Presseauswahl ab Januar 2009

Presseauswahl der BI bis Dezember 2008

weitere Artikel zum Thema bei Google-News - Yahoo-Schlagzeilen - RRS anti-atom-news

 

focus 07.01.2009

Frankreich: Atomkonzern Areva unterlässt Werbung mit "sauberer Energie"

Der Slogan "Energie im sauberen Sinne" für den französischen Atomkonzern Areva ist seitens der Selbstkontrollstelle der Werbewirtschaft (ARPP) kritisiert worden. Der Atomkonzern verzichtet vorerst darauf, den Slogan weiter zu verwenden.

Nach einer Beschwerde verzichtet der französische Atomkonzern Areva vorerst darauf, für sich mit dem Slogan "Energie im sauberen Sinne" zu werben. Dies heiße aber nicht, dass das Unternehmen dauerhaft auf dem Gebrauch verzichte, sagte eine Areva-Sprecherin am Mittwoch in Paris. Zuvor hatte die Selbstkontrollstelle der Werbewirtschaft (ARPP) die Werbung kritisiert. Sie verstößt demnach gegen eine Selbstverpflichtung der Branche zu Themen des Umweltschutzes.

Die französischen Grünen hatten Areva vorgeworfen, "die Öffentlichkeit zu täuschen, indem der Eindruck erweckt wird, Atomenergie sei vom Abbau von Uran bis zur Lagerung der Abfälle sauber". Diese Bezeichnung könne nur für erneuerbare Energien verwendet werden.

Die französische Werbebranche hatte im April vergangenen Jahres eine Charta zur Nutzung von Öko-Slogans unterzeichnet. Seitdem haben mehrere Firmen Werbeslogans in Frankreich geändert, darunter auch der Autobauer BMW. Aus "Das Vergnügen ist eine erneuerbare Energie" machten die Bayern deshalb "Ein immer verantwortungsvolleres Vergnügen".

------------

taz, 6.1.09

Nach Erfolg über Pannenreaktor

Gegen AKW-Technologie-Export

Die Bürgerinitiative in Hamm hat über den Thorium-Versuchsreaktor gesiegt. Jetzt kämpft sie gegen den Export der Technologie. Teil 7 der taz-Serie Anti-Atomkraft-Bewegung.

VON FELIX WERDERMANN

HAMM taz Er ist mit dem Atomkraftwerk groß geworden. Als mit dem Bau des Thorium-Versuchsreaktors in Hamm begonnen wurde, war Horst Blume Teenager. Das war 1971. Heute ist Blume 54 Jahre alt, der Reaktor befindet sich in sogenanntem Stilllegungsbetrieb. Viele Menschen haben nach dem Aus für das Kraftwerk aufgehört, sich in der Bürgerinitiative zu engagieren. Blume macht weiter.

Der Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) gehört zur vierten Reaktorgeneration, "die ja weltweit propagiert wird", sagt Blume. "Da wollen wir sehen, dass diese negativen Erfahrungen, die wir hier gemacht haben, nicht in Vergessenheit geraten." In Hamm sei es immer wieder zu Störfällen gekommen: Vor allem die kugelförmigen Brennelemente in einer Grafitschale seien häufig kaputt gegangen - insgesamt 17.000 Kugeln. Der radioaktive Grafitstaub musste jedes Mal abgesaugt werden. Aber auch sonst war die Geschichte des 1985 in Betrieb genommenen THTR geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. Die Bürgerinitiative listet auf ihrer Internetseite über 50 Störfälle auf: vom Ausfall einer Belüftungsanlage bis hin zu Schwergängigkeit von Regelventilen im Wasser-Dampf-Kreislauf.

"Jede Woche hat irgendwas nicht funktioniert", erinnert sich Marita Gehrken, die damals in der Bürgerinitiative aktiv geworden ist. Weil der Reaktor immer wieder heruntergefahren wurde, konnte er nur 423 Volllasttage aufweisen, bevor er im Jahr 1989 schon wieder abgeschaltet wurde - wegen technischer Probleme und hoher Kosten.

