Wie die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) im Herbst bekannt gegeben hat, wird sich die Inbetriebnahme eines Endlagers für hochradioaktiven Atommüll mindestens bis Ende der 40er, wahrscheinlich eher bis Ende der 60er Jahre hinziehen. Die Einlagerung des in Deutschland angefallenen Mülls wird sich dann bis in das kommende Jahrhundert hinziehen.
Die Bürgerinitiative kritisiert diese zeitliche Verschiebung nicht grundsätzlich: Angesichts der Sensibilität des zu lösenden Problems, der sicheren Abschirmung des gefährlichen Materials bis zu 1 Million Jahren, muss Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen. Jedoch stellt sich damit die Frage nach dem Verbleib des Atommülls bis dahin: Die bestehenden Zwischenlager sind für 40 Jahre konzipiert und genehmigt, diese Frist endet in Ahaus im Jahr 2036. Bis zur Verbringung des dort lagernden Atommülls in ein Endlager sind wenigstens weitere 60 – 80 Jahre zu überbrücken. Die BGZ spricht in dem Zusammenhang von einer „Verlängerten Zwischenlagerung“ in den bestehenden Anlagen, die sie mit einem Forschungsprogramm begleiten will. Dies greift unserer Meinung nach zu kurz. Für die absehbar notwendige Langzeitlagerung des Atommülls muss viel grundsätzlicher über neue Konzepte nachgedacht werden. Denkbar wäre etwa eine oberflächennahe unterirdische Lagerung in gebunkerten Gebäuden, worüber auch im internationalen Rahmen nachgedacht wird. Auch die Internationale Atom-Agentur (IAEA) spricht bei einer Lagerdauer von 50 – 100 Jahren nicht mehr von Zwischenlagerung („Interim storage“), sondern von Langzeitlagerung (Long term storage“). Die Arbeit an solchen Konzepten, bei denen die Langzeitsicherheit von Atommüll- Behältern wie auch Gebäuden berücksichtigt werden müssen, muss ohne Zeitverzögerung beginnen! Die BI Ahaus hat dies in einem Schreiben gemeinsam mit der BI Lüchow-Dannenberg an die BGZ deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Atommüll- Konferenz der Bürgerinitiativen wird sich im Februar mit diesem Thema beschäftigen.

Drohende Atommüll-Transporte aus Jülich und Garching nach Ahaus: BI fordert Verbleib an den Standorten unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips

Nach wie vor planen die Betreiber des ehemaligen Versuchsreaktors AVR Jülich und des Forschungsreaktors FRM II in Garching bei München, ihre ausgedienten Brennelemente nach Ahaus zu verbringen. Bei aller Unterschiedlichkeit der beiden Reaktortypen haben sie eine Gemeinsamkeit: Der dort anfallende Atommüll ist in dem bestehenden Zustand nicht endlagerfähig, sondern bedarf einer komplizierten Konditionierung. Die Verfahren dafür müssen erst noch entwickelt werden. Verantwortlich dafür sind rechtlich, wie auch aus moralischen Gründen ausschließlich die Betreiber der jeweiligen Reaktoren. Die Verbringung der Brennelemente nach Ahaus ist daher nicht sinnvoll – es sei denn, die Betreiber versuchen sich damit aus ihrer Verantwortung zu stehlen. Für diese Annahme spricht im Fall Garching die bekannte Haltung der bayrischen Landesregierung, Atomreaktoren zwar zu nutzen, aber mit der Entsorgung des dabei entstehenden Mülls möglichst nichts zu tun zu haben. Im Fall Jülich wird sie durch das verantwortungslose Taktieren des dortigen Forschungszentrums (FZJ) deutlich: bereits 2011 erklärte der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Huthmacher das Ziel, den Standort „brennstofffrei“ zu bekommen, um das Image eines modernen Forschungsstandortes nicht zu beeinträchtigen. Und seit 2014, als die weitere Lagerung im dort bestehenden Lager aus seismologischen Gründen für unzulässig erklärt wurde, versuchen sich FZJ und JEN um die Ausweisung eines neuen Grundstückes für einen erdbebensicheren Neubau mit allerlei taktischen Spielchen herumzudrücken. Leider werden sie dabei auch von der amtierenden Bunderegierung unterstützt: Nach einem von den Ampelparteien erarbeiteten Beschlussvorschlag des Haushaltsausschusses sollen die Jülicher Brennelemente „aus Kostengründen“ nach Ahaus verbracht und die Option der Lagerung am Standort Jülich spätestens 2024 aufgegeben werden! Diese Haltung ist extrem kurzsichtig, weil sie nicht berücksichtigt, dass damit in Zukunft weitere Transporte notwendig würden, möglicherweise auch zurück zum Verursacher. Wie uns die für Energiefragen zuständige Ministerin des Landes NRW, Mona Neubauer, jetzt mitgeteilt hat, werden die für den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich selbst notwendigen Ausgaben in den Landehaushaltsentwurf für 2023 aufgenommen. Diesen Schritt begrüßen wir ausdrücklich, er reicht jedoch nicht aus: Auch die Bundesregierung muss ihre Haltung ändern und Druck auf die Betreiber in Jülich ausüben. Darin sind wir uns mit den Anti-Atom-Initiativen im Raum Jülich einig. Wir werden dies in Gesprächen mit den zuständigen Ministerien und im März auf einer Landeskonferenz der Anti-Atom-Initiativen in Jülich erneut verdeutlichen.

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