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Ahaus, den 6.1.2004

Grüne Atompolitik: Falsch, verlogen und rücksichtslos!

Offener Brief an die Landtagsfraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN in NRW

Zum Themenkomplex Atom hat der Landesparteirat B90/GRÜNE am 14.12.2003 auch zu Atomtransporten von Rossendorf nach Ahaus einen Beschluss gefasst!

Zitat:

Für eine konsequente Atomausstiegspolitik

Atomtransporte von Rossendorf nach Ahaus

Für das Jahr 2004 sind Atommülltransporte aus dem stillgelegten und im Abriss befindlichen Atomforschungsreaktor im sächsischen Rossendorf nach Ahaus möglich. Der Abtransport der Brennelemente aus dem Forschungsreaktor ist ein Schritt, das dortige radioaktive Material zu entfernen und das Gelände in Rossendorf wieder zur grünen Wiese zu machen. Die Forschungseinrichtung in Rossendorf hat mit dem Ahauser Atommüllzwischenlager Verträge geschlossen, um die abgebrannten Brennelemente dort zwischenlagern zu können. Vor diesem Hintergrund ist die Lagerung in Ahaus sicherheitstechnisch zu überprüfen - insbesondere hinsichtlich des Gefahrenpotentials von Flugzeugabstürzen. Die Transporte aus Rossendorf sind Transporte zur Abwicklung der Atomenergie und nicht welche, die den Betrieb laufender Reaktoren sichern. Sie sind daher anders zu bewerten als Castor-Transporte aus laufenden Atomkraftwerken. Im Rahmen des Atomkonsenses hat die rot-grüne Bundesregierung mit den Atomkraftwerksbetreibern einen Fahrplan für den Ausstieg aus der Atomenergie festgelegt und erreicht, dass innerdeutsche Castor-Transporte aus laufenden Atomkraftwerken nach Ahaus oder Gorleben auf Null reduziert werden konnten. Das AKW Stade ist kürzlich vom Netz gegangen. Aber die gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Atomkraftnutzung ist noch nicht entschieden. CDU/CSU und FDP haben angekündigt, dass sie weiter auf die Atomenergie setzen wollen. Bündnis 90/DIE GRÜNEN werden sich daher an möglichen Demonstrationen anlässlich der Atommülltransporte aus Rossendorf beteiligen und sich dabei gegen eine Renaissance der Atomkraft einsetzen.

Dieser Beschluss ist falsch, verlogen und absolut rücksichtslos!!!

Die Aussage „Rossendorf wird wieder zur grünen Wiese" ist völlig falsch. Rossendorf ist zentrale Sammelstelle für radioaktiven Müll aus drei Bundesländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen). Neben den 18 CASTOR MTR-2 Behältern, die von Rossendorf nach Ahaus sollen, befinden sich dort noch gut 1000 Behälter mit radioaktivem Müll, teilweise noch aus DDR-Zeiten, die noch mehrere Jahrzehnte bewacht werden müssen. D.h.: Rossendorf wird erst grüne Wiese, wenn es ein sicheres Endlager gibt, und das gibt es - wie ihr wissen solltet - weltweit nicht! Wollt ihr die grüne Wiese Ahaus gegen eine grüne Wiese in Rossendorf tauschen um so euer angebliches Entsorgungskonzept darzustellen?

Die sächsischen Bündnisgrünen haben eine eindeutige Position zu Rossendorf bezogen:

Rossendorf (20/2001 der Beschluss besteht weiterhin gem. telef. Anfrage vom 6. 1. 04)

Die sächsische Landes Regierung ist aufgefordert, den Transport der Brennstäbe aus Rossendorf ins nordrhein-westfälische Ahaus nicht weiter zu verfolgen. Dies wäre ein unsinniger Transport. Später müsste die Fracht von Ahaus wieder transportiert werden - in ein Endlager. Solange können die Brennstäbe auch in Rossendorf verbleiben. Sie stehen dort ebenso sicher und unsicher wie in Ahaus. Die Hallen befinden sich in einem vergleichbaren baulichen Zustand. Zudem befindet sich in Rossendorf die Landessammelstelle für radioaktiven Abfall...

Dann schreibt ihr, dass die Forschungseinrichtung in Rossendorf Verträge mit dem BZA geschlossen hat. Wie kann das BZA unter eurer Aufsicht und der Aufsicht eurer politischen Partner Verträge abschließen, welche die Einlagerung von CASTOR MTR-2 Behältern betreffen, ohne dass eine atomrechtliche Einlagergenehmigung dafür besteht? Habt ihr euch mal überlegt, wessen Interessen ihr mit solchen Beschlüssen unterstützt? Seit ihr sicher, dass ihr in „BZA-Freundeskreisen" so viele neue Wählerstimmen gewinnen könnt, wie ihr sie durch derartig dumme und rücksichtslose Beschlüsse in Ahaus, im Münsterland und in Münster verloren habt? Oder zeichnet sich durch euren Beschluss eine Anpassung an die GRÜNE Atompolitik auf Bundesebene ab? Kündigt sich damit auch auf Landesebene eine uneingeschränkte Zustimmung zu allen Atomprojekten mit deutscher Beteiligung an?

Die sicherheitstechnische Überprüfung des BZA wollen wir euch nicht anvertrauen, da Grüne Atompolitik offensichtlich nicht von „Sachverstand" gesteuert wird.

