Kernkraft: Bayern will Atomausstieg über die EU verhindern
fa MÜNCHEN, 7.Februar. Bayern will den geplanten Atomausstieg nicht nur mit einer
möglichen Klage verhindern, sondern auch die EU-Kommission gegen die Abschaltung
deutscher Kernkraftwerke mobilisieren. Auf seiner Sitzung am heutigen Dienstag will das
Kabinett von Ministerpräsident Edmund Stoiber über einen entsprechenden Vorstoß beraten.
Nach einer Pressemitteilung der Münchner Staatskanzlei soll die EU-Kommission eine
mögliche Verletzung des Euratom-Vertrages prüfen, in dem sich die EU-Staaten zur
Entwicklung und Förderung der Kernenergie verpflichtet haben. Auch solle von Brüssel
geprüft werden, ob das von Berlin beabsichtigte Verbot der Wiederaufarbeitung gegen die
Grundsätze des freien Wettbewerbs und der Dienstleistungsfreiheit in der EU verstoße. Bayern
bekräftigte seine Ablehnung der rot-grünen Ausstiegspläne. Es sei "unverantwortlich", die
deutschen Kernkraftwerke abzuschalten, ohne dass die Regierung klimaschonende Alternativen
zur Energieversorung anbieten könne.
Copyright © Frankfurter Rundschau 2000
Dokument erstellt am 07.02.2000 um 20.45 Uhr
Erscheinungsdatum 08.02.2000
Spagat statt Zerreißprobe
Dissens mit grüner Basis über Atomausstieg -
Schlauch: Auf ein paar Wochen kommt es nicht an
Von Lisa Uphoff
Berlin - Ein Konsens mit der Energiewirtschaft beim Atomausstieg wird
wahrscheinlicher, der Dissens mit der grünen Basis stellenweise stärker.
Die harsche Kritik der niedersächsischen Delegiertenkonferenz am
Wochenende und der Austritt von zwei Gründungsmitgliedern trifft die
grüne Seele: «Das Verhalten der Niedersachsen zeigt, welch großen
Spagat unsere Partei macht, dass wir kaum Spielraum haben und Eile
dringend geboten ist», resümierte gestern Grünen-Sprecherin Gunda
Röstel vor der Bundesvorstandssitzung. Thema war dort auch der Streit
um die Strukturreform.
Die niedersächsischen Delegierten hatten einen gemeinsamen Leitantrag
des Landesvorstandes und der Landesfraktion abgelehnt und unter
anderem einen schnelleren Ausstieg gefordert. Natürlich verstehe sie die
Sorge der niedersächsischen Basis, die wie keine andere mit der
Atom-Frage konfrontiert sei, «aber einige ihrer Positionen sind veraltet»,
meinte Röstel. «Unsere Bundesposition würde auf einer
Bundesdelegiertenkonferenz wohl Zustimmung bekommen», es gebe
keine Notwendigkeit für eine neue Beschlussfassung. Röstel: «Es haben
sich große Landesverbände wie Baden-Württemberg, Hessen und
Hamburg hinter uns gestellt.» Die Gefahr einer Spaltung sieht die
Politikerin nicht.
Eine Unterstützung der Bundeslinie durch die niedersächsischen
Delegierten hätte sich auch die Parlamentarische Geschäftsführerin Kristin
Heyne gewünscht: «Die Parteiaustritte sind herbe Verluste. Es ist
schwierig, den Erwartungshorizont vieler Mitglieder an die
Regierungsrealität anzupassen. Aber ich will mir nicht in einigen Jahren
den Vorwurf anhören, wir hätten eine große Chance im Atomausstieg
vertan.»
Fraktionschef Rezzo Schlauch mahnte gestern zur Geduld. Wenn man 25
Jahre für ein Ende der Atomkraft gekämpft habe, komme es jetzt auf ein
paar Wochen nicht mehr an. Für den Fall des Scheitern der
Verhandlungen mit der Energiewirtschaft kündigte er jedoch erneut an,
das Atomgesetz «nötigenfalls auch gegen Widerstände» zu novellieren.
Die bayerische Regierung erwägt derzeit, im Streit um den Atomausstieg
die Vereinbarkeit der Regierungspläne mit dem Euroatom-Vertrag von der
Europäischen Kommission prüfen zu lassen. Auch FDP-Generalsekretär
Guido Westerwelle sprach sich gegen die rot-grünen Pläne zum
Atomausstieg aus.
