Atomkraftgegner erteilen Trittin Absage
Der Bundesumweltminister lud ein, aber kaum einer ging hin.
Umweltverbände und Bürgerinitiativen blieben am
Dienstagnachmittag einem Gespräch mit Jürgen Trittin fern, das
den geplanten Protesten gegen die Castor-Transporte die
Grundlage entziehen sollte. Nur vier Vertreter des
Naturschutzbundes Nabu und des Dachverbandes Deutscher
Naturschutzring (DNR) fanden sich in Trittins Bonner
Dienstgebäude ein.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und Robin
Wood hatten sich schon in der vergangenen Woche gemeinsam
mit den Bürgerinitiativen in Ahaus und Lüchow-Dannenberg gegen
die Teilnahme ausgesprochen. Da die Atommülltransporte bereits
feststünden, ergäben die Gespräche keinen Sinn mehr, heißt es in
einer Erklärung der Verbände. Auch Greenpeace erteilte Trittin eine
Absage. "Wir würden uns nur dann daran beteiligen, wenn
derjenige dabei ist, der auch die atompolitischen Entscheidungen
trifft, nämlich Gerhard Schröder", sagte Greenpeace-Sprecher Veit
Bürger.
Mathias Edler von der Bürgerinitiative Umweltschutz in Lüchow hält
vor allem den Ort der Gespräche für verfehlt: "Wir haben Trittin
aufgefordert, sich der Diskussion mit den Leuten hier bei uns im
Landkreis zu stellen. Nicht einmal Frau Merkel hat den Weg
gescheut."
Trittins Sprecher Michael Schroeren hält diese Forderung für
fadenscheinig: "Die Bürgerinitiative muss sich schon entscheiden,
ob sie ein Gespräch will oder ob sie nur einen Watschenmann
braucht." Im Übrigen sei es "kein Zeichen von Stärke, ein
Dialogangebot auszuschlagen", sagte Schroeren. Schließlich sei
die Gesprächsrunde von Trittin als "Treffen unter Atomkraftgegnern"
gedacht gewesen. Über alle Fragen des Atomausstiegs sei
gesprochen worden.
Überzeugt vom Sinn der Castor-Transporte aber waren am Ende
desr Begegnung mit Trittin auch die Nabu-Vertreter nicht, die der
Einladung gefolgt waren: "Wir werden uns jedem Transport von
Atommüll widersetzen", heißt es in einer Erklärung.
Selbstverständlich werde sich der Naturschutzbund trotz Trittins
Bedenken an den friedlichen Protesten beteiligen.
Th, Bonn/Hannover , 20.02.2001 20:11 Uhr
PM Innenminister NRW 25.01.2001
Minister Behrens stoppt Vorbereitungen zum Castortransport -
Innenminister dankt der NRW-Polizei
Das Innenministerium:
"Ich habe heute die Vorbereitungen der Polizei für den Castortransport nach Ahaus stoppen lassen, weil die
Betreibergesellschaft Neckarwestheim und Biblis ihren verbindlichen Verzicht auf den Transport erklärt haben", sagte
Innenminister Dr. Fritz Behrens heute in Düsseldorf. Gleichzeitig wurde die Dienstfrei- und Urlaubssperre für die
Polizistinnen und Polizisten in NRW aufgehoben.
Der Minister dankte der Polizei in Nordrhein-Westfalen, die sich mit 466 Kolleginnen und Kollegen umsichtig und intensiv
auf den Großeinsatz vorbereitet hatte. Dafür sind Kosten von über 2,5 Millionen DM entstanden.
Behrens meinte, dass kein Grund zur Genugtuung bestehe, weil eine unnötige und 100 Millionen DM teure Polizeiaktion
verhindert worden sei. "Etwas anderes hätte kein Mensch verstanden. Wir brauchen unsere Steuergelder und unsere
Polizisten für wichtigere Dinge. Die Kolleginnen und Kollegen können nun wieder ihre wichtige Arbeit auf der Straße
erledigen", betonte Behrens.
Für die Zukunft bleibe zu klären, ob es noch Castortransporte nach Ahaus geben müsse. Der Innenminister geht davon
aus, dass das, was für Neckarwestheim möglich war, auch bei anderen Kernkraftwerken wie Biblis erreicht werden kann.
"Es lohnt sich, in jedem Einzelfall nach Alternativen zum Transport zu suchen", meinte Behrens.
Nordrhein-Westfalen habe sein Ziel erreicht und die wichtigen Vorarbeiten geleistet, damit der Bundesumweltminister
diesen sinnlosen Transport in Rekordzeit habe verhindern können, so der Minister. Dieser Atomtourismus hätte nicht nur
Unsummen gekostet, zusätzlich erspare der Verzicht auf den Castortransport den Polizeibeamtinnen und -beamten einen
Einsatz mit gewalttätigen Auseinandersetzungen und den damit verbundenen Gefahren. "Ich habe den Bürgerinnen und
Bürgern von Ahaus versprochen, mich hierfür einzusetzen. Alle in Nordrhein-Westfalen haben jetzt erlebt, die
Landesregierung hat Wort gehalten", sagte Behrens.
"Es hat sich gelohnt, dass wir von Nordrhein-Westfalen Druck auf die Verantwortlichen gemacht haben, ihre Spielräume zu
nutzen und eine Entscheidung zu treffen", sagte der Minister. Man habe dann sehr schnell gesehen, dass sich unter dem
großen Mediendruck auch gerade in Baden-Württemberg etwas bewegt habe. So sei bereits vor einer Woche durch die
Betreibergesellschaft angekündigt worden, auf diesen Transport nach Ahaus zu verzichten, wenn er nicht nötig sei. "Dies
war ein klares Signal nach Berlin, das dadurch schnell handeln konnte", sagte Behrens.
Es sei richtig gewesen, dass Nordrhein-Westfalen enorme Anstrengungen unternommen habe, um von der
Energiewirtschaft als ein verlässlicher Partner im Atomkonsens eingeschätzt zu werden. "Gerade der Bau von
Zwischenlagern an den Standorten von Kernkraftwerken ist ausdrücklich Gegenstand des Atomkonsens. Was wir
versprechen halten wir. Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass wirklich erforderliche Transporte von der Polizei
gesichert werden", betonte Behrens. Auch das habe wesentlich dazu beigetragen, dass die Betreibergesellschaft in
Neckarwestheim bereits vor einer Woche öffentliche Zugeständnisse gemacht habe.
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Innenministeriums, Telefon 0211 871 2300 oder 2301.
AFP Donnerstag 25. Januar 2001 - 11.17 Uhr
NRW stoppt Vorbereitungen für Castor-Transport
- Behrens: AKW-Betreiber hat verbindlich Verzicht erklärt
Die Betreiber des Atomkraftwerks Neckarwestheim
haben verbindlich auf den ursprünglich für März
geplanten Atommülltransport ins westfälische Ahaus
verzichtet. Dies teilte Nordrhein-Westfalens
Innenminister Fritz Behrens (SPD) in einer Aktuellen
Stunde des Düsseldorfer Landtags mit. Er habe
daraufhin die Vorbereitungen der Polizei für den
Castor-Transport gestoppt, fügte Behrens hinzu.
Die Polizei hatte in Münster rund 450 Beamte aus
Nordrhein-Westfalen zusammengezogen, die den
Castor-Einsatz planen sollten. Behrens betonte, für die
Zukunft sei nun zu klären, ob es noch
Atommülltransporte ins Zwischenlager Ahaus geben
müsse. Er gehe fest davon aus, das Lösungen wie für
Neckarwestheim auch für andere Atommeiler gefunden werden könnten.
"Es lohnt sich, in jedem Einzelfall nach Alernativen zum Transport zu
suchen."
Der geplante Castor-Transport nach Ahaus war durch eine Weisung von
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) an die Landesregierung von
Baden-Württemberg überflüssig geworden. Trittin hatte das Stuttgarter
Umweltministerium am Dienstag angewiesen, zusätzliche Einlagerungen
von Brennelementen im Abklingbecken des Atomkraftwerks
Neckarwestheim zuzulassen.
Dabei verwies Trittin auf die Rechtsauffassung des Bundes, wonach im
Nasslager des AKW Brennstäbe auch dann gelagert werden dürfen, wenn
sich gleichzeitig auf dem Kraftwerksgelände bereits beladene Castoren
befinden. Auf dem AKW-Gelände in Neckarwestheim stehen sechs
Castor-Behälter mit 114 Brennelementen, die ursprünglich nach Ahaus
transportiert werden sollten.
Berliner Zeitung 24.1.01
Bald neue Atommüll-Transporte
Verträge mit den Wiederaufarbeitungsfirmen werden wie vorgesehen erfüllt
BERLIN, 23. Januar. Trotz des von Bundesumweltminister Jürgen
Trittin (Grüne) per Weisung gestoppten Castor-Transports zum
nordrhein-westfälischen Zwischenlager Ahaus ist schon bald mit
der Wiederaufnahme der umstrittenen Atommülltransporte zu
rechnen. Grund: Im Atomkonsens mit den Energiekonzernen hat sich
die Bundesregierung verpflichtet, den Kernkraftwerksbetreibern
die Abarbeitung der mit der französischen Cogema (La Hague) und
der britischen BNFL (Sellafield) geschlossenen
Wiederaufarbeitungsverträge zu ermöglichen. Diese Verträge laufen
noch bis zum Jahr 2005 und erfassen nahezu alle deutschen
Kernkraftwerke. Einzige Ausnahme ist das ebenfalls von der baden-
württembergischen EnBW betriebene Kernkraftwerk Obrigheim, das
als bislang einziges KKW über ein eigenes Zwischenlager für
abgebrannte Brennstäbe verfügt und sich mit der Inbetriebnahme
dieses Lagers aus der Wiederaufarbeitung verabschiedet hat.
Genehmigungen bereits erteilt
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat bereits vor Wochen diverse
Genehmigungen für Atommüll-Transporte zur Cogema erteilt, so etwa
für das EnBW-Kraftwerk Philippsburg, aber auch für die RWE-Meiler
in Biblis. Auf Druck der französischen Regierung sind diese
Transporte jedoch so lange blockiert, bis die Bundesrepublik den
in den letzten Jahren bei der Wiederaufarbeitung angefallenen
Nuklearmüll zurückgenommen hat. Eingelagert werden soll dieses
brisante, in Glaskokillen eingeschmolzene Material im
niedersächsischen Zwischenlager Gorleben. Diese Abfall-Rücknahme,
zu der sich die Bundesrepublik verbindlich verpflichtet hatte,
konnte bislang nicht realisiert werden, da eine auf der
Anfahrtroute gelegene Eisenbahnbrücke zunächst von Grund auf
saniert werden mußte. Sobald die Wiederaufarbeitungsabfälle in
Gorleben eingetroffen sind, können die Atommülltransporte zur
Cogema wieder aufgenommen werden.
Am Montag hat das Bundesamt für Strahlenschutz außerdem die
Wiederaufnahme von Brennelementtransporten ins britische
Sellafield genehmigt. Eine dieser Genehmigungen betrifft des EnBW-
Kraftwerk Neckar-Westheim. Der Zeitpunkt für diesen Transport ist
nach Unternehmensangaben noch offen.
Der Essener Energiekonzern RWE kündigte am Dienstag an, dass er
zusätzlich zu den Wiederaufarbeitungslieferungen nach Frankreich
in der zweiten Hälfte dieses Jahres einen Teil der Biblis-
Brennelemente im Zwischenlager Ahaus unterbringen will. Einen
entsprechenden Antrag, der nach der Zwischenlagerung die direkte
Endlagerung dieser Brennstäbe vorsieht, habe man bereits vor
geraumer Zeit gestellt.
Das RWE-Kraftwerk Lingen muß noch eine Restmenge seines
Wiederaufarbeitungsvertrages mit der BNFL erfüllen. Anschließend
sollen die Brennstäbe dieses Atommeilers in einem Zwischenlager
auf dem Kraftwerksgelände zwischengelagert werden. Dieses
Zwischenlager befindet sich bereits in Bau. An allen anderen
Atomkraftwerks-Standorten sind die planungsrechtlichen
Vorarbeiten für die Errichtung solger Lager gerade erst
angelaufen.
TAGESSPIEGEL 24.01.01
Castor-Transporte abgesagt
Hilfestellung von Trittin
Im (Wahl-)Kampf um die Castor-Transporte von Neckarwestheim nach Ahaus hat der Bundesumweltminister einen Punktsieg gelandet. Mit einer Weisung, welche die Transporte im Frühjahr überflüssig macht, hat Jürgen Trittin die Landes-Grünen aus einem Dilemma befreit. Wären die Transporte gerollt, hätte sich die Partei von Demonstrationen distanzieren müssen, die vielleicht gewaltsam verlaufen wären. Damit hätten sie die eigenen Wähler vergrault.
Für die Grünen im Bund ist die Weisung ebenso wichtig. Denn es geht jetzt für sie nicht nur darum, kurz vor ihrem Parteitag im März bei der eigenenKlientel Castor-Transporte verteidigen zu müssen.
Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht die Frage: Wie halten es die Grünen mit der Gewalt? Das hat viel mit der Debatte um die Vergangenheit Joschka Fischers und Trittins zu tun, wenig mit den Transporten. Die Proteste wären aber der erste Testfall der Gegenwart gewesen. Die Partei könnte sich noch so sehr von Gewaltakten distanzieren &endash; die Opposition würde ihr dennoch die Verantwortung zuschieben. Zumal wenn sich einige Grüne &endash; und sei es friedlich &endash; beteiligt hätten. Grundsätzlich allerdings hat Trittin das Problem der Transporte durch die Weisung nicht gelöst. Noch in diesem Jahr werden Castoren rollen. Bis dahin ist es jedoch vielleicht wieder möglich, weniger hysterisch über Demonstrationen und Eskalation zur Gewalt zu diskutieren.
