15. Juni 2001

Rücktransport von Wiederaufarbeitungsabfällen

Bundesamt für Strahlenschutz gestattet weiteren Transport

 

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat heute einen weiteren Rück-transport von deutschem Atommüll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Zwischenlager nach Gorleben genehmigt. Die Genehmigung umfasst die Beförderung von sechs Castor-Behältern mit verglasten hochradioaktiven Abfällen, sog. HAW-Glaskokillen.

Die positive Entscheidung über den Antrag der Nuclear Cargo + Service GmbH (NCS) vom 30.03.2001 war möglich geworden, nachdem die Erfül-lung der im Atomgesetz geforderten Voraussetzungen nachgewiesen worden ist. Insbesondere hat der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling im Namen der Bundesländer erklärt, dass aus polizeilicher Sicht der Transport noch in diesem Jahr durchgeführt werden könne. Nieder-sachsen hat den Vorsitz in der "Kommission Sicherung und Schutz kern-technischer Einrichtungen" (KoSiKern), die entsprechende Stellungnah-men zum polizeilichen Schutz von Castor-Transporten gegenüber dem BfS abgibt.

Die Genehmigung ist vom BfS bis zum 31.10.2001 befristet, da zu die-sem Zeitpunkt die notwendige verkehrsrechtliche Zulassung des für den Transport vorgesehenen Behälters abläuft. Eine kürzlich beantragte Ver-längerung der Zulassung über den 31.10.2001 hinaus würde ein Prüf-zeugnis der dafür zuständigen Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) voraussetzen. Die BAM benötigt nach eigenen Aussagen dafür etwa zwei Monate, falls der Antragsteller seine Unterlagen rechtzeitig und vollständig vorlegt.

Einer Forderung der KoSiKern entsprechend muss die NCS den Streckenkorridor und das für die Beförderung vorgesehene Zeitfenster dem niedersächsischen Innenministerium 4 Monate vor dem Beginn des Transportes mitteilen. Die endgültige Festlegung des Beförderungster-mins und der Streckenführung ist in Absprache mit den Innenministerien der betroffenen Länder und des Bundes zu treffen.

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Berlin (rpo) 13.06.2001.

Deutschland steigt aus der Atomkraft aus.

Die Bundesregierung und Energieversorger unterzeichneten am Montagabend in Berlin den vor einem Jahr ausgehandelten Atomkonsensvertrag. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach vom erfolgreichen Abschluss eines zentralen Reformprojekts der Bundesregierung. Die Stromunternehmen erklärten, bei dem Kompromiss seien sie an die Grenze des Vertretbaren gegangen.

Bundesregierung und Atomstromwirtschaft haben am Montagabend den Ausstieg aus der Kernkraft besiegelt. Sie unterzeichneten das Abkommen "über die geordnete Beendigung der Kernenergie", das bei Betreibern und Opposition nach wie vor auf erhebliche Bedenken stößt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, mit der Unterzeichnung schließe die Bundesregierung "ein weiteres zentrales Reformprojekt ab". Zugleich schaffe sie Perspektiven für eine wettbewerbsfähige und klimaverträgliche Energieversorgung. Schröder kündigte an, dass er auch in anderen Bereichen den "Weg der Kooperation und des Konsenses" mit der Wirtschaft fortsetzen werde.

In dem Abkommen sei "ein klares Ende" der Nutzung der Kernenergie sowie für die Wiederaufarbeitung festgelegt worden. Zudem "bekommen wir eine gerechtere Lastenverteilung bei der Entsorgung. Durch die Zwischenlager an den Kernkraftwerken wird die Zahl der Transporte erheblich reduziert." Vor allem die Zwischenlager in Ahaus und Gorleben profitierten davon.

Aus Sicht des größten deutschen Stromkonzerns, der RWE AG in Essen, ist die Vereinbarung ein "tragfähiger Kompromiss". Die Vereinbarung zeige deutlich, "dass wir in Deutschland in der Lage sind, kontrovers diskutierte Probleme zu lösen", betonte RWE- Vorstandschef Dietmar Kuhnt am Abend in Essen.

