Presseauswahl ab November 2007

Presseauswahl der BI bis Oktober 2007

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MZ 29.11.2007

"Atomtransporte ab 2009"

Ahaus - Die Rückführung schwach und mittelradioaktiver Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in La Hague wird nicht vor 2009 beginnen. Dies stellte gestern nach widersprüchlichen Meldungen das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf Anfrage klar.

"Wir gehen davon aus, dass die Transporte der 6900 CSD-C Kokillen in den Jahren 2009 bis 2011 stattfinden", erklärte gestern BfS-Pressesprecher Joachim Gross im Gespräch mit der Münsterland Zeitung. Über die Zahl der Transporte könne er noch keine Angaben machen.

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) geht von 32 Transporten aus. "Schlechte Nachrichten", so hatte gestern die BI eine Pressemitteilung überschrieben, nach der die Transporte bereits im nächsten Jahr und nicht erst 2009 beginnen sollten. Die BI berief sich dabei auf Äußerungen von BfS-Mitarbeitern in der Fachzeitschrift atw. Darin werden die BfS-Mitarbeiter mit folgendem Satz zitiert: "Die Rückführung dieser Kokillen soll nach heutigem Planungsstand ab dem Jahr 2008 beginnen." BfS-Sprecher Gross sprach von einem möglichen redaktionellen Fehler.

Felix Ruwe, der Sprecher der Ahauser Bürgerinitiative, nannte diese Terminplanungen "eine Bankrotterklärung des BfS in Bezug auf die Außendarstellung dieses Amtes. Welche Bedeutung haben die großspurigen Erklärungen bezüglich Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung, wenn zuständige Mitarbeiter des BfS derartige Meldungen nur innerhalb der befreundeten Atomwirtschaft veröffentlichen."

Proteste angekündigt

Gerade die Münsterländer und die besonders betroffenen Ahauser hätten einen Anspruch auf diese Informationen.

Die Anti-Atom-Bewegung werde sich in jedem Fall gegen weitere unnütze Atommüll-Verschiebungen nach Ahaus zur Wehr zu setzen.

Die BI ruft daher zum deutlichen Protest gegen die geplanten Transporte und zum Protest gegen die mangelhafte Informationspolitik des BfS am 16. Dezember um 14 Uhr am BZA auf. - gro

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heise_online 23.11.2007

Die Ökostrom-Lüge

Lars Lange

"Schmutziger" Strom wird in Deutschland massenhaft zu Ökostrom umetikettiert. Der Schwindel hat einen Namen: RECS-Zertifikate

Vier Stromkonzerne teilen sich im Wesentlichen den lukrativen Strommarkt in Deutschland auf: Eon, EnBW, RWE und Vattenfall. Und sie investieren kräftig in schmutzigen Strom, über 40 neue Kohlekraftwerke sind geplant. Auch an der risikoreichen Kernenergie wollen die Vier gerne festhalten. Viele Menschen wollen das nicht länger hinnehmen und wechseln zu einem vermeintlichen "Ökostrom"-Tarif. Und sparen dabei scheinbar zum Teil noch richtig Geld, wie die Verbraucherzentralen betonen.

TelDaFax Energy (1), stromistbillig (2) oder Flexstrom (3) liegen mit ihren Öko-Angeboten preislich deutlich unter den Tarifen der örtlichen Versorger. Prima, denkt sich Angela Erbsenstrauch und wechselt zu einem anderen Stromanbieter mit einem solchen Öko-Angebot mit einem RECS-Zertifikat. Verglichen mit ihrem bisherigen "Schmutzstrom"-Tarif spart sie einen Euro monatlich Doch ist ihr Strom dann wirklich Öko?

Nein, er ist es nicht. Frau Erbsenstrauch bekommt weiterhin physisch Atom- und Kohlestrom geliefert. Trotzdem darf der Stromanbieter ihren gelbbraunen Strom "Öko" nennen. Möglich macht dies ein System zur Umetikettierung und Verschleierung der Stromherkunft, genannt RECS ( Renewable Energy Certificate System (4)).

Um den Schwindel zu verstehen, schauen wir uns kurz den Stromhandel der echten Ökostromer an: Drei unabhängige Ökostromanbieter verzichten in Deutschland ganz bewusst auf RECS: EWS Schönau (5), Greenpeace energy (6) und Naturstrom (7). Wie alle Stromanbieter müssen sie Anfang des Jahres die an ihre Kunden voraussichtlich verkaufte Strommenge als "Netznutzungsstrom" vorhalten, d.h. der Stromanbieter muss nachweisen können, dass er seine Kunden über das Jahr wirklich beliefern kann. Ende des Jahres rechnet der Stromanbieter mit den Kraftwerksbetreibern die tatsächlich verbrauchte Strommenge ab. Dieser Netznutzungsstrom ist die tatsächlich zeitlich zum Lastprofil des Kunden physisch eingespeiste Strommenge.

Diese seriösen Ökostromanbieter, die ausdrücklich keine RECS-Zertifikate verwenden, beliefern ihre Kunden mit echtem Ökostrom: Sie kaufen hauptsächlich Wasserbänder (aber auch Biomasse-, Solar- und Windstrom) ein, die sie an ihre Kunden weiter verkaufen. Kohle- und Atomkraftwerke bekommen so keinen einzigen Cent mehr für die Herstellung des "Schmutzstromes", der Wechsel zu einem seriösen Ökostromer kommt so einem Boykott gleich, das Geld für den Stromeinkauf kommt direkt den Betreibern von Öko-Kraftwerken zugute.

