Volksblatt Würzburg, 8. 1. 2000
>*Kritik am "Einknicken vor den Energiebossen"*<
WÜRZBURG (OG) · Die Risiken der Kernkraft seien aus dem Blick geraten,
bemängelt der ehemalige Grünen-Abgeordnete.
"Ich möchte das, für das mich die Leute gewählt haben, weiter
vertreten", sagt Volker Hartenstein. Deshalb startet der ehemalige
Grünen-Landtagsabgeordnete aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg), der kurz vor
Weihnachten aus Partei und Fraktion austrat, jetzt eine parlamentarische
Initiative zum Ausstieg aus der Atomenergie.
Mit seinem Landtagsantrag fordert Hartenstein, die Gesamtlaufzeit der
Reaktoren auf 25 Jahre zu begrenzen. Statt einer Übergangszeit von drei
Jahren tritt er für eine Frist von maximal zwei Jahren ein. Dem Antrag
räumt Hartenstein selbst geringe Chancen ein, aber so könne er die
Diskussion wieder antreiben, sagte er gestern bei einem Pressegespräch.
Wesentliche Themen wie die Sicherheit von Atomkraftwerken müssten
wieder eine größere Rolle spielen. "Durch dieses ständige Hin und Her
ist dieser Gesichtspunkt aus der Diskussion verschwunden", bemängelte
Hartenstein die Atompolitik der Bundesregierung. Den angestrebten
Konsens mit den Kraftwerksbetreibern kritisierte er als einseitige
Übernahme der Forderungen der Betreiber und als "Einknicken vor den
Energiebossen". Den Landtagsantrag will Hartenstein Anfang der kommenden
Woche einreichen.
Darin weist der Abgeordnete an erster Stelle auf die Risiken der
Kernenergie hin. Er fordert daher, alle Reaktoren, die noch länger als
zwei Jahre in Betrieb sein sollen, dem aktuellen Stand der Technik
anzupassen. Auch solle die Deckungssumme für ein versichertes
"Restrisiko" von derzeit 500 Millionen Mark auf 50 Milliarden erhöht
werden.
Hartenstein hatte seinen Parteiaustritt mit politischen Differenzen auf
Landes- und Bundesebene begründet, damit, "dass ich mich in einem
Korsett gefühlt habe, in das ich inhaltlich nicht hineinpasse". Jetzt
blicke er mit einem "weinenden und einem befreiten Auge" auf seine
Parteizugehörigkeit zurück, sagte der Abgeordnete. Sein Landtagsmandat
will er bis 2003 behalten. Und auf kommunaler Ebene werde er mitarbeiten
wie bisher.