Stuttgarter Nachrichten 14.9.00

 

Neue Atomtransporte schon für Oktober erwartet

 

Stuttgart - In Baden-Württemberg richten sich Energieversorger,

Polizei und Kernkraftgegner auf die baldige Wiederaufnahme von

Atomtransporten ein. Möglicherweise rollen schon im Oktober die

ersten Züge.

 

VON ARNOLD RIEGER

 

Nach mehr als zwei Jahren Pause sollen wieder Brennelemente zur

Wiederaufarbeitungsanlage ins französische La Hague gefahren

werden. Die Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz steht

zwar noch aus, sie gilt jedoch als sicher. Ein Sprecher sagte,

noch erfüllten die Betreiber nicht alle Voraussetzungen. Nach dem

Atomkonsens zwischen Energieunternehmen und der Bundesregierung

sind Transporte zur Wiederaufarbeitung jedoch bis Mitte 2005

zulässig.

 

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung'' soll zunächst

Abfall aus den Kraftwerken Philippsburg (Baden-Württemberg) und

Stade (Niedersachsen) nach Frankreich rollen. Die Betreiber

beantragten insgesamt 30 Atommülltransporte, heißt es. Bei der

baden-württembergischen Polizei sieht man sich für die Aktion

gerüstet: Wenn die Genehmigung für La Hague erst erteilt sei, so

ein Sprecher des Innenministeriums, könne der Transport innerhalb

weniger Wochen nach Absprache mit allen Beteiligten über die

Bühne gehen.

 

Für die baden-württembergischen Atomreaktoren Philippsburg und

Neckarwestheim drängt die Zeit: Spätestens im Frühjahr müssen sie

ein Teil der Brennelemente entsorgen, um weiter Strom produzieren

zu können. Philippsburg setzt dabei auf die Wiederaufarbeitung:

Castor-Transporte in die beiden norddeutschen Zwischenlager

würden gegenwärtig nicht angestrebt, so ein Sprecher der EnBW,

der Eigentümerin des Kraftwerks. Neckarwestheim hingegen hat zwar

den Transport von zehn Behältern zur Wiederaufarbeitung ins

englische Sellafield beantragt, gleichzeitig aber auch sechs

Castorbehälter zum Transport ins westfälische Ahaus fix und

fertig beladen.

 

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat die Beförderungsgenehmigung

dafür zwar schon im Januar erteilt, der Segen der betroffenen

Länder - allen voran Nordrhein-Westfalen - steht jedoch noch aus.

Das dafür notwendige Polizeiaufgebot wäre erheblich. Außerdem hat

Düsseldorf an dem Transport kein Interesse und will den Druck auf

die süddeutschen Länder, eigene Zwischenlager einzurichten,

verstärken.

 

In Baden-Württemberg schließlich scheut man die

Auseinandersetzung von Polizei und Atomkraftgegnern kurz vor der

nächsten Landtagswahl. Dass es dazu kommen wird, daran lassen die

Bürgerinitiativen keinen Zweifel. Das Neckarwestheimer

Aktionsbündnis Castor-Widerstand kündigt einen "heißen Herbst''

an, weil es für den Oktober mit einer ersten Fracht von

Philippsburg nach La Hague rechnet, aber auch mit einem Castor-

Transport nach Ahaus im November. Grundsätzlich, so Sprecherin

Heidi Lindstedt, würden alle Transporte von Atommüll - auch

solche nach Frankreich - blockiert.

zurück

Heilbronner Stimme 14.9.00

Heißer Herbst der Atomgegner

Castortransport aus dem GKN?

Das Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim bereitet

sich auf einen heißen Herbst vor. Die Atomgegner rechnen von

November an mit Castortransporten vom GKN ins Zwischenlager Ahaus

und vom Kernkraftwerk Philippsburg nach La Hague in Frankreich.

 

Der Grund: An die Bundeswehrkasernen in Rheine seien Befehle für

die Einrichtung von Gefangenensammelstellen und Unterkünfte für

BGS-Personal von der 45. Kalenderwoche an, also ab 6. November,

ergangen. Auch die Bahnpolizei im Münsterland habe dann

Urlaubssperre.

 

Das Aktionsbündnis geht davon aus, dass die bei GKN stehenden

sechs Atommüllcontainer nach Ahaus kommen. Die Castorgegner

kündigen " massive Proteste und Blockaden" am Abfahrtsort an. Am

1. Oktober sei eine Demonstration in Neckarwestheim geplant.

 

"Uns ist von einem Transporttermin nichts bekannt", sagte GKN-

Pressesprecher Uwe Mundt. Das Stuttgarter Innenministerium hat

gestern laut Radio SWR4 erklärt, dass ein Castortransport

frühestens Anfang nächsten Jahres denkbar sei. (red)

zurück

Tagesschau 14.09.2000

Atomwirtschaft fordert drei neue Castor-Transporte

 

Die deutsche Atomwirtschaft fordert der "Bild"-Zeitung zufolge noch in

diesem Jahr die Genehmigung für drei neue Castor-Transporte. Diese seien

notwendig für die Entsorgung der Atomkraftwerke Stade, Biblis und

Neckarwestheim. Dem Bericht zufolge wird ein weiterer Transport spätestens

im kommenden Frühjahr für das Atomkraftwerk Brunsbüttel benötigt.

 

"Wir vertrauen auf das Wort des Kanzlers, dass kein Kernkraftwerk durch die

Hintertür stillgelegt wird", zitiert das Blatt einen Sprecher der

Energieversorger. Falls kein Atommüll ins Zwischenlager Ahaus

beziehungsweise in die Wiederaufarbeitungsanlagen La Hague in Frankreich

oder Sellafield in England gebracht werden könne, müssten die ersten

Kernkraftwerke zwangsabgeschaltet werden, heißt es weiter.

zurück