Presseauswahl ab Oktober2008

Presseauswahl der BI bis September 2008

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31.10.2008 

Endlagersuche in Berlin

Atomgegner begleiten Symposium der Bundesregierung zur Entsorgung von radioaktivem Müll mit Protesten. Streit um Gorleben geht weiter

Von Reimar Paul

Umweltminister Sigmar Gabriel am 10. Oktober auf Fortbildung mit dem Präsidenten des Amts für Strahlenschutz, Wolfram Koenig, im Atommüllager Morsleben

In Berlin wird ab heute nach einem Endlager gesucht. Ein sieben Meter hoher Bohrturm werde unweit des Kurfürstendamms in Position gebracht, teilte die »Gesellschaft zur Förderung von Akzeptanzproblemen« mit. Die Bohrungen im »Zwillings-Salzstock Sperenberg-Wilmersdorf« seien ein Beitrag zur der von vielen Seiten geforderten alternativen Endlagersuche. Das angekündigte Spektakel ist nur eine von mehreren Aktionen, mit denen Atomkraftgegner eine ebenfalls am heutigen Donnerstag beginnende Konferenz zur Endlagerung von Atommüll begleiten wollen. Drei Tage lang werden Experten aus dem In- und Ausland auf Einladung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) im Logenhaus in der Emser Straße darüber diskutieren, ob und wie hochradioaktiver Müll für Jahrtausende sicher verwahrt werden kann.

Die Suche nach einem Endlager ist in einer Sackgasse. Entgegen ursprünglichen Plänen will die große Koalition in Berlin bis zur Bundestagswahl im Herbst 2009 nicht mehr über das weitere Verfahren in dieser Frage entscheiden – die Positionen von Union und SPD liegen zu weit auseinander. Während im früheren Eisenbergwerk Schacht Konrad bereits ein Endlager für den schwach- und mittelradioaktiven Abfall entsteht, ist für die hochaktiven und gefährlicheren Abfälle noch keine Lösung in Sicht. Die bestrahlten Brennelemente aus den Atomreaktoren und der Müll aus den Wiederaufarbeitungsfabriken können nur vorübergehend in Hallen an den AKW-Standorten oder in den zentralen Zwischenlagern Ahaus und Gorleben aufbewahrt werden. In Gorleben wird seit Jahrzehnten auch ein unterirdischer Salzstock erkundet. Ob er als Endlager taugt, ist unter Wissenschaftlern und Politikern umstritten.

Aus Sicht von Energieunternehmen und CDU/CSU spricht bislang nichts gegen Gorleben. Die Union will den Salzstock zu Ende untersuchen lassen und so rasch wie möglich als Endlager in Betrieb nehmen. Minister Gabriel äußert sich bislang nicht eindeutig zu dem Salzstock. Er möchte auf jeden Fall noch andere Standorte untersuchen lassen, um dann »den geeignetsten« auszuwählen. Sicherheit müsse Vorrang vor ökonomischen Erwägungen haben, argumentiert der Minister unter Verweis auf die Pannen in den Atommüllagern Asse und Morsleben. In beiden Einrichtungen wurde in der Vergangenheit schwach- und mittelradioaktiver Müll vergraben, beide drohen einzustürzen oder voll Wasser zu laufen.

»Der Betrieb von Atomkraftwerken ohne ein Endlager ist wie Fliegen ohne Landebahn«, kommentierte Jochen Stay von der wendländischen Initiative »X-tausendmal quer« die Situation. »Jede Pommesbude würde vom Gewerbeaufsichtsamt geschlossen, wenn sie ihr altes Frittenfett nicht ordentlich entsorgt.« Mit Blick auf die ungeklärte Endlagerung machen die Atomgegner gegen den in der zweiten Novemberwoche erwarteten Castortransport mobil. Sie befürchten, daß jeder weitere Behälter mit Atommüll Gorleben als Endlagerstandort zementiert.

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taz 2008-10-26

Vor Transporten nach Gorleben: Castor-Gegner proben Aufstand

In zwei Wochen soll Atommüll von Frankreich ins Zwischenlager Gorleben transportiert werden. Die Polizei verhängt wieder einmal ein Demoverbot entlang der Bahnstrecke.

