Berlin, er begrüße die Entscheidung. Nach der Novelle des Atomgesetzes wäre der Transport abgebrannter Brennstäbe nach Sellafield und ins französische La Hague vom 1. Juli an ohnehin nicht mehr erlaubt. In Sellafield war ein Leck in einer Rohrleitung offenbar Monate lang unentdeckt geblieben.

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ahaus@online 1.6.05

Atomkraftgegner bereiten zweiten Castor vor

Ahaus - 01.06.2005 - Heute um Miiternacht verließen die sechs leeren Castor-LKWs das Atommüll-Lager Ahaus und fuhren zurück nach Dresden. Rund 20 Atomkraftgegner demonstrierten vor dem Tor gegen die Abfahrt. Der Konvoi fuhr über die Autobahnabfahrt Legden/Ahaus auf die A31 Richtung und erneut durch das Ruhrgebiet, Hessen und Thüringen. Gegen Mittag wurde er in Dresden erwartet. Nach Informationen der Anti-Atomkraft-Initiativen entscheidet die Polizei erst heute, wann und wie der nächste Castor-Transport stattfindet.

Auch die Initiativen bereiten intensiv den zweiten Transport vor (s. Termine unten). Felix Ruwe von der BI Ahaus: „Wir werden mit einem neuen Konzept an den Start gehen. Immerhin haben wir den Castor in Ahaus zu einem Umweg gezwungen. Es ist uns zudem gelungen, die Atommüll-Transporte bundesweit in die Öffentlichkeit zu bringen. Das war unser Ziel, das haben wir erreicht." Erneut kritisierten die Initiativen, dass die Polizei sich offensichtlich nicht an die genehmigten Routen hält. Matthias Eickhoff von der Wiga Münster: "Wenn kein Verlass darauf ist, dass Genehmigungen eingehalten werden, werden demokratische Grundrechte durch Polizeirecht außer Kraft gesetzt. Wer nicht weiß, dass er von den Atommülltransporten direkt als Anlieger betroffen ist, kann auch nicht klagen. Das ist undemokratisch."

Die Initiativen rufen deshalb auch in der Ahauser Nachbargemeinde Heek zu verstärkten Protesten auf. Zudem können beim nächsten Castor auch Legden und Schöppingen betroffen sein. Die Initiativen erwägen, gegen die Polizeiführung eine Strafanzeige zu stellen. Die BI Ahaus möchte sich für die große Unterstützung aus der Bevölkerung herzlich bedanken.

Viele Ahauser haben durch Geld- und Sachspenden den Widerstand unterstützt. Auf der Blockade wurden selbst um Mitternacht noch Essen und Getränke angeliefert. Landwirte brachten Stroh und Brennholz.

Die Bürgerinitiativen rufen nun dazu auf, beim zweiten Transport mit noch mehr Menschen auf die Straße zu gehen. Felix Ruwe: „Es geht um unsere Zukunft. Hochradioaktiver Atommüll lässt sich nicht sicher lagern und verseucht früher oder später die Umwelt. Das werden kommende Generationen in Ahaus, Heek, Legden und Schöppingen dann ausbaden müssen."

Termine: 1. Freitag und Samstag finden ab jeweils 20 Uhr Open-Air-Konzerte im Widerstandscamp auf der BI-Wiese am Zwischenlager in Ahaus statt. 2. Am Tag X2 startet um 20 Uhr am Bahnhof in Ahaus eine Demonstration durch die Innenstadt. Die Demonstration wird dieses Mal bis zum Zwischenlager gehen. Weitere Termine werden bekanntgegeben.

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Sächsische Zeitung 2.6.05

Castoren bereit für nächste Fuhre

Leere Castor-Container wieder in Dresden eingetroffen

Zwei Tage nach Abtransport der ersten sechs Castor-Behälter aus Sachsen ins westfälische Zwischenlager Ahaus laufen Vorbereitungen für die nächste Fuhre. Die sechs Lastwagen mit den leeren Transportgestellen trafen am Mittwoch wieder in Dresden-Rossendorf ein, sagte ein Polizeisprecher.

Ahaus/Dresden - Der Rücktransport sei ohne Komplikationen verlaufen. Nach Aussagen der sächsischen Polizei erhielt auch dieser Konvoi Begleitschutz, da selbst die leeren Container als mögliche Angriffspunkte von Atomkraftgegnern gelten. Größere Verkehrsbehinderungen seien nicht entstanden.

Nach der erneuten Beladung mit sechs Castoren wird der zweite Transport vom ehemaligen Forschungsreaktor Rossendorf nach Ahaus für den kommenden Montag erwartet. Kernkraftgegner hatten ihre Drohung nicht wahr machen können, die Lastwagen nach dem Entladen in Ahaus an der Ausfahrt zu hindern. Auch für die noch ausstehenden zwei Transporte sind Proteste angekündigt.

Der erste Transport war am vergangenen Montag in Rossendorf gestartet und in der Nacht zum Dienstag in Ahaus angekommen. Die Polizei hatte den Transport als Erfolg verbucht. Er war fast ungestört von Demonstranten am Ziel angelangt. Schätzungen gehen inzwischen davon aus, dass für seine Begleitung und Sicherung mehr als 5000 Polizisten bundesweit im Einsatz waren. Sowohl in Sachsen als auch in Nordrhein-Westfalen wollten die Innenministerien jedoch keine Kostenschätzung abgeben. Abgerechnet werde erst nach dem letzten der drei Transporte.

Insgesamt müssen 18 Castoren mit 951 Brennelementen von Sachsen nach Ahaus gebracht werden. Sie stammen aus dem früheren DDR-Zentralinstitut für Kernforschung in Rossendorf. Seit Inbetriebnahme des Forschungsreaktors 1957 waren die abgebrannten Brennelemente vor Ort gelagert worden. Da Rossendorf keine Genehmigung als Zwischenlager besitzt, hatte Sachsen bereits 1993 eine Überführung beantragt. (dpa)

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Süddeutsche online 1.6.05

RWE und E.ON wollen Atomkraftwerke länger am Netz lassen

FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der E.ON AG hat sich auch RWE für eine länger

Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke ausgesprochen. Die Atomkraft biete

einen entscheidenden Vorteil für Deutschland, da die Technik keine

Emission habe, sagte Finanzvorstand Klaus Sturany am Mittwoch auf einer

Investorenkonferenz der Deutschen Bank. "Wir begrüßen daher die Diskussion

über die Zukunft der Atomkraft."

 

Es gebe keine Zweifel, dass die Kraftwerke ohne Sicherheitsbedenken länger

als 50 Jahre laufen könnten. Die rot-grüne Bundesregierung hatte sich mit

den Energiekonzernen auf eine durchschnittliche Laufzeit von 32 Jahren

geeinigt. Die CDU will dies nun wieder rückgängig machen, sollte sie bei

der geplanten Bundestagswahl im Herbst die Regierung übernehmen.

 

Am Montag hatte sich bereits E.ON-Chef Wulf Bernotat für längere

Betriebsdauern ausgesprochen. Bei einer CDU-geführten Regierung rechne er

mit längeren Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke, hatte er gesagt.

Bernotat sieht eine weltweite Renaissance der Kernkraft. "Wir sehen klare

Signale dafür in Großbritannien nach der Wahl." Auch in den USA, Finnland

und Frankreich gebe es Bestrebungen, neue Kraftwerke zu bauen./mur/cs

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TAZ NRW 1.6.05:

Die Einsamkeit der Ex-Ministerin

Nordrhein-Westfalens grüne Noch-Umweltministerin Bärbel Höhn demonstriert gegen die Castoren - und bleibt doch in der Rolle der Politikerin isoliert

AUS AHAUS und HEEK

ANDREAS WYPUTTA

Verloren steht Bärbel Höhn vor dem Ahauser Bahnhof auf der Straße. Pünktlich um sechs Uhr ist Nordrhein-Westfalens noch amtierende grüne Umweltministerin am Montagabend zur Demonstration gegen die bereits aus dem sächsischen Forschungsreaktor Rossendorf anrollenden Castor-Transporte erschienen - und bleibt doch allein. Unauffällig rücken die Menschen von der grünen Ikone ab. "Ich hab' Höhn diesmal nicht gewählt, und ich werde sie nie wieder wählen", sagt eine Demonstrantin.

Hier im Münsterland, wo wieder kiloweise kernwaffenfähiges Uran 235 und hochgiftiges Plutonium ins Zwischenlager Ahaus rollen, wo die Urananreicherungsanlage im benachbarten Gronau massiv ausgebaut wird, sitzt die Wut auf die Grünen tief. Ein paar Meter weiter bekommt Höhn den Frust ab. "Ihnen geht es doch nur darum, ins Fernsehen zu kommen", wirft Mechthild Jescher der Umweltministerin vor. "Jetzt, wo Sie die Wahl verloren haben, sind Sie wieder hier", sagt der Techniker Thomas Lamers.

Höhn bleibt zunächst ruhig, lobt den rot-grünen Atomkonsens: Nur der habe dafür gesorgt, dass sieben Jahre keine Castoren nach Ahaus gerollt sind - schließlich seien an den noch immer laufenden Atommeilern dezentrale Zwischenlager errichtet worden. "Mehr war nicht durchsetzbar", assistiert Rüdiger Sagel, atompolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, seiner Ministerin. Wer die Grünen kritisiere, spalte nur die Anti-Atom-Bewegung. "Warum sind denn nur 500 Leute hier und nicht 10.000 wie vor sieben Jahren", fragt Höhn. "Eine Unverschämtheit", keilt die 48-jährige Lehrerin Jescher zurück. Höhn verliert endgültig die Fassung, spricht von einer "Mentalität wie bei der chinesischen KP", die "auf Umerziehungslager" setze - und läuft auf der Ahauser Bahnhofstraße der Anti-Atom-Demo hinterher.

Zwei Stunden später, die Ministerin ist in ihrem schwarzen Dienst-Audi abgerauscht, die Emotionen schlagen weniger hoch. "Das Höhn hier war, da zieh' ich meinen Hut vor", meint der Ahauser Herbert Wenning. Die rund 650 Demonstranten sind quer durch Ahaus gezogen, blockieren die am Stadtrand liegende Kreuzung Schumacherring/Schöppinger Straße. "Wir bleiben hier", meint Matthias Eickhoff von der Gruppe Widerstand gegen Atomanlagen aus Münster. Wie Felix Ruwe von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" ist er sicher, dass die sechs LKW mit den Castoren hier durchkommen müssen: Die einzig mögliche dritte Route führt mitten durch das Zentrum des Nachbarorts Heek - viel zu auffällig für die Betreiber des Zwischenlagers Ahaus, die ihre strahlende und giftige Fracht am liebsten mitten in der Nacht in Empfang nehmen.

