Presseauswahl ab Januar 2008

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ap, 30.1.08

Merkel hält Atomenergie für notwendig

Paris (AP) Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für ein Festhalten an der Atomenergie geworben. «Ich glaube, wir brauchen ein diversifiziertes Angebot der Energieerzeugung», sagte sie am Mittwoch auf einem Kongress der konservativen französischen Partei UMP in Paris. Dieses müsse sich «von erneuerbaren Energien über Kohle und Gas bis zur Kernenergie» erstrecken. Wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteige, ohne Alternativen zu haben, «dürfen wir uns natürlich nicht wundern, wenn die Strompreise steigen», sagte die Kanzlerin. Die Atomkraft sei auch ein wichtiges Element, um die Energie- und Klimafrage in der EU zu lösen. «Sie haben es einfacher», sagte sie mit Blick auf den hohen Konsenz zur Kernenergienutzung in Frankreich zu den Kongressteilnehmern.

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Stuttgarter Nachrichten, 29.1.08

Präsident des Bundesumweltamts

Atomkraft erschwert Erreichen der Klimaziele

Stuttgart - Nach Ansicht des Präsidenten des Bundesumweltamtes, Andreas Troge, würden längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke die Klimapolitik der Bundesregierung behindern. Das CDU-Mitglied kritisierte gegenüber dieser Zeitung Versuche der Energiewirtschaft und von Unionspolitikern, am Ausstiegsbeschluss der rot-grünen Vorgängerregierung zu rütteln. "Der Verzicht auf die Kernkraft bis 2020 ist ein ganz zentraler Punkt", sagte der 57-Jährige.

Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, brauche man die Atomenergie nicht, sagte der Behördenchef. "Bis 2050 ist es möglich, den Energieverbrauch in Deutschland auf die Hälfte des Werts von 1990 zu drücken und hiervon wiederum die Hälfte aus erneuerbaren Energien zu gewinnen", so Troge. "Das wäre eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 75 Prozent." Die Bundesregierung strebt eine 40-prozentige CO2-Reduktion bis 2020 an.

Atomenergie sei dabei nur hinderlich, so Troge weiter. "Werden die Laufzeiten der abgeschriebenen Atomkraftwerke verlängert, haben es die erneuerbaren Energien schwerer, konkurrenzfähig zu werden. Die Folge wäre, dass die Erneuerbaren länger und stärker gefördert werden müssten. Damit droht das Erneuerbare-Energien-Gesetz letztlich zu einer indirekten Subvention für die Kernenergie zu werden." Die angebliche weltweite Wiedergeburt der Atomenergie bezeichnete das CDU-Mitglied Troge als Chimäre: "Die weltweit 30 konkret geplanten Anlagen reichen bei weitem nicht aus, um den Verschleiß des Bestandes an 440 Kraftwerken aufzuwiegen."

Walter Beck, StN

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Tagesschau, 19.01.2008, 23.03 Uhr

Ex-Minister macht indirekt Werbung für Koch

Empörung nach Clement-Attacke auf Hessen-SPD

 

Gut eine Woche vor den Wahlen der Landtagswahl in Niedersachsen sorgt der frühere SPD-Vize und Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement für Schlagzeilen. Grund ist ein Beitrag für die "Welt am Sonntag", in dem der heutige Aufsichtsrat des Energieversorgers RWE indirekt davor warnt, die SPD in Hessen zu wählen.

In dem Beitrag attackiert er vor allem die Energiepolitik der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti. Wer - wie Ypsilanti - in Hessen auf alternative Energien setzen und weder Atom- noch neue Kohlekraftwerke zulassen wolle, "der muss sich klar sein: Das geht nur um den Preis der industriellen Substanz Hessens." Weil Ypsilanti wohl darüber hinausdenke, gelte dies auch für ganz Deutschland. "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht."Clement ist 2005 aus der aktiven Politik ausgeschieden. Seitdem arbeitet er für Unternehmen, unter anderem im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG.

Jusos fordern Parteiausschluss

Clements Beitrag sorgte für heftige Kritik. Ypsiantis potenzieller Umweltminister Hermann Scheer forderte Clement zum Austritt aus der Partei auf. Clement sei inzwischen "Lobbyist für den Energiekonzern RWE". Seinem neuen Arbeitgeber sei er die Kritik am hessischen SPD-Programm schuldig, sagte Scheer der dpa.