Dieser Stromeinkauf macht knapp ein Drittel des Endpreises von rund 20 Cent pro Kilowattstunde aus. Etwa 6 Cent kostet der Stromeinkauf den Stromanbieter. Ein weiteres Drittel des Strompreises geht für Netznutzungsgebühren drauf, das letzte Drittel setzt sich zusammen aus EEG, KWK, Konzessionsabgaben, Stromsteuer und Umsatzsteuer. Alle seriösen Anbieter achten zudem darauf, dass sie ihren Strom aus Neuanlagen erhalten und/oder Neuanlagen mit einem definierten Betrag pro Kilowattstunde fördern.

Das RECS-System

Das RECS-Zertifizierungssystem funktioniert anders. Hier wird der Strom in zwei Produkte zerteilt: in den tatsächlich physisch hergestellten Strom und in einen virtuellen Strom in Form von RECS-Zertifikaten. Es findet eine Vertauschung der Etiketten statt. Der Kohle- und Atomstrom wird zu Ökostrom, der Ökostrom zu Atom- und Kohlestrom. Dabei bekommt der Kunde, der eigentlich Ökostrom kaufen möchte, Atom- und Kohlestrom untergeschoben.

Konkret: Ein umweltfreundlicher Energieerzeuger, beispielsweise ein Wasserkraftwerk, kann sich bei dem RECS-System registrieren lassen. RECS nimmt den Erzeuger in seine Datenbank auf. Ab der Registrierung wird für jede erzeugte Mw/h Strom ein RECS-Zertifikat ausgestellt und in der Datenbank abrufbereit gehalten. Das Zertifikat steht dem Stromhandel jetzt zur Verfügung.

Nun hat ein Stromhändler die Möglichkeit, "Ökostrom" durch einen einfachen Trick anzubieten, ohne wirklich Ökostrom anzukaufen: Er kauft äußerst preiswert die Menge RECS-Zertifikate ein, die dem Stromverbrauch seines belieferten Öko-Kunden entspricht. Er beklebt seinen an den Öko-Kunden gelieferten "Schmutzstrom" einfach mit der entsprechenden Menge RECS-Zertifikaten. Sein Stromankauf bleibt jedoch identisch: Es bleibt Atom- und Kohlestrom, aber er darf den Strom nun zu Ökostrom umetikettieren, in unserem Beispiel zu 100 % Wasserkraft.

Der umweltfreundliche Energieerzeuger, das Wasserkraftwerk, muss, wenn das RECS-Zertifikat verkauft wurde, seinen physisch hergestellten Strom in der gleichen Menge ebenfalls umetikettieren, wie er RECS-Zertifikate verkauft hat. Dies wird nach der so genannten UTCE-Norm durchgeführt, der Durchschnittswert der europäischen Stromproduktion. Das ist vorwiegend Atom- und Kohlestrom.Der Wasserkraft-Strom ist dabei zu Atom- und Kohlestrom umetikettiert worden und wird auch nach dieser jetzt neu gekennzeichneten Qualität vergütet. Damit sind die Etiketten sind vertauscht, der Öko-Kunde bekommt "Schmutzstrom" untergeschoben.

Die Stadtwerke Kassel sind so verfahren. Die Privatkunden denken, dass sie Ökostrom erhalten und diesen auch bezahlen. Tatsache ist aber: Die Stadtwerke Kassel liefern ihren Kunden weiterhin "Schmutzstrom" und kaufen die entsprechende Menge RECS-Zertifikate, die nichts weiter belegen, als dass irgendwo in Europa die gleiche Menge Ökostrom hergestellt wurde, wie die von den Stadtwerken für ihre Kunden eingekaufte "Schmutzstrom"-Menge.

Deutlich wird das Umetikettieren im Vergleich mit dem Eierkauf. Ich bin als Kunde überzeugt, dass Käfighaltung von Hennen verabscheuungswürdig ist und will Bio-Eier kaufen. Im Laden bekomme ich Eier, die, wie ich erst später erfahre, RECS-zertifiziet sind (Renewable Egg Certificate System), es steht aber Bio drauf, mehr Informationen bekomme ich nicht. Zu Hause erfahre ich, dass ich statt Bio-Eier in Wirklichkeit Käfigeier gekauft habe, deren Etikett mit echten Bioeiern vertauscht wurde. Denn das RECS-Symbol auf der Packung besagt nur, dass irgendwo in Europa die gleiche Menge Bio-Eier erzeugt worden sind, wie ich Käfigeier gekauft habe. Fast mein ganzes Geld habe ich weiterhin an das System der Käfighaltung gezahlt, nur ein Bruchteil meines Geldes geht an den Bioeier-Produzenten.

Jeder normale Kunde würde jetzt zur Filialleitung des Lebensmittelladens gehen und dieser die Eier um die Ohren hauen. Trotzdem dürfen sich RECS-zertifizierte Produkte Ökostrom nennen, denn der Begriff "Ökostrom" ist nicht definiert, jeder darf ihn verwenden, einheitliche Standards gibt es nicht. Nur das Grüne Strom Label (8) erlaubt kein RECS.

Wohin geht das Geld?