Die Polizei will großräumig Demonstrationen gegen den bevorstehenden Atommülltransport nach Gorleben verbieten. In einem 100 Meter breiten Korridor um die Bahnstrecke von Lüneburg nach Dannenberg und um die beiden weiter nach Gorleben führenden Straßen sollen ab Samstag, 8. November, spontane Demonstrationen und am Sonntag, 9. November, auch angemeldete Proteste nicht mehr statthaft sein.

Unterdessen haben sich zwei Wochen vor dem elften Transport von hochradioaktivem Müll in das Zwischenlager Gorleben Castor-Gegner aus dem Wendland bei ersten Aktionen warmgelaufen. In Uelzen demonstrierten am Wochenende 300 AKW-Gegner und ein gutes Dutzend Bauern mit Traktoren gegen einen Weiterbau des Gorlebener Endlagerbergwerks und für den Atomausstieg. Bei Hitzacker trafen sich Menschen, Pferde und Traktoren, um sich unter dem Motto ´Gemeinsam zum Zuge kommen´ der Bahnlinie von Lüneburg nach Dannenberg anzunähern. Bequemer ging es am Sonntag an der Castorumladestation in Dannenberg zu, wo in gut zwei Wochen elf Behälter mit Strahlenmüll aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich von Eisenbahnwagons auf Straßentieflader gesetzt werden. Dort probten gut 100 AKW-Gegnerinnen eine Straßenblockade.

Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg geht davon aus, dass der Zug mit den Atommüllbehältern am Freitag, 7. November, nahe der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague starten wird. Voraussichtlich am Samstagmittag wird er bei Lauterbourg und Wörth die französisch-deutsche Grenze passieren. Die Bahnstrecke von Lüneburg nach Dannenberg wird der Zug wohl ab Sonntagmorgen zurücklegen.

Nach dem Umsetzen der Behälter auf Tieflader ist Montag früh der Straßentransport von Dannenberg nach Gorleben geplant. Der in den Behältern enthaltene Müll ist heißer und strahlt stärker als beim letzten Castor-Transport nach Gorleben vor zwei Jahren, weil er auf im Reaktor genutzte Brennelemente mit einem höheren Abbrand zurückgeht. Darum handelt es sich streng genommen diesmal auch nicht um einem Castor-Transport, denn der Müll steckt nicht in deutschen Castoren, sondern in französischen Behältern vom Typ TN85. Dem deutschen ´Castor 28´, der für den stärker strahlen Wiederaufarbeitungsmüll konzipiert wurde, fehlt bislang die Zulassung.

Die Polizei rechnet wegen des Skandals um das Atommüllager Asse und den Versuchen, längere AKW-Laufzeiten durchzusetzen, ´eine deutlich größere Beteiligung an den Protesten´, wie es in der Verbotsverfügung heißt. Sie sind auf größere Blockaden auf Schienen und Straßen eingestellt.

Mehr Demonstranten als die gut 5.000 des Jahres 2006 erwartet auch die BI Lüchow-Dannenberg. Für den 8. November ruft sie zu einer bundesweiten Demonstration an den Gorlebener Atomanlagen auf. ´Es geht um den Sofortausstieg, das Entsorgungsfiasko, und wir verlangen den Rückbau des Gorlebener Endlagerbergwerkes´, sagte BI-Sprecher Francis Althoff. ´Im Mittelpunkt stehen das Endlager und die AKW-Laufzeiten´, meint auch Jochen Stay von der Aktion ´x-tausendmal Quer´. Der Castor-Transport sei mittlerweile eher der Anlass für Protest. Allerdings wollen sich die Aktivisten von x-tausend auch diesmal wieder auf die Castor-Strecke setzen, mitten in der Ortschaft Gorleben.

Derzeit haben in mehreren Dutzend Städten Anti-AKW-Gruppen Busse gechartert, um zur Demo anzureisen. Unterstützt wird der Demoaufruf auch vom Parteivorstand der Linken. Die Grünen mobilisieren auf allen Ebenen zur Fahrt nach Gorleben. Alle Mitglieder des Grünen-Bundesvorstandes wollen nach Angaben eines Parteisprechers vor Ort gegen den Atommülltransport protestieren.