Die Jusos drohten mit einem Ausschlussverfahren. Die Vorsitzende Franziska Drohsel sagte bei einer Klausurtagung der SPD-Jugendorganisation: "Das Maß der Illoyalität Clements gegenüber seiner eigenen Partei ist mehr als unglaublich." Offenbar habe sich der Ex-Minister zwischen Atomlobby und SPD klar gegen die Sozialdemokratie entschieden. "Das kann nur heißen: Er muss seiner eigenen Ankündigung von Dezember nachkommen und aus der SPD austreten. Anderenfalls kann man ihm diesen Schritt auch abnehmen."

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Stuttgarter Zeitung 19.01.2008

HESSEN

Eklat nach Clements Wahlaufruf gegen Ypsilanti

Berlin - Der frühere SPD-Vize und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat indirekt vor einer Wahl der SPD in Hessen gewarnt und damit einen Eklat ausgelöst. Clement griff die Energiepolitik der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag" scharf an. Daraufhin forderte der von ihr für den Fall eines SPD-Sieges in einer Woche designierte Wirtschafts- und Umweltminister Hermann Scheer Clement zum Austritt aus der Partei auf.

Der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen sei inzwischen "Lobbyist für den Energiekonzern RWE (...) und die Kritik am hessischen SPD-Programm seinem neuen Arbeitgeber schuldig", sagte der Bundestagsabgeordnete und Umweltpolitiker Scheer in Berlin.

Clement warnt in seinem Beitrag vor der Ankündigung Ypsilantis, in Hessen auf alternative Energien setzen und weder Atom- noch neue Kohlekraftwerke zulassen zu wollen. "Wer es wie sie will, der muss sich klar sein: Das geht nur um den Preis der industriellen Substanz Hessens." Weil Ypsilanti wohl darüber hinausdenke, gelte dies auch für ganz Deutschland. "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht." Clement ist 2005 aus der aktiven Politik ausgeschieden. Seitdem arbeitet er für Unternehmen, unter anderem im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG.

"Wolfgang Clement missbraucht seine frühere Rolle in der SPD, indem er diese nun als bezahlter Lobbyist in klingende Münze umsetzt", sagte Scheer. Er habe sich nach dessen Attacken mit Ypsilanti ausgetauscht. "Dass der RWE-Mann Clement sich nun in den hessischen Landtagswahlkampf unverhohlen zugunsten von Herrn Koch einmischt, fällt charakterlich nur noch auf ihn selbst zurück." Dies sei aber nicht überraschend, denn schließlich gehe es in Hessen um das von der SPD unterstützte Abschalten der RWE gehörenden Atomreaktoren Biblis A und B, während Herr Koch die Laufzeiten der Atomreaktoren verlängern wolle. "Wenn Clement noch einen Rest- Charakter hat, sollte er den von ihm schon selbst in Aussicht gestellten Parteiaustritt vollziehen."

Die richtige Alternative zu Atomenergie und Kohlekraftwerke sei der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und dezentraler Kraft- Wärme-Kopplung auf kommunaler Ebene, sagte Scheer. Dies entspreche dem Bundesparteitagsbeschluss vom Oktober 2007 in Hamburg, der auf Antrag der hessischen SPD zustande gekommen sei. Völlig abwegig sei die Behauptung Clements, ausgerechnet der Ausbau erneuerbarer Energien vergrößere die Energie-Abhängigkeit Deutschlands. "Wenn es ihm wirklich um die niedrigen Strompreise für die Industrie ginge, dann müsste er als erstes gegen die Preistreiberei seines neuen Arbeitgebers RWE Stellung nehmen", sagte Scheer.

dpa

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Frankfurter Rundschau 18.01.2008

Atomkraft

Kein Laufzeit-Deal für Brunsbüttel

VON JOACHIM WILLE

Die Restlaufzeit des 30 Jahre alten schleswig-holsteinischen Atomkraftwerks Brunsbüttel wird nicht verlängert. Das hat das Oberverwaltungsgericht des Landes in Schleswig am Mittwoch entschieden. Der Stromkonzern Vattenfall scheiterte mit seiner Klage gegen das Bundesumweltministerium, das eine Übertragung von Reststrommengen des stillgelegten AKW Mülheim-Kärlich auf Brünsbüttel abgelehnt hatte.

Ein Ministeriumssprecher sagte, man fühle sich darin bestätigt, dass das Atomgesetz diese Übertragung auf den Alt-Meiler Brunsbüttel verbiete. Vattenfall kündigte an, die Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht in Berlin überprüfen zu lassen.

