Interview mit Bundesumweltminister Trittin

Westfälische Nachrichten (Mantel) Samstag, 06. März 2004 

Ich halte mich nur an Recht und Gesetz

Ahaus/Berlin. Spätestens in einigen Wochen dürfte es so weit sein. Dann rollen 18 Castor-Transporte quer durch die Bundesrepublik nach Ahaus. Grund ist die Verlagerung von Atommüll aus dem Forschungsreaktor Rossendorf nach Ahaus. Dies geht auf einen Vertrag zwischen den Betreibern in Ahaus und Rossendorf zurück, sagt Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Dabei habe er keine Möglichkeiten, den Transport zu untersagen. Mit Trittin sprach unser Redaktionsmitglied Frank Polke.

Frage: Herr Minister, wann kommen die Castor-Transporte von Dresden nach Ahaus?

Trittin: Das ist nicht meine Entscheidung. Wenn die Voraussetzungen sowohl für die Einlagerung in Ahaus als auch für den Transport vorliegen, hat das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz keinen Ermessensspielraum mehr und muss genehmigen

Frage: Können Sie einen Zeitpunkt nennen?

Trittin: Nein. Ich plane den Transport ja nicht, sondern der Betreiber. Er entscheidet, wann er von der Genehmigung Gebrauch macht.

Frage: Warum kommen Reste von Forschungsreaktoren aus Sachsen ausgerechnet nach Westfalen?

Trittin: Weil die Betreiber in Rossendorf und des Zwischenlagers in Ahaus 1995 einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben. Im Atomkonsens sind die Betreiber von Forschungsreaktoren ausdrücklich von der Pflicht ausgenommen worden, standortnahe Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente zu errichten und zwar nicht auf Wunsch der Grünen. Trotzdem haben wir durch den Atomkonsens und den faktischen Stopp innerdeutscher Transporte der Stadt Ahaus die Einlagerung von 1000 Castor-Behältern erspart. Niemand kann aber die Betreiber in Sachsen verpflichten, ein Zwischenlager zu beantragen. Sie haben einen Rechtsanspruch auf den Abtransport nach Ahaus, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Die dauerhafte Transportbereitstellung in Rossendorf kommt einer illegalen Atommüll-Lagerung gleich. Diesen rechtswidrigen Zustand müssen wir beenden.

Frage: Hat jetzt also die SPD wieder einmal Schuld, wenn es für die Grünen unbequem wird?

Trittin: Das hat nichts mit Schuldverteilung zu tun. Ich bin als oberster Atomaufseher dieser Republik nur gehalten, mich an Recht und Gesetz zu halten. Und wenn der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens erklärt, dass er die Transporte nach Ahaus professionell schützen kann, dann ist einer der wichtigsten Voraussetzungen für den Transport erfüllt. Da gibt es keinen Ermessenspielraum.

Frage: Bekommt jetzt also NRW den schwarzen Peter zugeschoben, nur weil das Innenministerium seiner Pflicht nachkommt.

Trittin: Jeder tut seine Pflicht. Auch der Umweltminister ist an Recht und Gesetz gebunden.

Frage: Haben Sie Verständnis für Proteste im Münsterland, die auch von Teilen ihrer Parteifreunde aus Nordrhein-Westfalen geteilt werden?

Trittin: Wer ist schon begeistert von Atomtransporten. Wichtig ist: Ich habe die Grünen in NRW und Bärbel Höhn früh eingebunden. Wir sind zu der gemeinsamen Einschätzung gekommen, dass diese Transporte der Abwicklung der Atomenergie und nicht dem Weiterbetrieb von Reaktoren dienen. Bisher habe ich von ihr keinen Hinweis erhalten, dass diese Einschätzung und unsere Rechtsauffassung überholt sind.

zurück