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Ahlener Zeitung 25.10.2008

Münsterland-SPD stellt sich gegen Thoben

-fpl- Münster/Düsseldorf. Klare Ablehnung: Die Münsterland-SPD hat sich gestern geschlossen gegen Pläne ausgesprochen, die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland auf bis zu 60 Jahre zu verlängern. Diese Absicht hatte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) geäußert. „Wir Münsterländer sind durch die Castor-Transporte ins Zwischenlager in Ahaus in der Region direkt betroffen“, sagt Stefanie Wiegand, SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Borken.

Auch die Frage eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle sei noch ungeklärt, erklärten die SPD-Politiker in einer Presseerklärung. „Deshalb ist es verantwortungslos, die Produktion von weiterem Atommüll billigend in Kauf zu nehmen.“

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scharf-links, 24.10.08

BBU verurteilt die NRW-Vorstellungen zu längeren AKW-Laufzeiten

NRW droht noch mehr Atommüll als bisher

(Bonn, Gronau, Ahaus, Krefeld, 24.10.2008) Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V. hat die Forderung der nordrhein-westfälischen Landesregierung nach längeren Restlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke scharf verurteilt. Udo Buchholz vom BBU-Vorstand: "Die Forderung, die NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag erhoben hat, ist völlig verantwortungslos. Frau Thoben hat sich indirekt für die zusätzliche Produktion von Atommüll ausgesprochen. Das ist nicht hinnehmbar!"

Aus seiner Sicht als bundesweit aktiver Umweltverband verurteilt der BBU das Anliegen der NRW-Regierung, da Frau Ministerin Thoben die längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke den Menschen in anderen Bundesländern "aufs Auge drückt", so Buchholz, "schließlich ist in NRW kein kommerzielles Atomkraftwerk in Betrieb. Längere AKW-Laufzeiten gefährden zunächst besonders die Menschen in Nord- und Süddeutschland." Mit Blick auf Nordrhein-Westfalen kritisiert der BBU, dass auch die Bevölkerung in NRW von den längeren AKW-Laufzeiten in anderen Bundesländern betroffen wäre. Der BBU betont, dass auch bei der Vorbereitung des Urans für die Atomkraftwerke Atommüll bei der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) im westfälischen Gronau anfällt. Hier soll sogar noch ein Hallenlager für rund 60.000 Tonnen Uranmüll gebaut werden; die Genehmigung wurde bereits von der Düsseldorfer Landesregierung erteilt. Und mit längeren AKW-Laufzeiten würde auch noch mehr hochradioaktiver Atommüll für das Ahauser Castor-Lager drohen. Und nach Angaben des BBU wären auch nicht nur Ahaus und Gronau indirekt von längeren AKW-Laufzeiten betroffen, sondern beispielsweise auch das Ruhrgebiet. So betreibt das Siempelkamp-Unternehmen in Krefeld eine in der Öffentlichkeit kaum bekannte Atomschrot-Schmelzanlage. Und die zahllosen Urantransporte von und nach Gronau gefährden die Menschen zwischen Rhein und Ruhr im Münsterland ebenso wie im Ruhrgebiet und im Rheinland.

Die von der NRW-Landesregierung geforderten längeren AKW-Restlaufzeiten würden die Bevölkerung gerade im Münsterland doppelt betreffen. Einerseits durch die Drohung weiterer Atommüll-Lagerung in Gronau und Ahaus, und auch durch eine drohende längere Laufzeit des Atomkraftwerks im emsländischen Lingen, wenige Kilometer nördlich der Landesgrenze von NRW und Niedersachsen. Das AKW Lingen II ging Ende der 80er Jahre in Betrieb und würde nach Vorstellungen von Frau Ministerin Thoben noch weitere 40 Jahre Atommüll produzieren und die Bevölkerung bereits im sogenannten Normalbetrieb mit der Freisetzung radioaktiver Stoffe belasten. Hinzu kommt die Gefahr eines ständig drohenden Störfalls. Buchholz: "In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass die bisherigen Deckungssummen für die Haftpflichtversicherung von atomaren Anlagen völlig unzureichend sind. Die Gesundheit und das menschliche Leben sind zudem unersetzbar!"

Der BBU setzt sich für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen ein. AKW-Laufzeitverlängerungen sind für den Umweltverband mit Sitz in Bonn nicht hinnehmbar. Aber auch der bisher vorgesehene Weiterbetrieb der Atomanlagen ist für ihn nicht akzeptabel. Der BBU setzt auf Bürger/innen-Proteste und ruft auch zur Teilnahme an der Anti-Atomkraft-Demonstration am 8. November in Gorleben auf. Informationen hierzu gibt es im Internet unter http://www.castor.de/nix12/.