Der Vorstandssprecher des Energieversorgers E.ON, Ulrich Hartmann, sagte, die Unterzeichnung der Vereinbarung sei "kein Grund zum Jubel". Die Stromwirtschaft müsse "das Ausstiegsziel der Bundesregierung akzeptieren", aber sie stimme ihm nicht zu, weil sie es wegen der Endlichkeit der Energieressourcen und der CO2- Problematik für "falsch" halte.

Vor der Unterzeichnung hatten sowohl die Kraftwerksbetreiber als auch die CDU/CSU-Opposition bekräftigt, dass der so genannte Atomkonsens nicht unumkehrbar sei. Die Union will im Falle eines Regierungswechsels den Ausstieg rückgängig machen.

Der Vorstandsvorsitzende der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), Manfred Timm, sagte im DeutschlandRadio: "Jede künftige Generation muss ihre eigene Entscheidung hierzu treffen." Für sein Unternehmen gebe es in näherer Zukunft jedoch kein Interesse an einem Zurück.

Der Vorsitzende der Unions-Fraktion, Friedrich Merz, und sein Stellvertreter, CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, betonten, die Vereinbarung gefährde die nationale Energiesicherheit. Die entstehende Lücke müsse mit Energie aus dem Ausland sowie mit Gas- und Kohlekraftwerken geschlossen werden. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nannte den Atomausstieg im WDR historisch.

"Zum ersten Mal in der Geschichte wird eine bestimmte Form der Energieerzeugung mit Zustimmung der Branche, die damit Geld verdient, beendet", unter anderem auch deswegen, weil die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung das Restrisiko der Atomenergienutzung für nicht mehr vertretbar halte. Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sagte, er könne die Bedenken der Atomwirtschaft gegen den Ausstieg teilweise nachvollziehen. Gegen den Wunsch der Bevölkerung seien aber solche Energieformen nicht durchzusetzen.

Die Kernenergie sei zudem auf absehbare Zeit nicht wettbewerbsfähig. Am Nachmittag waren zwei Atommülltransporte aus den Kernkraftwerken in Philippsburg (Baden-Württemberg) und Biblis (Hessen) in die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague gestartet. Die Stromkonzerne wollen in der zweiten Jahreshälfte sechs weitere Castor-Behälter aus La Hague nach Gorleben bringen und beantragten Transporttermine zwischen dem 1. August und 31. Dezember. In den nächsten Tagen wird Trittin eine Atomgesetznovelle vorlegen, mit der die Vereinbarung rechtlich umgesetzt wird. Die Novelle soll noch vor Ende des Jahres vom Bundestag verabschiedet werden. Die Vereinbarung sieht vor, dass bei einer Regellaufzeit von 32 Jahren nach einem komplizierten Rechensystem von Gesamtlaufzeiten und Reststrommengen auf die 19 noch arbeitenden Atomkraftwerke der letzte Meiler in etwa 20 Jahren abgeschaltet wird. Das Atomkraftwerk Stade soll als erstes 2003 vom Netz gehen.

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onl, BERLIN Neue Presse 12.06.01

Politik: Atomausstieg bleibt umstritten

Der Atomkonsens ist besiegelt. Mit dem Ausstieg schaffe die Bundesregierung Perspektiven für eine wettbewerbsfähige und klimaverträgliche Energieversorgung, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Unterzeichnung der Vereinbarung mit der Stromwirtschaft am Montag Abend in Berlin.

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sprach von einer historischen Weichenstellung.

Unions-Fraktionschef Friedrich Merz erklärte hingegen, die Union werde den Atomausstieg nach einem Regierungswechsel wieder rückgängig machen. Er gefährde nachhaltig die nationale Energiesicherheit.

Greenpeace sprach von Volksverdummung und einem "Placebo für die Bevölkerung". Die Laufzeiten für die Kraftwerke seien zu lang.

In dem Vertrag werden für die 19 Atomkraftwerke Reststrommengen festgelegt, nach deren Erreichen die Betriebsgenehmigungen erlöschen. Dies bedeutet die Abschaltung innerhalb der nächsten 20 Jahre. Den Anfang macht 2003 das AKW Stade.

Bis zum Ende der Wiederaufarbeitung von Atommüll 2005 rollen Transporte ins Ausland. So gestern aus Hessen und Baden-Württemberg nach Frankreich.

Die Bundesländer gaben grünes Licht für den zweiten Castor-Transport nach Gorleben in diesem Jahr. Auch Niedersachsen stimmte zu.

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