BADISCHE ZEITUNG 24. Januar 2001
Döring sieht Recht verletzt
Trittin stoppt Atomtransport
BERLIN (dpa/AP). Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat den umstrittenen Castor-Transport vom Atomkraftwerk Neckarwestheim ins Zwischenlager Ahaus per Weisung gestoppt. Trittin teilte dem baden-württembergischen Umweltminister Ulrich Müller (CDU) mit, die Landesregierung habe bei der Entscheidung über die Entladung abgebrannter Brennstäbe aus dem Reaktorkern die Rechtsauffassung des Bundes zu Grunde zu legen. Danach dürfen Brennstäbe in freien Plätzen der Abklingbecken des Kraftwerks gelagert werden, auch wenn zugleich Castor-Behälter mit Brennstäben auf dem Gelände stehen. Nach der Entscheidung verschob der Kraftwerksbetreiber den für Anfang März geplanten Transport auf unbestimmte Zeit. Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) erklärte, der Stopp sei rechtlich nicht haltbar. Atomgegner begrüßten zwar Trittins Entscheidung, kündigten aber gleichwohl Proteste gegen weitere Atomtransporte an. Auch drei grüne Landesverbände wollen sich daran beteiligen.
Baden-Württemberg/Aus der Region 24. Januar 2001
Anweisung des Bundesumweltministers: abgebrannte Brennstäbe des Atomkraftwerks Neckarwestheim müssen ins dortige Lager
Trittin macht dem Land Vorschriften
Von unserem Korrespondenten Andreas Böhme
STUTTGART. Das Bundesumweltministerium hat gestern das Land förmlich angewiesen, seiner Rechtsauffassung in Sachen Atommüll-Lagerung zu folgen. Damit wäre ein Castor-Transport ins westfälische Ahaus zunächst überflüssig. Die Kraftwerksbetreiber sind damit zufrieden, nur das Land beharrt auf seiner kompromisslosen Linie &endash; es will den Transport.
Erst zweimal in der 30-jährigen Geschichte der atomaren Stromerzeugung in Baden-Württemberg musste der Bund dem Land Weisungen erteilen. Die gestrige ist von besonderer Tragweite: Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat genehmigt, dass ein bestimmtes Segment im Neckarwestheimer Nasslager mit alten Brennstäben gefüllt werden darf. Die werden Anfang April im Rahmen einer Kurzrevision aus den beiden Reaktorkernen ausgebaut und durch neue ersetzt. Die Folge: Das Kraftwerk kann ungehindert weiter betrieben werden, eine Verstopfung" droht auch dann nicht, wenn keine Transporte ins Zwischenlager Ahaus stattfinden.
Gestoppt oder gar verboten hat Trittin die Transporte allerdings keineswegs &endash; dazu hätte er eine frühere Genehmigung ausdrücklich zurücknehmen müssen.
Die Betreiber, die Energieversorgung Baden-Württemberg und die Neckarwerke Stuttgart, sind mit dieser Weisung zufrieden. Damit muss der Transport nicht mehr vor der Revision Anfang April stattfinden", erklärten sie gestern gemeinsam. Nach der Revision aber auch nicht: Das Bundesamt für Strahlenschutz wird in der Zwischenzeit einer Erweiterung des Interimslagers zustimmen. Danach dürfen weitere sechs Castor-Behälter so lange auf dem Kraftwerksgelände in Neckarwestheim gelagert werden, bis das im Atomkompromiss vereinbarte Zwischenlager fertiggestellt wurde. Die baurechtliche Genehmigung als Grundlage hatte die Landesregierung schon früher erteilt. Der Gemeinderat von Gemmrigheim hat allerdings am Montagabend den Bauantrag der Kraftwerksbetreiber abgelehnt. Die Gemeinderäte stimmten geschlossen gegen das Baugesuch. Nach Auffassung der parteilosen Bürgermeisterin Monika Tummescheit ist dieser Beschluss aber rechtswidrig. Deshalb muss der Gemeinderat an diesem Donnerstag erneut über das Baugesuch abstimmen.
Landesumweltminister Ulrich Müller (CDU) sind nach Trittins Weisung vorerst die Hände gebunden, denn das Bundesministerium ist Rechts- und Fachaufsichtsbehörde, deren Anordnungen Stuttgart folgen muss. Müller beharrt gleichwohl auf seiner gegenteiligen Auffassung &endash; dass nämlich ein Abtransport des Atommülls unerlässlich sei. Denn im Neckarwestheimer Nasslager liegen bereits 114 Brennstäbe aus früheren Revisionen. Die atomrechtlich zulässige Höchstzahl von Brennstäben im Kraftwerksbereich werde nun durch Trittin überschritten. Dies aber könne nicht per einfacher Weisung erfolgen, sondern bedürfe der zeitraubenden atomrechtlichen Genehmigung. Ob das Land gegen Trittins Weisung klagt (und ob es überhaupt klagen darf), klären die Rechtsexperten des Ministeriums derzeit noch ab. Dieter Salomon, Fraktionschef der Grünen im Landtag, frohlockt: Atomrecht ist Bundesangelegenheit, die Landesregierung hatte zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Frage, ob die Transporte laufen oder nicht."
Für Castor in den Vinckehof
Ickern (pwu) - 900 Polizisten der Bereitschaftspolizei aus Selm-Bork und anderer Polizeistellen sollten
im Zusammenhang mit dem Castor-Transport vorübergehend in den Vinckehof einziehen.
Die leer stehenden Gebäude in Ickern spielten im einsatz-taktischen Plan der Polizei eine Rolle. Wie
schon 1998 beim bisher letzten Castor-Transport nach Ahaus sollte ein riesiges Polizeiaufgebot die
umstrittene Überführung der hochradioaktiven Fracht gewährleisten. 1998 waren 20 000
nordrhein-westfälische Polizisten im Einsatz.
Nachdem Bundesumweltminister Trittin den für März geplanten Atom-Transport von
Baden-Württemberg ins Brennelemente-Zwischenlager Ahaus am Mittwoch stoppte, hofft man beim
Polizeipräsidium in Münster nun, die angelaufenen Vorbereitungen beenden zu können. "Zurzeit
tätigen wir keine kostenverursachenden Investitionen mehr und warten den endgültigen Bescheid
des Landesinnenministeriums ab", erklärte Barbara Gertz, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums
Münster, auf Anfrage unserer Zeitung. Sie bestätigte, dass mit dem Eigentümer des Vinckehofes,
dem Immobilien-Unternehmen Hoffmeister & Partner in Mülheim, bereits ein Mietvertrag
abgeschlossen wurde. Auch mit einigen Sanierungsmaßnahmen in der ehemaligen
Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sei begonnen worden.
Anwohner der Vinckestraße haben in den vergangenen Monaten eine rege Betriebsamkeit am
Vinckehof festgestellt. Alte Heizkörper wurden in den Wohnheimen rausgerissen und entsorgt,
Mitarbeiter einer Elektrofirma gingen ein und aus und immer wieder fuhren Polizeifahrzeuge vor.
Gestern kehrte sofort Ruhe ein.
Hannover onl 24.01.01
Trittin hält Atom-Zug an
Niedersachsens Grüne wehren sich gegen den
Castor-Beschluss ihres eigenen Parteirats, der zehn zu
zwei gegen eine Blockade "notwendiger Transporte"
gestimmt hatte.
Landeschefin Heidi Tischmann und
Landtagsfraktionschefin Rebecca Harms wollen die
Atommüllzüge Ende März nach Gorleben aktiv
aufhalten.
In einem offenen Brief kündigten auch weitere Mitglieder von
Landesvorständen ihre Unterstützung von Protestaktionen an. "Wir werden
uns im Vorfeld an der Mobilisierung gegen die Atomtransporte engagieren
und uns an den Protesten vor Ort beteiligen", schrieben die Abtrünnigen.
Am Dienstag hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ein
Stoppsignal für den Anfang März geplanten Castortransport vom Atommeiler
Neckarwestheim ins westfälische Lager Ahaus gegeben. Am Kraftwerk
reichten die Lagerkapazitäten für alte Brennstäbe noch aus, ein Abtransport sei
unnötig.
Hannover onl 24.01.01
Politik: Kommentar zu Castor
Die Castoren sollen wieder rollen. Zum ersten Mal wird die rot-grüne
Regierung das Spektakel verantworten.
Zum ersten Mal nach Unterzeichnung des Atomkonsens soll Ende
März/Anfang April der wiederaufgearbeitete Strahlenmüll von der
französischen Atomfabrik La Hague nach Gorleben gebracht werden.
Jetzt muss sich zeigen, ob der von Regierung und Energiewirtschaft
ausgehandelte Kompromiss etwas taugt. Ob er den gesellschaftlichen Frieden
gestärkt hat.
Die Anti-AKW-Aktivisten saßen bei den Konsens-Runden nicht am Tisch. Sie
haben ihren Ärger über die langen Restlaufzeiten kundgetan. In Niedersachsen
bleibt die Sorge, dass das Wendland doch noch zum Atomklo der Republik
wird.
Ein Teil der grünen Basis wird gegen die Politik des eigenen
Umweltministers demonstrieren, der schon bald wieder auf der Landesliste
abgesichert werden will. Es wird seine Kritiker kaum besänftigen, dass der
Umweltminister einen Atommülltransport aus Baden-Württemberg nach
Ahaus verhindern will, solange er den nach Gorleben für nötig hält.
In der Vergangenheit spaltete die Atomkraft das Land. Zehntausende
Demonstranten konnten sich der Sympathien von Millionen gewiss sein. Jetzt
spalten die Castor-Transporte zunächst einmal nur die Grünen.
VON MICHAEL GRÜTER, BERLIN
Dienstag 23. Januar 2001, 14:17 Uhr
Trittin stoppt Atomtransport nach Ahaus per Weisung
Berlin (dpa) - Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat den geplanten Castortransport von Neckarwestheim nach Ahaus gestoppt. Er begründete seine Entscheidung mit der Notwendigkeit, für einen bundesweit einheitlichen Vollzug des Atomgesetzes sorgen zu müssen. Er wies die Landesregierung Baden-Württemberg an, bei der Entscheidung über die Entladung der abgebrannten Brennstäbe aus dem Reaktorkern die Rechtsauffassung des Bundes zu Grunde zu legen. Damit entfalle die Notwendigkeit für einen Atomtransport nach Ahaus.
Dienstag 23. Januar 2001, 14:46 Uhr
Baden-Württemberg - Transport nach Ahaus noch möglich
Stuttgart, 23. Jan (Reuters) - Der für März geplante Atommülltransport aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim in das Zwischenlager Ahaus ist nach Auffassung der Landesregierung von Baden-Württemberg durch die Weisung von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nicht zwangsläufig gestoppt. Die Auswirkungen der am Dienstag erlassenen Weisung auf den genehmigten Transport der Energie Baden-Württemberg (EnBW) seien noch nicht abschätzbar, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Staatsministeriums am Dienstag. Trittin hatte zuvor die Landesregierung angewiesen, bei der Entscheidung über den Transport die Rechtsauffassung des Bundes zu Grunde zu legen.
Nach Auffassung des Bundesumweltministeriums reicht bei dem nächsten Brennelementewechsel in Neckarwestheim die Lagerkapazität am Kraftwerk aus. Eine Notwendigkeit für einen Transport bestehe demnach nicht. Der Sprecher der Landesregierung stellte klar, die Weisung beziehe sich nicht auf den Transport selbst, sondern auf die Sicherheitsvorkehrungen am Standort des Kraftwerks. Baden-Württemberg sei bisher davon ausgegangen, dass besonders hohe Sicherheitsvorkehrungen für die Lagerung von Brennelementen notwendig seien. Nach bisheriger Auffassung der Landesregierung dürften die freien Plätze im Nasslager von Neckarwestheim nicht genutzt werden, solange die für den Transport vorbereiteten sechs Castoren noch auf dem Gelände des Kraftwerks gelagert werden.
Im Zusammenhang mit dem für März geplanten Atomtransport in das nordrhein-westfälische Ahaus hatte sich die Landesregierung in Stuttgart seit mehreren Wochen mit der Bundesregierung und der nordrhein-westfälischen Landesregierung gestritten. Dabei war Baden-Württemberg vorgeworfen worden, die im Atomkompromiss vorgesehene Einrichtung von Zwischenlagern an den Standorten der Kraftwerke zu behindern.
Dienstag 23. Januar 2001, 18:15 Uhr
Castoren rollen vorerst nicht
Baden-Württemberg soll Nutzung von Nasslager in Neckarwestheim zustimmen
Berlin (AP) Der umstrittene Castor-Transport von Neckarwestheim nach Ahaus findet zunächst nicht statt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin erteilte Baden-Württemberg am Dienstag eine atomrechtliche Weisung, zusätzliche Einlagerung von Brennelementen im Abklingbecken des Atomkraftwerks zuzulassen. Daraufhin verschob der Betreiber Energie Baden-Württemberg den für März vorgesehenen Transport auf unbestimmte Zeit.
Nordrhein-Westfalen und die Grünen begrüßten die Entscheidung. Baden-Württemberg protestierte gegen die «»rot-grüne Winkeladvokatie''. In Neckarwestheim stehen seit Monaten sechs Castoren bereit zur Abfahrt ins zentrale Zwischenlager im nordrhein-westfälischen Ahaus.
Bei der nächsten Revision im April fällt weiterer Müll an, so dass die bisherigen Kapazitäten überquellen. Eine Genehmigung für den Ahaus-Transport hat der Betreiber seit Januar 2000. Dennoch versuchten der Bund, Nordrhein-Westfalen und auch Energie Baden-Württemberg, den teuren Transport zu verhindern. Baden-Württemberg drängte hingegen auf Abfahrt.
Das Bundesumweltministerium erklärte, mit Trittins Anweisung an Baden-Württemberg entfalle die Notwendigkeit für den Atomtransport vorerst. Es geht um die Nutzung von Lagerplätzen im Abklingbecken. Dort müssen ausgebaute Brennelemente mindestens sechs Monate ruhen, bis sie verladen werden können.