Der seit Mitte 2006 wegen Pannen und Nachrüstarbeiten abgeschaltete Siedewasser-Reaktor Brunsbüttel kann ohne Strommengen-Übertragung noch knapp zwei Jahre am Netz sein. Von seinem im Atomkonsens festgesetzten Stromkontingent sind noch elf Terrawattstunden übrig. Das entspricht 22 Monaten Laufzeit. Vattenfall wollte 15 Terrawattstunden "anhängen", was zusätzliche zweieinhalb Jahre bedeutet hätte.

Vattenfall rechnet damit, dass der wegen Störfällen umstrittene Reaktor frühestens im März wieder ans Netz geht. Das Aus käme in diesem Fall also Anfang 2010. Ohne den Stillstand hätte der Reaktor bereits im Frühjahr 2009 vom Netz gemusst. Derzeit werde untersucht, ob und wieviele der im Kühlsystem falsch eingesetzten Dübel ausgetauscht werden müssen, sagte Sprecher Ivo Banek der Frankfurter Rundschau. Der Stillstand kostet Vattenfall rund 500 .00 Euro pro Tag.

Das Atomgesetz setzt für alle AKW Reststrommengen fest, die Gesamtlaufzeit von 32 Jahren entsprechen. Es sieht vor, dass die Konzerne problemlos Kontingente von alten auf neue Meiler übertragen können. Das Ziel: die Sicherheit zu erhöhen. Eine Übertragung von jüngeren Anlagen auf ältere ist zwar nicht ausgeschlossen, gilt aber als Ausnahmefall, dem das Umweltministerium zustimmen muss. Im Fall Mülheim-Kärlich ist sogar festgelegt, auf welche Reaktoren im einzelnen umgeschichtet werden kann.

Vattenfall argumentierte aber: Dass Brunsbüttel dort gar nicht auftaucht, bedeute nicht, dass die Übertragung unmöglich sei. Banek;: "Es müsste sonst drin stehen: ,ausschließlich zu übertragen auf...' ".

Der Umweltverband Deutsche Umwelthilfe (DUH) machte derweil einen internen Bericht des für die Atomaufsicht zuständigen Kieler Sozialministeriums publik. Danach entspricht das Notstromsystem in Brunsbüttel modernen Anforderungen nicht. Hauptproblem sei das die mangelnde Trennung der Notstrom-Stränge und der ihnem zugeordneten Not- und Nachkühlsysteme.

Der Umbau würde nach Schätzungen der Ministeriumsexperten etwa zwei Jahre dauern. Für die "technische Anpassung des Anlagenzustands an die Anforderungen des derzeit gültigen Regelwerks" wird sogar ein "Realisierungszeitraum" von vier Jahren angesetzt.Das Ministerium bestätigte die Existenz des Berichtes. Ein Teil der daraus abgeleiteten Umrüstungsmaßnahmen habe Vattenfall erledigt. Ob die weiteren einem Wiederanfahren des Reaktors im Wege stünden, werde derzeit in der Fachabteilung geprüft.

Die DUH forderte Kiel auf, denReaktor nicht wieder ans Netz zu lassen. Er sei " das größte Sicherheitsrisiko in Norddeutschland".

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Süddeutsche Zeitung 12./13. Januar 2007

Lutz Mez

Atommeiler Biblis

Die Mär von der Atomkraft-Renaissance

Viele reden über die Wiederkehr der Kernenergie – dabei wird es auf

absehbare Zeit überhaupt keinen Bauboom bei neuen Anlagen geben. Von Lutz Mez

Wo ist sie denn nun, die "Renaissance" der Kernenergie? Am 9. Oktober titelte die New York Times: "Der Präsident präsentiert Pläne für die Renaissance der Atomenergie". Die Regierung, heißt es dort, habe offiziell konkrete Schritte angekündigt, die sie unternehmen werde, um die kommerzielle Atomkraft wiederzubeleben. Das war im Oktober 1981. Der Präsident hieß damals Ronald Reagan.

Der Wiederbelebungsprozess zieht sich offensichtlich hin. Seit 1973 ist in den USA kein AKW mehr bestellt worden, dessen Bau nicht hinterher wieder aufgegeben worden wäre.