Die tote Zeit des Wartens beginnt. Frühestens in sieben Stunden dürfte der Transport in Ahaus sein, schätzen die Atomkraftgegner. Die Ahauser mit ihren schnieken Häusern, ihren akkurat gepflegten Vorgärten erweisen sich als Demo-Vollprofis. Nur Minuten später liegen Folien und Strohballen auf der Straße. Niemand muss auf dem nassen Asphalt blockieren. Aus den Lautsprechern dröhnen die Pogues, später spielt Klaus, der Geiger, am offenen Feuer Widerstandslieder. Im Küchenzelt mit Stromanschluss gibt es die ganze Nacht heißen Tee und Kaffee, nach Mitternacht wird Suppe und Lachs serviert.

Warum nicht mehr Menschen aus dem Münsterland gegen den Atommüll protestieren? Der Atomkraftgegner Florian Kollmann erzählt von der Realschule, "wo wir am Vormittag fast mit Gewalt vom Hof geworfen wurden" - hier habe der Betreiber des Zwischenlagers den neuen Informatikraum bezahlt. "Wie damals die Schwimmhalle", sagt Willi Heesters von der Wettringer Bürgerinitiative gegen Atomenergie. Michael Ziegler, Sprecher des Zwischenlagers und nebenbei im Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt, habe sogar den atomkritischen Pfarrer Jürgen Quante beim Bischof angeschwärzt - weil er Laien predigen ließ, erzählt ein Mann in den Sechzigern. "Aber dann gab es einen Solidaritätsgottesdienst, da sind über 1.000 Leute gekommen."

Die Zeit schleicht. Gegen Kälte, Regen und Müdigkeit helfen auch Tee und Kaffee kaum noch. Die Initiativen-Sprecher Ruwe und Eickhoff versorgen die Demonstranten mit immer neuen Wasserstandsmeldungen: Der Castor-LKW auf der Autobahn 44 vor Soest, am Kamener Kreuz, vor Bottrop auf der A2, kurz vor Ahaus. Die Polizei, seit Beginn mit mehreren Hundertschaften aus Köln, Bonn, Essen, Duisburg und dem Kreis Borken präsent, rückt noch näher.

Um 2.59 Uhr fordert ein Polizeilautsprecher die Räumung der Straße. Um 3.05 Uhr werden die Atomkraftgegner eingekesselt. "Hier kommt keiner mehr rein, keiner mehr raus", tönt ein unter zu viel Adrenalin stehender Polizist und rempelt herum. "Sie sind räumlich beschränkt worden", tönt der Lautsprecher - und klingt wie ein überfreundlicher Anrufbeantworter.

Danach werden die Blockierer aus dem Kessel getragen und "erkennungsdienstlich behandelt". Auch der grüne Landtagsabgeordnete Sagel sitzt noch im Kessel, lässt sich herausführen. Initiativen-Sprecher Eickhoff aber wird nervös: Die Räumung dauert auffällig lange - dabei ist der Castor-Transport nur noch wenige Kilometer entfernt. Mit wenigen nicht im Kessel eingeschlossenen hastet Eickhoff zum drei Kilometer entfernten Zwischenlager, wo nur etwa 30 Demonstranten die Castoren erwarten.

Die Straße ist taghell erleuchtet, aus wenigen hundert Metern ist der Atommüll-Konvoi zu sehen: Sechs Atommüllbehälter rauschen durchs Tor, begleitet von Wasserwerfern und dutzenden Polizeiwagen. Ohne Vorwarnung, ohne Information der schlafenden Bevölkerung sind kiloweise kernwaffenfähiges Uran 235 und Plutonium mitten durch den Ortskern von Heek gerollt. "Das war eine spontane Entscheidung der Führung", sagt Polizeisprecher Karsten Woltering. Ob die Ortsdurchfahrt legal war, weiß er nicht. Seine Kollegen räumen die letzten Blockierer ab, ziehen Demonstranten an den Haaren brutal in ihre VW-Busse. "Wir brauchen einfach mehr Leute auf der Straße", sagt Atomkraftgegner Heesters. "Wir sind friedlich, was seid ihr", skandieren die Demonstranten.

taz NRW Nr. 7678 vom 1.6.2005, Seite 3, 213 Zeilen (TAZ-Bericht), AUS AHAUS und HEEK ANDREAS WYPUTTA

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TAZ NRW 1.6.05:

Castoren-Route durch Wohnviertel täuscht Demonstranten

Nach 16 Stunden Fahrt rollt der Atommüll schließlich fast unbemerkt in das Zwischenlager in Ahaus. Der Grund: Die Polizei hatte eine Alternativroute gewählt, die mitten durch die Kleinstadt Heek führt. Atomkraftgegner kritisieren, dass es keine Genehmigung für die Ortsdurchfahrt gab. Bürgermeister: "Die Brennstäbe müssen ja irgendwo hin"

BOCHUM taz Als gestern morgen um vier Uhr der Konvoi mit sechs Castoren auf das Gelände des Zwischenlagers in Ahaus einbog, war die Überraschung bei den meisten Demonstranten groß. Die Lastwagen rollten fast unbemerkt in das Lager. Der Konvoi hatte keine der beiden offiziell genehmigten Routen benutzt, sondern war über eine Ausweichstrecke mitten durch die kleine Gemeinde Heek gerollt. Ob das rechtmäßig war, konnte der Einsatzleiter der Polizei nicht beantworten.

"In der Beförderungsgenehmigung sind zwei Routen detailliert geschrieben. Von einer Ortsdurchfahrt durch Heek steht da nichts", erklärt Matthias Eickhoff von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus". In einer Nebenbestimmung zur Genehmigung heißt es, dass die Route sowie die Abfahrtszeit des Konvois kurzfristig geändert werden könnte, wenn zum Beispiel die Strecke nicht befahrbar ist. Darauf hatte sich auch die Polizei berufen: Wegen der Blockade der Zufahrt zum Zwischenlager seien die geplanten Routen nicht befahrbar gewesen, so ein Polizeisprecher. "Die alternative Route war genehmigt."

Voraussetzung für eine Umleitung der Castoren sind allerdings Koordinierungsgespräche zwischen den beteiligten Innenministerien und dem Transportunternehmen Nuclear Cargo und Service GmbH (NCS). Die Atomgegner bezweifeln jedoch, dass es diese Gespräche in der Nacht wirklich gegeben hat. "Wir haben Karten der Polizei gesehen, auf denen waren die beiden offiziellen Routen nicht einmal eingezeichnet, sondern nur Ausweichstrecken, von denen in der Genehmigung nicht die Rede ist", so Eickhoff. Er ist überzeugt, dass es sich nicht um eine spontane Entscheidung gehandelt hat, sondern ein lange geplantes Täuschungsmanöver der Polizei war. Die Blockade sei jedenfalls kein Grund für eine Umleitung gewesen. "Die hätte man doch wegräumen können", so Eickhoff.

Auch der Münsteraner Grünen-Politiker und Verwaltungsrechtler Wilhelm Achelpöhler glaubt deshalb nicht, dass die Innenminister die Entscheidung kurzfristig getroffen haben: "Ich habe so meine Zweifel, dass die Innenminister nachts über die Umleitung beraten haben." Die Bürgerinitiative diskutiert nun, ob sie gegen das Transportunternehmen und die Landesregierung Strafanzeige stellen wird wegen der "unerlaubten Beförderung von Kernbrennstoffen".

Der CDU-Bürgermeister von Heek versteht die Aufregung der Atomkraftgegner nicht. Dass die Route des Konvois nun mitten durch sein Stadtgebiet geführt hat, habe ihn zwar auch überrascht, sagt Kai Zwicker. "Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft keine weiteren Transporte durch Heek fahren, aber die Brennstäbe sind ja nun mal da und müssen irgendwo hin." Und ob die Castoren nun durch Heek oder eine andere Kommune gefahren würden, sei ja auch egal, man teile nun mal das gleiche Schicksal. Wichtig sei letztlich nur, dass alles reibungslos geklappt habe, findet Zwicker.

"Der Bürgermeister muss sich nicht wundern wenn demnächst noch mehr Castoren durch seine Stadt rollen", erklärt Atomkraftgegner Eickhoff. Die Gefahren solcher Transporte mitten durch die schmalen, kurvigen Straßen der Innenstadt würden einfach weiter ignoriert: "Dabei plant man in Heek seit Jahren, eine Umgehungsstraße zu bauen, weil die Ortsdurchfahrt so eng und kurvig ist." ULLA JASPER

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Westfalenpost 1.6.05

Castor rollt - und niemand geht hin

Kamen/Paderborn. Ein Meer aus Blaulichtern rollt über die A 44 in Richtung Dortmund. Der Castor-Transport fährt durch Nordrhein-Westfalen und ist gesichert, als müsste er die Goldvorräte der Erde durch Piratennester transportieren. Dabei ist von Störern oder militanten Demonstranten keine Spur. Nicht einmal Schaulustige haben sich eingefunden. Der Castor rollt - und niemand geht hin.

Mitternacht. Nieselregen. 10 Grad. Auf der Autobahn 44 zwischen Kassel und Unna ist kaum Verkehr. Fast nur schwere Lastwagen sind unterwegs, dazu ein paar Transporter mit polnischem Kennzeichen und niederländischen Unfallwagen auf dem Anhänger. Nur ganz aufmerksamen Fahrern fällt auf, das an jeder Auffahrt und auf jedem Rastplatz Polizeiwagen stehen.

Fernfahrer Piet Smit aus dem niederländischen Tilburg macht gerade Pause und hat seinen riesigen Laster geparkt. Vom Castor hat er noch nie gehört. Aber viele Schwer-transporte sind heute Nacht unterwegs. Erst ein kleiner Konvoi mit Überbreite und Sicherungsfahrzeug, dann einzelne Sondertransporte ohne Begleitung. Ihre gelben Warnleuchten blinken in der Nacht.

Plötzlich ist die Autobahn Richtung Westen wie ausgestorben. Kein einziges Fahrzeug ist zu sehen. Jetzt wird es ernst. Urplötzlich prescht die Vorhut heran: sieben VW-Busse in Grün-Weiß mit Blaulicht, gefolgt von Räumpanzern, Wasserwerfern und einem schweren Abschleppwagen. Die Abteilung fürs Grobe. Dahinter Mannschaftswagen, Streifenwagen, Transporter und Kleinbusse. In der Dunkelheit ist kaum zu erkennen, woher die Wagen kommen und ob sie zu Polizei, Zoll oder Bundespolizei gehören. Dann eine längere Pause. Schließlich zwei schnelle Polizeistreifenwagen, die mit hoher Geschwindigkeit und aufgeblendeten Scheinwerfern Richtung Soest rasen. Dann wieder nichts. Nur Dunkelheit. Immer wieder rauschen jetzt Gruppen von Einsatzfahrzeugen Richtung Dortmund. Alle fahren nebeneinander auf der komplett gesperrten Autobahn, manche haben ihr Blaulicht eingeschaltet, manche fahren mit Warnblinklicht. In vielen der größeren Fahrzeuge brennt die Innenbeleuchtung. Im Vorbeiflitzen kann man drinnen Männer in Grau und Grün erkennen. Keine gute Nacht, wenn man Polizist und zur Castor-Bewachung eingeteilt ist. Jetzt rasen Mannschaftswagen vorbei, gefolgt von weiteren Lastwagen, Wasserwerfern und noch einem Abschleppwagen.

