Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen

 

Atommüll aus Rossendorf in Sachsen ins Zwischenlager

Ahaus? Das Bundesumweltministerium hat jetzt bestätigt,

das die Genehmigung für den Transport nach Ahaus kurz

bevor steht.

 

Nachstehend eine Hintergrundinfo aus dem Jahre 1999. Schon damals wurde versucht den Atommüll

nach Ahaus zu verschieben.

 

CASTOR-Transport durch Sachsen?

Rossendorf: 34 Jahre Reaktorbetrieb ohne Entsorgungskonzept - und nun?

"Abgebrannte" Brennelemente in Rossendorf

 

Im Atomforschungszentrum Rossendorf, ca. 12 km vom Dresdner Stadtzentrum entfernt, wurde 1957 der Kernreaktor RFR in Betrieb genommen; ein Entsorgungskonzept für den anfallenden Atommüll gab es nicht. - Neben der Nutzung zu Forschungszwecken (u.a. Forschungen für Atomkraftwerke) diente der Reaktor der radioaktiven Bestrahlung von Ausgangsstoffen für die Produktion von radioaktiven Isotopen. 1991 wurden die industriemäßige Isotopenproduktion und der Reaktorbetrieb eingestellt; 1993 mußte die Sächsische Staatsregierung die endgültige Stillegung des Reaktors beschließen: der Reaktor war nach westdeutschem Recht nicht genehmigungsfähig. Sämtliche, jemals in Rossendorf genutzten Brennelemente (= "abgebrannte" Brennelemente = hochradioaktiver Atommüll) der 34-jährigen Betriebszeit des Reaktors lagern noch in Rossendorf (951 Stück). Diese Brennelemente sind wesentlich kleiner als die Brennelemente von Atomkraftwerken, aber sie haben einen weitaus größeren Anteil an spaltbarem Uran und sie weisen wegen der längeren Einsatzzeit im Reaktor einen höheren "Abbrand" auf. Daher ist auch in diesen Brennelementen eine gefährliche Mischung von radioaktiven Spaltprodukten (u.a. Plutonium) enthalten.

Rossendorfer Hochsicherheitstrakt und CASTOR-Halle

Bisher lagerten die abgebrannten Brennelemente in einem speziellen Wasserbecken in der Reaktorhalle. Bei dieser "Naßlagerung" besteht jedoch die Gefahr, daß die Brennelementehüllen undicht und sämtliche Brennelemente auch von außen kontaminiert werden. Daher ist es - auch aus unserer Sicht - für eine langfristige Lagerung erforderlich, die Brennelemente aus den Naßlagern zu entfernen und in Behältern trocken zu lagern. Für die "Trockenlagerung" haben die Sächsische Staatsregierung und der VKTA (s. Kasten) 17 CASTOR-Behälter des Typs MTR-2 vorgesehen. Nach der Umladung in die CASTOR-Behälter sollen diese in der neu errichteten CASTOR-Halle von Rossendorf zwischengelagert werden; die CASTOR-Halle ist Bestandteil des 1996/ 97 für 40 Millionen DM errichteten Hochsicherheitstraktes für Kernmaterial in Rossendorf. Nach dem derzeitigen Konzept der Sächsischen Staatsregierung und des VKTA ist geplant, nach einer kurzzeitigen Zwischenlagerung in der Rossendorfer CASTOR-Halle, die Brennelemente quer durch Deutschland in die CASTOR-Halle des Zwischenlagers Ahaus (Nordrhein-Westfalen) zu transportieren und dort zu lagern.

Aktuelle Situation in Rossendorf

Im Januar/ Februar 1999 wurden mittels eines Belade-Apparates ("Mobile Umladestation" / MOB) die ersten zwei CASTOR-Behälter mit Brennelementen in der Reaktorhalle beladen und in die CASTOR-Halle Rossendorf transportiert. Gegenwärtig ist die MOB für anderweitige Zwecke nach Hannover ausgeliehen. Nach der Rückkehr der MOB nach Rossendorf sollen die restlichen Brennelemente in CASTOR-Behälter verladen werden. Danach - und nach den Landtagswahlen in Sachsen, Ende September 1999 - ist mit dem ersten Atom-Transport nach Ahaus zu rechnen.