Bei RECS-Zertifikaten erhält der Betreiber der mit RECS zertifizierten Anlage lediglich den minimalen Mehrbetrag, der aus dem Verkauf der Zertifikate erzielt wird. Nur 0,1 bis maximal 0,25 Cent landen bei Erneuerbaren Energien, ca. 6 Cent landen beim Atom- und Kohlehändler (Rest des Strompreises ist Netznutzungsgebühr, Steuern etc., wie oben beschrieben). Das Verhältnis beträgt also bestenfalls 1:24. Ein Teil des Geldes, das der Kunde für "Ökostrom" an seinen Anbieter überweist, geht an regenerative Energiequellen, 24 Teile des Geldes gehen an Atom- und Kohlehändler. Bei einem durchaus gängigen Preis von nur 0,1 Cent pro Kilowattstunde sieht das Verhältnis noch schlechter aus, hier ist es nur 1: 60. Die RECS-Zertifizierung ist eine äußerst preiswerte Methode, Strom grün einzufärben.

RECS ist dementsprechend auch das bevorzugte System zur "Förderung" Erneuerbarer Energien der großen vier Konzerne auf dem deutschen Strommarkt, weil es an den Verkauf der Altenergien gekoppelt ist und sie diese länger laufen lassen können. Erster Vorsitzender und Stellvertreter von RECS Deutschland e.V. sind Vertreter von Vattenfall und E.ON. Gründungsmitglieder von RECS Deutschland e.V. ist die Speerspitze der Deutschen Umweltbewegung: die Electrabel Deutschland AG, Energiedienst AG, E.ON Energie AG, EWE NaturWatt GmbH, HEW AG, RWE Trading GmbH, TÜV Nord Umweltschutz GmbH & Co. KG, TÜV Rheinland/Berlin/Brandenburg GmbH, TÜV Süddeutschland Bau und Betrieb GmbH, Vattenfall Europe Trading GmbH.

RECS lohnt sich natürlich nicht für den Großteil neuer Energie-Anlagen, die in Deutschland durch das EEG gefördert werden. Ausnahmen: sehr große Biomassekraftwerke und Wasserkraftwerke, die nicht durch das EEG gefördert werden. In Großbritannien wird ein Zertifikatesystem statt eines Erneuerbaren Energien Gesetzes zur Förderung von Regenerativen Energien genutzt. Ergebnis: Fast null Zubau bei den Erneuerbaren. Lobbyistenverbände der Altenergien versuchen seit einiger Zeit, das EEG in Brüssel zu Fall zu bringen, um es durch ein Zertifikatesystem zu ersetzten - weil der Zubau von modernen Energieerzeugungsanlagen so auch in Deutschland stoppen würde. In der Werbebroschüre (9) von RECS Schweiz lesen wir über diese Vorzüge des Systems: "weil RECS eine einfache Ergänzung des Angebotsportfolios ohne Zubau erlaubt."

Wer RECS zertifizierten Strom bezieht, fördert damit den Erhalt von Atom- und Kohlekraftwerken und verhindert die Energiewende. Verbraucher, die das nicht unterstützen, sollten deshalb darauf achten, Energieversorger zu wählen, die bewusst auf den Schwindel verzichten. Wenn (hypothetisch) 100% der Deutschen mit RECS-Strom beliefert werden sollten, dann müsste der Kohle- und Atomkraftwerkspark sogar noch ausgebaut werden, um genügend "schmutzigen" Strom zu haben, der sauber gewaschen werden kann!

Die Stadtwerke Flensburg (10), die ursprünglich in diesem Artikel als Beispiel genannt wurden, hatten uns eine Mail geschrieben und versichert, dass sie ihren Öko-Strom nicht mit RECS-Zertifikaten versehen würden. Der Strom der Stadtwerke Flensburg sei, so hieß es und so hatten wir es übernommen, "nach dem ok-Power Label und dem TÜV-Umweltschutz-Zertifikat ausgezeichnet und nicht RECS-zertifiziert". Allerdings scheint dies [subtext]nicht richtig zu sein. Die Stadtwerke Flensburg bieten offenbar doch Öko-Strom mit einem RECS-Zertifikat (11) an, wie das auch von Verivox dargestellt (12) wird. Das ok-Power-Label würde dies auch erlauben.

Links

(1) http://www.teldafax-energy.de/

(2) http://www.stromistbillig.de/

(3) http://www.flexstrom.de/

(4) http://www.recs-deutschland.de/

(5) http://www.ews-schoenau.de/

(6) http://www.greenpeace-energy.de/

(7) http://www.naturstrom.de/

(8) http://www.gruenerstromlabel.de/

(9) http://www.erneuerbar.ch/fileadmin/user_upload/downloads/flyer_recs_d.pdf

(10) http://www.stadtwerke-flensburg.de/

(11) http://www.stadtwerke-flensburg.de/uploads/media/Flensburg_eXtra_Oeko_01.pdf

(12) http://www.verivox.de/power/tariffs.asp?ID=185977&plz=

Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26671/1.html

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AP - Sonntag, 11. November, 07:52 Uhr

Japanischer Reaktor wegen Entsorgungsproblem abgeschaltet

Tokio (AP) Ein japanischer Atomkraftwerksbetreiber hat wegen eines Entsorgungsproblems einen Reaktor heruntergefahren. Bei dem Zwischenfall am Samstagnachmittag im Reaktor Nummer 3 des Atomkraftwerks Onagawa in der Präfektur Miyagi sei keine Strahlung ausgetreten, teilte die Betreiberfirma Tohoku Electric Power am Sonntag mit. Der Reaktor sei manuell abgeschaltet worden, nachdem ein unnormaler Anstieg der Wasserstoffkonzentration im Entsorgungssystem für gasförmige Stoffe bemerkt worden sei.

Der Reaktor war erst zwölf Stunden vorher nach einer regulären, halbjährigen Inspektion wieder hochgefahren worden, hieß es weiter. Bis zum Abschluss der Ermittlungen der Pannenursache bleibe der Reaktor abgeschaltet. Von den drei Reaktoren des Atomkraftwerks sei damit nur einer in Betrieb - Reaktor Nummer 2 sei seit Mitte Oktober wegen regulärer Wartungsarbeiten abgeschaltet worden.