Es ist schon eine dreiviertel Stunde her, seit der erste Wagen der rasenden Castor-Prozession vorbeikam. Aber die Lastwagen mit ihrer brisanten Fracht, einem Teil von 951 abgebrannten Brennstäbe aus dem Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden, ist noch immer nicht eingetroffen. Dafür sausen immer wieder Polizeiwagen über die regennasse, leere Autobahn, darunter auch eine schwere gepanzerte Limousine. Dann ein Pulk aus 25 zum Teil vergitterten Mannschaftswagen, in denen man mit Sicherheit auch problemlos wilde Tiger transportieren könnte. Die Gitter sollen die Polizisten im Innern vor gewalttätigen Demonstranten schützen. Doch von denen ist keiner zu sehen, jedenfalls nicht auf dieser Autobahn. Im Internet kursieren Meldungen über Protest-Treffen. Es sind Schüler-Späße.

Dann wird es ernst: Eingerahmt von einem Pulk aus 60 Einsatzwagen rauschen sechs nachtblaue Lkw vorbei. Sie haben je einen Container Atommüll geladen. Die Lastwagen sehen ganz normal aus, die Behälter wie Seecontainer. Drinnen sind die eigentlichen Castoren - Castor ist übrigens die englische Abkürzung für Behälter zum Transport von radioaktivem Material. Weit dahinter wird der Himmel im Osten so hell, als würde bald die Sonne aufgehen. Es sind die unzähligen Scheinwerfer der Autos und Lastwagen des normalen Verkehrs, den der Castor-Transport aufhält. Als auch sie vorbei sind, wird es wieder still auf der A 44. Die Polizeiwagen sind von den Ausfahrten verschwunden, die Rastplätze von Uniformierten geräumt. Der Castor ist durch - und niemand hat sich dafür interessiert.

   Von Ulrich Friske

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Münsterland-Zeitung 1.6.05:

Castor umfährt Protest

Ahaus - Und plötzlich ging alles ganz schnell: Gegen 4 Uhr " der Morgenhimmel über dem Zwischenlager begann zu grauen, die ersten Vögel zaghaft zu zwitschern " als sich das große Tor zum Brennelemente-Zwischenlager öffnete. Um fünf nach vier wurde das Tor wieder geschlossen, und alles war vorbei.

Nach 16-stündiger Fahrt und jahrelangem politischen und juristischen Streit rollten auf sechs Sattelschleppern die ersten sechs von insgesamt 18 Castorbehältern aus Rossendorf ins Ahauser Zwischenlager. Am Ende stellte sich ein einzelner Demonstrant dem Konvoi entgegen. Sekunden später hatten ihn jedoch Polizeibeamte abgedrängt. Am Tor des Zwischenlagers verfolgten nur eine Handvoll Demonstranten und etwa zwei Dutzend Journalisten das Geschehen.

Sitzblockade

Der Hauptprotest indes spielte sich zeitgleich zwei Kilometer entfernt am Stadtrand von Ahaus ab: Auf der Krezung Schumacherring/ Schöppinger Straße hatten sich rund 150 Atomkraftgegner zu einer Sitzblockade niedergelassen, weil sie davon ausgingen, dass der Transport dort vorbeifahren werde. Während die Demonstranten dort ab 3 Uhr eingekesselt wurden, änderte die Polizei kurzerhand die Route, fuhr ab Autobahnabfahrt Heek durch die Dinkelgemeinde und erreichte dann das Zwischenlager aus Richtung Schöppingen.

Matthias Eickhoff, Sprecher der münsterländischen Bürgerinitiativen, nannte das Vorgehen der Polizei "skandalös" und eine Belastung für Heek. Seiner Ansicht nach wäre es für die Einsatzkräfte kein Problem gewesen, die Kreuzung von den Demonstranten zu räumen. Zugleich zogen Sprecher der Polizei vor dem nächtlichen Zwischenlager eine zufriedene Einsatzbilanz: "Es gab keine nennenswerten Zwischenfälle", erklärte Karsten Woltering. Und seine Kollegin Inge Such, die den Transport begleitet hatte: "Es gab unterwegs keine ernsthaften Störungen. Vereinzelt waren Personen zu sehen, bei denen es sich wohl um Demonstranten handelte."

Transport am Montag?

Unterdessen äußerten sich gestern auch die Anti-Atomkraft-Initiativen mit den Protesten gegen den ersten der drei Castor-Transporte zufrieden. Bundesweit hätten rund 1000 Atomkraftgegner an den Protesten teilgenommen. Nach ihren Schätzungen waren bis zu 10000 Polizisten bundesweit im Einsatz. In Legden sei es einer Gruppe von Demonstranten gelungen, auf der Autobahn den Castor-Konvoi kurzfristig zu blockieren. Weitere Aktionen seien geplant.

Der zweite Atomtransport aus Dresden wird für den kommenden Montag erwartet. Eine offizielle Bestätigung gibt es nicht. - gro

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Westfälische Nachrichten 1.6.05:

Castor-Konvoi rollte auch durch Heeker Ortskern

-rs- Heek-Nienborg. Von der Bevölkerung weitgehend unbemerkt ist er in der Nacht zu Dienstag auch durch Heek gerollt, der erste von insgesamt drei Castortransporten mit Atommüll aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf. Wie Paul Bußhoff, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde, gestern auf Anfrage mitteilte, nahm der aus sechs Lkw samt Begleitfahrzeugen bestehende Konvoi von der Autobahnausfahrt Heek nicht die kürzeste Route via B70 Richtung Ahle, sondern in entgegengesetzter Richtung durch den Ort. Die Entscheidung, den Weg über Heek zu nehmen, sei vom Polizeiführer ganz kurzfristig gefällt worden und bewege sich im Rahmen der Genehmigung, erklärte Bußhoff. Damit widersprach er ausdrücklich Äußerungen der Anti-Atomkraft-Initiativen, die von Willkür und einer nicht zu vertretenden Gefährdung der Heeker Bevölkerung gesprochen hatten. Über die Landstraße 574 ging der Transport dann zunächst weiter Richtung Legden, bevor er dann an der Kreuzung mit der Landstraße 570 nach rechts abbog und schließlich gegen 4 Uhr das Brennelemente-Zwischenlager (BZA) in Ammeln erreichte. Als Grund für die geänderte Route gab Bußhoff die Blockade einer Kreuzung durch Atomkraftgegner auf der Strecke über Ahle an. Da sie erst noch geräumt werden musste, hat sich der Polizeiführer zur Routenänderung entschlossen, so Bußhoff. Eine Entscheidung, die sich aus Sicht der Polizei im Nachhinein als richtig erwiesen hat, denn auf der Strecke durch Heek und Averbeck habe es keine Zwischenfälle gegeben, erklärte der Pressesprecher.

Wir haben von dem Transport überhaupt nichts mitbekommen. Für Karl Münstermann, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei an der Heeker Bahnhofstraße, war die Nacht zu Dienstag eine Nacht wie jede andere. Schon früh am Morgen sind der Bäckermeister und seine Mitarbeiter damit beschäftigt, Brötchen für die Lkw-Fahrer auf der B70 und die Heeker zu backen. Ungewöhnliches hätten sie am frühen Dienstag aber nicht bemerkt, sieht man einmal von ein paar Polizeiautos, die ein Mitarbeiter in Richtung Schöppingen hat stehen sehen, ab. Vor sieben Jahren seien das ganz andere Dimensionen gewesen, erinnert er sich.

Das war eine kurzfristige polizeitaktische Entscheidung, die sich im Rahmen der Genehmigung bewegt, konnte Bürgermeister Dr. Kai Zwicker gestern das Verhalten der Polizei durchaus nachvollziehen, wenngleich er es natürlich viel lieber gesehen hätte, wenn der Transport nicht durch Heek gerollt wäre. Die Gemeinde sei im Vorfeld in einem gemeinsamen Infotermin mit Schöppingen, Heek, Legden und Ahaus vom Polizeipräsidenten in Münster über einen Zeitkorridor für den Transport sowie mögliche Routen entlang der Autobahnstrecke aufgeklärt worden. Dass der Transport durch Heek führen könnte, wurde dabei nicht explizit gesagt, so Zwicker, der sich gestern froh darüber zeigte, dass alles gut gegangen ist. Lob zollte er der Polizei, die für einen reibungslosen Verlauf gesorgt habe. Ein Kompliment gab es auch für die Demonstranten, deren Protest friedlich geblieben sei.

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Münsterland-Zeitung 1.6.05:

Polizei-Taktik geht auf

Heek - Die Ausweichstrecke bot sich an und wurde auch genutzt: Während in der Nacht zum Dienstag der Großteil der Aktivisten " die Castoren aus Richtung Legden erwartend " noch in einer Sitzblockade auf der Kreuzung Schumacherring/Schöppinger Straße ausharrte, nahm der Transport aus Rossendorf seinen Weg mitten durch Heek.

Die Castoren fuhren von der Autobahnabfahrt bei Heek direkt über die B70-Ortsdurchfahrt und die Legdener Straße (L574), um über die Schöppinger Straße (L570) von der anderen Seite auf das Zwischenlager zu stoßen. Das war ein Novum in der Geschichte der Castor-Transporte ins Ahauser Zwischenlager, denn erstmals wurde die Ortslage einer Nachbargemeinde davon direkt betroffen.

Heeks Bürgermeister Dr. Kai Zwicker äußerte auf Anfrage gestern dazu, die Gemeinde sei im Vorfeld zwar über die Sachlage der Genehmigungen und mögliche Transportrouten auf der Autobahn in Kenntnis gesetzt worden. Dass die Castoren allerdings den Weg durch die Ortsmitte von Heek nehmen würden " "damit hat keiner gerechnet". Umso erleichterter sei er, dass alles reibungslos und ohne Störungen abgelaufen sei, so Dr. Zwicker. Zur Annahme, dass weitere der noch ausstehenden Transporte durch das Dinkeldorf rollen könnten, ergänzte er: "Sollte es hier zu größeren Protesten kommen, gehe ich davon aus, dass die Heeker Ortslage nicht genutzt wird." Das aber habe jeweils die Polizeiführung vor Ort zu entscheiden.

Das bestätigte gestern auch Paul Busshoff, Pressesprecher der Polizeibehörde. Nach seinen Informationen sei die Entscheidung, die abweichende Route über Heek zu nehmen, äußerst kurzfristig in der Nacht des Einsatzes gefallen, da der andere Weg von der Ausfahrt Legden aus durch die Demonstranten noch blockiert gewesen sei. Auch für die künftigen Transporte sei eine solche Entwicklung nicht auszuschließen, entscheidend sei die Einschätzung des Polizeipräsidiums während des laufenden Einsatzes.

Die Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland dagegen sehen das anders: Sie sprechen von einem "offensichtlich lange geplanten Täuschungsmanöver der Polizei", den Transport "mitten durch die sehr enge Ortsdurchfahrt von Heek" zu führen, ohne dass die Heeker Bevölkerung vorher informiert worden sei.