Die internationale Atomlobby versucht schon seit vielen Jahren eine Renaissance der Atomkraft herbeizureden. Dabei sprechen die Fakten eine völlig andere Sprache, wie der gerade erschienene World Nuclear Industry Status Report 2007 nachweist. Danach ist im Zeitraum 1987 bis 2007 die Anzahl der Reaktoren weltweit nur von 423 auf 439 gestiegen, also um nicht einmal einen Reaktor pro Jahr. Ende 2007 werden außerdem fünf Meiler weniger betrieben als noch vor fünf Jahren, als die Zahl den historischen Höchststand von 444 Einheiten erreichte. Die Atomkraftwerke haben heute eine Gesamtleistung von knapp 372.000 MW und ein durchschnittliches Betriebsalter von 23 Jahren. Dass die installierte Kapazität weiter gestiegen ist, liegt vor allem daran, dass man bei bestehenden Anlagen durch technische Maßnahmen, z.B. durch den Austausch von Dampferzeugern, die Leistung erhöht hat.

Die Reaktoren stehen in 31 Ländern, aber etwa drei Viertel der weltweiten Atomstromproduktion erfolgt in nur sechs Ländern, darunter den drei Atomwaffenstaaten USA, Frankreich und Russland, neben Japan, Deutschland und Südkorea. Ferner sind 32 Blöcke offiziell im Bau und weitere fünf langfristig abgeschaltet. Die genauere Betrachtung der Bauprojekte zeigt, dass elf dieser Reaktoren schon zwischen 21 und 32 Jahren als "im Bau" in der Statistik stehen. So wurden vier der sieben russischen AKW-Bauprojekte zwischen 1983 und 1987 begonnen und bis heute nicht fertig gestellt. Das AKW Atucha-2 in Argentinien ist seit 1981 im Bau. Ein Datum für die Betriebsaufnahme gibt es nicht. Der bisherige Spitzenreiter, das AKW Busheer im Iran, bei dem der erste Beton bereits am 1.5.1975 gegossen wurde, ist gerade von der amerikanischen Baustelle Watts Bar-2 abgelöst worden.

Ursprünglich vor über 35 Jahren, am 12.01.72 in Bau gegangen, wurde das Projekt 1985 eingefroren und im Dezember 1994 ganz aufgegeben.

Bei diesen Fakten von einer "weltweiten Wiedergeburt" zu sprechen ist schon sehr mutig, denn derart lange Bauzeiten verursachen enorme Kosten, die kaum eine Bank der Welt finanziert, es sei denn, das Finanzrisiko wird vom Staat übernommen. Die Credit Rating Firma Moody's hat in einer Analyse möglicher Neubauprojekte in den USA festgehalten: "Moody's glaubt nicht, dass die Branche mehr als ein oder zwei neue Atomkraftwerke ans Netz bringt bis 2015, ein Datum, das von den meisten der Unternehmen genannt wird, die zur Zeit ihre nuklearen Ambitionen unterstreichen. Die Komplexität, die mit dem Genehmigungsverfahren zusammenhängt, wie auch die Ausführungsrisiken, die mit einem Bauprojekt zusammenhängen, sollten nicht unterschätzt werden. "

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Newsclick, 18.1.08

"Konrad" kann zum Endlager ausgebaut werden

Landesamt für Bergbau lässt Betriebsplan zu - Grüne: Sorgen der Bevölkerung werden arrogant ignoriert

Von Michael Ahlers

SALZGITTER. Der Betrieb des Endlagers Schacht Konrad ist einen weiteren Schritt nähergerückt.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hat laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den Hauptbetriebsplan für die Errichtung des Endlagers zugelassen.

"Damit können bis zur Inbetriebnahme auch jene Arbeiten erfolgen, die nicht bereits Inhalt der atomrechtlichen Genehmigung von 2002 sind", sagte BfS-Präsident Wolfram König unserer Zeitung. In einer Mitteilung der Behörde ist von einem entscheidenden Schritt bei der Umrüstung Konrads die Rede.

"Nun ist endgültig klar, dass im Jahr 2013 ein nationales Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle zur Verfügung steht", sagte Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Die CDU/FDP-Landesregierung hatte sich stets für den Betrieb von "Konrad" ausgesprochen.

"Wir haben immer gesagt, dass wir die Gerichtsurteile umsetzen", erklärte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums in Berlin. Klagen gegen das Endlager waren gescheitert. Der Bund ist für die Endlagerung zuständig, das Land Niedersachsen hatte Konrad 2002 genehmigt. Die jetzige Genehmigung auch des Hauptbetriebsplans war erwartet worden.