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Aachener Nachrichten, 22.10.08

Atomkraft: NRW will Meiler bis zu 60 Jahre am Netz halten

Von Johannes Nitschmann

Düsseldorf. Angesichts einer drohenden Wirtschafts-Rezession will die Landesregierung den Ausstiegsbeschluss aus der Kernenergie kippen und die bisher auf 32 Jahre beschränkte Restlaufzeit der bundesdeutschen Atommeiler auf mindestens 40 Jahre verlängern.

Bei neueren Kernkraftwerken mit einer erheblich längeren Nutzungsdauer müsse eine Laufzeitdauer «von 50 bis 60 Jahren» angestrebt werden, erklärte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) am MIttwoch in einer Debatte des Düsseldorfer Landtags. Eine Verlängerung der Laufzeitdauer bedeute «kein zusätzliches technisches Risiko».

Thoben plädierte dafür, Erlöse der Energieunternehmen aus der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke «zumindest teilweise» für die Finanzierung innovativer Energietechnologien zu verwenden oder in die energetische Gebäude-Sanierung und in den Klimaschutz zu investieren. Zudem könnten mit den Zusatzerlösen «Anreizprogramme zum Umstieg auf schadstoffarme Autos» aufgelegt werden.

Die Gewinne aus einer Laufzeitverlängerung für Atommeiler lägen laut Thoben pro Jahr bei fünf bis zehn Milliarden Euro. Die Versorgungsunternehmen hätten ihr gegenüber bereits «Gesprächsbereitschaft» signalisiert, «Teile der Erlöse für das Allgemeinwohl einzusetzen».

Zugleich trat Thoben dafür ein, Energieunternehmen für den Bau neuer Kohlekraftwerke «kostenlos Zertifikate» für Schadstoffemissionen auszustellen. So lasse sich der «Investitionsstau» auflösen.

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Münsterländische Volkszeitung, 22.10.08

Thoben pocht auf Kernkraft

Düsseldorf - Zur Ankurbelung der Wirtschaft drängt NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben darauf, die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke auf 50 bis 60 Jahre zu verlängern. Die Energiekonzerne seien bereit, einen Teil der zusätzlichen Erlöse von jährlich zehn Milliarden Euro in den Klimaschutz zu investieren. Eine Verlängerung "bedeutet kein zusätzliches Risiko", sagte die CDU-Politikerin.

Dagegen lehnen SPD und Grüne längere Laufzeiten weiter ab. Im Ausstiegsbeschluss der damaligen rot-grünen Bundesregierung war die Laufzeit der Meiler auf 32 Jahre beschränkt worden. Laut Thoben haben die Konzerne Gesprächsbereitschaft signalisiert, Mehrerlöse teilweise für den Klimaschutz zu nutzen.

Zudem sprach sich Thoben angesichts der drohenden Wirtschaftsflaute für eine Änderung des EU-Klimapakets aus. Nach ihren Plänen sollen die Konzerne für den Bau neuer Kohlekraftwerke kostenlose Verschmutzungsrechte erhalten. "Damit könnten wir den Investitionsstau von 30 Milliarden Euro auflösen", sagte sie. Die EU will Zertifikate ab 2012 versteigern. NRW-Kraftwerke verursachen 40 Prozent des CO2-Ausstosses in Deutschland. Thoben will mit dem Vorstoß den Ersatz alter, schmutziger Kohlekraftwerke durch moderne Blöcke erleichtern. Bisher schrecken die Konzerne wegen unsicherer Bedingungen davor zurück.

VON WILFRIED GOEBELS, DÜSSELDORF

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Kölnische Rundschau, 22.10.08

Christa Thoben

"Lasst Atommeiler 60 Jahre am Netz"

Von Wilfried Goebels

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU)möchte die Laufzeit von Atomkraftwerken auf 50 bis 60 Jahre verlängern. Ein Teil der Erlöse wollen die Energiekonzerne in den Umweltschutz steckten. Außerdem sprach sich Thoben für eine Änderung des EU-Klimapakets aus.