"Auf den Polizeikarten waren die genehmigten Routen durch Ahaus gar nicht erst eingezeichnet. Es handelte sich also nicht um eine spontane Aktion der Polizeiführung", heißt es in einer gestrigen Pressemitteilung. - mel

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 Westfalen- Post 1.6.05:

Castor rollt - und niemand geht hin

Kamen/Paderborn. Ein Meer aus Blaulichtern rollt über die A 44 in Richtung Dortmund. Der Castor-Transport fährt durch Nordrhein-Westfalen und ist gesichert, als müsste er die Goldvorräte der Erde durch Piratennester transportieren. Dabei ist von Störern oder militanten Demonstranten keine Spur. Nicht einmal Schaulustige haben sich eingefunden. Der Castor rollt - und niemand geht hin.

Mitternacht. Nieselregen. 10 Grad. Auf der Autobahn 44 zwischen Kassel und Unna ist kaum Verkehr. Fast nur schwere Lastwagen sind unterwegs, dazu ein paar Transporter mit polnischem Kennzeichen und niederländischen Unfallwagen auf dem Anhänger. Nur ganz aufmerksamen Fahrern fällt auf, das an jeder Auffahrt und auf jedem Rastplatz Polizeiwagen stehen.

Fernfahrer Piet Smit aus dem niederländischen Tilburg macht gerade Pause und hat seinen riesigen Laster geparkt. Vom Castor hat er noch nie gehört. Aber viele Schwer-transporte sind heute Nacht unterwegs. Erst ein kleiner Konvoi mit Überbreite und Sicherungsfahrzeug, dann einzelne Sondertransporte ohne Begleitung. Ihre gelben Warnleuchten blinken in der Nacht.

Plötzlich ist die Autobahn Richtung Westen wie ausgestorben. Kein einziges Fahrzeug ist zu sehen. Jetzt wird es ernst. Urplötzlich prescht die Vorhut heran: sieben VW-Busse in Grün-Weiß mit Blaulicht, gefolgt von Räumpanzern, Wasserwerfern und einem schweren Abschleppwagen. Die Abteilung fürs Grobe. Dahinter Mannschaftswagen, Streifenwagen, Transporter und Kleinbusse. In der Dunkelheit ist kaum zu erkennen, woher die Wagen kommen und ob sie zu Polizei, Zoll oder Bundespolizei gehören. Dann eine längere Pause. Schließlich zwei schnelle Polizeistreifenwagen, die mit hoher Geschwindigkeit und aufgeblendeten Scheinwerfern Richtung Soest rasen. Dann wieder nichts. Nur Dunkelheit. Immer wieder rauschen jetzt Gruppen von Einsatzfahrzeugen Richtung Dortmund. Alle fahren nebeneinander auf der komplett gesperrten Autobahn, manche haben ihr Blaulicht eingeschaltet, manche fahren mit Warnblinklicht. In vielen der größeren Fahrzeuge brennt die Innenbeleuchtung. Im Vorbeiflitzen kann man drinnen Männer in Grau und Grün erkennen. Keine gute Nacht, wenn man Polizist und zur Castor-Bewachung eingeteilt ist. Jetzt rasen Mannschaftswagen vorbei, gefolgt von weiteren Lastwagen, Wasserwerfern und noch einem Abschleppwagen.

Es ist schon eine dreiviertel Stunde her, seit der erste Wagen der rasenden Castor-Prozession vorbeikam. Aber die Lastwagen mit ihrer brisanten Fracht, einem Teil von 951 abgebrannten Brennstäbe aus dem Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden, ist noch immer nicht eingetroffen. Dafür sausen immer wieder Polizeiwagen über die regennasse, leere Autobahn, darunter auch eine schwere gepanzerte Limousine. Dann ein Pulk aus 25 zum Teil vergitterten Mannschaftswagen, in denen man mit Sicherheit auch problemlos wilde Tiger transportieren könnte. Die Gitter sollen die Polizisten im Innern vor gewalttätigen Demonstranten schützen. Doch von denen ist keiner zu sehen, jedenfalls nicht auf dieser Autobahn. Im Internet kursieren Meldungen über Protest-Treffen. Es sind Schüler-Späße.

Dann wird es ernst: Eingerahmt von einem Pulk aus 60 Einsatzwagen rauschen sechs nachtblaue Lkw vorbei. Sie haben je einen Container Atommüll geladen. Die Lastwagen sehen ganz normal aus, die Behälter wie Seecontainer. Drinnen sind die eigentlichen Castoren - Castor ist übrigens die englische Abkürzung für Behälter zum Transport von radioaktivem Material. Weit dahinter wird der Himmel im Osten so hell, als würde bald die Sonne aufgehen. Es sind die unzähligen Scheinwerfer der Autos und Lastwagen des normalen Verkehrs, den der Castor-Transport aufhält. Als auch sie vorbei sind, wird es wieder still auf der A 44. Die Polizeiwagen sind von den Ausfahrten verschwunden, die Rastplätze von Uniformierten geräumt. Der Castor ist durch - und niemand hat sich dafür interessiert.

   Von Ulrich Friske

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FAZ 1.6.05:

Castor-Transport

Protestrituale des harten Kerns

Von Peter Schilder

31. Mai 2005 Es ist ziemlich genau vier Uhr früh am Dienstag morgen. Auf der Kreuzung von Schumacherring und Schorlemmerstraße am Rande von Ahaus in Westfalen hat die Polizei einen Kessel gebildet. Darin hocken und stehen auf Strohballen gut hundert Demonstranten. Es ist Zeit zur Räumung. Einige lassen sich hinausgeleiten, andere lassen sich tragen, aber nur einige Meter bis hinter die Absperrung. Gelegentlich kommt es zu Wortgefechten. Manchmal gibt es ein Gejohle. Die kleinen Scheinwerfer mehrerer Fernsehkameras tauchen die Szene in ein gespenstisches Bild.

Das Ganze spielt sich etwa zwei Kilometer entfernt vom Zwischenlager ab, wo in dieser Nacht der erste von drei Castor-Transporten aus dem sächsischen Rossendorf erwartet wird. Am blassen Morgenhimmel ist von der Kreuzung aus nur das Licht der Scheinwerfer zu sehen, die das umzäunte Lager hell erleuchten. Während die Räumung der Kreuzung weitergeht, biegen die sechs Lastwagen in Begleitung von Polizeifahrzeugen fast unbemerkt auf das Gelände des Zwischenlagers ein. Nach etwa sechzehn Stunden und sechshundert Kilometern ist der Transport ohne Zwischenfälle am Ziel. Der Protest und die Räumungsaktion werden zur Inszenierung, zu einem Ritual.

Enttäuschte Demonstranten

Als die Ankunft des Transports bekannt wird, reagieren die Demonstranten enttäuscht. Nicht einmal eine Stunde, geschweige denn einen Tag haben sie den Atommüll aufhalten können. Mathias Eickhoff von der Initiative Wiga (Widerstand gegen Atomkraft) zeigt seine Verärgerung. „Von Norden sind sie gekommen durch die kleine Ortschaft Heek", sagt er. Eigentlich gehe das gar nicht. Die Gassen seien viel zu eng, die Durchfahrt viel zu gefährlich. Es ging doch. Die meisten Einwohner Heeks, die nicht ganz früh aufstehen, haben vermutlich nichts davon mitbekommen. Auch in Ahaus werden die Leute aus dem Radio am Morgen erfahren, daß der Castor-Transport durchgekommen ist. Die kleine Stadt schläft wie immer, vielleicht noch etwas ruhiger.

Vieles ist anders als beim Transport vor sieben Jahren. Nicht Tausende von Demonstranten belagern die Stadt. Am Abend zuvor, bei der großen Kundgebung, waren 500 bis 600 Menschen zusammengekommen. Es hat geschüttet wie aus Eimern. Vielleicht wären es sonst noch ein paar mehr gewesen. Aus Düsseldorf war die amtierende Umweltministerin Bärbel Höhn angereist - im Dienstwagen und mit Verspätung. Sie wurde nicht gerade freundlich begrüßt. Viele fragten sie, wo sie denn in den vergangenen sieben Jahren gewesen sei.

Sonntagsspaziergänge

Mit politischem Instinkt hat Frau Höhn sofort nach Bekanntwerden der Transporte entschieden, nach Ahaus zu kommen. Unbeabsichtigt hebt sie damit das Dilemma der Grünen hervor. Sie haben das Vertrauen der Atomkraftgegner verloren. Doch auch bei der bürgerlichen Bevölkerung sind sie nicht wohlgelitten.

Während vor sieben Jahren fast kein Vorgarten in Ahaus ohne das gelbe X zu finden war und damit die Bevölkerung den Demonstranten den Rücken stärkte, ist das alte Symbol jetzt nur noch selten zu sehen. Heiner Möllers-Taubitz von der Bürgerinitiative spürt die zurückgehende Unterstützung seit langem. Er sei mit „600 Teilnehmern" ganz zufrieden, auch wenn auf dem Weg zur Kreuzung etwa zwei Drittel verlorengingen. Struktur und Bestandteil des Widerstandes sind die Sonntagsspaziergänge, die an jedem dritten Sonntag im Monat zum Zwischenlager führen. Dreißig bis dreihundert Teilnehmer nehmen daran teil, darunter auch die katholische Frauengemeinschaft, die zuvor in Ammeln einen Gottesdienst feierte. Die nachlassende Kampfbereitschaft hat auch zur Entspannung beigetragen. Möllers-Taubitz ist ein geachteter Mann in Ahaus. Am Montag abend dringt er auf Deeskalation. Er wisse, daß die Menschen weiter zusammenleben wollten.

„Bequem machen"

So gerät auch dieser Abend auf der Kreuzung zu einer Protestparty. Aus Lautsprechern dröhnt Musik. Je weiter der Abend vorrückt und je mehr die feuchte Kälte in die Kleidung dringt, desto kleiner wird die Zahl der Demonstranten. Der Rest, knapp hundert, drängt sich um eine Tonne, in der ein Feuer entzündet wurde. Hin und wieder wird die Position des Transports bekanntgegeben. Gegen halb drei kommt Bewegung auf. Aus dem Dunkel tauchen Polizisten auf. Sie bilden kleine Ketten. Die Stimmung verändert sich. Über die Lautsprecher werden die Demonstranten aufgerufen, zusammenzurücken und „es sich bequem zu machen". Es kommt zu kleinen Rangeleien mit den überwiegend jungen Polizisten. Um 2.59 Uhr kommt die erste Aufforderung, die Kreuzung zu räumen. Höflich heißt es immer wieder: „Wir bitten Sie um Ihre Mitarbeit." Keiner will die Eskalation.

Die Castoren kommen im Zwischenlager an. Der Transport auf der Straße hat sich als flexibel erwiesen. Man kann leichter die Routen wechseln. Es war der erste Transport auf der Straße. Zwei weitere aus Rossendorf sollen folgen, bis alle 951 Brennstäbe eingelagert sind. 