Dagegen kam harte Kritik von den Grünen. "Einmal mehr will die Landesregierung vollendete Tatsachen schaffen. Die berechtigten Vorbehalte und Sorgen der Bevölkerung werden ignoriert", erklärte der Fraktionschef im Landtag, Stefan Wenzel.

Beim Bundesverfassungsgericht seien noch Beschwerden von Bauer Traube und der Stadt Salzgitter anhängig, sagte Wenzel. Es zeuge von Arroganz und Ignoranz, nicht einmal den Spruch des Gerichtes abzuwarten. Walter Traube erklärte, man wolle weiter Druck auf die Politik ausüben.

"Wenn in einer so dicht besiedelten Region ein Endlager für Atommüll gebaut werden soll, muss den Anwohnern die Gelegenheit gegeben werden, ihre Einwände auch wirksam werden zu lassen", erklärte Wenzel.

Vorbereitende Arbeiten wurden bereits im Vorjahr begonnen. Unter anderem müssen aus Sicherheitsgründen die Schachtförderanlagen saniert werden. Der eigentliche Umbau soll im kommenden Jahr beginnen. "Konrad" ist für 303 000 Kubikmeter Atommüll zugelassen.

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Frankfurter Rundschau 17.01.2008

Anti-Atomkraft

Frau stoppt Zug mit 1000 Tonnen Uran

Burgsteinfurt (ddp) - Eine Anti-Atomkraft-Aktivistin hat am Mittwochabend mit einer spektakulären Aktion nahe dem münsterländischen Burgsteinfurt einen Güterzug mit rund 1000 Tonnen Uran gestoppt.

Die Frau hatte über die Bahnstrecke ein Seil gespannt und sich auf Höhe des Zuges abgeseilt. Dadurch wurde die Weiterfahrt des aus der Uranreicherungsanlage Gronau kommenden Transports für rund sechs Stunden verhindert, teilte die Bundespolizei am Donnerstag mit. Dann wurde die 26-Jährige von der Polizei festgenommen.

Der Zug hatte abgereichertes Uranhexafluorid geladen, das bei der Herstellung von Uran für Brennelemente anfällt. Das Uran soll über den Rotterdamer Hafen nach Russland verschifft und dort endgelagert werden.

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Stromtip, 17.1.08

Neuer Ärger um AKW Brunsbüttel

Die Atomaufsicht im Schleswig-Holsteinischen Sozialministerium beklagt gravierende Sicherheitsmängel im Notstromsystem des Atomkraftwerks (AKW) Brunsbüttel. Das berichtet die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), der ein Defizitbericht des Ministeriums vorliegt.

Das Ministerium antwortete auf eine Anfrage der Umweltschützer, die zuständige Ministerin Dr. Gitta Trauernicht habe "wiederholt erklärt, dass Brunsbüttel erst wieder ans Netz gehen kann, wenn alle sicherheitsrelevanten Fragen geklärt sind". Bei der Routineprüfung hätten sich aber keine Ergebnisse ergeben, die einen sofortigen Handlungsbedarf erforderten oder einem Betrieb von Brunsbüttel grundsätzlich entgegenstünden, so das Ministerium weiter. Einige der notwendigen Reparaturen am Notstromsystem könnten zudem auch im laufenden Betrieb vorbereitet und abgearbeitet werden.

Die DUH forderte dagegen, das AKW dürfe erst wieder ans Netz, wenn sämtliche Sicherheitsdefizite behoben seien. Aus dem Bericht, der der Umweltorganisation nach eigenen Angaben anonym zugespielt wurde, gehe ein umfassender Sanierungsbedarf hervor. Der erforderliche Umbau des Notstromsystems würde zwei, die Anpassung an gültige Sicherheitsregeln sogar vier Jahre beanspruchen, zitiert die DUH die Autoren des Berichts. Dies sind vier Experten der Reaktorsicherheitsabteilung im Kieler Sozialministerium.

Zentrales Problem in Brunsbüttel sei die mangelnde Trennung der Notstromstränge des Reaktors und der ihnen zugeordneten Not- und Nachkühlsysteme. Dieser außergewöhnlich "hohe Vermaschungsgrad" könne nur unter großem zeitlichen und finanziellen Aufwand behoben werden. Das Notkühlsystem eines Atomkraftwerks soll im Fall eines Ausfalls der regulären Kühlung sicherstellen, dass der Reaktor kontrolliert heruntergefahren werden kann und die nach der Abschaltung weiter entstehende Nachwärme abgeführt wird. Andernfalls würde der Reaktorkern schmelzen, es käme zum Super-GAU.