DÜSSELDORF - Zur Ankurbelung der Wirtschaft drängt NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU), die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke auf 50 bis 60 Jahre zu verlängern. Die Energiekonzerne seien bereit, einen Teil der zusätzlichen Erlöse von jährlich 10 Milliarden Euro in den Klimaschutz zu investieren. Beim Ausstiegsbeschluss war die Laufzeit der Atomkraftwerke auf 32 Jahre beschränkt worden.

Laut Thoben haben die Konzerne Gesprächbereitschaft signalisiert, Mehrerlöse teilweise für die Finanzierung innovativer Technologien, Gebäudesanierung und eine Verschrottungsprämie für Altautos zu nutzen. Bei einem Mehrerlös der Konzerne von 100 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren könnten rund 50 Milliarden Euro in eine neue Stiftung zum Klimaschutz gehen.

Außerdem sprach sich Thoben angesichts der drohenden Wirtschaftsflaute für eine Änderung des EU-Klimapakets aus. Nach Thobens Plänen sollen die Konzerne für den Bau neuer Kohlekraftwerke kostenlose Verschmutzungsrechte erhalten. "Damit könnten wir den Investitionsstau von 30 Milliarden Euro auflösen", sagte Thoben im Landtag. Nach Berechnung des Ministeriums stellt die geplante EU-Regelung ein massives Investitionshemmnis da, weil die Konzerne selbst für neue Kohlekraftwerke sieben Milliarden Euro Verschmutzungsabgabe zahlen müssten.

Bisher scheuen sich die Firmen, in neue Kraftwerke zu investieren. Deshalb will Thoben gemeinsam mit den Gewerkschaften ihren Vorstoß unternehmen. Die Nutzungsdauer der Atomkraftwerke beträgt nach Thobens Angaben mindestens 40 Jahre, für Reaktoren, die nach 1973 gebaut wurden, sogar 50 bis 60 Jahre. "Eine Verlängerung der Laufzeiten bedeutet kein zusätzliches Risiko", so Thoben. Dagegen lehnen SPD und Grüne längere Laufzeiten ab.

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taz, 21.10.08

Am Schluchsee zeigt sich, warum Wind- nicht zu Atomkraft passt.

Wasser den Berg hinauf

KOMMENTAR VON BERNWARD JANZING

Der Ausbau der Windkraft erfordere den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken, um für ausgleichend Strom zu sorgen, so heißt es. Bei starkem Wind pumpen die Anlagen Wasser den Berg hinauf und verbraten dabei überzähligen Strom. Bei Flaute jagen sie das Wasser wieder über die Turbinen hinunter. Klingt plausibel.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Fakt ist: Windkraft in großem Stil und Atomkraft passen technologisch nicht zusammen. Wo beides aufeinander trifft, braucht man einen Ausgleich - zum Beispiel Pumpspeicherwerke. Folglich kann man mit der gleichen Berechtigung, wie derzeit die Windkraft als Grund für die Baupläne im Hotzenwald herhalten muss, auch die Atomkraft als Grund nennen: Hätte man nämlich flexible Gaskraftwerke statt unflexibler Atomkraftwerke am Netz, bräuchte man die neuen Staubecken nicht.

Vor zwei Wochen etwa blies der Wind in Deutschland so stark, dass der Strom morgens im Großhandel der Strombörse zu negativen Preisen "verkauft" wurde. Denn die Atomkraftwerke speisten ungerührt mehr als 13.000 Megawatt ein und schufen damit einen Überschuss. Weil es nicht möglich ist, die Meiler kurzfristig deutlich runterzufahren, legten die Erzeuger den Abnehmern des überflüssigen Stroms sogar noch einen Zehntel Cent pro Kilowattstunde drauf.

Unabhängig von atomaren Risiken und der ungeklärten Entsorgung des Atommülls: Auch aus technischer Sicht ist Atomkraft mit einem modernen - also regenerativ geprägten - System der Stromerzeugung nicht kompatibel. Und da die Windkraft nicht mehr aufzuhalten ist, brauchen wir flexible Kraftwerke, die gegenläufig zu den erneuerbaren Energien gefahren werden können.

Vor diesem Hintergrund muss die Debatte um die Pläne der Schluchseewerke geführt werden. Der schwerwiegende Eingriff in die Natur des Südschwarzwalds ist nicht der Tribut an eine ökologische Stromwirtschaft. Sondern der verzweifelte Versuch der Atomwirtschaft, ihren Strom jederzeit ins Netz drücken zu können - und sei es, um Wasser zu pumpen.

