Datum: 16.03.2000

 

Von: RON - RHEINPFALZ ONLINE

 

Polizeischutz für zwei leere Castor-Behälter

 

Transport über Ludwigshafen nach Philippsburg

 

GERMERSHEIM (sat). Unter großem Polizeischutz wurden gestern zwei leere

fabrikneue Castor-Behälter zum Atomkraftwerk Philippsburg geliefert. Eine

kleine Gruppe von Atomkraftgegnern protestierte am Kraftwerk mit Plakaten

gegen Atomtransporte. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Demnächst soll ein

Mini-Zwischenlager in Philippsburg entstehen

 

Etwa 100 Bundesgrenzschutzbeamte hatten den Bahntransport, der von Hanau

über Ludwigshafen, Speyer und Germersheim nach Philippsburg rollte,

begleitet.

 

Als Grund für die massive Polizeipräsenz mit Hubschrauber und mehreren

Einsatzwagen gab ein Bundesgrenzschutz-Sprecher an, dass im Internet zu

Aktionen gegen die Castor-Lieferung aufgerufen worden sei. Er widersprach

der Vermutung, dass es sich um eine Trockenübung für einen richtigen

Atommüll-Transport gehandelt habe. Die eingesetzten Beamten in einem

Begleitwaggon sowie am Bahnhof Germersheim stammten von den

Bundesgrenzschutz-Standorten Neustadt, Bad Bergzabern, Stuttgart und

Mannheim. Sie waren mit Schlagstöcken und Helmen ausgerüstet und brachten

die zwei Castoren weitgehend unbehelligt um 13 Uhr über die Germersheimer

Rheinbrücke zum Kraftwerk.

 

Unabhängig von dieser Lieferung stimmte der Philippsburger Gemeinderat mit

knapper Mehrheit am Dienstagabend dem Bau eines Mini-Lagers für die Aufnahme

von sechs Castoren zu. Sechs Stahlbeton-Garagen sollen Castoren für wenige

Monate aufnehmen, bis diese beladen und abtransportiert werden. Die

SPD-Fraktion scheiterte bei der Sitzung mit ihrem Antrag, die Entscheidung

zu vertagen und das Projekt erst von einem Gutachter prüfen zu lassen. Sie

befürchtet zusammen mit Teilen der CDU und der Bürgerinitiative gegen das

geplante Zwischenlager, dass die nun erteilte Bauerlaubnis ein erster

Schritt sei zur Verwirklichung des eigentlichen Atomlagers für 150

Castor-Behälter. Die gestern gelieferten Castoren sollen im Frühjahr die

abgebrannten Brennstäbe aufnehmen, die als Abfall in einem der beiden

Kraftwerkblöcke anfallen.

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BUND und BBU kritisieren Bundesregierung massiv

 

Die rot-grün Bundesregierung informiert irreführend zur geplanten

Radioaktivitätsfreisetzung und betreibt Geheimhaltungsstrategie zur Novellierung

der Strahlenschutzverodnung

 

Änderung des Atomgesetzes am 25.02.2000

 

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband

Bürgerinitiativen Umweltschutz ( BBU ) kritisieren heftig die Änderungen des

Atomgesetzes, die der Bundestag am 25. Februar klammheimlich und fast unbemerkt

von der Öffentlichkeit verabschiedet hat.

Sebastian Schönauer, stellvertretender Vorsitzender des BUND zeigte sich bestürzt

und entsetzt darüber, daß auf Initiative der rot-grünen Koalition im Bundestag

gesetzliche Bestimmungen beschlossen wurden, die. Schönauer : "Durch das

neubeschlossene Atomgesetz werden - zu Lasten der Gesundheit der Bevölkerung -

die Strahlengefahren der Atomkraft bis in die Wohngebiete getragen, während

gleichzeitig den Atomfirmen Milliarden DM an Lagerkosten erspart werden."

Kernstück der Neuregelung sei" , so der stellvertretende BUND - Vorsitzende aus

Bayern, "die im § 2 der Atomgesetznovelle festgeschriebene Umdeklarierung

niedrigstrahlender Abfälle zu konventionellen Abfällen, die dem

Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz unterstehen."

"Das bedeute erstens, dass die Atomfirmen von ihrer Pflicht zur Endlagerung

entbunden werden, zweitens die Pflicht zur Entsorgung des Atommülls teilweise den

Gemeinden aufgebürdet werde und drittens niedrigstrahlende radioaktive Stoffe in

menschliche Lebensbereiche gelangen können.