Die Autoren des Berichts schlagen zur Lösung des Problems unter anderem die "Errichtung eines neuen Notstromgebäudes" vor, die nach Schätzungen der Experten etwa zwei Jahre dauern würde. Für die "technische Anpassung des Anlagenzustands an die Anforderungen des derzeit gültigen Regelwerks" wird sogar ein "Realisierungszeitraum" von vier Jahren angesetzt, schreibt die DUH.

Länger laufen als geplant darf das AKW jedenfalls nicht. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat eine Klage des Betreibers Vattenfall Europe abgewiesen. Das Unternehmen wollte Strommengen, die beim AKW Mülheim-Kärlich übrig geblieben sind, auf Brunsbüttel übertragen. Den entsprechenden Antrag lehnte das Bundesumweltministerium ab (stromtip.de). Diese Entscheidung wurde jetzt vom OVG in Schleswig bestätigt. Vattenfall kündigte Widerspruch vor dem Bundesverwaltungsgericht an.

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taz, 17.1.08

Atomtransport sechs Stunden gestoppt

Akrobatisch gegen Atomkraft

Eine 26jährige Atomkraftgegnerin stoppte ganz allein einen Transport mit radiaktiven Material nach Rotterdam.

BERLIN taz/dpa Im Alleingang stoppte eine französische Atomkraftgegnerin in der Nacht zum Donnerstag stundenlang einen Transport mit radioaktivem Uranhexaflorid. Kurz vor Burgsteinfurt, 30km von Münster entfernt, hatte die 26jährige Französin auf etwa 7 Meter Höhe ein Seil zwischen zwei Bäumen über die Schienen gespannt - und sich in der Mitte auf die Höhe der Lok heruntergelassen. So blockierte sie den Transport. Die Polizei hatte die Frau mit dem vorausfliegenden Polizeihubschrauber erspäht - und den Zug gestoppt.

Nach Angaben von Atomkraftgegnern, die durch den Suchscheinwerfer des Hubschraubers auf den Vorgang aufmerksam wurden, waren die vor Ort eintreffenden Polizisten zunächst ratlos. Nach Angaben der Polizei dauerte es sechseinhalb Stunden, bevor es in der Nacht gelang, die Frau mit Hilfe von Spezialkräften aus den Seilen zu holen - und vorläufig festzunehmen. Gegen zwei Uhr nachts konnte der Zug seine Fahrt von der Urananreicherungsanlage in Gronau Richtung Rotterdam wieder aufnahmen.

"Wir protestieren gegen den Export von deutschem Atommüll ins Ausland", sagte die Aktivistin Cecile Lecomte zur Begründung ihrer Aktion. "Diese Transporte von atomarem Abfall aus der Urananreicherung sollen angeblich in Russland weiter verarbeitet werden. Tatsächlich lagern tausende Tonnen radioaktiven Atommülls dort unter freiem Himmel und verseuchen die Umwelt."

Das Uranhexafluorid (UF6) ist in seiner abgereicherten Form ein Abfallprodukt, welches bei der Herstellung von Uran für Brennelemente anfällt. Das UF6 ist schwach radioaktiv und bildet in Verbindung mit Sauerstoff hochätzende Fluorsäure. Ein Unfall mit Freisetzung des Stoffes würde nach Einschätzung von Atomkraftkritikern vom Informationsnetzwerk gegen Atomenergie (www.contratom.de) für die Anwohner eine Katastrophe bedeuten, auf die die Rettungskräfte nicht wirklich vorbereitet seien.

Die russischen Behörden erklären, sie würden in den landeseigenen Anlagen das Uranhexafluorid erneut anzureichern. Nach Einschätzung von Atomkraftgegnern ist das nicht wirtschaftlich. Diese Frage ist entscheidend: Denn ob das geht oder nicht, ist für die Klassifizierung des Stoffes ausschlaggebend: Als Wertstoff darf man ihn exportieren, als Abfall eben nicht.

Der Urantransport führt auf der Schiene von Gronau über Münster nach Rotterdam. Nach Informationen der Atomkraftgegner wird er voraussichtlich Samstag über die Nord- und Ostsee nach St. Petersburg verschifft. Von dort gehen die 1.000 Tonnen Uranhexaflourid per Zug weiter bis in eine russische Urananreicherungsanlage, zum Beispiel nach Novouralsk (Sibirien).