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Der Standard, 9.11.07

"Atomkraft ist keine Klimaschutz-Alternative"

Global 2000 lud zur Konferenz: Abzulehnen sei Atomkraft aus vielerlei, auch rein technischen Gründen

Wien - Obwohl die österreichische Abneigung gegen Atomkraft wie in Stein gemeißelt dasteht, hatte Global 2000 am Donnerstag vorsorglich zu einer Konferenz geladen. Thema: "Hat Atomenergie Zukunft?", mit der die Umweltschutzorganisation genau das Gegenteil beweisen wollte.

Denn insbesondere aufgrund des prognostizierten Klimawandels erlebt Atomkraft derzeit eine Image-Renaissance, emittieren die entsprechenden Kraftwerke während ihrer Betriebszeit doch keine erderwärmenden Treibhausgase.

Keine Lösung

Trotzdem seien AKWs keine Lösung, führte Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur aus, die sich als Meteorologin auch mit Atomkraft als Problemlöser gegen den Klimawandel beschäftigt. Abzulehnen sei Atomkraft aus vielerlei, auch rein technischen Gründen:

Konstruktion, Planung und Standortsuche neuer Atomkraftwerke verschlingen gut und gerne zehn, fünfzehn Jahre. "Damit aber haben wir ein Zeitproblem", erklärte Kromp-Kolb. Denn die entsprechenden Weichen für eine Treibhausgasreduktion sollten ebenfalls in den nächsten rund zehn Jahren gestellt werden. Bis die neuen AKWs schlussendlich in Betrieb gehen, sei es damit zu spät, jedenfalls aus Klimawandel-Gesichtspunkten, führte Kromp-Kolb aus. Außerdem warnte sie vor "Peak-Uran", also einem Auslaufen des Atomkraft-Grundstoffes Uran, was insbesondere bei den langen Laufzeiten bei AKWs - diese produzieren 30, 40 Jahre - schlagend werde.

Zuwenig von allem

Noch wichtiger als die Uranreserven-Frage sei, dass es überall zuwenig Experten, Institutionen und Investoren gebe, sodass selbst Ersatzbauten für die derzeit in die Jahre kommenden AKWs schwierig werden - zumindest in den westlichen Staaten. "Untersuchungen weisen immer wieder darauf hin, wie fragil die politische Unterstützung für neue Kraftwerke ist, und dass Investoren auch wegen der unsicheren Rahmenbedingungen das Risiko scheuen."

Daraus ergebe sich, dass es schwierig wird, die 16 Prozent Stromerzeugung, die derzeit weltweit aus Atomkraft kommen, zu halten. Dazu bräuchte man 260 große AKWs in den nächsten Jahren. Statt dessen aber werden überall Laufzeit-Verlängerungen angedacht, wodurch wiederum das Risiko von Unfällen steige.

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ap, 8.11.07

Erneut Risse im Atomkraftwerk Krümmel entdeckt

Kiel (AP) Nur zwei Tage nachdem eine Expertenkommission dem Atomkraftwerk Krümmel einen guten technischen Zustand bescheinigt hatte, sind erneut Mängel aufgetreten. Bei den von der Atomaufsicht geforderten Prüfungen von Steuerleitungen wurden Risse festgestellt, wie das für Reaktorsicherheit in Schleswig-Holstein zuständige Sozialministerium am Donnerstag in Kiel mitteilte.

Zunächst müsse die Ursache für die Risse geklärt werden, dann über die Sanierung der Steuerleitungen entschieden werden, hieß es weiter.

Die Aufsichtsbehörde forderte Betreiber Vattenfall auf, die restlichen vergleichbaren 19 Steuerleitungen auszubauen und zu untersuchen. Die Leitungen haben einen Durchmesser von 25 Millimetern.

Am Mittwochabend hatten Polizei und Betreiber in Krümmel eine Sicherungsübung durchgeführt und einen versuchten Angriff auf das Kraftwerksgebäude von außen simuliert. Der Einsatz wurde laut Vattenfall erfolgreich abgeschlossen.

Das AKW Krümmel steht seit einem Transformatorbrand am 28. Juni still. Am Dienstag hatte eine von Vattenfall eingerichtete Expertenkommission erklärt, der Meiler erfülle die Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb. Es seien keine sicherheitstechnischen Bedenken gefunden worden. Die Atomaufsicht kritisierte, die Experten hätten nur die Ereignisse vom 28. Juni, nicht aber die später entdeckten Risse und falschen Dübel berücksichtigt.

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Stattweb, 7.11.07

Avricourt: Sebastien Briat,beim Protest gegen CASTOR vor drei Jahren überfahren

Am siebten November vor nunmehr drei Jahren 20O4 hat Sebastien Bryat im Alter von 22 Jahren in Avricourt /Lorraine/ den Tod gefunden, brutal angefahren durch die Lokomotive eines Castor-Transport-Zuges. Der Tod diese jungen Mannes darf nicht einfach hingenommen und vergessen werden.. Es kommt darauf an, sich weiterhin zu erinnern an den Einsatz Sebastiens gegen die Atomindustrie und ihre Abfallwirtschaft, die für heute und generationenlang unkalkulierbare Gefahren mit sich bringt

Einige Wochen zuvor hatte er sich mit mehreren seiner Gruppe entschlossen, einmal vorzuführen, dass die CASTOR-Transporte keineswegs so unverwundbar sind, wie oft angenommen. Er ist nun tot. Das darf den Umstand nicht verdrängen, dass er in seinem Handeln selbstbestimmt, überlegt und nicht gewalttätig vorging.