Eins ist klar:

Mit diesem Beschluss habt ihr euch aus der Anti-Atom-Bewegung verabschiedet!

Wenn ihr diesen Beschluss nicht revidiert, legen wir keinen Wert mehr auf „Unterstützung" von NRW-Landesgrünen (?) bei künftigen Anti-Atom-Demonstrationen in Ahaus!

Burkard Helling BI Vorsitzender

Felix Ruwe BI Pressesprecher

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Pressemeldungen dazu:

taz NRW vom 8.1.2004

Ahaus wird grüner Super-GAU

"Falsch, verlogen und rücksichtslos": Anti-Atom-Initiative kritisiert Atompolitik der grünen Landtagsfraktion scharf. Grüne wollen Parteiratsbeschluss zu Castor-Transporten überprüfen

VON ANDREAS WYPUTTA

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) hat die Atompolitik der grünen Landtagsfraktion scharf kritisiert. Die grüne Atompolitik sei "falsch, verlogen und rücksichtslos", schreiben BI-Vorsitzender Burkard Helling und Pressesprecher Felix Ruwe in einem offenen Brief an die grünen Landtagsabgeordneten. Mit ihrem Parteiratsbeschluss vom 14. Dezember hätten sich die nordrhein-westfälischen Grünen aus der Anti-Atom-Bewegung verabschiedet". Eine Kontrolle des Zwischenlagers durch die Anti-Atom-Partei erfolge nicht: "Grüne Atompolitik wird offensichtlich nicht von Sachverstand gesteuert."

In dem Parteiratsbeschluss heißt es, Lieferungen aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor im sächsischen Rossendorf bei Dresden seien "Transporte zur Abwicklung der Atomenergie". Sie müssten anders bewertet als Transporte aus laufenden Atomkraftwerken - trotz des später nötigen Transports in ein noch zu bauendes Endlager. Die Castor-Lieferung nach Ahaus sei "ein Schritt, Rossendorf zur grünen Wiese zu machen".

Doch Rossendorf wird nicht zur grünen Wiese. Der Dresdner Vorort bleibt zentrale Sammelstelle aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In einem Hochsicherheitstrakt lagern außerdem hochradioaktive Abfälle, teilweise noch aus DDR-Zeiten. Selbst die sächsischen Grünen lehnen die Castor-Transporte nach Ahaus ab: "Ein mehr an Sicherheit wird es dadurch nicht geben", sagt Landesgeschäftsführer Andreas Jahnel. "Die Transporte sind überflüssig." Offensichtlich hätten die NRW-Grünen das sächsische Rossendorf mit dem brandenburgischen Rheinsberg verwechselt - dort entsteht nach dem Abriss eines Atomkraftwerks tatsächlich wieder eine grüne Wiese.

Rüdiger Sagel, atompolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, gibt sich zerknirscht: "Diese Information war im Detail hier so nicht bekannt." Der Parteiratsbeschluss müsse überprüft und revidiert werden: "Grundsätzlich lehnen wir Atommülltransporte aus anderen Bundesländern nach Ahaus ab." Auch Frithjof Schmidt, Landesvorstandssprecher der Grünen, kündigte Gespräche mit den sächsischen Grünen und eine Überprüfung des Parteiratsbeschlusses an: "Dann müsste ein Zwischenlager auch für Rossendorf beantragt werden."

taz NRW Nr. 7252 vom 8.1.2004, Seite 2, 78 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS WYPUTTA

 

Kommentar: Castor-Transporte nach Ahaus

Atomares Desaster

Die Atompolitik der nordrhein-westfälischen Grünen steht vor dem Desaster. Denn bisher endete die offensichtlich direkt hinter der Landesgrenze. Völlig unverständlich bleibt, warum die Anti-Atom-Partei nicht über die Situation im sächsischen Rossendorf informiert ist: Dort entsteht keine "grüne Wiese", dort bleibt die zentrale Sammelstelle aus den drei Bundeslandern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Ein Anruf bei den sächsischen Grünen hätte die Situation geklärt - seit Jahren lehnen die Parteifreunde dort die Castor-Transporte ab. Und das mit guten Gründen: Mehr Sicherheit - die kann das Ahauser Zwischenlager nicht bieten: Die Leichtbauhalle aus Wellblech, zur Kühlung der Castoren offen gebaut, bietet keinerlei Schutz. Nicht bei einem Leck der Castoren, erst recht nicht bei einem Terrorangriff.

Mehr als dürftig bleibt die Erklärung der NRW-Grünen, von alldem nichts gewusst zu haben. Offensichtlich verlässt sich die ehemals deutlich engagiertere Anti-Atom-Partei viel zu sehr auf Bundesumweltminister Jürgen Trittin und seine Atomaufsicht. Offensichtlich versagt die Kommunikation mit den lokalen Initiativen vor Ort - denn die warnen bereits seit Wochen vor den drohenden neuen Castor-Transporten nach Ahaus, die das Bundesamt für Strahlenschutz wegen rechtlich bindender Verträge auf jeden Fall genehmingen muss. Umso wichtiger bleibt der politische Widerstand auch in den Parlamenten: Die Grünen müssen ihren ungücklichen Parteiratsbeschluss revidieren - und Druck gegen die Transporte machen." ANDREAS WYPUTTA

taz NRW Nr. 7252 vom 8.1.2004, Seite 2, 52 Zeilen (Kommentar), ANDREAS WYPUTTA

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