URB

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Westfälische Nachrichten 08.01.2008

Krebsrisiko: Zeitraum erweitern

-job- Kreis Borken. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung, dass es bislang keine Erkenntnisse darüber gibt, dass höhere Leukämieraten bei Kindern in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen in NRW möglicherweise auf radioaktive Strahlung aus den Anlagen selbst zurückzuführen seien. Das gelte auch für Gronau und Ahaus. Allerdings gebe es Gespräche mit dem Deutschen Kinderkrebsregister. Dessen "NRW-Abteilung", das Krebsregister NRW, ist der Auffassung, man müsse darüber diskutieren, ob man für die bislang in Ahaus und Gronau gemachten Beobachtungen auf "weitere, in unmittelbarer Umgebung der Anlagen befindliche Gemeinden" ausdehnen solle und den Beobachtungszeitraum auf mindestens 20 Jahre erweitert.

All das geht aus einem Bericht der Landesregierung hervor, mit dem sich der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtages am morgigen Mittwoch (9. Januar) beschäftigt.

Beantragt hatten den Bericht die Grünen im Landtag. Auslöser war eine vom Bundesministerium für Strahlenschutz in Auftrag gegebene Studie. Anlass waren Meldungen, wonach vermehrt Leukämien bei Kindern unter fünf Jahren und Häufungen von Blutkrebs in der Nähe von Kernanlagen aufträten (wir berichteten). Daraufhin hatten die beiden Kommunen Ahaus und Gronau lokale Zahlen angefragt.

In ihrem Bericht verweist die Landesregierung darauf, dass Untersuchungen des Krebsregisters von 1995 bis 2004 in Ahaus und Gronau ergeben hätten, dass in beiden Orten "keine Häufung von Krebserkrankungen oder Leukämien... in der Altersgruppe von 0-5 Jahren gefunden" wurden. Die Fälle von in diesem Zeitraum tatsächlich bei Kleinkindern in Ahaus und Gronau nachgewiesenen Fällen von Leukämie (drei in Ahaus, zwei in Gronau) liege niedriger, als es entsprechend der Erkrankungsrate im Regierungsbezirk Münster zu erwarten gewesen wäre. Diese Werte lägen bei statistischen 2,2 Fällen für Ahaus und 2,3 Fällen in Gronau. Ähnlich verhalte es bei den Fällen von Krebs bei Kleinkindern insgesamt, so die Landesregierung in ihrem Bericht für den Ausschuss.

Weiter antwortet die Landesregierung in ihrem Bericht auf entsprechende Fragen der Grünen-Fraktion, "bei dem in Betrieb befindlichen zentralen Zwischenlager in Ahaus und der Urananreicherungsanlage in Gronau treten im Normalbetrieb keine messbaren bzw. nur geringfügige Emissionen radioaktiver Stoffe auf." Im Übrigen gebe es ein Fernüberwachungssystem für kerntechnische Anlagen. "Grenzwertüberschreitungen waren noch nie zu verzeichnen", heißt es dazu.

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Spiegel online 05. Januar 2008

MOGELPACKUNG

Stromanbieter verkaufen Atomstrom als Ökostrom

Aus Atom- mach Ökostrom: Nach Informationen des SPIEGEL tricksen europäische Stromanbieter ihre Kunden gezielt aus. Sie etikettieren Atom- oder Kohlestrom einfach in Ökostrom um. Eine legale Praxis, die durch Ökozertifikate möglich ist.

Als "reinen Verschiebebahnhof" bezeichnet es Thorsten Kasper von der Verbraucherzentrale, Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes spricht sogar von einer "Täuschung des Verbrauchers": Europäische Stromversorger verkaufen ihren Kunden Ökostrom, der in Wahrheit aber in Atom- oder Kohlekraftwerken erzeugt wurde. Nach Informationen des SPIEGEL etikettieren sie den Atom- oder Kohlestrom einfach in Ökostrom um.

Stromanbieter verkaufen ihren Kunden vermeintlichen Ökostrom

Wie das geht? Ein Stromversorger kauft Strom an der Börse, etwa aus dem AKW Krümmel, für 7 Cent je Kilowattstunde. Den veredelt er dann mit einem Ökozertifikat eines norwegischen Wasserkraftwerks, was ihn lediglich noch mal 0,05 Cent pro Kilowattstunde kostet. Seinen Graustrom darf er dann als Ökostrom verkaufen. Der norwegische Betreiber muss im Gegenzug die entsprechende Menge seines Ökostroms dann in konventionell erzeugten Strom umetikettieren. Diesen für Stromkunden in etlichen europäischen Ländern wenig transparenten Tausch ermöglicht das "Renewable Energy Certificate System" (RECS).

