AP Meldung vom 16.01.2000 11:38

*RWE droht mit Abschaltung von Biblis-Reaktor B*

*Falls bis dahin keine Genehmigung für Castor-Transport vorliegt*

Frankfurt/Main (AP)

 

Dem Reaktor B des Atomkraftwerks Biblis droht nach RWE-Angaben im Frühjahr die Abschaltung. Falls das Unternehmen bis zum Mai

keine Genehmigung für einen Castor-Transport in ein Zwischenlager erhalte, müsse Block B vom Netz genommen werden, sagte

Biblis-Sprecher Ernst Müller der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Im Mai stehe eine Neubeladung des Reaktors mit

Brennelementen an. Es gebe aber im Kraftwerk keinen Lagerplatz mehr für die abgebrannten Elemente.

 

Der Präsident der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke Heinz Klinger, warnte die Politik, Großereignisse wie die Expo in Hannover

als Hindernisgrund für Atomtransporte hinzustellen. Die Stromversorger hätten reinen Rechtsanspruch auf solche Transporte, weil

inzwischen alle Auflagen erfüllt seien.

 

Das Bundesamt für Strahlenschutz wies Berichte als falsch zurück, es werde in den nächsten Wochen Transportgenehmigungen

erteilen. Man habe lediglich versprochen, demnächst über die vorliegenden Anträge zu entscheiden, gab Amtssprecherin Susanne

Commerell an. Es sei aber offen, ob die Bescheide positiv oder negativ für die Kernkraftwerke ausfielen.

 

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HANDELSBLATT, Sonntag, 16. Januar 2000

 

*Gesetzgebungsverfahren ab März auch im Dissens mit der Industrie*

*Klarheit über Atomausstieg bis Ende Februar*

 

ap BONN. SPD und Grüne haben sich auf den

Fahrplan für den Atomausstieg

geeinigt. Bis Ende Februar sollen zwischen

Bundesregierung und

Koalitionsfraktionen auf der einen Seite und der

Energiewirtschaft auf der anderen

die Eckpunkte des Ausstiegs festgelegt werden.

Das sagte SPD-Fraktionschef

Peter Struck nach einer gemeinsamen Sitzung der

Fraktionsführungen der

Koalitionspartner am Samstag in Bonn. Die

Grünen-Fraktionsvorsitzende Kerstin

Müller ergänzte, sollte bis dahin kein Konsens

mit der Industrie erreicht sein, "sind

wir bereits, das alleine zu Regeln im Dissens".

 

Das Gesetzgebungsverfahren für den Atomausstieg

soll auf jeden Fall im März

beginnen und damit rechtzeitig zum Parteitag der

Grünen. Struck ließ nach den

Beratungen, an denen auch die Umweltminister

Jürgen Trittin und

Wirtschaftsminister Werner Müller teilgenommen

hatten, erkennen, dass die

Forderung der Grünen nach einer Reaktorlaufzeit

von höchstens 30 Jahren kein

Streitpunkt mehr ist. Die SPD-Bundestagsfraktion

werde nächste oder übernächste

Woche ihren Beschluss fassen. Er sehe "keine

großen Unterschiede" zur Position

der Grünen. Bereits zuvor hatte Struck gesagt, 30

Jahre seien "realistisch".

 

Der Grünen-Energieexperte Wilfried Voigt forderte

unterdessen Trittin zu größerer

Flexibilität bei den Verhandlungen mit den

Atomkonzernen auf. Trittin müsse auch

über die Vereinbarung einer

Rest-Stromproduktionsmenge verhandeln, verlangte der

Staatssekretär im Kieler Energieministerium in

der "Berliner Zeitung". Pläne der

Stromindustrie, dafür im Gegenzug die vier

Kernkraftwerke Obrigheim, Stade, Biblis

A und Brunsbüttel noch in dieser

Legislaturperiode abzuschalten, seien

begrüßenswert. "Trittin sollte auch diese

Variante prüfen", betonte Voigt.