Baden-Württemberg vertritt laut Trittin die Auffassung, in das Brennelementebecken in Neckarwestheim dürften erst dann weitere Elemente eingelagert werden, wenn die Castor-Behälter vom Werksgelände entfernt sind. Sonst wäre die gesetzliche Obergrenze für Atommaterial in Neckarwestheim überschritten.
Nach Trittins Auffassung darf die freie Kapazität im Nasslager aber genutzt werden. Dies sei auch Ansicht des Länderausschusses Atomenergie. Der Grünen-Politiker begründete seine Weisung mit der Notwendigkeit, das Atomgesetz bundesweit einheitlich zu vollziehen.
Das Unternehmen Energie Baden-Württemberg (EnBW) erklärte, mit Trittins Weisung sei die Rechtssicherheit für den Weiterbetrieb des Kraftwerks nach der anstehenden Revision im April gewährleistet. «»Damit muss der Transport der Castoren nicht mehr vor der Revision Anfang April stattfinden'', hieß es. «»Ob ein Transport nach Ahaus notwendig wird, bleibt vorerst offen.''
Das hänge davon ab, ob die für Ende Februar in Aussicht gestellte Genehmigung für ein Castoren-Interimslager erteilt werde. Damit würde dem Betreiber erlaubt, die bereits vorhandenen und weitere Castoren für die nächsten Jahre auf dem Firmengelände zu lagern.
Baden-Württemberg: Trittin ignoriert Sicherheit
Der Stuttgarter Umweltminister Ulrich Müller zeigte sich erbost über Trittins Weisung. «»Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass mich ein grüner Atomausstiegsminister einmal anweist, mehr abgebrannte Brennelemente am Standort lagern zu müssen als atomrechtlich genehmigt sind'', erklärte der CDU-Politiker. Trittin lasse «»grundlegende Sicherheitsfragen und eine klare Rechtslage außer Acht''. Baden-Württemberg könne eine solche Vorgehensweise nicht billigen.
Ungeachtet von der Verschiebung des Transports nach Ahaus besteht EnBW auf Transporten in die britische Wiederaufbereitung. Bestehende Verträge mit Sellafield müssten erfüllt werden. Stattfinden soll Ende März auch ein Rücktransport von Atommüll aus Frankreich nach Gorleben.
Dienstag 23. Januar 2001, 19:00 Uhr
Per Weisung:Trittin stoppt Atomtransport nach Ahaus
Berlin - Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat den umstrittenen
Castor-Transporte vom Atomkraftwerk Neckarwestheim in das
Zwischenlager Ahaus per Weisung gestoppt.
Trittin habe die Landesregierung Baden-Württemberg angewiesen, bei
der anstehenden Entscheidung über die Entladung der abgebrannten
Brennstäbe aus dem Reaktorkern die Rechtsauffassung des Bundes zu
Grunde zu legen. Damit entfalle die Notwendigkeit für einen
Atomtransport nach Ahaus, teilte das Ministerium am Dienstag in Berlin
mit. Weisungen der Bundesregierung an eine Landesregierung sind
verbindlich.
Nach Auffassung der Bundesregierung stellt eine Nutzung der
Freihalteplätze im Abklingbecken des Atomkraftwerks keine
Überschreitung der genehmigten Kapazitäten dar, auch wenn gleichzeitig
Castor-Transporter auf dem Kraftwerksgelände zur Abfahrt bereitgestellt
blieben. Baden-Württemberg wollte den Castor dennoch transportieren.
Der Transport war für Anfang März geplant.
Trittin warf der Landesregierung in Stuttgart vor, den Atomkonsens
zwischen Bundesregierung und Energieversorgern vom vergangenen
Sommer unterlaufen zu wollen. "Ich kann und werde es nicht zulassen,
dass das Atomrecht für politische Ziele instrumentalisiert wird", erklärte
Trittin. In Baden-Württemberg finden Ende März Landtagswahlen statt.
Trittin begründete die Weisung mit der Notwendigkeit, für einen
bundesweit einheitlichen Vollzug des Atomgesetzes sorgen zu müssen.
Die Landesregierung in Stuttgart setze sich mit ihrer Rechtsauffassung in
Widerspruch zu der des Bundes und zu einem Beschluss des
Länderausschusses Atomenergie vom Mai 2000, den sie selbst
mitgetragen habe.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat mehrere Transporte mit
abgebrannten Brennelementen aus Neckarwestheim zur
Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield genehmigt. Außerdem
wird eine BfS-Genehmigung für eine Zwischenlager bei dem AKW
vorbereitet.
Dienstag 23. Januar 2001, 19:03 Uhr
Trittin macht per Weisung Atomtransport überflüssig
Berlin (Reuters) - Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat den geplanten ersten Atommülltransport seit Antritt der rot-grünen Regierung per Weisung vorerst unnötig gemacht. Sein Ministerium erließ am Dienstag eine Anordnung an das Land Baden-Württemberg, wonach keine Notwendigkeit für den für März geplanten Transport aus dem Kraftwerk Neckarwestheim in das Zwischenlager im nordrhein-westfälischen Ahaus besteht. Es könne weiter Müll auf dem Gelände des Atomkraftwerks gelagert werden. Der Kraftwerksbetreiber Energie Baden-Württemberg (EnBW) erklärte, ein Transport im Frühjahr sei auch noch nicht unbedingt nötig. Die Grünen in Niedersachsen kündigten an, sich entgegen dem Appell der Parteispitze im März an den Protesten gegen Atomtransporte ins Zwischenlager Gorleben zu beteiligen.
"Ein Atomtransport aus dem AKW Neckarwestheim ist so bis April nicht notwendig", sagte Trittin. Ein Sprecher Trittins sagte, Ziel des Ministeriums sei es, innerdeutsche Transporte in den kommenden Jahren vollkommen überflüssig zu machen. Der Sprecher wies daraufhin, dass zurzeit Genehmigungsverfahren für Interimslager auf den Geländen der deutschen Atomkraftwerke liefen. Dazu werde im Februar eine Entscheidung des zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) erwartet. Die Betreiber der Kraftwerke hätten allein aus Kostengründen auch kein Interesse an den Transporten, sagte der Sprecher weiter.
Die Weisung musste Trittin zufolge erlassen werden, da es "eine politisch motivierte Blockadepolitik" der baden- württembergischen Landesregierung gegen die Betreiber des Kraftwerks Neckarwestheim gegeben habe. Die Weisung Trittins besagt zunächst, dass die Rechtsauffassung des Bundes in der Frage der Lagerung des Atommülls im Atomkraftwerk auch für die Landesregierung in Baden-Württemberg verbindlich ist. Demnach kann weiterer Atommüll auf dem Gelände des Kraftwerks gelagert werden, obwohl dort bereits zum Abtransport beladene Castor- Behälter stehen. So könnte das Kraftwerk Neckarwestheim auch nach der planmäßigen Sicherheits-Kontrolle im April zunächst weiterbetrieben werden.
Baden-Württemberg hatte argumentiert, solange die Castor-Behälter auf dem Gelände stünden, dürfe aus Sicherheitsgründen kein weiterer Müll eingelagert werden. Im April wird das Kraftwerk Neckarwestheim einer Revision unterzogen. Die Landesregierung erklärte, ein Transport sei aber trotz der Weisung noch möglich.
Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen sprach dagegen von einem wichtigen Signal zur Vermeidung des Castor-Transports nach Ahaus. "Ich begrüße es, dass das Bundesumweltministerium die schnelle Entscheidung sucht, damit der Atommüll in Baden-Württemberg bleibt", erklärte Innenminister Fritz Behrens (SPD). Ein Sprecher der EnBW sagte, mit der Weisung werde die Landesregierung in Baden-Württemberg gehalten zu erlauben, mehr Brennelemente am Ort zu lagern als bisher erlaubt. "Damit wird die Notwendigkeit der Transporte im März entfallen", sagte der Sprecher. Ob dies auch längerfristig der Fall sei, hänge von der Genehmigung der Zwischenlager auf dem Gelände ab.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte die Entscheidung Trittins. Der einzig wirksame Schritt zur Lösung des Atommüll-Problems sei aber eine Stilllegung des Kraftwerks, hieß es in einer Erklärung. Greenpeace rief zu Protesten gegen die geplanten Atommülltransporte ins Ausland oder in das Zwischenlager in Gorleben auf. An den Protesten werden sich auch die Grünen in Niedersachsen beteiligen. Der Landesvorstand beschloss nach eigenen Angaben einstimmig, sich nicht dem Parteiratsbeschluss der Bundes-Grünen zum Verzicht auf Aktionen in Gorleben unterzuordnen. Die Parteispitze hatte am Montag den Rücktransport von Atommüll aus Frankreich nach Gorleben Ende März als notwendig bezeichnet. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag in Hannover, Rebecca Harms, hatte bereits am Vortag gegen den Parteiratsbeschluss gestimmt. Der Landesvorstand erklärte, mit den Protesten solle der Atomausstieg beschleunigt und Druck für ein Gesamtkonzept zur Entsorgung von Atommüll gemacht werden.
Für die Betreiber der Atomkraftwerke ist die Genehmigung von Atomtransporten ein wichtiger Punkt im Atomkonsens mit der Bundesregierung. Im Gegenzug für den Ausstieg aus der Atomenergie hatten sie verlangt, es dürfe während der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke nicht zu einer "Verstopfung" in den Werken durch den Verbot von Atomtransporten kommen. Das Konsensabkommen ist noch nicht unterschrieben worden.
Atomtransport nach Ahaus gestoppt
Berlin (dpa) - Der umstrittene Atommüll-Transport vom Kernkraftwerk Neckarwestheim in das Zwischenlager Ahaus wird vorerst nicht rollen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) erteilte am Dienstag eine Weisung an den Umweltminister von Baden-Württemberg, Ulrich Müller (CDU).
Dadurch entfalle vorerst die Notwendigkeit des für Anfang März geplanten Castor-Transports in das westfälische Ahaus teilte das Ministerium in Berlin mit. Weisungen der Bundesregierung an eine Landesregierung sind verbindlich.
Trittin habe Müller angewiesen, bei der Entscheidung über die Lagerung abgebrannter Brennstäbe die Rechtsauffassung des Bundes zu Grunde zu legen. Danach dürfen die Brennstäbe in den freien Plätzen der Abklingbecken gelagert werden, auch wenn gleichzeitig beladene Castor-Behälter auf dem Kraftwerksgelände stehen. Die genehmigten Lager-Kapazitäten würden damit nicht überschritten. Nach Auffassung der Landesregierung dürfen die freien Positionen in den so genannten Nasslagern erst nach dem Abtransport der derzeit sechs Castoren von dem Gelände genutzt werden.
Die Weisung Trittins zum Stopp des Castor-Transports ist nach Meinung von Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) rechtlich nicht haltbar. Döring, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, kündigte an, dass sich das Landeskabinett in Kürze mit der neuen Situation befassen und weitere Schritte erörtern werde. Der Castor-Transport nach Ahaus sei nach wie vor unverzichtbar.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) bezeichnete die Entscheidung Trittins als vernünftig. Ein unnötiger Transport wäre unzumutbar für die begleitenden Polizisten und wegen der Kosten nicht nachvollziehbar gewesen, sagte Clement am Rande einer Kabinettssitzung in Paderborn. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) sagte, die Vorbereitungen der Polizei zur Begleitung des Transports hätten bereits 2,5 Millionen Mark gekostet.
Trittin warf der Landesregierung in Stuttgart vor, den Atomkonsens vom vergangenen Sommer unterlaufen zu wollen. «Ich kann und werde es nicht zulassen, dass das Atomrecht für politische Ziele instrumentalisiert wird», erklärte Trittin. In Baden-Württemberg finden am 25. März Landtagswahlen statt.
Dagegen warf die FDP Trittin «Vertragsbruch» vor. Im Atomkonsens mit der Energiewirtschaft habe die Bundesregierung den Reaktor- Betreibern den störungsfreien Betrieb der laufenden Anlagen zugesagt, erklärte FDP-Chef Wolfgang Gerhardt.
Trotz Transportstopps sehen die Betreiber von Neckarwestheim den Betrieb der Anlage nicht gefährdet. Ein Castor-Transport müsse nicht vor der Revision Anfang April stattfinden, erklärten die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) und die Neckarwerke Stuttgart AG (NWS). Bei der Revision werden die Brennelemente zum Teil ausgewechselt und zu Abkühlung in Abklingbecken gelagert. Die Lieferung abgebrannter Brennelemente in die Wiederaufarbeitungsanlagen sei aber auf jeden Fall weiter nötig, hieß es weiter.
Ein erster Transport aus Neckarwestheim zur Wiederaufarbeitung in das britische Sellafield wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bereits genehmigt. Der Zeitpunkt sei jedoch offen. EnBW wartet außerdem auf die vom BfS noch für Februar in Aussicht gestellte Genehmigung für ein standortnahes Zwischenlager bei Neckarwestheim.
Entgegen dem Beschluss des Parteirates der Grünen wollen drei Landesvorsitzende Proteste gegen Atommülltransporte aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben unterstützen. Das kündigten die Vorsitzenden von Niedersachsen, Thüringen und Berlin am Dienstag in Berlin an. Sie berufen sich auf einen Beschluss des Parteitags der Grünen in Münster Ende Juni 2000. Danach sei die Beteiligung an solchen Protesten erlaubt.
Der Parteirat der Grünen hatte sich am Montag gegen eine Blockade «notwendiger Transporte» ausgesprochen. Dies sei «mit dem Atomkonsens nicht vereinbar». Der nächste Atommülltransport aus La Hague soll in der letzten März- oder ersten April-Woche nach Gorleben rollen.
Der RWE-Konzern (Essen) will noch in diesem Jahr Castoren vom Atomkraftwerk Biblis ins Zwischenlager Ahaus bringen lassen. «Die Läger sind voll», sagte ein Sprecher. Bis zum Jahresende müsse Platz für die anstehende Revision geschaffen werden. «Wir müssen dann auf jeden Fall transportieren», so der Sprecher.