Dennoch wird die Technologie heute nach Kapstadt in Südafrika exportiert. Blume hat E-Mail-Kontakt zu einer deutschstämmigen Familie, die in der Nähe des geplanten Atomkraftwerks wohnt. "Das sind ganz normale Leute, denen es jetzt ein bisschen mulmig wird", sagt er.

In Hamm ist es hingegen ruhiger geworden. In Hochzeiten zählte die Bürgerinitiative noch über 100 Mitglieder, bei der größten Blockade des THTR sind 7.000 Leute zusammengekommen. Als aber die Brennelemente in den 90er-Jahren nach dem Aus des THTR ins Atommülllager nach Ahaus gebracht wurden, war das Kapitel für viele Menschen aus Hamm abgeschlossen. Für Atomkraftgegner wie Blume allerdings nicht: "Die Radioaktivität ist ja nicht verschwunden. Manchmal ist das schon ein bisschen ärgerlich, dass die Menschen nur ganz egoistisch an sich selbst denken."

Und so ist die Bürgerinitiative bis heute aktiv. Ab und zu fahren einige Leute nach Ahaus, um dort zu demonstrieren. Auch die akribische Öffentlichkeitsarbeit spielt eine wichtige Rolle für die Aktivisten: Vor Kurzem hat die Gruppe Informationen aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums an die Presse weitergegeben: Über 300 Millionen Euro soll der Rückbau kosten. Die Bürgerinitiative hat zudem ihr eigenes Organ, den THTR-Rundbrief. Er erscheint etwa achtmal im Jahr mit einer Auflage von 150 Exemplaren. Um die Internetseite kümmert sich ein Mitstreiter, der inzwischen in Berlin lebt, aber weiter virtuell in der Hammer Initiative mitarbeitet. Ein richtiges Büro der Gruppe gibt es ohnehin nicht. Alle sechs Wochen treffen sich die Aktiven privat. "Wir sind ein eingespieltes Team", sagt Gehrken, die Blume schon seit über 30 Jahren kennt.

www.reaktorpleite.de

---------------

Nibelungen-Kurier, 4.1.09

Umweltverbände verstärken Druck bei Kernenergie

Greenpeace fordert schnelleren Atomausstieg / NABU: Steinzeittechnologie

Berlin (ddp). Die Umweltorganisation Greenpeace fordert mehr Tempo beim geplanten Atomausstieg. Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens warnte am Sonntag, Kernenergie sei «die gefährlichste und unverantwortlichste Art, Strom zu erzeugen». Der Atomausstieg müsse deshalb «deutlich schneller erfolgen als bisher geplant». Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisierte die jüngsten Vorstöße aus der Union für längere Laufzeiten von Kernkraftwerken.

Behrens verlangte in einem ddp-Interview, in Deutschland sollte «der letzte Atommeiler spätestens 2015 und nicht erst 2025 vom Netz gehen». Sie betonte: «Ein Super-GAU wie der in Tschernobyl ist jederzeit möglich.» Außerdem müsse «der hoch radioaktive Müll der Atomkraftwerke für 10 000 Jahre absolut sicher gelagert werden». Die Greenpeace-Geschäftsführerin unterstrich: «Niemand weiß, wo und wie das gemacht werden kann, bis heute gibt es kein Endlager.»

Ein weiteres Risiko sei, dass kein Kernkraftwerk ausreichend gegen Terrorangriffe geschützt sei. Behrens wandte sich ferner gegen die Darstellung, mit Kernenergie könne man den Klimawandel bekämpfen. Dies sei «schlicht falsch».

Der NABU-Energieexperte Elmar Große Ruse betonte: «Längere AKW-Laufzeiten fördern nicht den Klimaschutz, sondern behindern ihn sogar.» Es sei davon auszugehen, «dass die Atomkonzerne ihre Investitionen in Erneuerbare Energien in dem Augenblick reduzieren oder ganz zurückziehen, wenn eine Laufzeitverlängerung beschlossen wird». Denn im bestehenden Stromnetz sei «kein Platz», um dauerhaft und verlässlich den zusätzlichen Strom aus Erneuerbaren Energiequellen aufzunehmen, wenn weiterhin der Strom aus Atomkraftwerken integriert werden müsse.