Entgegen allen Beschuldigungen mit durchsichtigen Hintergedanken war das Vorgehen der Gruppe keineswegs "unverantwortlich"- auch kein "Verzweiflungsakt".. Es entsprang schlicht der Erkenntnis, die die Handhabung der Atom-Industrie mit sich bringt. Wir hatten kollektiv geplant, die nötigen Voruntersuchungen vorgenommen und uns genau an den schon erprobten Techniken, einen Zug zu stoppen. Alle Eventualitäten waren ins Auge gefasst worden, auch die, dass der Zug nicht anhalten würde. Wir hatten uns an der Kurve der Geleise so postiert, dass wir jederzeit von der Bahnböschung herunterspringen konnten.. Dass wir nur kurze Sichtweite hatten, hatten wir einkalkuliert. Wir lagen zu viert auf den Schienen, ein Arm frei, den anderen jeweils in einer Betonröhre, sehr schnell herauszuziehen, falls notwendig. Alle Behauptungen über Selbstfesselung und so weiter sind gehässiger Unsinn. Wir hatten alles so eingerichtet, dass wir den Arm jederzeit aus der Röhre bekamen.

Leider versagte die Gruppe, die 1500 Meter weiter oben den Zug alarmieren und stoppen hätte sollen. Der Hubschrauber, der dem Zug vorausfliegen sollte, war weg- zum Kerosin-Fassen. Gerade auf den hatte die Alarmierungstruppe sich verlassen.Auch musste die Stoppergruppe sich vom Zug fernhalten, weil eine motorisierte Gendarmerie-Truppe den Weg zwischen Wald und Geleise bewachte und unpassierbar machte.

Laut Staatsanwalt brauste der Zug also mit 98 Stundenkilometern an, ohne dass Stopp oder Vorwarnung hätten erfolgen können.Also hatten wir sehr wenig Zeit, um uns die Böschung herab zu rollen. Das hatten wir trainiert. Sebastien wurde bei dieser Aktion getroffen. Auf keinen Fall war sein Arm noch im Beton in diesem Augenblick. Das lief alles so schnell, dass keiner von uns ihm helfen konnte.

Vor alledem hatten wir in Kälte und Nässe im Unterholz neben den Schienen zehn Stunden lang ausgeharrt, ohne dass jemand von den Suchmannschaften der Bahn und der Polizei uns entdeckt hätte. Die Verantwortung für den Tod Sebastiens liegt demnach bei allen Beteiligten.

Heute finden wir uns in der schlimmsten Lage unseres Lebens. Entgegen dem Gebrabbel von Unvernunft:wir hatten unsere vernünftigen Gründe. Zunächst ging es um die Rettung der Erde, die Jahr für Jahr mehr im Gift versackt. Dann aber auch um den Protest gegen einen Beton-Staat, der keinerlei Abweichung zulässt.

Nichts von Unreife, nichts von Abenteuerspielplatz. Wir handelten, wie wir es taten, weil endlich einmal ein Stein fahren musste in den Porzellanladen der Bedachtsamkeit und Wohlanständigkeit.

Sebastiens Tod war ein Unfall, von niemand gewollt, noch weniger gewünscht. Nicht wie andere im Auto auf der besoffenen Heimfahrt von der Disco starb Sebastien. Er wollte seinen Erkenntnissen folgen und seiner Überzeugung tatkräftigen Ausdruck verleihen.

In der Lage, in der wir uns damals befanden, haben wir die Unterstützung, die uns zuteil wurde, gar nicht erwartet.Wir danken Mitkämpferinnen und Mitkämpfern, Verwandten, aber auch all denen, die sich Jahre nach der Tat selbst erinnern und an die Tat erinnert haben.

Nicht Beichte, nicht Provokation soll der hier gegebene Bericht sein: Es geht allein um den Kampf gegen das Vergessen..

Gezeichnet von Sebastiens Weggefährten!

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© AP 07.11.2007

Prüfung von Vattenfalls Betriebserlaubnis dauert an - Umwelthilfe warnt vor Meilern Brunsbüttel und Krümmel

Trauernicht will Black-Box in Atomkraftwerken Erste Zusammenfassung

Hamburg (AP) Die Kieler Atomaufsicht setzt sich für die Black-Box im Leitstand von Kernkraftwerken ein. Sozialministerin Gitta Trauernicht erklärte, anders als Betreiber Vattenfall halte sie eine Videoüberwachung des Leitstands für dringend geboten, um bei Störfällen rasch und nachvollziehbar wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. «Ich werde diese Black-Box-Problematik mit dem Bund besprechen und diese Maßnahme gegebenenfalls anordnen», sagte Trauernicht dem «Hamburger Abendblatt». Ihre Behörde überprüfe außerdem weiter die Betriebserlaubnis Vattenfalls für Kernkraftwerke.

Die für Reaktorsicherheit in Schleswig-Holstein zuständige Ministerin widersprach erneut der Auffassung der von Vattenfall eingesetzten Experten, die Pannenmeiler Krümmel und Brunsbüttel könnten bald wieder angefahren werden. «Die Atomaufsicht ist nicht am Ende, sondern mitten in ihrer Arbeit», sagte die SPD-Politikerin mit Hinweis auf nachträglich entdeckte Risse und falsch montierte Dübel. Sie wisse nicht, wie lange die Überprüfungen noch dauern würden. «Und dabei sind die möglichen Konsequenzen dieser Überprüfungen, also Austausch oder Ähnliches, noch gar nicht berücksichtigt», sagte Trauernicht dem Blatt.