Atomtransport nach Ahaus vorerst gestoppt
Berlin (dpa 23.01.2001 19:17) -
Der Castortransport vom baden-württembergischen Atomkraftwerk Neckarwestheim ins Zwischenlager Ahaus ist von der Bundesregierung vorerst gestoppt. Umweltminister Jürgen Trittin erteilte eine verbindliche Weisung an den Umweltminister von Baden- Württemberg, Ulrich Müller. Danach muss Müller bei der Entscheidung über die Lagerung abgebrannter Brennstäben auf dem Gelände des Atommeilers die Rechtsauffassung des Bundes zu Grunde legen. Dadurch entfalle vorerst die Notwendigkeit des für Anfang März geplanten Atommüll-Transports nach Ahaus, teilte das Ministerium in Berlin mit.
Badische Zeitung 22.01.01
Nordrhein-Westfalen protestiert gegen völlig überflüssige" Atommülltransporte / Trittin kritisiert Stuttgarter Politik
Land bereitet sich für Castor vor
STUTTGART (lsw). Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen streiten sich weiter um die Notwendigkeit vonCastor-Transporten aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim ins Zwischenlager Ahaus in Westfalen. Trotz der vom Bundesamt fürStrahlenschutz angekündigten Genehmigung für ein Zwischenlager in Neckarwestheim bereitet sich der Südwesten auf die Transporte vor.
Innenminister Thomas Schäuble (CDU) erklärte, sein Ministerium erarbeite derzeit eine Dienstvereinbarung für den gesundheitlichen Schutz der Polizeibeamten, die den Atomtransport begleiten sollen. Die Castoren sollen Anfang März auf die Reise gehen. Umweltminister Ulrich Müller (CDU) begründete die Notwendigkeit des Transports mit dem Entsorgungsinfarkt" der betroffenen Kernkraftwerke. Die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt warf dagegen der Landesregierung vor, sie suche nur ein neues Wahlkampfthema.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hält die (von ihm bereits genehmigten) Transporte in den kommenden fünf Jahren inzwischen für unnötig, weil die Behörde noch im Februar ein Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe in Neckarwestheim genehmigen möchte. Bis zum Jahr 2005 will der Kernkraftwerksbetreiber sein beantragtes großes Zwischenlager in Betrieb nehmen.
Im Zusammenhang mit dem Streit um die Notwendigkeit der Transporte hat die SPD der Südwest-CDU vorgeworfen, sie würde die praktische Umsetzung der Vereinbarungen zum Atomkonsens erschweren. Die Errichtung standortnaher Zwischenlager ist ein Eckpfeiler des geordneten Atomausstiegs." Die CDU würde den Atomkonsens zu Lasten des inneren Friedens in unserer Gesellschaft hintertreiben". Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens warf der baden-württembergischen Landesregierung eine teure Hinhaltetaktik" vor, weil es die Einrichtung eines Zwischenlagers in Neckarwestheim aus rein wahltaktischen Motiven" auf die lange Bank schiebe. Wenn der Castor-Transport stattfindet, werfen wir 100 Millionen Mark Steuergelder zum Fenster hinaus." Nordrhein-Westfalen habe jetzt schon mehr als 2,5 Millionen Mark für die Vorbereitung des völlig überflüssigen" Transports ausgegeben.
Ein Sprecher des Staatsministeriums wies die Äußerungen von Behrens als langsam unerträglich" zurück. Die atomrechtliche Entscheidung über Zwischenlager liege nicht in Stuttgart, sondern beim Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter, das noch keine Entscheidung getroffen habe.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) stellte klar, dass die Stromerzeuger in Baden-Württemberg einen Rechtsanspruch auf den Atomtransport haben: Ob er von diesem Recht Gebrauch macht, ist natürlich auch für ihn eine Frage der Abwägung.". Laut Trittin dringe Baden-Württemberg auf den Transport nach der Devise, die Gewerbesteuer aus Atomkraftwerken bleibt im Ländle, den Atommüll verschieben wir nach Norden".
SDZ Montag, 22.Januar 200
ATOMMÜLL / ¸¸Teure Hinhaltetaktik'' Streit um Transporte
Trotz der vom Bundesamt für Strahlenschutz angekündigten Genehmigung für ein Zwischenlager in Neckarwestheim bereitet sich das Land auf die Transporte vor.
Stuttgart/Düsseldorf· Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen streiten sich weiter um die Notwendigkeit von Castor-Transporten vom Atomkraftwerk Neckarwestheim nach dem Zwischenlager Ahaus in Westfalen. Dies hat Innenminister Thomas Schäuble bestätigt. Sein Ministerium erarbeite derzeit eine Dienstvereinbarung für den gesundheitlichen Schutz der Polizeibeamten, die den Atomtransport begleiten sollen. Die Castoren sollen Anfang März auf die Reise gehen.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hält die Transporte in den kommenden fünf Jahren dagegen für unnötig, weil die Behörde noch im Februar ein Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe in Neckarwestheim genehmigen möchte. Auf den bereits errichteten Stellplätzen können zwölf Castoren gelagert werden. Sechs Behälter stehen im Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim (GKN) im Kreis Heilbronn zum Transport bereit. Im Jahr 2005 will das GKN ein bereits für die Reaktoren 1 und 2 beantragtes großes Zwischenlager in Betrieb nehmen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens warf der baden- württembergischen Landesregierung eine ¸¸teure Hinhaltetaktik'' vor. ¸¸Wenn der Castor-Transport stattfindet, werfen wir 100 Millionen Mark Steuergelder zum Fenster raus. Das kann niemand verantworten'', stellte Behrens am Samstag in Düsseldorf fest.lsw
ap 22.01.2001
Appell an Parteimitglieder
Grüne gegen Atom-Blockaden
Berlin (AP). Erstmals haben die Grünen an ihre Mitglieder appelliert, nicht gegen Atomtransporte nach Gorleben zu demonstrieren und sie nicht zu behindern. "Selbstverständlich sind wir nicht für Blockaden, die dem Sinn des Atomkonsenses widersprechen", sagte Parteichef Fritz Kuhn am Montag nach einer Sitzung des Parteirats in Berlin. Kreis- und Ortsverbände sollten nur solche Demonstrationen unterstützen, die allgemein auf die "Gefahren der Atomkraft" hinweisen. Gegen diese Linie regt sich allerdings in Niedersachsen Widerstand.
In einer Resolution des Parteirats, die laut Kuhn mit zehn zu zwei Stimmen angenommen wurde, heißt es, die Grünen hätten sich in der Bundesregierung mit dem Atomkonsens dafür eingesetzt, Atomtransporte zu minimieren und schließlich ganz überflüssig zu machen. Einige Transporte seien aber noch notwendig. Dazu zählte Kuhn den für Ende März vorgesehenen Rücktransport atomarer Abfälle aus der französischen Wiederaufbereitung nach Gorleben. Es gebe eine rechtliche, aber auch eine moralische Verpflichtung Rückstände deutscher Atom-Nutzung zurückzunehmen.
Kuhn äußerte sich nicht eindeutig, ob der Aufruf des Parteirats auch für Aktionen gegen Transporte gilt, die die Grünen für unnötig halten. Dazu zählte Kuhn den ebenfalls für März vorgesehenen Transport vom Kraftwerk Neckarwestheim ins nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus. Dieser sei überflüssig, da der Atommüll vor Ort zwischengelagert werden könne. "Wir erwarten von den Betreibern von Atomkraftwerken, dass unnötige Transporte vermieden werden", heißt es in der Resolution. Die baden-württembergische Landesregierung, die den Bau von Zwischenlagern an den Kraftwerken erklärtermaßen ablehnt, solle ihre "Quertreiberei" aufgeben.
Die niedersächsische Grünen-Landtagsfraktionschefin Rebecca Harms stimmte laut Kuhn gegen den Beschluss. Vor der Sitzung sagte Harms, sie halte friedliche Proteste auch gegen den Rücktransport nach Gorleben für gerechtfertigt. Dazu zählte Harms auch gewaltfreie Sitz- oder Treckerblockaden. Dies gehöre für sie zum zivilen Ungehorsam.
Kuhn räumte ein, dass viele Grüne in den 80-er Jahren an Sitzblockaden teilgenommen hätten, die zwar nicht legal, aber doch "in der Tradition Mahatma Ghandis" legitim gewesen seien. Sie hätten die juristischen Folgen auf sich genommen, weil sie das Ziel, die Aufstellung von Nato-Atomraketen zu verhindern, für überragend gehalten hätten. Die Parteispitze werde bei den Mitgliedern für ihren Beschluss gegen Blockaden der Gorleben-Transporte werben und gehe davon aus, dass er von der Mehrheit mitgetragen werde.
Clement appelliert an Baden-Württemberg
Unterdessen forderte auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement das Land Baden-Württemberg auf, die Castor-Transporte von Neckarwestheim nach Ahaus zu verhindern und stattdessen der Zwischenlagerung vor Ort zuzustimmen. Ein "unnötiger Transport wäre ein Hohn, vor allem gegenüber den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten", sagte der SPD-Politiker der "Berliner Zeitung".
Die Genehmigung für eine vorläufige Lagerung von Castor-Behältern in Neckarwestheim wird vom Bundesamt für Strahlenschutz bearbeitet. Dieses hat eine Entscheidung bis Ende Februar angekündigt, so dass Transporte zunächst überflüssig werden könnten. Ein dauerhaftes Zwischenlager müsste dann in einem weiteren Verfahren genehmigt werden. Es soll bis 2005 fertig werden.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat mehrere Transporte mit abgebrannten Brennelementen aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim zur Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield genehmigt. Der Transport soll über die Schiene nach Frankreich und dann über den Kanal nach England geleitet werden, teilte ein Sprecher des Amtes am Montag mit.
Der Sprecher des Strahlenschutz-Amtes sagte, die Genehmigung für die Transporte nach Sellafield stehe in keinem Verhältnis zur aktuellen Castor-Debatte. Sie sei bis zum 30. September 2001 befristet. Über den Fahrttermin entscheiden die Nuclear Cargo + Service GmbH als Genehmigungsinhaberin und die Kraftwerksbetreiber.
Stuttgart will Atom-Transport -
NRW-Innenminister: Castor soll für den Wahlerfolg rollen
Stuttgart/Düsseldorf. (dpa) Der von Baden-Württemberg geplante Castor-Transport mit Atommüll in das nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus hat heftigen politischen Streit ausgelöst.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble (CDU) bestätigte, dass der Transport trotz der vom Bundesamt für Strahlenschutz angekündigten Genehmigung für ein Zwischenlager beim Atomkraftwerk Neckarwestheim vorbereitet wird. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) warf der Landesregierung in Stuttgart deswegen eine "teure Hinhaltetaktik" vor.
Er könne nicht akzeptieren, dass die Entscheidung über die Einrichtung des Zwischenlagers "aus rein wahltaktischen Motiven auf die lange Bank geschoben wird", sagte Behrens. Das Stuttgarter Staatsministerium wies die Äußerungen von Behrens als "langsam unerträglich" zurück. Mit "glatt falschen" Behauptungen werde versucht, gegen Baden-Württemberg Stimmung zu machen.
In Baden-Württemberg wird am 25. März ein neuer Landtag gewählt. Der Atommüll soll Anfang März nach Nordrhein-Westfalen geschickt werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz hält Castor-Transporte aus Neckarwestheim in den kommenden fünf Jahren für unnötig.
Die Behörde will dort noch im Februar ein Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe genehmigen. 2005 will das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim im Kreis Heilbronn ein bereits beantragtes großes Zwischenlager in Betrieb nehmen.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) stellte klar, dass der Stromerzeuger in Baden-Württemberg einen Rechtsanspruch auf den Atomtransport hat. Er kritisierte zugleich, Stuttgart verfahre nach der Devise: "Die Gewerbesteuer aus Atomkraftwerken bleibt im Ländle, den Atommüllverschieben wir nach Norden."
NRW-Innenminister Behrens sagte zu den baden-württembergischen Plänen: "Wenn der Castor-Transport stattfindet, werfen wir 100 Millionen Mark Steuergelder zum Fenster raus. Das kann niemand verantworten."
Nordrhein-Westfalen habe jetzt schon mehr als 2,5 Millionen Mark für die logistische Vorbereitung des geplanten und "völlig überflüssigen" Transports ausgegeben. Schäuble erklärte, sein Ministerium erarbeite eine Dienstvereinbarung für den Gesundheitsschutz der Polizeibeamten, die den Transport begleiten sollen.
Kölnische Rundschau 20.01.2000
Innenminister Fritz Behrens:
Castor-Transport kostet NRW schon vor dem
Start Millionen
Düsseldorf (dpa) - Das Land Nordrhein-Westfalen hat jetzt schon mehr als
2,5 Millionen Mark für die Vorbereitung des geplanten Castor-Transports
ins westfälische Ahaus ausgegeben. Diese Zahl gab NRW-Innenminister
Fritz Behrens (SPD) am Samstag in einem dpa- Gespräch in Düsseldorf
bekannt. Obwohl der Transport "völlig überflüssig" sei, müssten sich etwa
450 Beschäftigte der nordrhein- westfälischen Polizei seit Wochen
professionell auf den für März avisierten Einsatz vorbereiten.
"Wenn der Castor-Transport stattfindet, werfen wir 100 Millionen Mark
Steuergelder zum Fenster raus. Das kann niemand verantworten",
bekräftigte Behrens. "Für 100 Millionen könnten 1 000 Lehrer ein Jahr
bezahlt werden." Er warf der Landesregierung von Baden-Württemberg
eine "teure Hinhaltetaktik" vor.
Er könne nicht akzeptieren, dass die wichtige Entscheidung über die
unverzügliche Einrichtung eines Interimslagers am Kernkraftwerk
Neckarwestheim "aus rein wahltaktischen Motiven auf die lange Bank
geschoben wird".
Am 25. März muss sich die CDU-geführte Regierung in Baden-
Württemberg Landtagswahlen stellen. Das Bundesamt für Strahlenschutz
hält Castor-Transporte aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim in den
kommenden fünf Jahren für entbehrlich.