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TAZ 1.6.05:

Castor pünktlicher als viele Autofahrer

Polizei rühmt trotz Verkehrsstaus den reibungslosen Straßentransport von Dresden nach Ahaus. Dem widerspricht der Anti-Atom-Protest: Es habe Staus von 120 Kilometern Länge gegeben. An dem Erfolg des Transports ändert das aber gar nichts

AUS DRESDEN, BERLIN, AHAUS

M. BARTSCH, N. REIMER,

A. WYPUTTA

Gegenüber dem Zeitplan gab es nur knapp eine Stunde Verspätung. Gestern Früh um vier Uhr traf nach rund 600 Straßenkilometern die Castoren vom sächsischen Rossendorf im westfälischen Zwischenlager Ahaus ein. Nennenswerte Zwischenfälle gab es nicht. Ähnlich wie schon in Rossendorf gelang es der Polizei, durch ein Täuschungsmanöver eine Blockade am Zielort zu umgehen.

Etwa 650 Demonstranten waren vom Ahauser Bahnhof am Montagabend bei strömendem Regen durch die Innenstadt gezogen. Seit Mitternacht hatten dann etwa 150 Demonstranten, nach Polizeiangaben etwa 100 Menschen auf einer Kreuzung zu einer Sitzblockade ausgeharrt. Diese war der Konvoi umgangen - und war durch den Ort Heek gerollt. Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" kritisierte, dass dies ohne vorherige Information der Bevölkerung geschehen sei. BI-Sprecher Matthias Eickoff: "Wir bezweifeln, dass diese nicht genehmigte Durchfahrt legal gewesen ist."

Der mehrere hundert Meter lange Konvoi mit den ersten sechs von insgesamt 18 Behältern des Typs MTR-2 war erstmals ausschließlich über die Straße abgewickelt worden. Die Fahrt vorwiegend über die Autobahn A4 von Sachsen nach Hessen verlief reibungslos. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen äußerte sich ausgesprochen zufrieden. Sie dementierte sogar anfängliche Berichte, nach denen es zwei Festnahmen gegeben haben soll. Von einigen Demonstranten seien lediglich die Personalien festgestellt worden.

Von einem störungsfreien Transport könne überhaupt nicht die Rede sein, hielt die Bürgerinitiative in Ahaus dagegen. Sie bezifferte die Zahl der Transportgegner, die sich entlang der Strecke an Protestaktionen beteiligt hätten, auf rund 1.000. Im Gegensatz zu Behauptungen der Polizei, der Verkehr sei nicht nennenswert beeinträchtigt worden, spricht die BI von Staus mit einer Gesamtlänge von etwa 120 Kilometern.

Die umfangreichen Absperrungen und Umleitungen waren allerdings schon zur Abfahrt in Sachsen spürbar, obschon sie nur etwa eine halbe Stunde andauerten. Die Anti-Atom-Bewegung hatte diesmal frühzeitige Erkenntnis über die genaue Transportstrecke. "Die zuständigen Innenministerien hatten den Bürgermeistern jener Kommunen, die an der Transportstrecke liegen, Hinweise auf den bevorstehenden Transport gegeben", erklärte Bettina Dannheim, Energiereferentin von Robin Wood. Diese seien dann oft weitergegeben worden. "Während wir auf der Nordroute - der Autobahn über Braunschweig - keinerlei Hinweise hatten, bekamen wir auf der Südroute jede Menge solcher Informationen", so Dannheim. Mehrere Anti-Atomkraft-Initiativen riefen gestern zu weiteren Protesten auf. Damit soll verhindert werden, dass die speziellen Stoßdämpfer für die in den nächsten beiden Wochen geplanten Transporte der übrigen 12 Castoren nach Dresden zurückgebracht werden.

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TAZ Kommentar 1.6.05.:

CASTOR-TRANSPORT: DIE ANTI-ATOM-BEWEGUNG KRISELT ZUR FALSCHEN ZEIT

Der Atomausstieg ist nicht sicher

Ohne nennenswerte Zwischenfälle ist der Castor-Transport aus Dresden gestern in Ahaus eingetroffen. Für die Anti-Atom-Bewegung ist das ein Desaster. "Atomkraft? Nein danke!" - keine nennenswerte Zwischenfälle bedeutet keine nennenswerten Bilder, mit denen die einst mächtige Bewegung ihre Botschaft transportieren könnte. Dass es keine nennenswerten Bilder gab, lag auch am Protest selbst. Und der war eben nicht nennenswert.

Dabei war dieser Transport ein ganz besonderer: Noch nie rollten Castoren derartig lang auf der Straße quer durch diese Republik. Selten gab es im Vorfeld derart präzise Hinweise auf den Transportweg. Selten war es deshalb derart einfach, sich auf das, was rollt, vorzubereiten.

Von dem einen Zwischenlager - juristisch als Transportbereitstellungshalle kategorisiert - zum anderen Zwischenlager, kaum ein Transport war seit dem Atomkonsens derart umstritten wie der von Rossendorf nach Ahaus. Und selten war eine energiepolitische Rolle rückwärts derart realistischer als jetzt. Dankenswerterweise nämlich hatte Angela Merkels "Atomkraft? Ja bitte!" zur rechten Zeit erklärt, was den Anti-Atominos bevorsteht: ein Verlust selbst jener Erfolge, die die Bewegung als realpolitisch zu klein kritisiert und sich deshalb nicht auf ihre Fahnen schreibt.

Dass die Anti-Bewegung im Recht ist, hatten am Wochenende Schlagzeilen über einem weiteren schweren Störfall in der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield bewiesen. Doch nicht einmal der Zusammenhang zwischen Störfall, Merkel und Castor-Alarm vermochte zu mobilisieren. Vielleicht stimmt ja, was Politikwissenschaftler behaupteten: Atomkraft und Umweltschutz sind Themen von gestern. Fakt ist: Das Gegenteil kann nur die Anti-Atom-Bewegung beweisen. Mag ja sein, dass die Protestveranstalter mit geschätzten 800 Demonstranten zufrieden sind. Mag ja sein, dass heute etliche, die sich früher quer stellten, lieber Windstrom erzeugen. Und es mag sein, dass sich die Biosprit-Fans wenig für AKWs interessieren. Wenn der Anti-AKW-Protest aber nicht machtvoll zu sagen vermag: Frau Merkel, so nicht!, wird es die Wende von der Energiewende geben.

NICK REIMER

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TAZ 31.5.05:

Nur mit Tempo sechzig in den Westen

Der längste Castor-Straßentransport rollt begleitet von Protest auf der Autobahn von Dresden nach Ahaus 600 Kilometer durch die Republik. Bei der Blockade vor dem Ahauser Brennelemente-Lager will auch die zukünftige Exministerin Höhn mitmachen

AUS DRESDEN UND BERLIN

M. BARTSCH UND N. REIMER

Kurz hinter Glauchau steuerte der Transport den Rastplatz an. Zur Freude aller: Erstmals nämlich war damit gestern die Autobahn A4 von Dresden Richtung Frankfurt/Main frei - wenn auch nur für kurze Zeit. Auf dem Parkplatz endete für Sachsens Polizisten dieser Einsatz. Bis 15 Uhr hatten zeitweise 80 Einsatzwagen die 6 Castoren umkreist. Ab hier musste sich die Thüringer Polizei mit dem längsten Castor-Straßentransport aller Zeiten rumplagen. Und natürlich die Autofahrer, die nicht überholen konnten. Tempo 60 Richtung Westen.

Der Transport war am Mittag in Rossendorf bei Dresden gestartet. Pfiffe, gereckte Fäuste - vergeblich hatten sich etwa 50 Castorgegner in letzter Minute in zwei Gruppen geteilt, um mögliche Ausfahrten aus dem Forschungszentrum Rossendorf zu blockieren. Die Polizei räumte kurz zuvor eine blockierte Ausfahrt, schirmte die Demonstranten ab. Schnell kam der Konvoi zur A4. Hier sperrte die Polizei mit mehreren tausend Beamten sämtlich Autobahnbrücken - damit der Transport nicht beworfen werden konnte; schirmten sämtlich Zufahrten ab - aus Angst vor möglichem Protest.

"Wir rechnen damit, dass der Transport erst morgen früh in Ahaus ankommen wird", sagte Robin-Wood-Aktivistin Bettina Dannheim. Bundesweit hatten 65 Bürgerinitiativen zu Protesten aufgerufen, einige von ihnen auch "aktiven Protest" angekündigt. Von den Blockaden rund um Rossendorf abgesehen war davon bis zum Redaktionsschluss aber nichts zu spüren. Und selbst bei den Sitzblockaden schien man sich "nur" einzusitzen: In den nächsten Tagen folgen zwei weitere Straßentransporte. "Wichtig ist die symbolische Präsenz", erklärte Andreas Schumann, Sprecher der Dresdner BI Castorstop. Die Brennstäbe aus dem stillgelegten DDR-Forschungsreaktor seien zwar nicht mit denen aus AKW zu vergleichen. Trotzdem sei der Transport unsinnig und "viel zu gefährlich".

Was die Polizei anders einschätzt: Allein in Sachsen sollen 1.500 Beamte den Transport bewacht haben. Gemessen am tatsächlichen Widerstand und selbst an der Zahl der Schaulustigen unverhältnismäßig - wie sogar ein junger Polizist mit schwäbischem Akzent anerkannte: "Wenn das der Bund der Steuerzahler erfährt …"

"Aktiven Protest" jedenfalls hat auch die BI Ahaus für den Abend angekündigt. "Wir rechnen mit 500 Demonstranten, die natürlich den Transport aufzuhalten gedenken", erklärte BI-Sprecher Felix Ruwe. "Aktiv" jedenfalls will sich am Protest auch die zukünftige Ex-Umweltministerin Nordrhein-Westfalens, Bärbel Höhn, beteiligen. Sie kündigte an, sich "an den Aktionen beteiligen" zu wollen. "Der Transport ist total überflüssig", so Höhn. Es wäre sinnvoller gewesen, die Brennstäbe in einem Zwischenlager in Sachsen unterzubringen. Was auch Birgit Homburger, umweltpolitische FDP-Sprecherin, zu gewisser Aktivität veranlasste: "Höhns Protest zeigt die Zerrissenheit der Grünen."

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Reuters: 1.6.05

Castor-Transport erreicht trotz Protesten Zwischenlager

Düsseldorf (Reuters) - Der Atommüll-Transport aus Rossendorf bei Dresden hat am frühen Dienstagmorgen trotz kleinerer Protestaktionen das 600 Kilometer entfernte Zwischenlager im nordrhein-westfälischen Ahaus erreicht.