 

Bisher lehnt der Bundesumweltminister dem Blatt

zufolge dieses Ausstiegsmodell

kategorisch ab. Denn danach würde der Staat der

Atomindustrie ein

Gesamtstromkontingent zugestehen, das die

Konzerne noch produzieren dürfen,

wobei sie selbst die Abschaltreihenfolge

festlegen könnten. In diesem Fall wäre der

endgültige Ausstiegstermin nicht mehr exakt

vorherzusagen, weil bei den

verbleibenden Meilern unvorhergesehene

Stillstandszeiten auftreten könnten, die am

Ende gutgeschrieben werden müssten.

 

Voigt sagte dagegen: "Die Zukunft überblickt

keiner. Kann ja sein, dass der

Ausstieg auch schneller kommt, kann aber auch

sein, dass es etwas länger dauert.

Das finde ich alles nicht so relevant."

Allerdings müsse die von der Atomwirtschaft

angepeilte Reststrommenge von 2 500 bis 3 000

Terawattstunden reduziert werden.

 

*RWE droht mit Abschaltung von Biblis-Reaktor B *

 

Dem Reaktor B des Atomkraftwerks Biblis droht

nach RWE-Angaben im Frühjahr

die Abschaltung. Falls das Unternehmen bis zum

Mai keine Genehmigung für einen

Castor-Transport in ein Zwischenlager erhalte,

müsse Block B vom Netz genommen

werden, sagte Biblis-Sprecher Ernst Müller der

"Frankfurter Allgemeinen

Sonntagszeitung". Im Mai stehe eine Neubeladung

des Reaktors mit

Brennelementen an. Es gebe aber im Kraftwerk

keinen Lagerplatz mehr für die

abgebrannten Elemente.

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Berliner Zeitung Artikel vom 17.1.2000

 

Grüne planen gewaltfreien Widerstand gegen Castortransport

 

AKW-Betreiber kündigt Versand für Herbst an

 

Susanne Rost

 

POTSDAM/RHEINSBERG. Brandenburgs Grüne planen einen

gewaltfreien Widerstand gegen Castortransporte vom Atomkraftwerk

(AKW) Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) in das Zwischenlager Lubmin

in Vorpommern. Der Kreisverband Neuruppin diskutiere derzeit Aktionen

gegen die Transporte des radioaktiven Materials, sagte die

Landesvorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Inke

Pinkert-Sältzer, am Wochenende in Potsdam. Damit wolle der

Landesverband Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zeigen,

dass die Basis hinter ihm stehe.

 

Aktionen gegen den vom AKW-Betreiber für Herbst angekündigten

Castoren-Transport sagte auch Reinhard Dalchow, der

Umweltbeauftragte der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg,

voraus. Er ist zugleich engagiert im kirchlichem Umweltkreis des Dorfes

Menz, das unweit des AKWs liegt und in dem er lange Pfarrer war. "Wir

werden mit allen Mitteln gegen den Castoren-Transport kämpfen", sagt

er. Der Umweltkreis, in dem sich knapp zwei Dutzend Menschen

engagierten, stünde in Kontakt mit größeren Bürgerinitiativen in

Neustrelitz, Neubrandenburg und Greifswald. Im Falle eines Transportes

würden diese informiert und nach Rheinsberg gerufen. "Die Castoren

können ruhig noch zwei Jahre dort stehen bleiben", sagt Dalchow. Erst

müsste sich die Regierung über ihren Kurs in der Atom-Politik klar

werden. "Bislang hat Bundesumweltminister Trittin ja auch noch keinen

Castor-Transport genehmigt." Er halte es deshalb für fraglich, ob es in

diesem Jahr wirklich zu dem angekündigten Transport kommen werde.

 

In der vergangenen Woche war der letzte von vier Castoren mit den

insgesamt 252 Brennstäben beladen worden. Der Transport der vier

Castoren in das Zwischenlager Nord in Greifswald-Lubmin sei für den

Herbst dieses Jahres vorgesehen, teilte ein Sprecher der Energiewerke

Nord mit.

 

Nach Ansicht der Greifswalder Bürgerinitiative Kernenergie bestehen

jedoch gravierende Sicherheitsrisiken bei den Castoren und im

Zwischenlager, die eine Einlagerung nicht zulassen. (mit ADN, AP)

 

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