SZ vom 20.01.2001 Politik
Castor-Transporte reine Geldverschwendung"
Stuttgart/Salzgitter (AP/dpa) &endash; Die Gewerkschaft der
Polizei (GdP) hat eine Aussetzung des für Anfang März in
das westfälische Zwischenlager Ahaus geplanten
Atommülltransports gefordert. Ein Transport wäre die
reinste Personal- und Geldverschwendung", sagte GdP-Chef
Konrad Freiberg. Der Transport solle so lange nicht
stattfinden, bis endgültig feststehe, ob das Kernkraftwerk
Neckarwestheim genügend Lagerkapazitäten für Atommüll
habe. Der Betreiber des Kernkraftwerkes habe Hinweise
gegeben, dass kein dringender Bedarf für einen
Castor-Transport nach Ahaus bestehe. Bis 2004 könne
Atommüll vor Ort verbleiben, wenn ein Zwischenlager
genehmigt würde, hieß es nach Angaben der
Polizeigewerkschaft. Auch das Bundesamt für
Strahlenschutz hält die Transporte aus dem Atomkraftwerk
Neckarwestheim in den kommenden fünf Jahren für
entbehrlich. Dies stellte der Präsident der Behörde in
Salzgitter, Wolfram König, in einem Brief an den
baden-württembergischen Grünen-Fraktionschef Dieter
Salomon klar.
dpa 19.1.2001
Bundesamt: Castor-Transporte bis 2005 entbehrlich
Stuttgart/Salzgitter (dpa).
Das Bundesamt für Strahlenschutz hält Castor-Transporte aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim in den kommenden fünf Jahren für entbehrlich. Dies stellte der Präsident der Behörde in Salzgitter, Wolfram König, in einem am Freitag bekannt gewordenen Brief an den baden-württembergischen Grünen-Fraktionschef Dieter Salomon klar.
Zur Begründung verwies König auf die für Ende Februar anvisierte atomrechtliche Genehmigung für ein Interimslager in Neckarwestheim, dessen Kapazitäten bis 2005 ausreichten.
In dem der dpa vorliegenden Schreiben bezieht König ausdrücklich die sechs bereits zum Abtransport beladenen Castor-Behälter mit ein. Sie sollen nach ursprünglicher Planung im März von Neckarwestheim in das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen gebracht werden. Im Jahr 2005 will das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar (GKN, Kreis Heilbronn) ein bereits beantragtes großes Standortzwischenlager in Betrieb nehmen.
König widerspricht mit seinen Aussagen dem GKN. Dessen Sprecher hatte betont: "Wenn die Castor-Behälter nicht abtransportiert werden, ist das Interimslager bereits 2004 voll. Deshalb werden wir auf die genehmigten Castor-Transporte nicht verzichten."
Lagerung auf den bereits errichteten Stellplätzen
Nach Erteilung der Genehmigung durch das Bundesamt werden nach Angaben Königs innerhalb von drei Wochen das baden-württembergische Wirtschafts- und das Umweltministerium angehört. Dann können abgebrannte Brennelemente auf den bereits errichten Stellplätzen für zwölf Castor-Behälter gelagert werden. Für die spätere Erweiterung des Lagers auf Stellplätze für 24 Castoren ist lediglich noch die Genehmigung des Landratsamts notwendig.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, kritisierte die gegenwärtige Debatte über die Transporte. Das Taktieren der Energiewirtschaft und der politisch Verantwortlichen schüre den Widerstand der Atomgegner, sagte er am Freitag. Der Atommülltransport müsse so lange ausgesetzt werden, bis feststehe, ob Neckarwestheim genügend Lagerkapazität habe.
junge Welt Inland 19.01.2001
Politische Unruhe im Kreis
Castor-Transport nach Ahaus fraglich.
»Tag X« in Gorleben wahrscheinlich am 27. März
Der für Anfang März vorgesehene Transport von sechs Behältern mit abgebrannten Brennstäben vom AKW Neckarwestheim (Baden-Württemberg) ins westfälische Atommüllzwischenlager Ahaus steht wieder in Frage. Nicht zuletzt wegen des wachsenden Widerstandes bemüht sich die Bundesregierung, die unpopuläre Castor-Fracht zu vermeiden. Dagegen scheint der Termin für den Rücktransport von sechs Containern mit verglasten hochradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben weiter fest eingeplant zu sein: Nach Informationen, die Atomkraftgegnern und Journalisten zugänglich wurden, soll der Konvoi in der Nacht vom 26. zum 27. März die französisch-deutsche Grenze passieren.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) untersteht, erklärte, das vom Neckarwestheim-Betreiber Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) beantragte sogenannte Interimslager auf dem Kraftwerksgelände werde vermutlich bis Ende Februar genehmigt. »Wir sind gerade bei der Formulierung der Genehmigung«, sagte Bruno Thomauske vom BfS. Mit dem Interimslager, das aus einer Garage mit 24 Castor-Stellplätzen besteht, würden Brennelementetransporte in externe Zwischenlager überflüssig.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) wertete die Ankündigung der Behörde als »wichtigen Teilerfolg«, um Castor-Transporte von Neckarwestheim nach Ahaus überflüssig zu machen. Wenn die radioaktiven Abfälle auf dem Kraftwerksgelände zwischengelagert werden könnten, »ist es niemandem mehr zu erklären, daß in wenigen Wochen noch Castoren nach Ahaus transportiert werden sollen«. Außer dem Widerstand, an dem sich auch Orts- und Kreisverbände der NRW-Grünen beteiligen wollen, fürchtet Behrens auch die Kosten für den Polizeieinsatz, die auf rund 100 Millionen Mark geschätzt werden.
Ein Sprecher der EnBW erklärte, man begrüße die BfS- Ankündigung, zweifle aber, daß die Genehmigung für das Interimslager rechtzeitig komme, um den Transport zu verhindern. Jürgen Trittin sagte, es bleibe abzuwarten, ob die Fahrt stattfinde. Die Bürgerinitiative »Kein Atommüll in Ahaus« mobilisiert vorerst weiter zu Protestaktionen. Auch die für den 18. Februar geplante Großdemonstration soll stattfinden, so die Initiative.
Keinerlei politische Spielräume gibt es hingegen beim Castor-Transport nach Gorleben. Denn bekanntlich verweigert Frankreich so lange die Annahme von verbrauchten Brennelementen aus Deutschland zur Wiederaufarbeitung, bis die Bundesrepublik den strahlenden Schrott aus La Hague ihrerseits zurück nimmt. Rot-Grün hat den AKW-Betreibern versprochen, daß keine Meiler wegen Entsorgungsengpässen stillgelegt werden müssen.
Technisch betrachtet, ist der Weg für Atommüll ins Wendland wieder frei. Die altersschwache Eisenbahnbrücke über die Jeetzel wurde für sieben Millionen Mark erneuert. Der nun bekanntgewordene Zeitplan sieht vor, daß der Castor- Zug am Abend des 27. März in Dannenberg eintrifft. Dort sollen die sechs Behälter auf Lastwagen umgeladen und am folgenden Tag nach Gorleben gebracht werden.
Am Sonnabend, den 24. März, wollen die Atomgegner mit einer Demonstration in Lüneburg die heiße Phase des Widerstandes einläuten. »Die Devise bei diesem Tag X heißt 50 plus 20«, so Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Nicht nur im Kreis Lüchow-Dannenberg werde es »politische Unruhe« geben, denn zu den 20 Straßenkilometern kämen noch 50 auf der Schiene von Lüneburg bis Dannenberg hinzu.
Die Kampagne »x-tausendmal quer«, die eine große Sitzblockade gegen den Castor-Konvoi plant, hat sich unterdessen gegen Äußerungen der Polizeigewerkschaft GdP über angeblich gewalttätige Demonstranten verwahrt. Wenn GdP-Chef Konrad Freiberg jetzt Ängste vor Gewalttaten der Atomkraftgegner heraufbeschwöre, »dann betreibt er das Geschäft der Eskalation«, sagte »x-tausendmal quer«- Sprecher Jochen Stay. Die Erfahrung der bisherigen Castor- Transporte zeige, »daß die Gewalt eindeutig von der Polizei ausgeht«.
Reimar Paul
GKN besteht auf Transport von Castoren nach Ahaus
Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt Zwischenlager in Neckarwestheim
Trotz der Genehmigung eines Interimslagers besteht das Atomkraftwerk Neckarwestheim
auf dem für Anfang März geplanten Castortransport nach Ahaus in Westfalen.
"Wenn die Castor-Behälter nicht abtransportiert werden, ist das Interimslager bereits 2004 voll. Deshalb werden wir auf die genehmigten Castor-Transporte nicht verzichten", sagte der Sprecher des Kraftwerkes, Uwe Mundt, am Mittwoch. Das geplante standortnahe Zwischenlager solle aber erst im Jahr 2005 oder 2006 fertig gestellt sein.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Salzgitter hatte zuvor die Genehmigung eines Interimslagers in Neckarwestheim für Ende Februar angekündigt. Dort könnte der nukleare Müll mehrere Jahre lang gelagert werden.
"Wir sind gerade bei der Formulierung der Genehmigung", sagte Bruno Thomauske vom Bundesamt. Standortnahe Zwischenlager sind Bestandteil des Atomkonsenses, den die Regierung und die Betreiber von Atomkraftwerken beschlossen hatten.
Die schnelle Genehmigung komme für Neckarwestheim "sehr überraschend", sagte Kraftwerkssprecher Mundt. Er teilte nicht die Auffassung, womit dadurch die Transporte entbehrlich würden.
Auch das baden-württembergische Umweltministerium geht weiter davon aus, dass die Castor-Transporte stattfinden werden. "Wir wissen es erst sicher, wenn die Genehmigung für das Zwischenlager auch rechtskräftig ist", sagte ein Sprecher.
Die Landtags-SPD in Baden-Württemberg verlangte "ein klares Signal der Landesregierung" zum Stopp der Castor-Transporte. Die Grünen warfen Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) vor, er wolle aus politischen Gründen am Atommülltransport festhalten.
"Er nimmt dabei in Kauf, dass es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen beim Transport kommen kann und Kosten in dreistelliger Millionenhöhe entstehen."
Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) forderte den Verzicht auf den Atommülltransport. Es sei nun "niemandem mehr zu erklären, dass in wenigen Wochen noch Castoren nach Ahaus transportiert werden sollen".
Mittwoch, 17.01.2001
Im Frühjahr kein Transport von Atommüll
Gundremmingen: Zeitplan wurde aufgegeben
Gundremmingen (als). Den für Frühjahr 2001 angekündigten
Atomtransport von Gundremmingen nach Ahaus wird es nicht
geben. Im Kernkraftwerk wurde der aus dem letzten Jahr
stammende Zeitplan aufgegeben, weil selbst der vorrangige
Castortransport des AKW Neckarwestheim derzeit auf sich
warten lässt. Die AKW- Betreiber im baden-württembergischen
Neckarwestheim sind im Besitz einer Transportgenehmigung, die
für Gundremmingen noch nicht vorliegt. Weil die Bundesländer,
durch die der Transport rollen würde, sich über den Ablauf nicht
einig sind, bleibt das Kernkraftwerk Nackarwestheim vorerst
trotzdem auf seinem Atommüll sitzen. Die AKW Neckarwestheim
und Philippsburg in Baden- Württemberg und Biblis in Hessen
sind wegen zur Neige gehender Lagerkapazitäten auf den
Abtransport der abgebrannten Brennelemente dringend
angewiesen.
Wegen der Entsorgungssicherheit hatte auch Gundremmingen
auf einen Castortransport im Frühjahr 2001 gesetzt und einen
dazu nötigen Antrag beim Bundesamt für Strahlenschutz gestellt
(wir berichteten). Im Gegensatz zu Neckarwestheim steht man
in Gundremmingen jedoch nicht unter Zeitdruck, da die
Lagerbecken in den beiden Reaktoren B und C die
ausgebrannten Brennelemente noch bis 2006/2007 aufnehmen
können. Die Betreiber wollen diese Frist aber "nicht ausreizen",
sagte gestern AWK&endash;Sprecher Dr. Manfried Lasch auf Anfrage.
Einen Castortransport noch in diesem Jahr würden sie daher
begrüßen. Dies liege aber nicht in der Entscheidungsgewalt der
Betreiber, erklärte er.
Castorbehälter fertig
Die Castorbehälter seien von der Herstellerfirma in Duisburg
weitgehend fertiggestellt worden, jedoch noch nicht in
Gundremmingen eingetroffen. Wenn es nach den Betreibern
geht, würde heuer ein Zug mit insgesamt sechs Castorbehältern
zum Zwischenlager Ahaus nach Nordrhein- Westfalen rollen.
Dies wäre der bislang größte Atomtransport aus
Gundremmingen.
Die einmal für Frühjahr 2001 vorgesehene öffentliche Anhörung
zum Bau des Atom- Zwischenlagers in Gundremmingen wird laut
Lasch ebenfalls später stattfinden. Derzeit würden noch
Planungsunterlagen für das Bundesamt für Strahlenschutz
"vervollständigt". Nach Abschluss dieser Arbeiten will das AKW
den Bauantrag bei der Gemeinde einreichen. Die öffentliche
Anhörung läuft im Rahmen des atomrechtlichen Verfahrens.
Atomlager Ahaus
Grüne lehnen Transporte von Castoren einhellig ab
dt Düsseldorf. Auf ihrer Klausurtagung in Rheine hat sich die grüne
Fraktion im Düssledorfer Landtag einmütig hinter ihren Landesverband,
die SPD-Fraktion sowie Landesinnenminister Fritz Behrens gestellt und
gegen den anstehenden Castor-Transport in das Zwischenlager Ahaus
gestimmt.
Der Transport sei unnötig, sagte ihr energiepolitischer Sprecher Rüdiger
Sagel. Er forderte die baden-württembergische Regierung auf, ihre Politik
gegen die Atommülllagerung am Standort Neckarwestheim aufzugeben.