Der LKW-Konvoi mit sechs Castor-Behältern erreichte kurz nach vier Uhr das Zwischenlager. "Bis auf kleinere Zwischenfälle ist alles sehr normal verlaufen", sagte ein Polizeisprecher. In Ahaus blockierten seinen Angaben zufolge rund 150 bis 200 Atomkraftgegner einige Minuten lang eine Kreuzung. Die Gruppe sei aber rasch von der Fahrbahn geführt und zum Teil getragen worden. Zwei Protestierer erhielten Strafanzeigen. Zuvor hatte sich bereits eine kleine Gruppe von zehn Castor-Gegnern an den Rand der Autobahn A31 gestellt. Ihnen gelang es, den Konvoi kurzzeitig zum Stehen zu bringen.

Der Transport war am Montag unter starkem Polizeischutz von dem früheren Kernforschungszentrum nahe Dresden nach Ahaus gestartet. Gesichert wurde er auf dem Weg durch mehrere Bundesländer von mehr als 1000 Polizisten. Zwei weitere Transporte sollen in den nächsten Tagen mit jeweils sechs weiteren Castor-Behältern folgen.

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Die Welt 1.6.05:

Castor erreicht Ahaus

Ohne größere Zwischenfälle ist der bisher längste Atommülltransport über Autostraßen im westfälischen Zwischenlager angekommen. Demonstranten warteten vergeblich auf den Transport

Ende einer Sitzblockade

Ahaus - Nach 16-stündiger Fahrt quer durch Deutschland ist der erste von drei Atommüll-Transporten aus dem sächsischen Rossendorf im 600 Kilometer entfernten Zwischenlager Ahaus in Westfalen angekommen. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot fuhren die sechs Lastwagen mit je einem Castor-Behälter am frühen Morgen durch das Tor des Brennelemente-Zwischenlagers.

Einige hundert Demonstranten, die mit der Blockade einer Kreuzung den Konvoi noch hatten stoppen wollen, liefen ins Leere: Der Transport nahm eine andere Route. Rund 100 zumeist junge Männer und Frauen waren auf der Straßenkreuzung der Aufforderung der Polizei zur freiwilligen Räumung nicht nachgekommen. Sie wurden zur Feststellung ihrer Personalien abgeführt oder weggetragen. Auch der Grünen- Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel verließ das Areal flankiert von Polizisten.

Weniger als 1.000 Protestler

Insgesamt hatten in Ahaus nach Angaben der Veranstalter bis zu 650 Menschen ihren Unmut über die Einlagerung von Atommüll kund getan, darunter auch Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne). Zuvor hatten in Dresden-Rossendorf bereits 50 Atomkraftgegner friedlich demonstriert. Auch entlang der 600 Kilometer langen Strecke über Erfurt, Eisenach, Kassel, Kamen und Bottrop hatte es mehrere kleinere Demonstrationen gegeben. Alle verliefen nach Angaben der Polizei weitgehend störungsfrei. Vor allem in Thüringen war es wegen Autobahnsperrungen zur Hauptverkehrszeit zu langen Staus gekommen.

Juristischer Streit um Atommüll

In zwei weiteren Transporten soll in den nächsten beiden Wochen der Rest der 951 abgebrannten Brennelemente aus dem 1991 stillgelegten Forschungsreaktor Rossendorf nach Ahaus gebracht werden. Um die Transporte hatte es im Vorfeld heftige politische und juristische Auseinandersetzungen gegeben. Nordrhein-Westfalen lehnte die mehrere Millionen Euro teuren Atommüll-Fuhren ab. Sie seien unsinnig, weil die Castoren in Sachsen genauso sicher gelagert werden könnten. Sachsen pochte dagegen auf eine Transport- und Einlagerungsgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter. WELT.de

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Kölner Stadtanzeiger 1.6.05:

Castor-Transport führte zu langen Autoschlangen

ERSTELLT 31.05.05, 07:06h

Ein starkes Polizeiaufgebot sicherte die Strecke. Die Zahl der Protestler blieb unter den Erwartungen.

Dresden / Ahaus - Begleitet von Protesten hat am Montag der umstrittene Castor-Transport aus Sachsen ins westfälische Zwischenlager Ahaus begonnen. Der erste der insgesamt drei geplanten Lkw-Transporte verließ am Mittag das Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden. Er hatte eine Strecke von rund 600 Kilometern vor sich und wurde für Mitternacht in Ahaus erwartet. Gegner der Atommüll-Transporte hatten für den Abend Proteste und Dauermahnwachen in Ahaus und vor dem Brennelemente-Zwischenlager angekündigt.

Vor dem Start am Mittag versuchten rund 50 Atomkraftgegner mit einer friedlichen Sitzblockade in Rossendorf, den Konvoi von sechs Lastwagen mit je einem Behälter Atommüll am Verlassen des Geländes zu hindern. Der Sprecher der Dresdner Initiative „Castor-Stopp" zeigte sich enttäuscht über die Zahl der Protestteilnehmer. Zugleich kündigte er Proteste bei den beiden noch ausstehenden Transporten an, die er in den nächsten zwei Wochen jeweils montags erwartet.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte einen sofortigen Stopp aller Transporte. Die Atomindustrie habe den Castor zum „rollenden Endlager" gemacht, erklärte der BUND-Landesvorsitzende Ron Hoffmann in Erfurt. Er kritisierte, im Fall einer Havarie hätten Anwohner das Risiko einer atomaren Verseuchung zu tragen, während die Industrie weiter sorglos strahlenden Atommüll produziere.

Der Atommülltransport verursachte auf der Autobahn 4 und den angrenzenden Bundesstraßen in Thüringen lange Staus. Nach Polizeiangaben kam es hinter dem Konvoi aus insgesamt 120 Fahrzeugen mit sechs Castor-Transportern am Nachmittag zu erheblichen Behinderungen. Auch die Autobahnzubringer seien zum Teil verstopft und auf den Bundesstraßen fließe der Verkehr nur noch zäh fließend. Der Transport passierte die knapp 170 Kilometer lange Strecke durch Thüringen in der Hauptverkehrszeit.

Sachsen will insgesamt 18 Castor-Behälter mit 951 verbrauchten Brennelementen aus Forschungsanlagen in das Zwischenlager Ahaus an der niederländischen Grenze bringen. Um den Transport hatte es langwierige Auseinandersetzungen gegeben. Wegen des großen und teuren Sicherheitsaufwands war das Land Nordrhein-Westfalen vor Gericht gezogen.

Im Vorfeld der Transporte hatte die evangelische Kirche im Münsterland die Demonstranten zu besonnenen Protesten aufgerufen. Die Kirche betrachte den Transport über die Straße mit Sorge und denke besonders an diejenigen Menschen, die Ängste damit verbänden, erklärte der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken, Joachim Anicker. (epd, dpa)

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Ostthüringische Zeitung 1.6.05:

Stop and go im Castor-Schlepptau

Chaos bleibt aber aus - Auch die Raststätten verleben normalen Tag   Stadtroda/Hermsdorf (OTZ/A.U.). Das befürchtete Verkehrschaos beim Castor-Transport blieb gestern Nachmittag in der Region aus. Lediglich auf der A 4 im Schlepp des Transportkonvois herrschte in den frühen Abendstunden zwischen Stadtroda und Schorba "stop and go" und auch auf der A9 in Richtung Nürnberg hielt sich zwischen Eisenberg und Hermsdorfer Kreuz noch eine beharrliche Schlange von drei bis sechs Kilometern.

Auf den Parallelstraßen der Autobahnen rollte der Verkehr nach Polizeiinformationen ruhig und normal. Selbst Hermsdorf blieb vom sonst üblichen Autobahn-Chaos der jüngsten Tage verschont.

Auch die Querstraßen zur Autobahn, welche in der Zeit des Transportes für gut eine dreiviertel Stunde von der Polizei abgeriegelt waren, konnten genügend Fahrzeuge aufnehmen. So auch zwischen Schlöben und Gernewitz, wo viele Fahrzeugführer wieder wendeten. Erhöhtes Verkehrsaufkommen war auch nicht auf der Landesstraße 1073 zwischen Bad Klosterlausnitz und Jena auszumachen.

Die Landesstraße 1077 zwischen Stadtroda und Jena war frei - dafür aber in Lobeda unterbrochen. So konnten die aufgestauten Fahrzeuge nach Aufhebung der Sperrung ohne weitere Hindernisse weiterfahren.

Auch auf der A4 rollte der Verkehr normal weiter. Während zunächst die Fahrbahn in Richtung Erfurt "dicht" gemacht wurde, konnten die Fahrzeuge die Gegenspur noch nutzen. Dann herrschte nach gut einer halben Stunde auch dort Ruhe. Einzig ein Rettungsfahrzeug erhielt die Erlaubnis, auf der Winterdienstwendestelle Gröben aufzufahren - und natürlich etliche Polizeifahrzeuge, die in Kolonnen kurzzeitig stoppten.

Nichts vom Chaos war auch an den beiden Teufelstal-Raststätten zu spüren. "Bei uns war heute ein ganz normaler Tag. Wir hatten nicht mehr Gäste wie an anderen Tagen", bestätigte Petra Daßler von der Südseite. Auch der Parkplatz war nicht unbedingt voller durch die Autobahnsperrung. "Im Sommer haben wir allerdings mehr Raststättengäste als im Winter."

Die gleiche Antwort gab´s von der Nordseite, wo der Konvoi aus Sachsen im Eiltempo vorbeizog. "Bei uns lief alles ohne Vorkommnisse. Es war ein normaler Tag und jetzt beginnt die Schicht der Brummis", so Mitarbeiter Uwe Schwarz.

30.05.2005   

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dpa/  Westline 1.6.05:

Castoren rollen ungehindert nach Ahaus / Proteste geplant / Atommüll-Transporte "Thema von gestern"

Die Polizei musste nur vereinzelt die Straßen räumen.

Ahaus (dpa) - Als "Tag X1" war der Beginn der Atommüll-Transporte vom sächsischen Rossendorf ins westfälische Zwischenlager Ahaus im Vorfeld gefürchtet. Für die mehreren tausend Polizisten ist am frühen Dienstagmorgen, kurz nach 4 Uhr, klar: Die Auseinandersetzung mit Anti-Atom-Demonstranten gleicht eher einer Übung.

Lediglich 100 Hartgesottene hatten bis zum Schluss in der nasskalten Nacht ausgeharrt und sich von den Einsatzkräften von einer blockierten Kreuzung tragen lassen. Vor dem Zwischenlager selbst musste die Polizei gar nur einen einzigen Aktivisten in die Schranken weisen.

Obwohl sich die Bürgerinitiativen mit der Resonanz auf ihre Protestaufrufe zufrieden zeigten: Beim bislang letzten Transport nach Ahaus im Jahr 1998 - dem so genannten "Tag" - hatte sich noch ein völlig anderes Bild geboten. Die Polizei sah sich mehr als 10.000 Demonstranten gegenüber. Ihnen war es damals wiederholt gelungen, den Schienentransport zu stoppen. Immer wieder kam es zu Festnahmen und Zusammenstößen von Ordnungshütern und Widerständlern.