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Stuttgarter Zeitung, 20.10.08

AKW Neckarwestheim

Verzögerte Abschaltung führt zu Streit

Karlsruhe - Mit der verzögerten Abschaltung des Atomkraftwerks in Neckarwestheim ist der Meiler nach Ansicht seiner Gegner wieder zum politischen Spielball geworden. Während das baden-württembergische Umweltministerium die Nachricht vom verschobenen Aus als "nicht überraschend" kommentiert, kritisierte das Bundesumweltministerium heftig: "Ganz offenbar spekulieren die Betreiber darauf, dass nach der nächsten Bundestagswahl eine andere Mehrheit im Bundestag den Atomausstieg kippen wird", sagte eine Sprecherin am Montag. Die Betreiber spielten auf Zeit und instrumentalisierten mit einem "politischen Betrieb" ihrer Anlagen das Atomgesetz für ihre politischen Ziele.

Block I in Neckarwestheim hätte nach ursprünglichen Berechnungen des Atomkonsenses schon im laufenden Jahr, nach späteren Schätzungen im Jahr 2009 vom Netz gehen sollen. Durch die derzeitigen Wartungsarbeiten verschiebt sich die Abschaltung aber bis Anfang 2010, sagte ein Sprecher der Betreiberin EnBW. Auch der hessische Meiler Biblis A wird nach früheren Angaben der Betreiberin RWE erst 2010 und damit verspätet vom Netz genommen werden.

Nach Ansicht des Umweltministeriums kann es Verzögerungen von einigen Monaten geben, wenn Reststrommengen langsamer als ursprünglich angenommen verbraucht würden, das sei "nicht überraschend. Block I kann wegen der Revision derzeit keinen Strom produzieren.

Das Datum 2009 sei im Rahmen des vor Jahren im Bund vereinbarten Atomkonsenses rein rechnerisch festgelegt worden, sagte ein EnBW- Sprecher. "Entscheidend ist aber, wann die Reststrommengen verbraucht sind", Wenn etwa ein heißer Sommer oder Reparaturarbeiten dazu führten, dass nur wenig oder gar kein Strom produziert werde, verzögere sich die Abschaltung entsprechend. "Sobald die Reststrommenge verbraucht ist, greift das Gesetz, dann wird abgeschaltet", hieß es. Die Wartungsarbeiten seien "technisch notwendig". Sie seien nicht politischer Natur.

Die Grünen-Landtagsfraktion nannte die Argumente "typisch". Immer wieder versuchten Betreiber von Meilern, den Verbrauch von Reststrommengen hinauszuzögern. "Wir hoffen, dass die Betreiber mit ihrer Taktik, die Abschaltung bis nach der Bundestagswahl hinauszuzögern, nichts erreichen", sagte ein Sprecher. An der verlängerten Abschaltung sehe man außerdem, dass es mit der vielbeschworenen "Stromlücke" nicht weit her sei. Die baden- württembergischen Grünen sprachen von einem "miesen Trick". "Der EnBW geht es ausschließlich darum, mit dem abgeschriebenen Meiler über die im Atomkonsens festgeschriebene Laufzeit hinaus Millionen zu scheffeln", sagte die Grünen-Landesvorsitzende Petra Selg. Mit den politischen Stillständen der Anlagen demonstrierten die Betreiber, dass diese Kraftwerke entbehrlich seien, betonte auch das BMU: "Von wegen Stromlücke".

Neckarwestheim I ist ein Druckwasserreaktor mit einer elektrischen Leistung von 840 Megawatt. Die Anlage ging 1976 in Betrieb und hat im Jahr 2007 mehr als fünf Milliarden Kilowattstunden Strom produziert. Ursprünglich war ausgerechnet worden, dass das sie 2009 vom Netz genommen werden kann.

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Spiegel-Onlline 18.10.2008

Merkel ignorierte Warnungen vor unsicherem Atommülllager

Magdeburg (ddp-lsa). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll in ihrer Zeit als Umweltministerin Expertenwarnungen zum unsicheren Atommüllendlager Morsleben ignoriert haben. Die Verantwortung Merkels für die milliardenteure Sanierung des aus DDR-Zeiten stammenden Atommüllendlagers sei größer als bisher bekannt, berichtet das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» vorab.