Stattdessen sollten die zuständigen Behörden den Antrag für ein
Zwischenlager in Neckarwestheim zügig prüfen und eine Genehmigung
ohne Zeitverzögerung zu erteilen - was Stuttgart ablehnt.
Die grüne Landtagsfraktion begrüßte es zudem, dass Innenminister
Behrens im Gegensatz zu seinem Vorgänger bei einem etwaigen
Transporttermin "keine Verwirrspiele mit der Bevölkerung" durch Nennung
eines falschen Termins betreiben wolle.
SPD-Fraktionschef Edgar Moron nannte es unterdessen eine "Ironie der
Geschichte", dass NRW, das als erstes Land aus der Atomenergie
ausgestiegen sei, jetzt zentraler Standort für die Zwischenlagerung von
Atommüll werden solle.
Er erwarte von Berlin und den zuständigen Landesbehörden, dass sie
ihre Möglichkeiten nutzen und endlich die Voraussetzungen schafften,
damit die Castoren bleiben könnten, wo sie sind.
Streit um geplante Castor-Transporte nach Ahaus hält an / Regierung lehnt Atommülllagerung bei Kernkraftwerken ab
Das Land will das atomare Endlager herbeiklagen
Von unserem Korrespondenten Andreas Böhme
STUTTGART. Die Landesregierung gibt sich bei der Atommüllentsorgung unnachgiebig. Gestern hat das Kabinett beschlossen, den Bund zu verklagen, weil das Endlager im Schacht
Konrad bei Salzgitter nicht vorankommt. Andererseits verweigert das Bundesamt für Strahlenschutz die Nutzung von Atomlagerplätzen in Neckarwestheim und Philippsburg. Die
Transporte ins Zwischenlager Ahaus müssen deshalb stattfinden, verlangt das Land.
Fast könnte man vermuten, die Landesregierung hätte vorausschauend agiert. Denn das Zwischenlager im Atomkraftwerk Obrigheim ist das einzig betriebsfähige in Deutschland. Ein
standortnahes Lager für ausgediente Brennstäbe: ganz so, wie es der im vergangenen Sommer zwischen Bundesregierung und Energiekonzernen ausgehandelte Kompromiss vorsieht.
Das Obrigheimer Becken wurde schon in den 80er-Jahren gebaut, aber erst 1998 freigegeben. Seine Lagerkapazität reicht für 30 Jahre &endash; genug, um den ältesten Meiler im Land
noch ein Weilchen ungestört von allen Entsorgungsproblemen weiter zu betreiben. Fast zeitgleich gab es grünes Licht für ähnliche Zwischenlager in Philippsburg und
Neckarwestheim. Gebaut wurden sie aber bis heute nicht. Denn in der Zwischenzeit vereinbarten Betreiber und die ausstiegswillige Bundesregierung eine Kehrtwende: Radioaktiver
Abfall sollte nun am Ort gelagert werden. Dieser Atomkompromiss hat Erwin Teufel verärgert. Deshalb stellt sich das Land jetzt auf die Seite der Standortgemeinden. Die sind zwar
für Atomkraft, aber gegen Zwischenlager am Ort.
In Neckarwestheim und Philippsburg ist die Lage prekär, seit die CDU-Umweltministerin Angela Merkel alle Transporte gestoppt hatte, weil die Transportbehälter radioaktiv
verunreinigt waren. Weil die Meiler unverdrossen weiterproduzierten, drohe nun das Aus, klagten die Betreiber schon 1999, würden die Transporte nicht bald wieder
aufgenommen.
Das soll voraussichtlich Anfang März geschehen, rechtzeitig vor den Revisionspausen für alle Atomkraftwerke im Land. Die Genehmigungen hat das Bundesamt für Strahlenschutz
schon vor einem Jahr erteilt, die Termine wurden mit dem aufnehmenden Land Nordrhein-Westfalen abgestimmt. Jetzt macht die Düsseldorfer rot-grüne Landesregierung einen
Rückzieher &endash; wegen des Atomkompromisses und der hohen Kosten für den Polizeieinsatz. Doch die Regierung Teufel beharrt auf dem Transport. Der Düsseldorfer
SPD-Innenminister Fritz Behrens nennt das Obstruktionspolitik". Allein in Neckarwestheim warten sechs bereits beladene Castor-Behälter auf den Abtransport. Doppelt so viele
sind baurechtlich genehmigt, damit wäre Platz vorhanden auch für die demnächst auszutauschenden Brennstäbe. Doch dazu fehlt die Betriebsgenehmigung der
Strahlenschutzbehörde. Die Betreiber wollen sogar 24 Castoren lagern und haben deshalb das Land verklagt. Stuttgart könnte die Bauarbeiten per Weisung" durchsetzen, will
aber nicht.
In Philippsburg ist der Lagerraum ebenfalls knapp, allerdings wurden dort noch keine Transportbehälter beladen. Sechs wären möglich, aber auch in diesem Fall verweigert das
Bundesamt für Strahlenschutz die Genehmigung.
In den Machtspielen zwischen Stuttgart, Berlin und Düsseldorf hat gestern Wirtschaftsminister Walter Döring noch eins draufgesetzt. Das Land will beim
Bundesverwaltungsgericht per Klage durchfechten, dass der Bund das Endlager in Salzgitter nach 18 Jahren Planung endlich planfeststellen lässt.
Streit um geplante Castor-Transporte nach Ahaus hält an / Regierung lehnt Atommülllagerung bei Kernkraftwerken ab
Das Land will das atomare Endlager herbeiklagen
Von unserem Korrespondenten Andreas Böhme
STUTTGART. Die Landesregierung gibt sich bei der Atommüllentsorgung unnachgiebig. Gestern hat das Kabinett beschlossen, den Bund zu verklagen, weil das Endlager im Schacht
Konrad bei Salzgitter nicht vorankommt. Andererseits verweigert das Bundesamt für Strahlenschutz die Nutzung von Atomlagerplätzen in Neckarwestheim und Philippsburg. Die
Transporte ins Zwischenlager Ahaus müssen deshalb stattfinden, verlangt das Land.
Fast könnte man vermuten, die Landesregierung hätte vorausschauend agiert. Denn das Zwischenlager im Atomkraftwerk Obrigheim ist das einzig betriebsfähige in Deutschland. Ein
standortnahes Lager für ausgediente Brennstäbe: ganz so, wie es der im vergangenen Sommer zwischen Bundesregierung und Energiekonzernen ausgehandelte Kompromiss vorsieht.
Das Obrigheimer Becken wurde schon in den 80er-Jahren gebaut, aber erst 1998 freigegeben. Seine Lagerkapazität reicht für 30 Jahre &endash; genug, um den ältesten Meiler im Land
noch ein Weilchen ungestört von allen Entsorgungsproblemen weiter zu betreiben. Fast zeitgleich gab es grünes Licht für ähnliche Zwischenlager in Philippsburg und
Neckarwestheim. Gebaut wurden sie aber bis heute nicht. Denn in der Zwischenzeit vereinbarten Betreiber und die ausstiegswillige Bundesregierung eine Kehrtwende: Radioaktiver
Abfall sollte nun am Ort gelagert werden. Dieser Atomkompromiss hat Erwin Teufel verärgert. Deshalb stellt sich das Land jetzt auf die Seite der Standortgemeinden. Die sind zwar
für Atomkraft, aber gegen Zwischenlager am Ort.
In Neckarwestheim und Philippsburg ist die Lage prekär, seit die CDU-Umweltministerin Angela Merkel alle Transporte gestoppt hatte, weil die Transportbehälter radioaktiv
verunreinigt waren. Weil die Meiler unverdrossen weiterproduzierten, drohe nun das Aus, klagten die Betreiber schon 1999, würden die Transporte nicht bald wieder
aufgenommen.
Das soll voraussichtlich Anfang März geschehen, rechtzeitig vor den Revisionspausen für alle Atomkraftwerke im Land. Die Genehmigungen hat das Bundesamt für Strahlenschutz
schon vor einem Jahr erteilt, die Termine wurden mit dem aufnehmenden Land Nordrhein-Westfalen abgestimmt. Jetzt macht die Düsseldorfer rot-grüne Landesregierung einen
Rückzieher &endash; wegen des Atomkompromisses und der hohen Kosten für den Polizeieinsatz. Doch die Regierung Teufel beharrt auf dem Transport. Der Düsseldorfer
SPD-Innenminister Fritz Behrens nennt das Obstruktionspolitik". Allein in Neckarwestheim warten sechs bereits beladene Castor-Behälter auf den Abtransport. Doppelt so viele
sind baurechtlich genehmigt, damit wäre Platz vorhanden auch für die demnächst auszutauschenden Brennstäbe. Doch dazu fehlt die Betriebsgenehmigung der
Strahlenschutzbehörde. Die Betreiber wollen sogar 24 Castoren lagern und haben deshalb das Land verklagt. Stuttgart könnte die Bauarbeiten per Weisung" durchsetzen, will
aber nicht.
In Philippsburg ist der Lagerraum ebenfalls knapp, allerdings wurden dort noch keine Transportbehälter beladen. Sechs wären möglich, aber auch in diesem Fall verweigert das
Bundesamt für Strahlenschutz die Genehmigung.
In den Machtspielen zwischen Stuttgart, Berlin und Düsseldorf hat gestern Wirtschaftsminister Walter Döring noch eins draufgesetzt. Das Land will beim
Bundesverwaltungsgericht per Klage durchfechten, dass der Bund das Endlager in Salzgitter nach 18 Jahren Planung endlich planfeststellen lässt.
15.01.2001 19 : 12 Uhr
Breite Front gegen Castor-Atomtransport
Düsseldorf/Berlin - Die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf macht Front gegen den für
Anfang März erwarteten Castor-Atomtransport nach Ahaus. Während die Grünen von
Nordrhein-Westfalen (NRW) ihre Beteiligung an Demonstrationen gegen den
Atommülltransport ankündigten, übte der Düsseldorfer SPD-Fraktionschef Edgar Moron am
Montag scharfe Kritik an den Behörden: Die zuständigen Stellen beim Bund und in
Baden-Württemberg hätten ihre Möglichkeiten nicht ausgenutzt oder die Voraussetzungen
für mehr Kapazitäten der Zwischenlagerung direkt am Atommeiler "bewusst verzögert". Der
Castor-Transport mit abgebrannten Brennelementen soll am Atomkraftwerk Neckarwestheim
(Baden-Württemberg) starten.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) appellierte nach einem
Koordinierungsgespräch auf Staatssekretärsebene in Berlin an alle Beteiligten, ihre
"Entscheidungsspielräume" zur Verhinderung des Transports zu nutzen.
Behrens erklärte nach dem Berliner Koordinierungsgespräch in Düsseldorf, die
Energieversorgung Baden-Württemberg (EnBW) sehe sich "derzeit nicht in der Lage, auf
den Castor-Transport nach Ahaus zu verzichten". Deshalb bereite sich die Polizei in
Nordrhein-Westfalen auf den Transport "selbstverständlich weiter professionell vor".
Zugleich rief Behrens die Beteiligten auf, "alle Entscheidungsspielräume" zu nutzen, "damit
nicht leichtfertig Steuermillionen ausgegeben und sinnlos zehntausende Polizisten
eingesetzt werden müssen".
Jeetzel-Brücke wird repariert
Unterdessen meldete die Deutsche Bahn, ihre Brücke über die Jeetzel sei repariert und der
Zugverkehr von Lüneburg nach Dannenberg wieder aufgenommen worden. Die
Brückenreparatur hatte nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz die
Genehmigung für den Rücktransport von Atommüll aus der Wiederaufbereitung im
französischen La Hague monatelang aufgehalten. Darüber war zwischen Deutschland und
Frankreich ein Konflikt aufgebrochen. Frankreich hatte sich geweigert, weiteren Atommüll
anzunehmen, bevor nicht alte Container zurück nach Deutschland transportiert wären.
Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg geht davon aus, dass ein Transport von sechs
Behältern mit radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich am Abend
des 27. März in Dannenberg eintreffen soll.
Der bislang letzte innerdeutsche Transport von Atommüll war im März 1998 in Ahaus
eingetroffen. Kurz darauf hatte die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU)
alle Atom-Transporte gestoppt, da an Atommüll-Behältern überhöhte Strahlenwerte
gemessen worden waren. Nach neuen Auflagen erteilte das Bundesamt für Strahlenschutz
erstmals im Januar 2000 wieder Genehmigungen und gab fünf Transporte aus den
Atomkraftwerken Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg nach Ahaus frei.
Mittwoch 17. Januar 2001, 17:43 Uhr
Lösung im Streit um Atomtransport in Sicht
Genehmigung für Interimslager womöglich noch im Februar
Berlin (AP) In letzter Minute will der Bund den für Anfang März vorgesehenen Atom-Transport von Neckarwestheim ins
Zwischenlager Ahaus doch noch abwenden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) könnte noch vor Ende Februar die
Zwischenlagerung an dem baden-württembergischen Atommeiler genehmigen und den Abtransport somit unnötig machen,
sagte Behördenchef Wolfram König. Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens begrüßte die Ankündigung am
Mittwoch. Offen war zunächst, ob der Betreiber auf dem Castor-Transport besteht.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin sagte in Berlin lediglich, ob die Fahrt stattfinden werde, bleibe abzuwarten. BfS-Chef
König erläuterte der «Frankfurter Rundschau» aber, «Ziel und Fahrplan» sei, die Genehmigung bis Ende Februar zu erteilen, um «vermeidbare Transporte auch zu
vermeiden». Die Genehmigung könnte mit Sofortvollzug erteilt werden, so dass Einsprüche das Lager zunächst nicht verhindern könnten.
Den Transport hatte das Bundesamt schon im Januar 2000 erlaubt. Nordrhein-Westfalen hatte ihn für Anfang März avisiert. Dennoch versuchte Innenminister Behrens
noch diese Woche, die nach seinen Angaben 100 Millionen Mark teure Fahrt zu verhindern und stattdessen den Atommüll in Castor-Behältern auf dem Werksgelände
zu lagern.