Ein Trick, der nach Meinung von Thorsten Kasper überhaupt erst ermöglicht, dass ganze Städte auf einen Schlag angeblich komplett mit Ökostrom versorgt werden. Aber "nur auf dem Papier, ohne dass auch nur eine zusätzliche Kilowattstunde davon erzeugt wird", sagt Kasper. Erst kürzlich hatten sich auf diese Weise die Städtischen Werke Kassel als "Vorreiter für umweltgerechte Stromerzeugung" präsentiert, mit "sauberem Naturstrom" für alle Haushalte. Etliche Versorger ziehen derzeit nach.

Uwe Leprich kritisiert, dass der Verbraucher gezielt irregeführt werde. In dem Glauben, dass für sein Geld neue Windräder oder Solaranlagen installiert würden, kaufe er den vermeintlich sauberen Strom. "Tatsächlich landet sein Geld größtenteils beim Atom- oder Kohlekraftwerksbetreiber." Und womöglich werde mit dem grünen Label auch noch die nächste Preiserhöhung kaschiert.

Ökologisch ausgerichtete Verbraucher sollten deshalb bei ihren Anbietern unbedingt nachfragen, welcher konkrete zusätzliche Umweltnutzen entstehe, rät Leprich.

lub

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Reuters 01.01.2008

Verfassungsbeschwerde gegen Speicherung von Telefondaten

Berlin (Reuters) - Zum Start der Vorratsspeicherung von Telefondaten sind Gegner vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.

Gegen das zum Jahreswechsel in Kraft getretene Gesetz legte Rechtsanwalt Meinhard Starostik im Namen von acht Kritikern am Montag Verfassungsbeschwerde ein. "Dahinter stehen aber rund 30.000 Gegner, die mir ihre Vollmacht gegeben haben", sagte Starostik. Das Bundesjustizministerium zeigte sich gelassen. "Wir machen nur Gesetze, von denen wir überzeugt sind, dass sie verfassungsgemäß sind", sagte ein Sprecher am Dienstag. Er verwies darauf, dass auch Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz ausgefertigt und keine Bedenken angemeldet habe. Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht müsse nun abgewartet werden.

In der 150 Seiten starken Beschwerdeschrift beantragten die Gegner auch, die Datensammlung wegen "offensichtlicher Verfassungswidrigkeit" durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Starostik geht nach eigenen Worten davon aus, dass das Gericht in den nächsten Wochen darüber entscheiden werde.

Der Bremer Jurist Rolf Gössner, der zu den acht Erstbeschwerdeführern gehört, sprach von der größten Sammelbeschwerde in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte. "Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist letztlich ein Anschlag auf freie Kommunikation, auf Berufsgeheimnisse und Pressefreiheit", kritisierte er.

Initiiert hatte die Verfassungsbeschwerde der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung". Dieser bemängelt, jeder Bürger werde grundlos wie ein potenzieller Straftäter behandelt. Es stelle einen gravierenden Eingriff in die Grundwerteordnung des Rechtsstaates dar, das Verhalten von 80 Millionen Bundesbürgern ohne jeden Verdacht einer Straftat aufzeichnen zu lassen. Außerdem drohe zum Beispiel Journalisten der Abbruch von Informationskontakten. In der Telefonseelsorge würden sich vermutlich weniger Menschen in Not melden. Mit der unbefangenen Kommunikation gehe die unverzichtbare Grundvoraussetzung eines demokratischen Staatswesens verloren.

Grünen-Chefin Claudia Roth, die sich der Verfassungsbeschwerde angeschlossen hat, erklärte, die Kritiker wendeten sich gegen die "immer neuen und ausufernden Überwachungspläne der schwarz-roten Bundesregierung".

Der Bundestag hatte im November gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Vorratsspeicherung von Telefondaten beschlossen. Begründet wird das Gesetz mit der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Ab dem neuen Jahr wird protokolliert, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Mobiltelefon oder E-Mail Kontakt hatte. Für eine Abfrage der Daten bei den Telekommunikationsunternehmen ist eine richterliche Genehmigung nötig. Ausgenommen sind einige Berufsgruppen wie Strafverteidiger und Geistliche.

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