Und diesmal? "Heute sind viel weniger Leute hier", sagt die Anti-Atomkraft-Aktivistin Margret Ullrich aus Dortmund bedauernd. Und eine Erklärung dafür hat sie auch: "Weil es uns zu gut geht. Das ist eine ganz traurige Geschichte." Immerhin bis zu 800 waren nach Schätzung von Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland in Ahaus, Bad Oeynhausen und Kamen gegen die Castoren auf die Straße gegangen. Hinzu kamen 50 Demonstranten am Ausgangspunkt des 600 Kilometer langen Transportes in Rossendorf sowie einige in Thüringen. Dass es bei den folgenden beiden Transporten - vermutlich im Wochentakt jeweils montags - mehr werden, glauben nur Optimisten unter den Castorgegnern.

Demonstrativ stellte sich Nordrhein-Westfalens noch amtierende Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) im strömenden Regen an die Spitze der Proteste. "Letzten Endes müssen wir für den Atommüll gerade stehen", sagte die Ministerin. Erneut brandmarkte sie die Transporte als überflüssig: "Das macht überhaupt keinen Sinn." Zufrieden äußerte sich Höhn darüber, dass nur drei statt wie geplant 18 Transporte nach Ahaus rollen. Trotzdem sei die Existenz des Zwischenlagers angesichts der ungelösten Endlagerung "schon beunruhigend". Trotz des Wahldebakels der rot-grünen NRW- Landesregierung fühlte sich die Ministerin von den Atomkraftgegnern "mit offenen Armen aufgenommen".

Doch es gab auch deutliche Unmutsäußerungen von den Demonstranten. "Es ist eine Schande", zürnt die Dortmunderin Ullrich, die seit 25 Jahren an Demonstrationen gegen Kernkraft teilnimmt. "Das ist reiner Wahlkampf hier", sagt die 68-Jährige und fordert dazu auf, Höhn nicht zu Wort kommen zu lassen. Die Zahl der Transporte sei völlig gleichgültig, Gefahr bestehe immer. "Es ist, als wäre ich Fahrrad gefahren und dabei fünf Mal gefallen. Ich könnte aber auch acht Mal fallen." Ins Gesicht der Ministerin sagt die erregte Demonstrantin, dass sie sich über die rot-grüne Wahlniederlage freue.

Den Castor-Transporten ging ein monatelanges Kräftemessen zwischen der rot-grünen Landesregierung Nordrhein-Westfalens und dem Freistaat Sachsen voraus. Alle politischen und juristischen Register ziehend, versuchte Innenminister Fritz Behrens (SPD), die Transporte zu verhindern oder zumindest zu begrenzen. Doch vergebens: Sachsen beharrte auf der Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz für die 951 abgebrannten Brennelemente. Die Aussicht, das strahlende Überbleibsel der DDR-Kernforschung nach Jahrzehnten loswerden zu können, war zu verlockend, um nochmals darüber zu verhandeln.

Castor-Transporte: Atomkraftgegner planen weitere Proteste

Ahaus (dpa) - Nach der Ankunft des Castor-Transports aus dem sächsischen Rossendorf im westfälischen Zwischenlager Ahaus planen die Atomkraftgegner weitere Proteste. Am Dienstag gegen 17 Uhr starte eine Protestaktion in Ahaus, um die Rückfahrt der sechs Lastwagen zu behindern, sagte Matthias Eickhoff vom "Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen". Begleitet von großem Polizeiaufgebot war am Dienstagmorgen der erste von drei Atommüll-Transporten nach 16 Stunden Fahrt in Westfalen angekommen.

Wissenschaftler: Atomkraft und Umweltschutz "Themen von gestern"

Münster (dpa) - Nur im Falle des Neubaus von Atomkraftwerken oder bei spektakulären Unglücksfällen wird die Anti-Atomkraft- Bewegung nach Expertenmeinung wieder mehr Beachtung finden. "Bürgerbewegungen sind immer gebunden an spektakuläre Ereignisse", sagte der Politikwissenschaftler Prof. Dietrich Thränhardt am Dienstag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Münster. Der von der rot-grünen Bundesregierung geplante Atomausstieg habe eine "Deeskalation" bewirkt.

Selbst die Ankündigungen von CDU-Chefin Angela Merkel für längere Laufzeiten von Kernkraftwerken hätten keine großen Proteste hervorgerufen, sagte Thränhardt weiter. "Die Aussage von Angela Merkel hat sehr wenig Interesse gefunden." Atomkraft und Umweltschutz seien derzeit "Themen von gestern".

"Ich denke, es gibt kein so großes Interesse, weil die Überreste der ehemaligen DDR-Forschungsanlage nicht als Gefahr empfunden werden, sondern als bürokratische Abwicklung", erklärte Thränhardt.

International sei eine Rückkehr zu einer positiven Diskussion über Atomkraftwerke zu beobachten. Sie würden als das "geringere Übel" angesehen, sagte der Wissenschaftler.

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spiegel 31.05.2005

Endstation Ahaus

DDR-Atommüll ist am Ziel

 © Federico Gambarini/DPA

Allen Protesten zum Trotz: Nach 16-stündiger Fahrt kamen die Castor-Behälter doch noch in Ahaus an

Bis zuletzt haben die Gegner der Castor-Transporte versucht die Atommüll-Verlagerung vom sächsischen Rossendorf ins westfälische Ahaus zu verhindern. Allerdings blieb es bei dem Versuch - trotz prominenter Unterstützung.

Nach 16-stündiger Fahrt quer durch Deutschland ist der erste von drei Atommüll-Transporten aus dem sächsischen Rossendorf im 600 Kilometer entfernten Ahaus in Westfalen angekommen. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot fuhren die sechs Lastwagen mit je einem Castor-Behälter am frühen Dienstagmorgen durch das Tor des Brennelemente-Zwischenlagers. Wie angekündigt, hatten einige hundert Demonstranten mit der Blockade einer Kreuzung den Konvoi noch stoppen wollen. Doch die Aktion lief ins Leere: Der Transport hatte im letzten Moment eine andere Route genommen.

Castor: Transport mit Tücken

Um die Transporte hatte es im Vorfeld heftige politische und juristische Auseinandersetzungen gegeben. Sachsen pochte auf eine Transport- und Einlagerungsgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter. Nordrhein-Westfalen lehnte die mehrere Millionen Euro teuren Atommüll-Fuhren vor allem aus Kostengründen ab. Zudem seien sie ohnehin unsinnig, weil die Castoren in Sachsen genauso sicher gelagert werden könnten.

Entsprechend hartnäckig blieben auch die Demonstranten in Ahaus. Mehrere hundert Menschen hielten fast die ganze Nacht hindurch eine Kreuzung auf dem Weg ins Zwischenlager besetzt. Ein Demonstrant hatte sich dem Konvoi aus insgesamt 120 Fahrzeugen sogar direkt in den Weg gestellt. Die meisten Protestteilnehmer wurden zur Feststellung ihrer Personalien abgeführt oder weggetragen. Mit dabei war auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel. Er verließ das Areal flankiert von Polizisten.

Höhn demonstrierte mit

Insgesamt hatten in Ahaus nach Angaben der Veranstalter bis zu 650 Menschen ihren Unmut über die Einlagerung von Atommüll kundgetan, darunter auch Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn. Die Grünen-Politikerin hatte die Castor-Transporte schon im Vorfeld als "absolut unsinnig" bezeichnet. Nach Ansicht Höhns mache es überhaupt keinen Sinn, Atomtransporte quer durch die Republik zu fahren. "Ein besserer Weg wäre gewesen, die Behälter in Sachsen einzulagern", argumentierte die Ministerin.

Die Proteste gegen den lang und heftig umstrittenen Transport hatten schon in Dresden-Rossendorf begonne. 50 Atomkraftgegner demonstrierten friedlich gegen die Verlagerung des Atommülls. Auch entlang der 600 Kilometer langen Strecke über Erfurt, Eisenach, Kassel, Kamen und Bottrop hatte es mehrere kleinere Demonstrationen gegeben. Alle verliefen nach Angaben der Polizei jedoch weitgehend störungsfrei. In Thüringen war es wegen Autobahnsperrungen zur Hauptverkehrszeit lediglich zu langen Staus gekommen.

In zwei weiteren Transporten soll in den nächsten beiden Wochen der Rest der 951 abgebrannten Brennelemente aus dem 1991 stillgelegten Forschungsreaktor Rossendorf nach Ahaus gebracht werden.

 

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taz 01.06.2005

CASTOR-TRANSPORT: DIE ANTI-ATOM-BEWEGUNG KRISELT ZUR FALSCHEN ZEIT

Der Atomausstieg ist nicht sicher

Ohne nennenswerte Zwischenfälle ist der Castor-Transport aus Dresden gestern in Ahaus eingetroffen. Für die Anti-Atom-Bewegung ist das ein Desaster. "Atomkraft? Nein danke!" - keine nennenswerte Zwischenfälle bedeutet keine nennenswerten Bilder, mit denen die einst mächtige Bewegung ihre Botschaft transportieren könnte. Dass es keine nennenswerten Bilder gab, lag auch am Protest selbst. Und der war eben nicht nennenswert.

Dabei war dieser Transport ein ganz besonderer: Noch nie rollten Castoren derartig lang auf der Straße quer durch diese Republik. Selten gab es im Vorfeld derart präzise Hinweise auf den Transportweg. Selten war es deshalb derart einfach, sich auf das, was rollt, vorzubereiten.

Von dem einen Zwischenlager - juristisch als Transportbereitstellungshalle kategorisiert - zum anderen Zwischenlager, kaum ein Transport war seit dem Atomkonsens derart umstritten wie der von Rossendorf nach Ahaus. Und selten war eine energiepolitische Rolle rückwärts derart realistischer als jetzt. Dankenswerterweise nämlich hatte Angela Merkels "Atomkraft? Ja bitte!" zur rechten Zeit erklärt, was den Anti-Atominos bevorsteht: ein Verlust selbst jener Erfolge, die die Bewegung als realpolitisch zu klein kritisiert und sich deshalb nicht auf ihre Fahnen schreibt.

Dass die Anti-Bewegung im Recht ist, hatten am Wochenende Schlagzeilen über einem weiteren schweren Störfall in der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield bewiesen. Doch nicht einmal der Zusammenhang zwischen Störfall, Merkel und Castor-Alarm vermochte zu mobilisieren. Vielleicht stimmt ja, was Politikwissenschaftler behaupteten: Atomkraft und Umweltschutz sind Themen von gestern. Fakt ist: Das Gegenteil kann nur die Anti-Atom-Bewegung beweisen. Mag ja sein, dass die Protestveranstalter mit geschätzten 800 Demonstranten zufrieden sind. Mag ja sein, dass heute etliche, die sich früher quer stellten, lieber Windstrom erzeugen. Und es mag sein, dass sich die Biosprit-Fans wenig für AKWs interessieren. Wenn der Anti-AKW-Protest aber nicht machtvoll zu sagen vermag: Frau Merkel, so nicht!, wird es die Wende von der Energiewende geben.