Nachdem der grüne Frauenrat am Wochenende mehrheitlich für die
Beibehaltung der Trennung von Mandat und Amt gestimmt hat, ist auch
die Strukturreform wieder im Gespräch. Bei den nächsten
Bundesvorstandssitzungen sollen noch einmal alle Argumente geprüft
und eine Debatte über mögliche Begrenzungen von Amtszeiten geführt
werden.
© Berliner Morgenpost 2000 08.02.00
>>Grüne stellen Ultimatum für Atomausstieg
Überraschend sprachen sich am Sonntag 90 der 157 Delegierten für einen
Antrag des linken Parteiflügels aus, der große Unzufriedenheit mit der
Atompolitik der Bundesregierung zum Ausdruck bringt. Sollte bis zur
Bundesdelegiertenversammlung im März kein Atomausstiegsgesetz vorliegen, so
stellten die niedersächsischen Grünen die Koalitionsfrage, heißt es in dem
Antrag. Die Landesvorsitzende Reneé Krebs bewertete das Abstimmungsergebnis
als "herbe Niederlage". Der Leitantrag des Landesvorstands, der weniger
scharf formuliert war, wurde klar abgeschmettert. "Dies ist ein generelles
Misstrauensvotum gegen die Bundespartei, den Landesvorstand und die
Landtagsfraktion", sagte Krebs.
Der Landesvorstand hatte in seinem Antrag gefordert, bis zum Ende der
Legislaturperiode in zwei Jahren Atomkraftwerke abzuschalten, hatte aber auf
die Koalitionsfrage verzichtet. In dem nun beschlossenen Antrag werden das
Verbot der Wiederaufarbeitung im Ausland und der Verzicht auf die
Genehmigung des Endlagers Schacht Konrad in Salzgitter sowie ein Abschalten
von "mehr als zwei" Atomkraftwerken noch in dieser Legislaturperiode
verlangt. Zu den Unterzeichnern zählen die zweite Landesvorsitzende Heidi
Tischmann sowie die Landtagsabgeordneten Thomas Schröder und Meta
Janssen-Kucz. Das Ergebnis der Delegiertenkonferenz zeige die Zerrissenheit
der Grünen in der Atomfrage, bedauerte die niedersächsische
Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms. "Ein Landesverband, der einig agiert,
hätte größeren Einfluss in der Bundespartei", sagte sie mit Blick auf die
Bundesdelegiertenversammlung im März.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin verteidigte die Atompolitik der
Bundesregierung. Entscheidend sei das Recht der Atomkraftwerksbetreiber auf
ihr Eigentum. Nur über eine Befristung der Laufzeiten sei ein Ausstieg
durchzusetzen. "In dieser Legislaturperiode Kraftwerke vom Netz zu nehmen,
gelingt nur im Konsens", betonte der Minister. Die Erfolge rot-grüner
Ausstiegspolitik sollten nicht klein geredet werden. Deutschland setze damit
den Maßstab in Europa.
(Aus: HAZ Online)
>>Schröder warnt vor Zorn der Atomkraftgegner
>Stromindustrie und Grüne zu Konsens gemahnt
Als Vermittler zwischen Stromkonzernen und Grünen hatte Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) am Wochenende sehr unterschiedliche Botschaften zum
Atomausstieg zu überbringen.
Am Freitagabend, als Schröder mit den Vorstandschefs der Atomkonzerne in
Bonn zusammensaß, machte er ihnen deutlich, was für ihr Geschäft auf dem
Spiel steht: "Ohne einen Atomkonsens können wir auf Dauer nicht den Betrieb
und die Entsorgung gewährleisten", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" aus
Schröders Tischvorlage. Es sei "völlig ausgeschlossen", dass
Atommülltransporte wie in der Vergangenheit "unter dem Schutz von 40 000
Polizisten" erfolgten.
Die Mahnung könnte kaum deutlicher sein: Verweigern sich die Konzerne dem
Friedensschluss mit den Kernkraftkritikern, könnten sie am Ende auf ihrem
Atommüll sitzen bleiben, umzingelt von aufgebrachten Bürgern. Das
Horrorszenario der Konzerne würde Realität: Weil sie nicht wissen, wohin mit
dem Abfall, müssten die Reaktoren zwangsweise stillgelegt werden.
Am Samstag dagegen, im heimatlichen Hannover, hörten sich Schröders
Äußerungen gegenüber den Konzernen freundlicher an. Denn sein Gegenüber hieß
Jürgen Trittin. Der Kanzler legte seinem Umweltminister dar, unter welchen
Bedingungen die Konzerne den von ihm ersehnten Konsens abschließen würden:
Um nicht von Aktionären verklagt zu werden, hätten die Manager Laufzeiten
von über 30 Jahren eingefordert und Garantien, dass sie die Restlaufzeiten
der Kraftwerke voll ausnutzen könnten.