Der Energieexperte fügte in einem ddp-Interview hinzu: «Das wäre das Aus für den Ausbau der Offshore-Windenergie.» Wenn der Anteil Erneuerbarer Energiequellen weiter auf mindestens 30 Prozent bis 2020 ansteigen solle, dann brauche man «hocheffiziente und vor allem dezentrale Kraftwerke, die flexibel einen Ausgleich zwischen Erzeugung und Nachfrage in einer Region gewährleisten können». Großkraftwerke auf Basis von Atomkraft gehörten nicht dazu. Sie seien mit hohen Verlusten an Primärenergie verbunden und müssten «dauerhaft in Betrieb sein, weil sie nicht kurzfristig hoch- und runtergefahren können».

Die «Steinzeittechnologie Atomkraft» stehe aus Sicht des NABU einer zukunftsfähigen Energiepolitik im Wege. Ferner gebe es «keine Aussicht auf ein sicheres atomares Endlager in Deutschland».

---------------

süddeutsche Zeitung 05.01.2009

Atommülllager Asse wird nicht geflutet

Der neue Betreiber von Asse, das Bundesamt für Strahlenschutz, hat sich gegen eine Flutung des früheren Salzbergwerks entschieden.

Das Atommülllager Asse in Niedersachsen wird nicht geflutet. Die umstrittenen Pläne werden nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) nicht umgesetzt. Vielmehr werde man andere Konzepte für die Schließung der Anlage prüfen, sagte BfS-Präsident Wolfram König in Remlingen bei Wolfenbüttel. Das werde allerdings längere Zeit in Anspruch nehmen, da seine Behörde alle Optionen sehr genau untersuchen wolle. Eine Flutung käme nur zur Abwehr akuter Gefahren in Betracht.

Der frühere Betreiber des Endlagers, das Münchner Helmholtz-Zentrum, hatte vor, die Anlage bei der Schließung mit einer mit Magnesiumchlorid gesättigten Lösung zu füllen. Das Flutungskonzept nahm jedoch einen Kontakt der radioaktiven Abfälle mit Flüssigkeiten in Kauf, erklärte das BfS. Dies berge die Gefahr, dass die Flüssigkeiten radioaktive Substanzen aus den Abfällen herauslösen.

Gegner der Flutung hatten gewarnt, dass sich über die Magnesiumchloridlauge Radioaktivität im Untergrund ausbreiten und eines Tages auch die Erdoberfläche erreichen könnte.

Zu Jahresbeginn hat das BfS den Betrieb des Endlagers übernommen. Gleichzeitig war die Verantwortung nach einer Pannenserie vom Bundesforschungsministerium an das Bundesumweltministerium übergegangen. Die früheren Betreiber hatten ohne die erforderlichen Genehmigungen radioaktive Lauge in einen unbelasteten Bereich des früheren Salzbergwerks abgeleitet.

Die Bundesregierung hat das frühere Salzbergwerk offiziell zum atomaren Endlager erklärt und damit dem Atomrecht unterworfen. Als Forschungsbergwerk des Helmholtz-Zentrums war Asse unter das Bergrecht gefallen.

In Asse waren zwischen 1967 und 1978 125.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Atomabfällen eingelagert worden. In der Schachtanlage hat sich radioaktive Lauge angesammelt. Diese Lauge war ohne atomrechtliche Genehmigung in tiefere Lagen gepumpt worden. In manchen Fässern hatten sich offenbar sogar Brennstäbe befunden.

----------------

financial times 05.01.2009

Nuklearstrategie: RWE pumpt Milliarden in Atomkraft

Deutsche Energiekonzerne steigen in großem Stil in die Kernkraft im Ausland ein. Die britische RWE-Tochter NPower plant die Errichtung von zwei oder drei Meilern in Wales. Das geht aus einer Vereinbarung über die Einspeisung von bis zu 3600 Megawatt Strom mit dem Netzbetreiber National Grid hervor.

"Wir meinen es ernst und sind entschlossen, Fortschritte bei neuen nuklearen Optionen zu erreichen", betonte NPower-Chef Andrew Duff.