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taz 01.ß6.2005

Castor pünktlicher als viele Autofahrer

Polizei rühmt trotz Verkehrsstaus den reibungslosen Straßentransport von Dresden nach Ahaus. Dem widerspricht der Anti-Atom-Protest: Es habe Staus von 120 Kilometern Länge gegeben. An dem Erfolg des Transports ändert das aber gar nichts

AUS DRESDEN, BERLIN, AHAUS

M. BARTSCH, N. REIMER,

A. WYPUTTA

Gegenüber dem Zeitplan gab es nur knapp eine Stunde Verspätung. Gestern Früh um vier Uhr traf nach rund 600 Straßenkilometern die Castoren vom sächsischen Rossendorf im westfälischen Zwischenlager Ahaus ein. Nennenswerte Zwischenfälle gab es nicht. Ähnlich wie schon in Rossendorf gelang es der Polizei, durch ein Täuschungsmanöver eine Blockade am Zielort zu umgehen.

Etwa 650 Demonstranten waren vom Ahauser Bahnhof am Montagabend bei strömendem Regen durch die Innenstadt gezogen. Seit Mitternacht hatten dann etwa 150 Demonstranten, nach Polizeiangaben etwa 100 Menschen auf einer Kreuzung zu einer Sitzblockade ausgeharrt. Diese war der Konvoi umgangen - und war durch den Ort Heek gerollt. Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" kritisierte, dass dies ohne vorherige Information der Bevölkerung geschehen sei. BI-Sprecher Matthias Eickoff: "Wir bezweifeln, dass diese nicht genehmigte Durchfahrt legal gewesen ist."

Der mehrere hundert Meter lange Konvoi mit den ersten sechs von insgesamt 18 Behältern des Typs MTR-2 war erstmals ausschließlich über die Straße abgewickelt worden. Die Fahrt vorwiegend über die Autobahn A4 von Sachsen nach Hessen verlief reibungslos. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen äußerte sich ausgesprochen zufrieden. Sie dementierte sogar anfängliche Berichte, nach denen es zwei Festnahmen gegeben haben soll. Von einigen Demonstranten seien lediglich die Personalien festgestellt worden.

Von einem störungsfreien Transport könne überhaupt nicht die Rede sein, hielt die Bürgerinitiative in Ahaus dagegen. Sie bezifferte die Zahl der Transportgegner, die sich entlang der Strecke an Protestaktionen beteiligt hätten, auf rund 1.000. Im Gegensatz zu Behauptungen der Polizei, der Verkehr sei nicht nennenswert beeinträchtigt worden, spricht die BI von Staus mit einer Gesamtlänge von etwa 120 Kilometern.

Die umfangreichen Absperrungen und Umleitungen waren allerdings schon zur Abfahrt in Sachsen spürbar, obschon sie nur etwa eine halbe Stunde andauerten. Die Anti-Atom-Bewegung hatte diesmal frühzeitige Erkenntnis über die genaue Transportstrecke. "Die zuständigen Innenministerien hatten den Bürgermeistern jener Kommunen, die an der Transportstrecke liegen, Hinweise auf den bevorstehenden Transport gegeben", erklärte Bettina Dannheim, Energiereferentin von Robin Wood. Diese seien dann oft weitergegeben worden. "Während wir auf der Nordroute - der Autobahn über Braunschweig - keinerlei Hinweise hatten, bekamen wir auf der Südroute jede Menge solcher Informationen", so Dannheim. Mehrere Anti-Atomkraft-Initiativen riefen gestern zu weiteren Protesten auf. Damit soll verhindert werden, dass die speziellen Stoßdämpfer für die in den nächsten beiden Wochen geplanten Transporte der übrigen 12 Castoren nach Dresden zurückgebracht werden.

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taz 01.06.2005

Die Einsamkeit der Ex-Ministerin

Nordrhein-Westfalens grüne Noch-Umweltministerin Bärbel Höhn demonstriert gegen die Castoren - und bleibt doch in der Rolle der Politikerin isoliert

AUS AHAUS und HEEK

ANDREAS WYPUTTA

Verloren steht Bärbel Höhn vor dem Ahauser Bahnhof auf der Straße. Pünktlich um sechs Uhr ist Nordrhein-Westfalens noch amtierende grüne Umweltministerin am Montagabend zur Demonstration gegen die bereits aus dem sächsischen Forschungsreaktor Rossendorf anrollenden Castor-Transporte erschienen - und bleibt doch allein. Unauffällig rücken die Menschen von der grünen Ikone ab. "Ich hab' Höhn diesmal nicht gewählt, und ich werde sie nie wieder wählen", sagt eine Demonstrantin.

Hier im Münsterland, wo wieder kiloweise kernwaffenfähiges Uran 235 und hochgiftiges Plutonium ins Zwischenlager Ahaus rollen, wo die Urananreicherungsanlage im benachbarten Gronau massiv ausgebaut wird, sitzt die Wut auf die Grünen tief. Ein paar Meter weiter bekommt Höhn den Frust ab. "Ihnen geht es doch nur darum, ins Fernsehen zu kommen", wirft Mechthild Jescher der Umweltministerin vor. "Jetzt, wo Sie die Wahl verloren haben, sind Sie wieder hier", sagt der Techniker Thomas Lamers.

Höhn bleibt zunächst ruhig, lobt den rot-grünen Atomkonsens: Nur der habe dafür gesorgt, dass sieben Jahre keine Castoren nach Ahaus gerollt sind - schließlich seien an den noch immer laufenden Atommeilern dezentrale Zwischenlager errichtet worden. "Mehr war nicht durchsetzbar", assistiert Rüdiger Sagel, atompolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, seiner Ministerin. Wer die Grünen kritisiere, spalte nur die Anti-Atom-Bewegung. "Warum sind denn nur 500 Leute hier und nicht 10.000 wie vor sieben Jahren", fragt Höhn. "Eine Unverschämtheit", keilt die 48-jährige Lehrerin Jescher zurück. Höhn verliert endgültig die Fassung, spricht von einer "Mentalität wie bei der chinesischen KP", die "auf Umerziehungslager" setze - und läuft auf der Ahauser Bahnhofstraße der Anti-Atom-Demo hinterher.

Zwei Stunden später, die Ministerin ist in ihrem schwarzen Dienst-Audi abgerauscht, die Emotionen schlagen weniger hoch. "Das Höhn hier war, da zieh' ich meinen Hut vor", meint der Ahauser Herbert Wenning. Die rund 650 Demonstranten sind quer durch Ahaus gezogen, blockieren die am Stadtrand liegende Kreuzung Schumacherring/Schöppinger Straße. "Wir bleiben hier", meint Matthias Eickhoff von der Gruppe Widerstand gegen Atomanlagen aus Münster. Wie Felix Ruwe von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" ist er sicher, dass die sechs LKW mit den Castoren hier durchkommen müssen: Die einzig mögliche dritte Route führt mitten durch das Zentrum des Nachbarorts Heek - viel zu auffällig für die Betreiber des Zwischenlagers Ahaus, die ihre strahlende und giftige Fracht am liebsten mitten in der Nacht in Empfang nehmen.

Die tote Zeit des Wartens beginnt. Frühestens in sieben Stunden dürfte der Transport in Ahaus sein, schätzen die Atomkraftgegner. Die Ahauser mit ihren schnieken Häusern, ihren akkurat gepflegten Vorgärten erweisen sich als Demo-Vollprofis. Nur Minuten später liegen Folien und Strohballen auf der Straße. Niemand muss auf dem nassen Asphalt blockieren. Aus den Lautsprechern dröhnen die Pogues, später spielt Klaus, der Geiger, am offenen Feuer Widerstandslieder. Im Küchenzelt mit Stromanschluss gibt es die ganze Nacht heißen Tee und Kaffee, nach Mitternacht wird Suppe und Lachs serviert.

Warum nicht mehr Menschen aus dem Münsterland gegen den Atommüll protestieren? Der Atomkraftgegner Florian Kollmann erzählt von der Realschule, "wo wir am Vormittag fast mit Gewalt vom Hof geworfen wurden" - hier habe der Betreiber des Zwischenlagers den neuen Informatikraum bezahlt. "Wie damals die Schwimmhalle", sagt Willi Heesters von der Wettringer Bürgerinitiative gegen Atomenergie. Michael Ziegler, Sprecher des Zwischenlagers und nebenbei im Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt, habe sogar den atomkritischen Pfarrer Jürgen Quante beim Bischof angeschwärzt - weil er Laien predigen ließ, erzählt ein Mann in den Sechzigern. "Aber dann gab es einen Solidaritätsgottesdienst, da sind über 1.000 Leute gekommen."

Die Zeit schleicht. Gegen Kälte, Regen und Müdigkeit helfen auch Tee und Kaffee kaum noch. Die Initiativen-Sprecher Ruwe und Eickhoff versorgen die Demonstranten mit immer neuen Wasserstandsmeldungen: Der Castor-LKW auf der Autobahn 44 vor Soest, am Kamener Kreuz, vor Bottrop auf der A2, kurz vor Ahaus. Die Polizei, seit Beginn mit mehreren Hundertschaften aus Köln, Bonn, Essen, Duisburg und dem Kreis Borken präsent, rückt noch näher.

Um 2.59 Uhr fordert ein Polizeilautsprecher die Räumung der Straße. Um 3.05 Uhr werden die Atomkraftgegner eingekesselt. "Hier kommt keiner mehr rein, keiner mehr raus", tönt ein unter zu viel Adrenalin stehender Polizist und rempelt herum. "Sie sind räumlich beschränkt worden", tönt der Lautsprecher - und klingt wie ein überfreundlicher Anrufbeantworter.

Danach werden die Blockierer aus dem Kessel getragen und "erkennungsdienstlich behandelt". Auch der grüne Landtagsabgeordnete Sagel sitzt noch im Kessel, lässt sich herausführen. Initiativen-Sprecher Eickhoff aber wird nervös: Die Räumung dauert auffällig lange - dabei ist der Castor-Transport nur noch wenige Kilometer entfernt. Mit wenigen nicht im Kessel eingeschlossenen hastet Eickhoff zum drei Kilometer entfernten Zwischenlager, wo nur etwa 30 Demonstranten die Castoren erwarten.

Die Straße ist taghell erleuchtet, aus wenigen hundert Metern ist der Atommüll-Konvoi zu sehen: Sechs Atommüllbehälter rauschen durchs Tor, begleitet von Wasserwerfern und dutzenden Polizeiwagen. Ohne Vorwarnung, ohne Information der schlafenden Bevölkerung sind kiloweise kernwaffenfähiges Uran 235 und Plutonium mitten durch den Ortskern von Heek gerollt. "Das war eine spontane Entscheidung der Führung", sagt Polizeisprecher Karsten Woltering. Ob die Ortsdurchfahrt legal war, weiß er nicht. Seine Kollegen räumen die letzten Blockierer ab, ziehen Demonstranten an den Haaren brutal in ihre VW-Busse. "Wir brauchen einfach mehr Leute auf der Straße", sagt Atomkraftgegner Heesters. "Wir sind friedlich, was seid ihr", skandieren die Demonstranten.

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