Genehmigungen stehen noch aus

Die Genehmigungen zum Transport und zur Einlagerung in Ahaus stehen gegenwärtig noch aus. Diese Genehmigungen liegen im Zuständigkeitsbereich des Bonner Umweltministeriums. Wie bekannt wurde, wird gegenwärtig die Notwendigkeit der Einlagerung in Ahaus geprüft... Das Anti-Atom-Netzwerk Sachsen, ein Zusammenschluß von Anti-Atom-Gruppen in Sachsen, bereitet sich jedoch bereits auf den "Tag X" in Rossendorf, den Tag der geplanten Abfahrt des ersten CASTOR-Behälters, vor.

Was spricht gegen den CASTOR-Transport nach Ahaus:

1. Der CASTOR-Skandal zeigt: Technologie nicht beherrschbar Der CASTOR-Skandal hat erneut gezeigt, daß die Technologie der Transporte - entgegen aller Behauptungen der Atomindustrie - nicht beherrschbar ist; seit 10 Jahren sind die Betreiber der Atomanlagen nicht in der Lage, die Probleme der äußeren Kontaminationen an den Behältern zu lösen. - Ähnliche Probleme durch Verunreinigungen der Behälter sind trotz der anderen Verladetechnologie in Rossendorf auch möglich.

2. Zusätzliche Strahlenrisiken beim Transport Bei Atomtransporten entstehen zusätzliche Risiken für die Anwohner der Transportstrecke und das Begleitpersonal: auch ohne einen Unfall sind diese Personen einem erhöhten Strahlenrisiko ausgesetzt. Neueste Studien belegen, daß die Risiken durch Neutronen-strahlung aus CASTOR-Behältern um ein Vielfaches größer sind als bisher angenommen (1).

3. Die Lagerung in Ahaus erhöht nicht die Sicherheit Mit der Lagerung in Ahaus erhöht sich keinesfalls die Sicherheit der Lagerung, da die Hallen in Rossendorf und Ahaus typengleich sind (Betonleichtbauhallen). Auch die Bewachung und die Sicherung der CASTOR-Lager sind an beiden Orten gleichwertig.

4. In Ahaus ist auch nur ein Zwischenlager Mit den Atomtransporten wird der Atommüll nur von Ort zu Ort verschoben, das eigentliche Problem wird nicht gelöst: In Ahaus kann der Atommüll nicht verbleiben; er muß von dort erneut abtransportiert werden: entweder in ein Endlager (ein solches ist bislang nicht "in Sicht") oder nach Rossendorf zurück. Zu dieser Rücknahme des Atommülls - nach max. 40 Jahren - hat sich der Freistaat Sachsen vertraglich verpflichtet.

5. Nicht Anderen unseren Atommüll zuschieben Die Bevölkerung in Ahaus wehrt sich seit vielen Jahren gegen die Lagerung von Atommüll in ihrem Ort. Ihnen darf nicht der Atommüll zugeschoben werden, der hier in Rossendorf entstanden ist. Der sächsische Atommüll muß in Rossendorf bleiben und hier sicher gelagert werden.

Zur Erläuterung:

Der Betreiber der Rossendorfer Atomanlagen ist der Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik e.V. ("VKTA"); er wird v.a. vom Freistaat Sachsen finanziert. Gegenwärtig lagern in Rossendorf die Kernbrennstäbe des stillgelegten Reaktors und weiterer Atommüll. Es wird weiterhin Atomenergieforschung betrieben; einige Altanlagen sollen abgebaut werden. Seit vielen Jahren besteht der Verdacht, daß die sehr hohen radioaktiven Emissionen der - inzwischen abgeschalteten - Isotopenproduktion zu erhöhten Leukämieerkrankungen in der Umgebung geführt haben. Eine von der Sächsischen Staatsregierung in Auftrag gegebene Studie konnte diesen Verdacht nicht entkräften.

Wir fordern daher, daß der vorgesehene CASTOR-Typ und die Verladetechnologie überprüft und überarbeitet werden. Erst dann darf eine Umladung erfolgen. Alle diesbezüglich bereits erteilten Genehmigungen müssen daher bis zur lückenlosen Klärung der Ursachen der CASTOR-Kontaminationen bei Atomkraftwerken ausgesetzt werden.

Achim Weber

Ansprechpartner Atompolitik der GRÜNEN LIGA

Quellen:

(1) "Zu Messung und Bewertung von radioaktiver Strahlung", Prof. Dr. med. Kuni, Universität Marburg; Fachvortrag an der TU Dresden, 12.11.97

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