Die Deutsche Umwelthilfe warnte unterdessen vor einem Wiederanfahren der AKW Brunsbüttel und Krümmel. Gerade in Brunsbüttel gebe es «jede Menge Probleme und Defizite», sagte der Atomexperte Gerd Rosenkranz der «Frankfurter Rundschau». Die Mängel seien zum größten Teil noch nicht abgearbeitet worden und auch «nicht heilbar». Der Reaktor weise das störanfälligste Notstromsystem in Deutschland auf und sei unzureichend gegen Luftangriffe geschützt. Neben Biblis A müsse Brunsbüttel schnellstens vom Netz.

In Krümmel habe sich dagegen erneut gezeigt, dass auch modernste Technik menschliche Fehler nicht kompensieren könne, sagte der Atomexperte dem Blatt. Dort sei ein an sich harmloser Störfall derart eskaliert, «dass es einen gruselt».

Am 28. Juni waren die schleswig-holsteinischen AKW Krümmel und Brunsbüttel per Schnellabschaltung heruntergefahren worden. Rund vier Monate nach den Zwischenfällen hatte eine Expertenkommission den Meilern am Dienstag einen guten Zustand bescheinigt. Die Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb seien gegeben. Atomaufsicht und Umweltschützer kritisierten den Bericht der Kommission, die von Betreiber Vattenfall eingesetzt worden war. Der Konzern hatte angekündigt, von der Kommission vorgeschlagene Maßnahmen umzusetzen, den Einsatz einer Black-Box jedoch abgelehnt.

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heise-online.de 05.11.2007

Bundestag soll am Freitag über die Vorratsdatenspeicherung abstimmen

Trotz der massiven Proteste von allen Seiten gegen den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten soll der Bundestag am Freitagmittag in 2. und 3. Lesung endgültig über das Vorhaben entscheiden. Das bestätigten Vertreter der großen Koalition und der Opposition gegenüber heise online. "Das kommt auf die Tagesordnung", hieß es etwa bei der SPD-Fraktion, auch wenn die im Internet verfügbare Agenda für Freitag momentan noch nicht auf dem aktuellsten Stand sei. Zuvor werde Schwarz-Rot im federführenden Rechtsausschuss des Parlaments am Mittwoch vermutlich noch ein paar Änderungsanträge der Koalition absegnen. Es wird aber nicht erwartet, dass diese noch weit über die bereits abgesprochenen geringfügigen Änderungen etwa zum besseren Ausschluss der Verwertbarkeit von belastenden Zufallsfunden bei der Durchsuchung von Wohn- oder Arbeitsräumen von Journalisten vor Gericht hinausgehen.

In der SPD rumort es wegen dem geplanten Beschluss zur sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung allerdings teils heftig. So hat der Bonner Abgeordnete Ulrich Kelber bereits öffentlich angekündigt, das Vorhaben voraussichtlich entgegen der Parteidisziplin ablehnen zu wollen. Er behalte sich die Entscheidung zwar noch vor, um in Verhandlungen etwa in den Fraktionsarbeitsgruppen am morgigen Dienstag noch weitere Verbesserungen zu erreichen. Er werde sein Abstimmungsverhalten sowie eine kurze Begründung dazu aber auf jeden Fall auf seiner persönlichen Homepage dokumentieren. Generell plädiere er weiter dafür, mit der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren erst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über eine Klage Irlands gegen die entsprechende Richtlinie abzuwarten. Leider habe er sich mit dieser Ansicht bisher nicht durchsetzen können.

Die Oppositionsparteien, welche die Massendatenspeicherung durch die Bank ablehnen, haben noch letzte Änderungsanträge ins parlamentarische Verfahren eingebracht. So drängt die Fraktion der Grünen etwa darauf, die Klauseln zur Vorratsdatenspeicherung automatisch bei einer Nichtigkeitserklärung der Brüsseler Direktive außer Kraft zu setzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte jüngst dagegen erklärt, dass der Bundestag ein eigenständiges Gesetz erlasse und die Umsetzung der Protokollierung der Verbindungs- und Standortdaten daher höchstens gesondert außer Kraft gestellt werden müsse. Zugleich betonen die Grünen, dass der Vorschlag nichts an der grundsätzlichen Ablehnung der Maßnahme "aus bügerrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründen" ändere. Sie drängen überdies auf eine namentliche Abstimmung am Freitag.

Unterdessen hat der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, die Politik vor Einschnitten in die Pressefreiheit gewarnt. Die von der Bundesregierung geplante Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten auf Vorrat sei ein massiver Eingriff in die Grundrechte, sagte Konken zum Auftakt des DJV-Bundesverbandstages am Montag in Saarbrücken. Die 300 Delegierten rief er auf, für Informantenschutz und Pressefreiheit zu kämpfen. "Wir müssen unsere Volksvertreter wecken, denn später ist alles nicht mehr rückgängig zu machen", so Konken. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) wies die Befürchtungen zurück. "Ich glaube nicht, dass es eine substanzielle Bedrohung der Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland gibt", sagte er laut dpa. Die Pressefreiheit sei eines von vielen Grundrechten, jedoch "nicht der höchste Wert, der allen anderen vorgeht", so der Regierungschef mit Blick auf Pläne für eine Verschärfung von Sicherheitsgesetzen im Kampf gegen den Terrorismus. Die Pressefreiheit müsse mit "legitimen Sicherheitsinteressen" abgewogen werden.