Das Konzept so genannter dezentraler Zwischenlager ist Teil des Atomkonsenses zwischen Bundesregierung und Stromkonzernen. Der Betreiber Energie
Baden-Württemberg (EnBW) hatte für Neckarwestheim letztes Jahr ein Zwischenlager mit 24 Stellplätzen beantragt.
Nach Angaben von EnBW quellen die derzeitigen Lagerkapazitäten über, so dass spätestens im Sommer der Betrieb eingestellt werden müsste. Unternehmenssprecher
Klaus Wertel wollte sich am Mittwoch nicht festlegen, was nach Erteilung der Genehmigung für das Zwischenlager geschehen werde. Einen Verzicht auf den
Transport könne man derzeit nicht erklären. Man sondiere die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten, sagte Wertel der AP.
Ein Sprecher des Kraftwerks sagte hingegen, die abfahrbereiten sechs Castoren müssten transportiert werden. Sonst wäre die Kapazität des künftigen Zwischenlagers
zu schnell gefüllt. Behrens appellierte an den Betreiber, auf den Transport zu verzichten. Auch die Gewerkschaft der Polizei meinte, die Fahrt sei nicht mehr zu
rechtfertigen. «Ich hoffe, das Thema ist nun endgültig vom Tisch», erklärte NRW-Landeschef Werner Swienty.
Polizeigewerkschaft gegen teure Aktion
Castor-Transport unwahrscheinlich
Ahaus/Salzgitter (dpa/lnw).
Der für Anfang März avisierte
Castor- Transport ins
Brennelemente-Zwischenlager
in Ahaus ist überraschend
unwahrscheinlich geworden.
Das Bundesamt für
Strahlschutz (BfS) in
Salzgitter werde vermutlich
bis Ende Februar ein
Interimslager für abgebrannte
Brennelemente am Kernkraft Neckarwestheim in Baden-
Württemberg genehmigen, sagte der Leiter der
BfS-Projektgruppe für die Genehmigung von
Zwischenlagerverfahren, Bruno Thomauske, am Mittwoch
der dpa.
Dort könnten die Brennelemente rund fünf Jahre lang aufbewahrt
werden. Innerhalb dieses Zeitraumes soll ein standortnahes
Zwischenlager in Neckarwestheim entstehen. Damit müssten die
Brennelemente nicht in Castor-Behältern ins Zwischenlager im
westfälischen Ahaus gebracht werden, sagte Thomauske.
Die Castor-Atommüll-Transporte sollten nach Ansicht der
Gewerkschaft der Polizei (GdP) vermieden werden. "Wenn sich der
gewaltige Aufwand und die damit verbundenen Gefahren umgehen
lassen, sollte man das tun", sagte der Bundesvorsitzende der
Gewerkschaft, Konrad Freiberg, der dpa. Er werde deswegen mit allen
Betreiberfirmen sprechen, um Alternativen auszuloten, kündigte
Freiberg an.
Schon wegen der Kosten von geschätzten 100 Millionen Mark seien
derartige Einsätze zum Schutz der Castor-Transporte unvernünftig.
"Wir gehen davon aus, dass für die Polizisten keine Strahlengefahr
droht", sagte der Gewerkschaftschef. Wissenschaftler hätten dies
ausgeschlossen, es gebe keine gegensätzlichen Erkenntnisse.
"Ängste der Kollege bestehen trotzdem."
Sollten die Castor-Transporte unvermeidlich sein, werde die Polizei
für ihren Schutz sorgen. "Für diesen Fall fordere ich die Grünen auf,
auf ihre Klientel einzuwirken, damit die Transporte ohne gewalttätige
Ausschreitungen stattfinden können", sagte Freiberg. Die Grünen,
allen voran Bundesumweltminister Jürgen Trittin, hätten hierzu eine
besondere Verpflichtung.
Um die Castor-Transporte von Neckarwestheim in
Baden-Württemberg nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen war zwischen
den Regierungen beider Bundesländer ein Streit ausgebrochen. Nach
Ansicht der SPD-geführten Regierung in Düsseldorf könnten die
Transporte durch Zwischenlagerkapazitäten am Atomkraftwerk
Neckarwestheim vermieden werden. Die CDU-geführte Regierung in
Stuttgart drängt dagegen auf einen zügigen Transport.
Nordrhein-Westfalen rechnet mit dem Einsatz von 20 000 Polizisten
und 100 Millionen Mark Kosten zum Schutz der Transporte vor
Atomkraftgegnern. Das NRW-Innenministerium hat bereits eine
Urlaubssperre für die Polizisten verhängt.
Etwa tausend Demonstranten zogen zum GKN
16.01.2001
Protest gegen Atomlager
Zum Protest gegen das geplante atomare Zwischenlager am GKN bei Gemmrigheim
versammelten sich gestern Abend rund 1000 Demonstranten - und damit etwas weniger als vor
einer Woche. Wie am vergangenen Montag zog die Menschenmenge vom Hof der
Gemmrigheimer Schule durch den Ort, um vor dem Kernkraftwerk eine Lichterkette zu bilden.
Für den kommenden Montag haben der Gemeinderat und der Verein Bürger für Gemmrigheim
nochmals zu einer Protestversammlung auf dem Schulhof aufgerufen, die dann geschlossen
die Gemeinderatssitzung in der Festhalle besuchen soll. Dort entscheidet das Gremium über
das Gesuch des Kraftwerksbetreibers zum Bau des Zwischenlagers.
Im Castor-Streit zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Südwesten hat der
baden-württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) auf eine rasche Entsorgung
des Atommülls gedrängt.
"Das Gemeinschaftskraftwerk Neckar ist auf die Transporte angewiesen, wenn der Betrieb
weitergehen soll", sagte Döring in Stuttgart. Es gebe Transportgenehmigungen vom Bundesamt
für Strahlenschutz. Zudem sei der " Sofortvollzug" angeordnet.
"Darauf muss sich das Unternehmen auch verlassen können", forderte der Minister.
Der Grünen-Landeschef Andreas Braun betonte, der Landesverband rufe im Fall von
Transporten nicht zu Demonstrationen auf. Grünen-Fraktionschef Dieter Salomon sagte, er
habe wegen der atomrechtlichen Genehmigung eines GKN-Interimslagers einen Brief an das
Bundesamt für Strahlenschutz geschickt.
Er sei zuversichtlich, dass die Behörde bis zum Frühjahr grünes Licht gebe, die Transporte
deshalb obsolet würden.
Nach Dörings Worten liegt die Verantwortung beim Bund. Die Transporte seien im
Entsorgungskonzept zwischen Bund und Ländern vereinbart worden. Der geplante
GKN-Castor-Transport hatte beim nordrhein-westfälischen Innenminister Fritz Behrens (SPD)
Kritik ausgelöst.
Er hatte von einer "Obstruktionspolitik" des Südwestens gesprochen. Er forderte, die
Zwischenlagerkapazitäten bei GKN "zügig " auszuweiten.
Montag 15. Januar 2001, 19:04 Uhr
Behrens: Energieversorger besteht auf Castor-Transporten
Düsseldorf (Reuters) - Der Versorger Energie Baden-Württemberg (EnBW) will nach Angaben des nordrhein-
westfälischen Innenministers Fritz Behrens (SPD) nicht auf den geplanten Atommüll-Transport in das westfälische
Zwischenlager Ahaus verzichten. Dies hätten Vertreter des badischen Versorgers bei einem Treffen im
Bundesumweltministerium in Berlin erklärt, sagte Behrens am Montag in Düsseldorf. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen
bereite sich daher weiter auf den Transport der so genannten Castor-Behälter vor. Behrens bekräftigte, er halte den
Transport für vermeidbar. Es sollten "Entscheidungsspielräume genutzt werden, damit nicht leichtfertig Steuermillionen
ausgegeben und sinnlos Zehntausende Polizisten eingesetzt werden müssen", sagte er.
Aus dem EnBW-Kraftwerk Neckarwestheim wird nach Angaben eines Sprechers des Düsseldorfer Innenministeriums der erste Castor-Transport nach Ahaus rollen. Am Wochenende hatte Behrens in der "Welt am Sonntag" als Alternative für den Transport die Lagerung in so genannten Interimslagern an den Kraftwerksstandorten gefordert. Der Termin für den ersten Castor-Transport nach Ahaus steht nach Angaben aus dem Düsseldorfer Innenministerium bereits fest, er wurde aber nicht genannt. Nach bisherigem Kenntnisstand werden die geplanten Transporte in den ersten beiden März- Wochen erwartet. In dieser Zeit haben Polizisten in Nordrhein-Westfalen Urlaubssperre.
Der bislang letzte innerdeutsche Transport von Atommüll war im März 1998 in Ahaus eingetroffen. Kurz darauf hatte die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) alle Atom-Transporte gestoppt, da an Atommüll-Behältern überhöhte Strahlenwerte gemessen worden waren. Nach neuen Auflagen erteilte das Bundesamt für Strahlenschutz erstmals im Januar 2000 wieder Genehmigungen und gab fünf Transporte aus den Atomkraftwerken Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg nach Ahaus frei.
Montag 15. Januar 2001, 18:11 Uhr
Atomtransporte sollen rollen
Nordrhein-Westfalen kann Abfahrt nicht verhindern - Jeetzel-Brücke repariert
Düsseldorf/Berlin (AP) Atomtransporte im März in die Zwischenlager Ahaus und Gorleben werden immer
wahrscheinlicher. Nordrhein-Westfalen kam nach Angaben von Innenminister Fritz Behrens am Montag bei einem
Bund-Länder-Gespräch nicht dem Wunsch durch, die genehmigten Transporte nach Ahaus doch noch zu verhindern.
Auch dem Rücktransport von Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitung nach Gorleben steht nach der
Reparatur einer Bahnbrücke technisch nichts mehr im Wege.
Vertreter des Bunds sowie der betroffenen Länder und Energieversorger hatten sich in Berlin getroffen, um den monatelangen Streit um die Transporte von verbrauchten Brennstäben aus Süddeutschland ins zentrale Zwischenlager Ahaus beizulegen. Die Genehmigung dafürhat das Bundesamt für Strahlenschutz bereits im Januar 2000 erteilt. Nordrhein-Westfalen wollte die Transporte wegen Sicherheitsbedenken verhindern und plädierte für Zwischenlagerung an den Kraftwerken.
Behrens erklärte in Düsseldorf, da die Energieversorger auf die Transporte nicht verzichten wollten, bereite sich die Polizei vor. Er sei aber nach wie vor der Meinung, dass die Fahrten vermieden werden könnten: «Wir wollen sie nicht.» Deshalb sollten «Entscheidungsspielräume genutzt werden, damit nicht leichtfertig Steuermillionen ausgegeben und sinnlos Zehntausende Polizisten eingesetzt werden müssen». Nordrhein-Westfalen schätzt die Kosten der Transporte auf bis zu 100 Millionen Mark.
Baden-Württemberg besteht nach Angaben des Staatsministeriums auf alten Vereinbarungen mit dem Bund, Atommüll nur in Ahaus und Gorleben zentral zwischenzulagern. Das Konzept der «standortnahen Zwischenlager» aus dem Atomkonsens von Bundesregierung und Stromerzeugern wollen Bayern und Baden-Württemberg erklärtermaßen nicht akzeptieren.
Streit mit Frankreich
Unterdessen meldete die Deutsche Bahn, ihre Brücke über die Jeetzel sei repariert und der Zugverkehr von Lüneburg nach Dannenberg wieder aufgenommen worden. Die Brückenreparatur hatte nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz die Genehmigung für den Rücktransport von Atommüll aus der Wiederaufbereitung im französischen La Hague monatelang aufgehalten. Darüber war zwischen Deutschland und Frankreich ein Konflikt aufgebrochen. Frankreich hatte sich geweigert, weiteren Atommüll anzunehmen, bevor nicht alte Container zurück nach Deutschland transportiert wären.
Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg geht davon aus, dass ein Transport von sechs Behältern mit radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich am Abend des 27. März in Dannenberg eintreffen soll.
Montag 15. Januar 2001, 16:00 Uhr
Strombranche droht mit Bruch des Atomkonsenses
Offener Streit um Castor-Transporte -
Suche nach Lösung zwischen Bund und Ländern
Von AP-Korrespondentin Verena Schmitt-Roschmann
Berlin (AP) Ein gutes halbes Jahr ist der Atomkonsens alt, doch noch immer ist er nicht offiziell vertraglich besiegelt.
Nun drohen die Energieversorger erstmals, den mühsam ausgehandelten Kompromiss platzen zu lassen. Hintergrund ist
ein komplizierter Streit um die anstehenden Atomtransporte und einige Berliner Gesetzesvorhaben, von denen sich die
Strombranche gepiesackt fühlt.
«Was die Entsorgung betrifft, sind wir sehr unzufrieden», machte sich jüngst ein Vorstandsmitglied eines Energieversorgers Luft. Wieder ist von «Verstopfungsstrategie» der Bundesregierung die Rede, zumal die Lagerkapazitäten an den Kraftwerken überquellen.
Tatsächlich hat das Bundesamt für Strahlenschutz Genehmigungen für alle möglichen Atomtransporte erteilt: von Kraftwerken direkt ins zentrale Zwischenlager nach Ahaus und in die Wiederaufbereitung nach Frankreich sowie von dort zurück nach Gorleben. Nur stattgefunden haben sie noch nicht. Der letzte Terminplan sieht für den März Transporte von Süddeutschland nach Ahaus und von Frankreich nach Gorleben vor.
Die Transporte sind für die Bundesregierung und ihren grünen Umweltminister Jürgen Trittin ein heikles Thema. Der BUND und die örtlichen Bürgerinitiativen haben schon jetzt Proteste angekündigt; die Gewerkschaft der Polizei befürchtet Gewalt und appelliert an Trittin, die traditionell den Grünen nahe stehenden Protestierer zu zähmen. Der muss sich rechtzeitig zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg im März auf unschöne Szenen einrichten.
