26.01.00 Bundesamt genehmigt 5 CASTOR-Transporte nach Ahaus

 

Mittwoch, 26. Januar 2000, 10:14 Uhr

 

Wieder Atomtransporte genehmigt

 

Berlin (Reuters) - Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat nach einem

mehr als eineinhalbjährigen Stopp erstmals wieder innerdeutsche Atom-Transporte genehmigt. BfS-Präsident Wolfgang König teilte am Mittwoch vor Journalisten in Berlin mit, sein Amt habe fünf Castor-Transporte mit bestrahlten Brennelementen aus den Atomkraftwerken Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg in das westfälische Zwischenlager Ahaus genehmigt. Durch zusätzliche Auflagen gegenüber früheren Genehmigungen sei gewährleistet, dass Grenzwerte für radioaktive Verunreinigungen eingehalten würden.

Voraussichtlich frühestens ab August könne der erste Transport verbrauchter Brennelemente in das Zwischenlager nach Ahaus rollen.

Die Betreiber der Kraftwerke müssten entsprechend einer Forderung der Länderinnenminister den konkreten Transporttermin sechs Monate vorher bei den Polizeibehörden anmelden. Die frühere Umweltministerin Angela Merkel hatte im Mai 1998 wegen zu hoher Strahlenwerte an den Transportbehältern alle Transporte bis auf weiteres gestoppt.

 

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Greenpeace - Presseerklaerung vom 26. Januar 2000

 

Strahlende Castoren bleiben ungeklaert. Trittin

muss halten, was Merkel versprochen hat

 

Hamburg 26.1.2000. Greenpeace kritisiert die Entscheidung

von Bundesumweltminister Trittin, ab sofort wieder neue

Atomtransporte zu genehmigen. Die heute in Berlin vom

Bundesamt fuer Strahlenschutz bekannt gegebene Genehmigung

erfolgt knapp zwei Jahre nach dem Castorskandal und dem von

der damaligen Umweltministerin Angela Merkel verhaengten

Transportstopp.

 

Die Atomkraftwerke Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg

werden vermutlich als erste ihre hochradioaktiven Abfaelle

in das Zwischenlager in Ahaus transportieren. Damit setzt

sich die gefaehrliche Atommuellspirale wieder in Gang, bevor

die Ursachen fuer die verstrahlten Castoren ausreichend

untersucht wurden. "Angela Merkel hat versprochen, keine

Transporte mehr zu genehmigen, bevor die Ursachen nicht

vollstaendig aufgeklaert sind. Von Juergen Trittin erwarten

wir, dass er diese Zusage einloest", sagt Susanne Ochse,

Energieexpertin bei Greenpeace.

 

Die beiden wichtigsten Fragen - warum wurden bei manchen

Transporten Grenzwerte ueberschritten und bei anderen nicht

und warum sind die Grenzwertueberschreitungen bei der

Abfahrt der Transporte nicht zu messen, sondern nur am

Zielort - sind nach wie vor nicht beantwortet. Dazu gibt es

nur Vermutungen, aber keine Belege.

 

Fuer eine fundierte Bewertung, wie es zu einer Verstrahlung

der Castorbehaelter gekommen ist, muessen die

Original-Transport-Dokumente aller Atomtransporte

ausgewertet werden und nicht nur die Angaben der Betreiber

ueber rund die Haelfte der Transporte. Nur so kann man

herausfinden, welche Bedingungen beim Behaelter, beim Be-

und Entladen oder im Atomkraftwerk zu den

Grenzwertueberschreitungen gefuehrt haben. Eine solche

Auswertung gibt es bisher nicht. Susanne Ochse: "Die

Konsequenzen der Bundesregierung aus dem Castorskandal ist

reine Symptombekaempfung."

 

Unter dem Druck der AKW-Betreiber, die nur mit

Atomtransporten ihr ungeloestes Entsorgungsproblem

vertuschen koennen, will das Bundesumweltministerium den

Transportstopp aufheben, obwohl das Wichtigste, die

vollstaendige Klaerung der Ursachen, nicht erfuellt ist.

 

Susanne Ochse: "Es ist unverantwortlich, wenn die

Interessen der AKW-Betreiber Vorrang haben vor der

Sicherheit von Bahnarbeitern, Polizei oder Anwohnern der

Transportstrecke". Bei hohen Kontaminationen koennten beim

Hautkontakt mit radioaktiven Partikeln die Grenzwerte um

das Tausendfache oder mehr ueberschritten werden.

 

Die vom Bundesumweltministerium geplante Auflage an die

Betreiber, in Zukunft sauberer zu arbeiten, reicht nicht

aus, um Verstrahlungen sicher zu verhindern. Das zeigt auch

das Beispiel Frankreich. Dort sind die Atomtransporte 1998

wieder aufgenommen worden. Laut der Zeitschrift

Atomwirtschaft sind jedoch seitdem in 10 Faellen bereits

wieder Grenzwertueberschreitungen vorgekommen, z.T. um das

Mehrhundertfache.

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