Die Zahl der Städte, in denen unter der Federführung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung am späten Dienstagnachmittag Protestkundgebungen gegen den Überwachungsvorstoß abgehalten werden sollen, ist derzeit auf über 40 gestiegen. Zudem haben die Gegner des Gesetzesentwurfs auf einer gesonderten Seite die Argumente der Befürworter der Vorratsdatenspeicherung kritisch beleuchtet. Demnach sind etwa zur Kriminalitätsbekämpfung auch ohne eine Totalprotokollierung jeder Benutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet genügend Verbindungsdaten verfügbar. Sie betonen zudem den Wert einer freien und offenen Kommunikation für die Gesellschaft. Unterstützerorganisationen des Arbeitskreises wie die Humanistische Union oder die Grüne Jugend riefen besorgte Bürger noch einmal gesondert zur Teilnahme an den dezentralen Demonstrationen auf.

Traueranzeigen zur vorratsdatenspeicherung

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ap, 5.11.07

AKW-Betreiber stiften Endlager-Professur

Clausthal (AP) Die Technische Universität Clausthal im Harz hat am Montag das erste deutsche Institut für Endlagerforschung gegründet. Nach Angaben des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums soll das Institut die sichere und sehr langfristige Lagerung von radioaktiven Abfällen erforschen. Kern des Institutes sei eine von der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) für sieben Jahre finanzierte Professur, sagte ein Ministeriumssprecher. Das Land stelle weitere Mitarbeiter. Die GNS ist im Besitz der Kernkraft-Töchter von E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall.

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junge Welt, 06.11.2007

Förderturm besetzt

Umweltschützer protestieren in Asse gegen das Endlagerbergwerk

Reimar Paul

Atomkraftgegner haben am Montag den Förderturm auf dem Gelände des Atommüllendlagers Asse II bei Wolfenbüttel besetzt. Sie befestigten dort ein rund 45 Quadratmeter großes Transparent mit der Aufschrift »Auslaufmodell Asse«. »Wir wollen darauf aufmerksam machen, daß sich hier der größte anzunehmende Unfall anbahnt«, sagte der Energiereferent von Robin Wood, Dirk Seifert. Außer der Umweltorganisation beteiligten sich auch Mitglieder des Anti-Atom-Plenums Braunschweig an der Aktion.

In das Endlager Asse, in dem etwa 126000 Fässer mit Atommüll liegen, dringen täglich rund zwölf Kubikmeter Wasser ein. Wenn die Fässer rosten und die Radioaktivität ins Grundwasser gelangen, gibt es eine Katastrophe, befürchten Umweltschützer. Unter den eingelagerten Stoffen ist auch das hochgiftige Plutonium. Im Bergwerk Asse wurde früher Salz gefördert. Die Nachbarschächte Asse I und III mußten wegen Wassereinbrüchen aufgegeben werden.

Zur Zeit gibt es heftigen Streit über die Stillegung von Asse II. Während der Betreiber GSF das Bergwerk nach dem Bergrecht schließen und die Grube mit einem Schutzfluid stabilisieren will, bestehen Anwohner und Atomkraftgegner auf einem atomrechtlichen Verfahren. Sie hätten dann mehr Mitspracherechte. Eine Tischlerin aus einer Nachbargemeinde will dies durch eine Klage erzwingen.

Eine Flutung des Endlagers schafft nach Ansicht der Kritiker auch unumkehrbare Fakten &endash; eine spätere Rückholung des Atommülls wäre dann nämlich nicht mehr möglich. »Das Absaufen der Asse und die jetzt quasi in Notwehr geplanten Maßnahmen der GSF, um die Freisetzung des radioaktiven Inventars zumindest noch einigermaßen zu verzögern, machen klar, daß die Risiken der Endlagerung nicht beherrscht werden«, so Seifert.

Die Turmbesetzung sollte den Auftakt zu weiteren Protesten markieren, mit denen Atomkraftgegner eine wissenschaftliche Konferenz zur Endlagerung in Braunschweig begleiten wollen. Auf Einladung des Bundesamtes für Strahlenschutz und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit diskutieren Fachleute vom heutigen Dienstag bis zum Freitag über neue Erkenntnisse bei der Entsorgung radioaktiven Mülls. Die Veranstaltung mit dem Titel »RepoSafe« soll am Morgen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eröffnet werden.

Bürgerinitiativen und Umweltgruppen haben vor der Braunschweiger Stadthalle &endash; dem Tagungsort &endash; eine »Dauermahnwache« mit mehreren Fahrzeugen, einer Bühne und Ausstellungsstücken angekündigt. Greenpeace will mit einer Castorattrappe anrücken, die atomkritische Ärztevereinigung IPPNW mit einem aufblasbaren »Atomkraftwerk«. Zudem werden Musikgruppen spielen und Filme gezeigt. Jeweils um 17.30 Uhr gibt es Berichte vom Konferenztag.

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Neue Zürcher Zeitung 03.11.2007

Im offenen Kreislauf des Urans

 

Schweizer Kernkraftwerksbetreiber reichern einen Teil ihres Urans in Deutschland an &endash; auch der Protest dagegen wird dort laut.

Wo Uran drin ist, ist Protest nicht weit. Am Sonntag wird sich um 14 Uhr eine Handvoll Leute an der Röntgenstrasse 4 im westfälischen Gronau, unweit der niederländischen Grenze, versammeln und vor den Toren der dort ansässigen Uranfabrik demonstrieren. Nicht zum ersten Mal. Es ist der 256. «traditionelle Sonntagsspaziergang», wie der Arbeitskreis Umwelt Gronau verkündet. Damit sei diese Manifestation vermutlich der «dienstälteste» Sonntagsspaziergang der bundesdeutschen Protestbewegung, rechnet der Arbeitskreis nach.