Einer der Konzernchefs hatte am Freitag geklagt, Beschlüsse der
Grünen-Fraktion sähen vor, nach einem Konsens mit den Konzernen auf einen
noch schnelleren Ausstieg hinzuarbeiten, etwa durch eine Uransteuer. So sei
kein Vertrauen möglich, warnte der Manager. Die größte Sicherheit
versprechen sich die Konzernchefs davon, einfach ein Atomstrom-Kontingent zu
bekommen, das sie verkaufen dürfen. Stünde ein Reaktor auf Weisung
atomkritischer Landesminister still, würde sich die Gesamtlaufzeit
automatisch verlängern.
Schröder steht wie sein Wirtschaftsminister Werner Müller einem solchen
Modell aufgeschlossen gegenüber. Die beiden hätten auch wenig dagegen, dabei
mehr als 30 Jahre Betriebszeit zu Grunde zu legen. Trittin dagegen besteht
auf einer Rechnung in Kalenderjahren, um ein festes Enddatum zu bekommen.
Die 30-Jahres-Marke sieht er als absolute Schmerzgrenze für seine Partei an.
Wie zur Illustration musste er am Sonntag Prügel von der Basis einstecken.
Die Grünen hätten sich "schon unter erheblichen Schmerzen bewegt &endash; jetzt
sind die Konzerne dran", hieß es im Umweltministerium.
Doch der Kanzler will in der selbst gesetzten Frist bis Ende Februar beide
in Bewegung setzen.
(Aus: Berliner Zeitung )
>>Schröder warnt vor Zorn der Atomkraftgegner
>Stromindustrie und Grüne zu Konsens gemahnt
Als Vermittler zwischen Stromkonzernen und Grünen hatte Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) am Wochenende sehr unterschiedliche Botschaften zum
Atomausstieg zu überbringen.
Am Freitagabend, als Schröder mit den Vorstandschefs der Atomkonzerne in
Bonn zusammensaß, machte er ihnen deutlich, was für ihr Geschäft auf dem
Spiel steht: "Ohne einen Atomkonsens können wir auf Dauer nicht den Betrieb
und die Entsorgung gewährleisten", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" aus
Schröders Tischvorlage. Es sei "völlig ausgeschlossen", dass
Atommülltransporte wie in der Vergangenheit "unter dem Schutz von 40 000
Polizisten" erfolgten.
Die Mahnung könnte kaum deutlicher sein: Verweigern sich die Konzerne dem
Friedensschluss mit den Kernkraftkritikern, könnten sie am Ende auf ihrem
Atommüll sitzen bleiben, umzingelt von aufgebrachten Bürgern. Das
Horrorszenario der Konzerne würde Realität: Weil sie nicht wissen, wohin mit
dem Abfall, müssten die Reaktoren zwangsweise stillgelegt werden.
Am Samstag dagegen, im heimatlichen Hannover, hörten sich Schröders
Äußerungen gegenüber den Konzernen freundlicher an. Denn sein Gegenüber hieß
Jürgen Trittin. Der Kanzler legte seinem Umweltminister dar, unter welchen
Bedingungen die Konzerne den von ihm ersehnten Konsens abschließen würden:
Um nicht von Aktionären verklagt zu werden, hätten die Manager Laufzeiten
von über 30 Jahren eingefordert und Garantien, dass sie die Restlaufzeiten
der Kraftwerke voll ausnutzen könnten.
Einer der Konzernchefs hatte am Freitag geklagt, Beschlüsse der
Grünen-Fraktion sähen vor, nach einem Konsens mit den Konzernen auf einen
noch schnelleren Ausstieg hinzuarbeiten, etwa durch eine Uransteuer. So sei
kein Vertrauen möglich, warnte der Manager. Die größte Sicherheit
versprechen sich die Konzernchefs davon, einfach ein Atomstrom-Kontingent zu
bekommen, das sie verkaufen dürfen. Stünde ein Reaktor auf Weisung
atomkritischer Landesminister still, würde sich die Gesamtlaufzeit
automatisch verlängern.
Schröder steht wie sein Wirtschaftsminister Werner Müller einem solchen
Modell aufgeschlossen gegenüber. Die beiden hätten auch wenig dagegen, dabei
mehr als 30 Jahre Betriebszeit zu Grunde zu legen. Trittin dagegen besteht
auf einer Rechnung in Kalenderjahren, um ein festes Enddatum zu bekommen.
Die 30-Jahres-Marke sieht er als absolute Schmerzgrenze für seine Partei an.