So hätten schon vor der deutschen Vereinigung mehrere Gutachter die Standsicherheit der ehemaligen Salzgrube im heutigen Sachsen-Anhalt bezweifelt. Auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz und die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hielten die Anlage für nicht geeignet, um dort radioaktiven Müll zu entsorgen.

Merkel, die das Umweltressort von 1994 bis 1998 leitete, habe aber in einem Schreiben vom 8. Juni 1995 an das Umweltministerium von Sachsen-Anhalt versichert, es gebe «kein Sicherheitsdefizit» und sich weitere Einmischung von Landesseite verbeten.

Nach Einschätzung von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hätte die Anlage «nach bundesdeutschem Recht so niemals genehmigt werden dürfen.» Merkel lasse hingegen erklären, sie habe sich «bei der Bewertung auf die Erkenntnisse der fachlich zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Strahlenschutz gestützt», schreibt der «Spiegel».

1998 stoppte ein Gericht die Einlagerungen in Morsleben, weil sie durch die alte DDR-Genehmigung nicht gedeckt seien. Seither wird das Lager stabilisiert, weil es als stark einsturzgefährdet gilt. Die Gesamtkosten für die Schließung der Grube werden auf 2,2 Milliarden Euro geschätzt.

(ddp)

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AP - Freitag, 10. Oktober 2008, 15:26 Uhr

Bis in alle Ewigkeit

Morsleben (AP) Fein säuberlich gestapelt stehen die gelben Fässer in dem gigantischen Salzdom 500 Meter unter der Erde. An die 2.000 Behälter sind es, die hier seit 1996 in das ehemalige atomare Endlager der DDR in Morsleben eingelagert wurden, schwach radioaktive Abfälle aus Westdeutschland. Wenn alles seinen Gang geht, sollen sie in alle Ewigkeit da unten bleiben, zugeschüttet mit Salz und Filterasche.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel ist an diesem Freitag nach Morsleben gekommen, um zu begutachten, wie es mit der Schließung des ostdeutschen Atomlagers voran geht. Und er will sehen, ob die Abwicklung von Morsleben vielleicht als Modell für das marode westdeutsche Versuchsendlager Asse taugt, das bald in seine Zuständigkeit übergehen soll.

«Es gibt erstaunliche Paralellen», sagt Gabriel. «In beiden Fällen gab es einen fahrlässigen Umgang mit Atommüll in einem ehemaligen Salzbergwerk.» Beide Lager sind in maroden Schachtanlagen errichtet worden, in beiden lagern schwach- und mittelradioaktive Abfälle, beide sind ohne ordentliches atomrechtliches Verfahren genutzt worden. Und in beiden Fällen muss der Steuerzahler riesige Kosten aufbringen. 2,2 Milliarden Euro sind es in Morsleben. Im Fall Asse würden die Kosten noch «deutlich darüber» liegen, sagt Gabriel.

800.000 Kubikmeter Beton

Morsleben, wo 1897 der Salzabbau begann, war in den 1970er Jahren von der DDR als reguläres Endlager ausgebaut worden. In den 90er Jahren wurden dann auch große Mengen atomarer Müll aus westdeutschen Kernkraftwerken sowie aus Pharma- und Medizinindustrie eingelagert, bis 1998 gerichtlich das Ende verfügt wurde. Seit 1999 arbeitet das Bundesamt für Strahlenschutz an einem Konzept, das Endlager zu schließen.

Grob gesagt lautet der Plan, zunächst die 24 leeren Kammern des alten Bergwerks mit Salzbeton zu füllen, damit es nicht in sich zusammenbricht. Bis 2010 sollen 800.000 Kubikmeter Beton in den Berg gekippt werden. Danach könnten auch die Kammmern mit dem 37.000 Kubikmetern Atommüll verschlossen werden, wie BfS-Chef Wolfram König sagt. Voraussetzung ist aber eine Genehmigung der Landesatomaufsicht. Und die gibt es nur, wenn nachgewiesen ist, dass die Strahlung auf Dauer - also für abertausende von Jahren - sicher nicht zur Oberfläche dringt.