Das Bundesumweltministerium weist dennoch alle Unterstellungen der Stromkonzerne zurück, dass die Transporte «künstlich verzögert» würden. Nicht nur seien die Genehmigungen nach Recht und Gesetz erteilt worden, sagt Trittins Sprecher Michael Schroeren. Der Bund könnte Transporte gar nicht verhindern, weil deren Organisation Ländersache ist.
Nun verfolgen diese in der Sache unterschiedliche politische Ziele. Nordrhein-Westfalen, Standort des Zwischenlagers Ahaus, ist nach Angaben aus dem Innenministerium der Auffassung, die Transporte wären überflüssig, wenn die Lager für Castor-Behälter zum Beispiel an den Kraftwerken Neckarwestheim und Philippsburg in Baden-Württemberg ausgebaut würden. Sinnlos würden für den Transport 100 Millionen Mark Steuergelder verheizt und 20.000 Polizisten eingesetzt, kritisiert der Polizeisprecher im Düsseldorfer Innenministerium, Ulrich Rungwerth.
Die Unions-geführten Südländer, die erklärtermaßen den Atomkonsens verhindern wollen, denken aber gar nicht daran, die Lagerkapazitäten an den Kraftwerken erweitern zu lassen. Man halte sich an alte Abmachungen, dass Atommüll zentral in Ahaus und Gorleben zwischengelagert werde, erklärt das Stuttgarter Staatsministerium. Am Montag trafen sich Vertreter aus Bund und Ländern in Berlin, um einen Weg aus der Sackgasse zu suchen.
«Hausaufgaben gemacht»
Die Energiekonzerne versuchen nun, mit der Drohung gegen den Atomkonsens - die eigentlich nur den Bund trifft - Dampf zu machen. Denn im Juni 2000 wurde die mit wenigen Industrievertretern ausgehandelte Einigung nur «paraphiert», wie die Stromerzeuger spitzfindig vermerken. Ein echter Vertrag, den alle verbindlich annehmen, steht noch aus.
Die Gelegenheit nutzen die Betreiber zu Ermahnungen an die rot-grüne Koalition, die Novelle des Atomgesetzes streng im Sinne des Konsenspapiers vom Juni umzusetzen und die Branche insgesamt mit der Energiegesetzgebung nicht weiter zu reizen. Bevor nicht mehrere Transporte als Geste des guten Willens stattgefunden haben und das Atomgesetz zu ihrer Zufriedenheit novelliert ist, würden die Konzerne den Atomkonsens nicht unterzeichnen, heißt es in Industriekreisen. Das Bundesumweltministerium findet diese Drohung «eigenartig». Die Bundesregierung habe jedenfalls ihre Hausaufgaben gemacht.
"WDR-Magazin Westpol" (Sonntag, 14.01.2001, 19.30 Uhr)
Streit um Atomtransporte
nimmt an Schärfe zu
Düsseldorf/Stuttgart, 14.01.01
Behrens: Kein Verständnis für "Spiel" der baden-württembergischen
Landesregierung
Im Streit um die geplanten Atomtransporte aus Baden-Württemberg ins
nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus wird der Ton zwischen beiden
Landesregierungen schärfer. Zwischenlager vor Ort seien nach dem Atomkonsens
zwischen Bundesregierung und Industrie möglich, also dürften Baugenehmigungen
von den Behörden nicht weiter zurückgehalten werden, sagte Nordrhein-Westfalens
Innenminister Fritz Behrens (SPD) dem WDR-Magazin WESTPOL. "Wir haben Anspruch
auf Klarheit, bevor wir Zehntausende Polizisten einsetzen", meinte Behrens.
Auch Baden-Württembergs CDU-geführte Regierung wird deutlich. "Wir halten nichts
von Zwischenlagern vor Ort", erklärte Umweltminister Ulrich Müller (CDU). "Das heißt
nicht, dass wir irgendeine Behinderungsstrategie gegen über Zwischenlager machen.
Aber politisch halten wir sie für falsch." "Das ist ein Spiel, für das ich wenig Verständnis
habe", klagt dagegen Behrens. Zur Frage, ob die anstehenden Landtagswahlen in
Baden-Württemberg eine Rolle spielten, meinte Behrens: "Auf diese Idee kann man
kommen."
Der Transport vom Atomkraftwerk Neckarwestheim nach Ahaus soll in der ersten
März-Hälfte stattfinden.
Mit Quellenangabe "WDR-Magazin Westpol" (Sonntag, 14.01.2001, 19.30 Uhr) ab sofort
zur Veröffentlichung frei.
DIE WELT 14.01.2001
100 Millionen Mark für Sicherung der nächsten Castor-Transporte
Mehr als 20.000 Polizisten sollen Transport sichern -
Für die Zeit vom 28. Februar bis 12. März wurde eine generelle Urlaubssperre für Polizisten verhängt
Hamburg shö - Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bereiten sich im
Zusammenhang mit den Atommüll-Transporten nach Ahaus und Gorleben auf
Großeinsätze vor.
Allein NRW rechnet mit Kosten von 100 Millionen Mark für die Sicherung des
Transports nach Ahaus. Der Castor-Zug vom Atomkraftwerk Neckerwestheim in
das westfälische Zwischenlager soll von 20 000 Polizisten geschützt werden.
Für die Zeit vom 28. Februar bis 12. März wurde eine generelle Urlaubssperre
für Polizisten verhängt.
Für den Transport nach Ahaus kursiert das Datum 1. März, für den Zug von der
Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Gorleben ist offenbar der 27. März
vorgesehen. Diese Termine wurden jedoch nicht offiziell bestätigt.
NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) übte erneut heftige Kritik an dem
Transport und forderte das Land Baden-Württemberg auf, die
Zwischenlagerkapazitäten am Atomkraftwerk Neckarwestheim zügig auszuweiten.
Das Land müsse seine Obstruktionspolitik endlich aufgeben, sagte Behrens
WELT am SONNTAG: "Es ist ein Skandal, dass 100 Millionen Mark Steuergelder
verschwendet werden, weil Baden-Württemberg Landtagswahlkampf betreibt."
Bürgerinitiativen in Ahaus und Gorleben haben bereits zu massiven Protesten
aufgerufen. Auch die Grünen wollen trotz des im Sommer erzielten
Atomkonsenses mit der Industrie zu gewaltfreien Protesten aufrufen. Der
nordrhein-westfälische Grünen-Sprecher Friedjof Schmidt sagte, die
Transporte seien Anlass, "den Protest gegen die Atomlobby weiter deutlich zu
machen und zu zeigen, dass der Atomausstieg richtig ist". Die
niedersächsische Landesvorsitzende Heidi Tischmann forderte den
Bundesvorstand der Grünen auf, "endlich mit den Landesverbänden eine
gemeinsame Linie zu den Castortransporten zu finden." Sie fühle sich hier
"alleine gelassen".
AP 14.01.2001 17.30
Greenpeace protestiert gegen Transport von MOX-Brennelementen
An Eisenbahnschienen in Nordfrankreich festgekettet
Valognes (AP) Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace haben am Sonntag den zweiten Tag in Folge gegen einen geplanten Transport von Mischoxyd-Brennelementen (MOX) von Frankreich nach Japan demonstriert. Sie errichteten an der Zufahrt zum nordfranzösischen Hafens Cherbourg eine niedrige Mauer über Eisenbahnschienen. «Wir werden alles dafür tun, dass diese sehr gefährlichen Brennelemente Frankreich nicht verlassen werden», sagte Greenpeace-Sprecher Philippe Rousselet.
Am Samstag hatten sich etwa zehn Aktivisten im Bahnhof von Valognes an Schienen festgekettet. Nach Angaben von Greenpeace sollen die Brennelemente aus Uraniumoxid und Plutonium in der kommenden Woche mit der Bahn nach Cherbourg gebracht werden und von dort nach Japan verschifft werden. Greenpeace erklärte, die MOX-Elemente seien in zwei Fabriken in Belgien hergestellt worden. Eine davon sei ein Tochterunternehmen des französischen Staatsbetriebs Cogema, der die Wiederaufbereitungsanlage in La Hague betreibt. Die Organisation kritisiert die Verschiffung der Brennelemente, weil es zu Unfällen oder terroristischen Anschlägen kommen könne.
NRZ 12.01.2001
Der Helikopter kreist schon über der Stadt
Ahaus (NRZ). Castor macht´s nötig: Über dem Städtchen kreist ein Polizei-Helikopter,
entlang der Straße zum Zwischenlager haben bürgerbewegte Aktivisten wieder Dutzende neuer
schwarzer Flaggen aufgestellt. Ahaus wartet nach drei Jahren auf den nächsten Bahn-Transport mit
abgebrannten Brennelementen. Eine Stadt vor dem Ausnahmezustand.
Erinnerungen werden wach an den 20. März 1998, als sich im Westfälischen Atomgegner an Gleise
ketteten, um den Zug aufzuhalten; als über 600 Demonstranten eingekesselt und bis zum nächsten Tag
ohne richterliche Genehmigung in Gewahrsam genommen wurden; als Tausende Polizisten für den
Transport zentimeterweise das Gleis frei räumten. Ein 130 Millionen DM teures Spektakel.
Dirk Korte hielt sich an diesem Tag die meiste Zeit im Rathaus auf. Stallwache, organisieren. Der heutige
Bürgermeister, damals noch stellvertretender Stadtdirektor, erinnert sich, wie er die "Toten Hosen" am
nahen Bahnübergang auftauchen sah und es dort Randale gab. Schäden für die 37 000-Seelen-Stadt
habe es kaum gegeben, allenfalls um 10 000 Mark. "Und was den Müll angeht: Wenn bei uns Karneval
gefeiert wird, ist es mindestens genauso viel."
Das Stadtoberhaupt, ein mit 58 Prozent der Stimmen gewählter CDU-Mann, setzte für den neuen
Transport auf einen "Runden Tisch", an dem alle wichtigen Gruppen - von Polizei bis Anti-Bürgerinitiative
- Platz nahmen. Aber dort finden sich inzwischen einige leere Plätze.
Die Gegner des Zwischenlagers zogen im Dezember mit der SPD-Fraktion sowie der unabhängigen
Wählergemeinschaft ab. "Uns fehlte eine politische Aussage zu den Transporten", erklärt Hartmut
Liebermann (51) von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus". Nach seinem Eindruck ging es der
Polizei vor allem darum, das Castor-Sechserpack problemlos ins Lager zu bringen. Eine Aufarbeitung des
98er-Einsatzes, gar ein Eingeständnis von Mängeln sei dagegen kein Thema gewesen. Als zuletzt auch
noch NRW-Innenminister Fritz Behrens der Ahauser Bitte nicht entsprach, den Transport an einem
Samstag zu starten, damit weder Schulen noch das Geschäftsleben in Mitleidenschaft gezogen werden,
war das "Runde Tisch"-Tuch zerschnitten.
Nun zieht sich wieder ein Graben durch die Stadt. Bürgermeister Korte drückt es so aus: "Je näher der
Transport rückt, desto schärfer werden die trennenden Linien." Hier stehen die Atomkraftgegner, die
nicht an einen Ausstieg aus der Kernenergie glauben, dort die Pragmatiker, die mit dem Zwischenlager
durchaus leben können.
Man darf ja nicht verkennen: Die Stadt profitiert davon, dass die Atomfirmen hier ihren Müll
(zwischen-)lagern. Es geht dabei nicht um die Rolle als Arbeitgeber. In dem schmucklosen Betonbau am
Rande der Stadt entstanden allenfalls 25 Stellen plus Wachpersonal.
Wichtiger wiegt, dass über sieben Jahre 49 Millionen Mark an Landesmitteln nach Ahaus flossen. Dazu
kommen jährliche Zuwendungen der Betreiber in Höhe von zwei bis zweieinhalb Millionen Mark. "Gelder,
die wir allesamt in die Infrastruktur gesteckt haben", betont Korte und verweist darauf, dass in seiner
Stadt keineswegs die große Flucht einsetzte, seit es das Zwischenlager gibt. Seither sei die
Einwohnerzahl vielmehr um 6000 Menschen gestiegen. Der 61-Jährige blickt freilich mit Sorge auf die
kommenden Wochen. "Ich fürchte, es könnte härter werden als zuletzt."
Castor-Gegner Liebermann erwartet trotz des Atomkonsenses wieder zehntausende Demonstranten.
"Die Entsorgungsfrage ist keineswegs gelöst. Wohl auch deshalb läuft die Mobilisierung gut an." Wie zur
Bestätigung klingelt das Telefon. Die Naturfreundjugend Bochum fordert Info-Material an.
Bei der Stadt wird bald auch das Bürgertelefon läuten, über das die Ahauser ihre Sorgen loswerden
können. Dazu gab es beim 98er-Einsatz einfach zuviele Pannen. Damals wurden zwar zum Beispiel
Passierscheine für Anwohner ausgestellt. Am Demo-Tag aber galten sie plötzlich nicht mehr. Auch
Betriebe konnten ihre Waren nicht ausliefern. Es geht in Ahaus zudem das Gerücht um von einem
örtlichen, hochrangigen Polizisten. Der sei unter Androhung von Waffengewalt von seinen Kollegen
daran gehindert worden, von einer Straßenseite auf die andere zu gelangen. Eine Stadt im
Ausnahmezustand.
09.01.20001
Atomgegner rufen zu Mäßigung auf
dpa Hannover. Zwei Monate vor der geplanten Wiederaufnahme von
Atomtransporten in Deutschland wächst die Sorge vor möglicher
Gewalt. Atomkraftgegner forderten die Polizei gestern auf, für die
nächsten Fuhren in das westfälische Ahaus und nach Gorleben im
März keine Gewalt herbeizureden. Bundeswirtschaftsminister Werner
Müller (parteilos) forderte, die Vereinbarungen zum Atomausstieg zu
würdigen. Transporte seien Teil des Prozesses, um aus der
Kernkraft auszusteigen, sagte er.
HIER kommt eine Poster-Abbildung zur Demo in Ahaus am 18.2.2001 (bitte warten...) -- Stand 9.1.2001 12.00 Uhr