Wie zur Illustration musste er am Sonntag Prügel von der Basis einstecken.
Die Grünen hätten sich "schon unter erheblichen Schmerzen bewegt &endash; jetzt
sind die Konzerne dran", hieß es im Umweltministerium.
Doch der Kanzler will in der selbst gesetzten Frist bis Ende Februar beide
in Bewegung setzen.
(Aus: Berliner Zeitung )
>>Schröder warnt vor Zorn der Atomkraftgegner
>Stromindustrie und Grüne zu Konsens gemahnt
Als Vermittler zwischen Stromkonzernen und Grünen hatte Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) am Wochenende sehr unterschiedliche Botschaften zum
Atomausstieg zu überbringen.
Am Freitagabend, als Schröder mit den Vorstandschefs der Atomkonzerne in
Bonn zusammensaß, machte er ihnen deutlich, was für ihr Geschäft auf dem
Spiel steht: "Ohne einen Atomkonsens können wir auf Dauer nicht den Betrieb
und die Entsorgung gewährleisten", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" aus
Schröders Tischvorlage. Es sei "völlig ausgeschlossen", dass
Atommülltransporte wie in der Vergangenheit "unter dem Schutz von 40 000
Polizisten" erfolgten.
Die Mahnung könnte kaum deutlicher sein: Verweigern sich die Konzerne dem
Friedensschluss mit den Kernkraftkritikern, könnten sie am Ende auf ihrem
Atommüll sitzen bleiben, umzingelt von aufgebrachten Bürgern. Das
Horrorszenario der Konzerne würde Realität: Weil sie nicht wissen, wohin mit
dem Abfall, müssten die Reaktoren zwangsweise stillgelegt werden.
Am Samstag dagegen, im heimatlichen Hannover, hörten sich Schröders
Äußerungen gegenüber den Konzernen freundlicher an. Denn sein Gegenüber hieß
Jürgen Trittin. Der Kanzler legte seinem Umweltminister dar, unter welchen
Bedingungen die Konzerne den von ihm ersehnten Konsens abschließen würden:
Um nicht von Aktionären verklagt zu werden, hätten die Manager Laufzeiten
von über 30 Jahren eingefordert und Garantien, dass sie die Restlaufzeiten
der Kraftwerke voll ausnutzen könnten.
Einer der Konzernchefs hatte am Freitag geklagt, Beschlüsse der
Grünen-Fraktion sähen vor, nach einem Konsens mit den Konzernen auf einen
noch schnelleren Ausstieg hinzuarbeiten, etwa durch eine Uransteuer. So sei
kein Vertrauen möglich, warnte der Manager. Die größte Sicherheit
versprechen sich die Konzernchefs davon, einfach ein Atomstrom-Kontingent zu
bekommen, das sie verkaufen dürfen. Stünde ein Reaktor auf Weisung
atomkritischer Landesminister still, würde sich die Gesamtlaufzeit
automatisch verlängern.
Schröder steht wie sein Wirtschaftsminister Werner Müller einem solchen
Modell aufgeschlossen gegenüber. Die beiden hätten auch wenig dagegen, dabei
mehr als 30 Jahre Betriebszeit zu Grunde zu legen. Trittin dagegen besteht
auf einer Rechnung in Kalenderjahren, um ein festes Enddatum zu bekommen.
Die 30-Jahres-Marke sieht er als absolute Schmerzgrenze für seine Partei an.
Wie zur Illustration musste er am Sonntag Prügel von der Basis einstecken.
Die Grünen hätten sich "schon unter erheblichen Schmerzen bewegt &endash; jetzt
sind die Konzerne dran", hieß es im Umweltministerium.
Doch der Kanzler will in der selbst gesetzten Frist bis Ende Februar beide
in Bewegung setzen.
(Aus: Berliner Zeitung )
Tagesschau 6.2.00 20.00
Sicherheitskonferenz
CDU-Chef Schäuble hat sich dafür ausgesprochen, den
Einsatz der Bundeswehr künftig auch im Inneren zu
ermöglichen. Angesichts neuartiger Bedrohungen
müsse die Zusammenarbeit zwischen Polizei und
Bundeswehr verbessert werden. Schäuble äußerte sich
heute auf der 36. Konferenz für Sicherheitspolitik in
München. Im Mittelpunkt des internationalen Treffens
stand die künftige militärpolitische Rolle Europas. Die
USA meldeten erneut Bedenken gegen eine eigene
europäische Verteidigungsstruktur an. Zugleich
forderten sie einen höheren Beitrag innerhalb der Nato.