König glaubt, dass so ein Nachweis möglich ist. Das sei jedenfalls sein Ziel, sagt er. Den Strahlenmüll zurückzuholen, wie es jetzt im Fall Asse diskutiert wird, hält er nicht für nötig. Der entscheidende Unterschied zu dem alten Bergwerk in Niedersachsen ist, dass dort in großen Mengen Wasser einströmt, während Morsleben derzeit trocken ist, wie König unterstreicht.

Wie im Parkhaus

Tatsächlich ist im warmen Bauch des Bergs nicht das kleinste Rinnsal auszumachen. Wüsste man nicht, dass man sich in 500 Metern Tiefe befindet, man könnte die grauen Auf- und Zufahrten unter Tage für eine Tiefgarage halten. Zwölf Kilometer Straße schlängeln sich durch das alte Bergwerk.

Mit einem VW-Bus ohne Dach fährt Gabriel zu der Stelle, wo einst mittelradioaktive Abfälle in ein Loch geworfen wurden. Das Stürzen sollte verhindern, dass Menschen mit dem Strahlenmüll hantieren müssen, allerdings mit dem Risiko, dass die Fässer nach 15 Metern freiem Fall kaputt gehen. Weil dort Strahlung in die Umgebung kommen könnte, ist die Kammer inzwischen provisorisch zugeschüttet.

Ordentlich gestapelt wurden nur die Fässer mit schwach strahlendem Müll. Gabriel, wie die Bergleute ausstaffiert mit rotem Overall, Helm und Dosimeter, schaut sie sich von einer Art Aussichtsplattform aus an: Fast verloren wirken die gelben Tonnen in der riesenhaften Kaverne, die wahrscheinlich das Zehnfache fassen könnte. Irgendwer hat unten auf der Lagerebene ein Stehpult aufgestellt, es gibt eine dämmrige Beleuchtung und eine ganze Batterie Feuerlöscher. Ein automatisches Messsystem kontrolliert alle zehn Minuten die Strahlung in der salzigen Luft.

Alle Grenzwerte würden immer eingehalten, versichert ein Mitarbeiter, der seit 37 Jahren im Bergwerk arbeitet und dort für den Strahlenschutz zuständig ist. «Der Abfall könnte gar nicht sicherer stehen als hier», sagt der Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte. Jedenfalls sei er hier allemal besser aufgehoben, als in irgendwelchen Zwischenlagern über Tage. Aus seiner Sicht müsste das Endlager auch nicht unbedingt geschlossen werden.

Gabriel und König sehen das ganz anders. Nach heutigem Recht hätte es für das Endlager Morsleben nie eine Genehmigung gegeben, sagt der BfS-Präsident. Die Standfestigkeit der alten Schächte sei gefährdet. Und über kurz oder lang dringe in jedes ausgebeutete Salzbergwerk Wasser ein. Jetzt gehe es darum, das Endlager so zu sichern, dass trotzdem auf Dauer keine Strahlung nach draußen dringen könne. Die 160 Mitarbeiter in Morsleben werden damit noch mehr als ein Jahrzehnt beschäftigt sein.

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Dtsch Arztebl 2008; 105(42): 725-32

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0725

Leukämien bei unter 5-jährigen Kindern in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke [KiKK-Studie]

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=61936

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Münsterland Zeitung 03.10.2008

BZA-Begleitgruppe kassiert Absagen

Ahaus Angesichts des Atommüll-Skandals in Asse hat die UWG-Fraktion im Rat die Bildung einer "Arbeitsbegleitgruppe" für das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus angeregt und per Antrag vor das Gremium gebracht. Die Gruppe, der Vertreter des Stadtrats, des Kreises Borken, der Ahauser Bürgerinitiative sowie der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden angehören sollen, hätte nach Vorstellungen der UWG die Aufgabe, der Bevölkerung gegenüber für eine "dauerhafte Transparenz über die Abläufe und Planungen im BZA" zu sorgen.

Im Vorfeld der Ratssitzung hatte die Stadt Ahaus die in Frage kommenden Behörden informiert und um Antwort gebeten. Absagen vom Wirtschaftsministerium und vom Kreis Borken lagen bereits vor, die Stellungnahme des Bundesamts für Strahlenschutz stand dagegen noch aus. Bis diese eingegangen ist, wollen die Ratsvertreter noch abwarten - das Thema wurde bis zur nächsten Ratssitzung vertagt.

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