Mit dem in Abfallsatzungen vorhandenen Verbot der Aufnahme von Atommüll könnten

die Kommunen dann zukünftig die "Beseitigung" niedrig strahlender Abfälle aus

atomtechnischen Anlagen auf Deponien und in Verbrennungsanlagen nicht mehr

verhindern."

Eduard Bernhard, atompolitischer Sprecher des BBU, einer der engagiertesten

Atomkraftgegner erläuterte dazu, dass bisher die Atomfirmen verpflichtet

gewesen seien, zwecks Minimierung der Strahlenrisiken, auch ihre niedrig

strahlenden radioaktiven Abfälle endzulagern. Doch nun solle, wie den

Berechnungsmodellen der Strahlenschutzkommission - SSK - und des - Bundesamtes

für Strahlenschutz BfS - zu entnehmen sei, die "Beseitigung" radioaktiver Abfälle

auf Deponien und in Müllverbrennungsanlagen über Verdünnung ermöglicht werden.

Das heißt, es wird ein für die Risikominimierung wichtiges Prinzip aufgehoben und

durch ein Prinzip mit entgegengesetzten - risikoerhöhenden - Auswirkungen

ersetzt. Der atompolitische Sprecher des BBU befürchtet daher, daß mit der

Gesetzesänderung es der Atomindustrie erlaubt werde, die sogenannten

"geringstrahlenden" Atomabfälle, die unter die neuen Grenzwerte gestellt werden,

durch Verbringung in die menschlichen Lebensbereiche zu "beseitigen".

"Dieser Versuch, durch eine Gesetzesänderung den Kommunen Atommüll zuzuschieben,

"so Sebastian Schönauer", sei ein politischer Skandal, der vor der Beratung zur

Strahlenschutzverordnung aufgedeckt werden müsse. Angesichts der gravierenden

Auswirkungen der Gesetzesänderung dränge sich zudem der Verdacht auf, dass die

Nichtbeachtung durch die Öffentlichkeit das Ergebnis einer bewußten

Geheimhaltungsstrategie der rot - grünen Koalition sei."

"Die Bundesregierung verfolge wohl nur noch das Ziel, ihren Pro-Atom-Kurs ohne

öffentliche Aufmerksamkeit ungestört fahren zu können" erregte sich Eduard

Bernhard.

Beide Umweltschützer gehen nach Studium des Protokolls der Sitzung davon aus, daß

die Abgeordneten irrtümlich unterstellt hätten, die zu verabschiedende

Atomgesetzänderung habe einen rein technischen und unpolitischen Charakter, und

die neugestaltete Strahlenschutzverordnung werde - wie seit Monaten von

Vertretern der Grünen und der SPD gestreut - den Schutz der Bevölkerung

verbessern.

Dieser Auffassung wurde von den beiden Verbandsvertretern nachdrücklich

widersprochen. "Die Behauptung, Bevölkerung und Arbeiter würde nur mit einer

minimalen Dosis von 1o Mikrosievert pro Jahr belastet, ist falsch, so Sebastian

Schönauer, "diese Dosis ist nicht als Grenzwert im Atomgesetz verankert, kann

nicht eingeklagt werden und besitzt daher für den Schutz der Bevölkerung nicht

den geringsten Wert." Eduard Bernhard ergänzend dazu: "In offiziellen

Stellungnahmen von der Strahlenschutzkommission und dem Bundesamt für

Strahlenschutz wird betont, daß es sich bei der Dosis von 1o Mikrosievert pro

Jahr nur um ein Kriterium handele und dass es daher aus mehreren

Belastungsbereichen zu einem Mehrfachen der Dosis kommen könne."

Heftig wehren sich die Vertreter von BBU und BUND auch gegen das von der SPD im

Bundestag vorgetragene Argument, Vorgaben der EU seien linear und nahezu

bedingungslos in nationales Recht umzusetzen. Beide sind der klaren Überzeugung,

dass die EU nicht das Recht habe, von ihren Mitgliedstaaten eine Gesetzgebung zu

verlangen, die einen Verstoß gegen das geltende Grundgesetz und die eigene

Verfassung beinhalte.

Abschließend äußerten sie ihre Hoffnung, daß man in den Reihen der

Koalitionsparteien doch noch erkennen könne, dass der mit der Neugestaltung des

Atomgesetzes eingeschlagene Weg verhängnisvoll sei und mit der Beratung über die

Strahlenschutzverordnung revidiert werden müsse.

 

 

Verantwortlich für den Inhalt:

 

Sebastian Schönauer

Stellv. Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - B U N D -

Setzbornstraße 38

63 860 Rothenbuch

FON 06094 / 984 022

FAX 06094 / 984 023

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