In Osteuropa steigt RWE bei zwei bis drei weiteren Kernreaktoren ein. Eon hat angekündigt, mindestens zwei Kernkraftwerke in Großbritannien zu bauen, und ist an Vorhaben in Finnland beteiligt. Wenn alle Projekte realisiert werden, sind damit Investitionen von deutlich über 20 Mrd. Euro verbunden.

Die Unternehmen hoffen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Zum einen festigen sie ihren Anspruch, auf europäischer Ebene führend mitzumischen. Zum anderen bieten die ausländischen Meiler einen Ausweg aus der steigenden Kostenbelastung für Kohlestrom durch den Emissionsrechtehandel. EU-Stromkonzerne, mit Ausnahme osteuropäischer Erzeuger, bekommen künftig keine kostenlosen Verschmutzungsrechte mehr, hat die EU im Dezember beschlossen.

RWE, größter Emittent von Kohlendioxid (CO2) in Europa, ist von der Verschärfung besonders betroffen. 55,8 Prozent der Stromerzeugung beruhen auf Kohle, davon fast die Hälfte auf Braunkohle. RWE entlässt pro erzeugter Megawattstunde 0,85 Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre - 63 Prozent mehr als die EU-Stromerzeuger im Durchschnitt. Bis 2020 will der Essener Energiekonzern seinen Ausstoß auf 0,51 Tonnen je Megawattstunde senken. \"Wir streben an, deutlich an den europäischen Durchschnitt heranzukommen\", sagte jüngst der neue RWE-Strategievorstand Leonhard Birnbaum.

In Deutschland setzt der Konzern dazu unter anderem auf die Modernisierung seiner Kohlekraftwerke. Gleichzeitig treibt er den Ausbau der CO2-freien erneuerbaren Energien voran. Die RWE-Tochter Innogy soll im Schnitt 1 Mrd. Euro pro Jahr in Wind-, Wasser- oder Biogasanlagen investieren. Doch der deutsche Kernkraftausstieg lastet auf der Emissionsbilanz stärker als bei den Wettbewerbern. Bereits 2010 muss RWE die Reaktoren Biblis A und B vom Netz nehmen, bis 2016 auch zwei Blöcke in Gundremmingen mit 75 Prozent RWE-Anteil. Die Chance zum Ausbau in Großbritannien kommt Vorstandschef Jürgen Großmann daher gelegen.

Investitionen in ausländische Reaktoren sind jedoch umstritten. Um eine Beteiligung am bulgarischen Reaktor Belene war es zum Streit im RWE-Aufsichtsrat gekommen. Auch die britischen Projekte könnten Zündstoff bergen. NPower sicherte sich neben Einspeisungsrechten zugleich Optionen zum Erwerb von Grundstücken nahe dem bestehenden Reaktor Wylfa auf der Insel Anglesey, sagte Duff. Die Lage ist für das Unternehmen attraktiv, weil es dort bald weitere Akquisitionschancen geben könnte. Der französische Rivale EDF muss nach der 13 Mrd. Euro schweren Übernahme des Nuklearstromerzeugers British Energy Standorte in der Nähe verkaufen, so Auflagen der EU-Kommission. "Wenn EDF Standorte oder Anlagen nach dem anstehenden Kauf von British Energy anbietet, würde RWE diese Akquisitionen erwägen", ist Analystin Zoe Grainge von Global Insight überzeugt.

Ob die Nuklearstrategie von RWE und Eon aufgeht, ist offen. Erst lange Laufzeiten machten die Investments attraktiv, rechnete Nigel Hawkins von der Beratungsfirma Hawkins Associates vor. "Wenn wir 20 Jahre unterstellen, ist eine schwache Rendite wahrscheinlich, während eine optimistischere Erwartung von 60 Jahren viel bessere Ergebnisse bringt", schrieb Hawkins im Fachblatt "Utility Week". Europas größter Kernkraftbetreiber EDF geht danach von 46 Euro Produktionskosten je Megawattstunde Atomstrom aus, wenn die Meiler 60 Jahre laufen - wettbewerbsfähige Kosten, so Hawkins, der jedoch nachschiebt: "Alle Zahlen über neue Kernkraftwerke unterliegen gewaltigen Schwankungsbreiten."

zurück