Einst von den Grünen ins Leben gerufen, findet er seit Herbst 1986 jeden ersten Sonntag im Monat statt. Der Protest gilt der Urenco, einer niederländisch-britisch-deutschen Firma, die hier Uran anreichert und damit einen von vielen Arbeitsschritten tut, die nötig sind, um Brennelemente für Atomkraftwerke herzustellen (siehe Kasten). Auch Schweizer Kraftwerksbetreiber lassen hier einen Teil ihres Urans verarbeiten. In der Schweiz gibt es keine solche Anlage. Zum Gruss flattert neben dem Wachgebäude das weisse Kreuz auf rotem Tuch.

Auch eine chinesische, südkoreanische, finnische, brasilianische und weitere Fahnen mehr sind aufgezogen. Kunden aus aller Welt nutzen die Dienste der Urenco in Gronau, je ein Drittel davon stammt aus Europa, Asien und den USA.

Akzeptiert, aber nicht geliebt «Unsere Gegner treffen sich hier, dann laufen sie ums Gelände rum und rütteln manchmal etwas am Zaun», sagt Jürgen Abt, der einst für die Urenco das angelieferte Uran analysierte. Jetzt, vier Tage vor der nächsten Demonstration, führt er eine Gruppe Schweizer Journalisten durch die Anlage. Das macht er hin und wieder, er ist im vorzeitigen Ruhestand. «Viele protestieren nicht, meistens sind mehr Polizisten als Demonstranten da.» Die übrigen der 30 000 Bewohner Gronaus akzeptierten die Urenco, «aber geliebt wird man nicht», sagt Abt: «In Vereinen wird man manchmal etwas gehänselt, wenn man sagt, man arbeite hier. Aber die Arbeitsplätze sind begehrt.» 280 Leute sind für den Betrieb der Anlage notwendig. Zurzeit wird sie ausgebaut. 1800 Tonnen Uran kann sie pro Jahr verarbeiten. Das genügt, um den jährlichen Bedarf von 18 Atomkraftwerken zu decken. In Zukunft sollen 4500 Tonnen Uran bewältigt werden können. Damit könnte sie 45 AKW in der Grösse von Leibstadt beliefern. Vom angekündigten, aber noch nicht vollzogenen Atomausstieg Deutschlands ist die Urenco nicht betroffen. Auch wenn alle bundesdeutschen AKW einst stillgelegt wären, dürfte sie weiterhin Uran für andere Länder anreichern.

Die Sicherheitsvorschriften der Urenco sind rigide. Betritt man die Anlage, müssen Kameras und Mobiltelefone abgegeben werden. Die Halle, in der die von der Urenco entwickelten Zentrifugen stehen, mit denen das Uran angereichert wird, steht unter Geheimnisschutz. Mit Grund: An dieser Technologie sind viele interessiert, Urananreicherung gilt als lohnendes Geschäft, und die Branche hofft auf Wachstum in den kommenden Jahren. Doch die Zentrifugen könnten auch für nichtfriedliche Zwecke Verwendung finden, wie gegenwärtig die Auseinandersetzungen mit Iran zeigen. In den siebziger Jahren hatte der «Vater der pakistanischen Atombombe», Abdul Qadeer Khan, Blaupausen der Zentrifugenpläne im niederländischen Urenco-Werk in Almelo gestohlen. Davon spricht man bei der Urenco aber nicht mehr. Vielmehr verweist man auf die Vorzüge der Atomenergie:

Das klimapolitische Ass dieser vergleichsweise CO 2 -armen Art von Energiegewinnung wird oft und gerne gespielt.

Endlagerung in Russland?

Nach wenigen Metern auf dem Rundgang in Gronau sieht man rechter Hand runde Behälter liegen. Unterfüttert von grundsätzlicher Ablehnung der Kernenergie, sind sie der eigentliche Grund für den Protest, dem sich die Urenco in Deutschland gegenübersieht. Zum einen lagert in diesen Behältern das von den Kraftwerksbetreibern angelieferte Uranhexafluorid, dessen Uran-235 angereichert wird. Zum anderen türmen sich aber auch Tonnen von Behältern mit abgereichertem Uranhexafluorid, im Fachjargon «Tails» genannt. Das Kernkraftwerk Leibstadt zum Beispiel muss pro Jahr 200 Tonnen Natururan zu 20 Tonnen angereichertem Uran verarbeiten lassen, die dann zur Brennelemente-Herstellung verwendet werden. 180 Tonnen bleiben als abgereichertes Uran übrig, das in den Besitz der Anreicherungsfirma übergeht. Diese muss sich daher um die Lagerung kümmern. Zwar ist Uranhexafluorid weder brennbar noch explosiv, kommt es jedoch mit Wasser aus der Luft in Berührung, entsteht stark ätzende Flusssäure. Die Behälter, in denen das Uranhexafluorid aufbewahrt wird, sind 3,8 Meter lang und messen 1,2 Meter im Durchmesser. Die 16 Millimeter dicke Stahlhülle sollte schweren Unfällen, die beim Transport per Bahn oder Lastwagen passieren können, standhalten.

Nicht alles abgereicherte Uran bleibt in Gronau. Ein Teil davon wird nach Russland geliefert. Die Tails gelten rechtlich nicht als Atommüll, der in Deutschland endgelagert werden müsste, sondern als Wertstoff. Er kann nämlich wieder angereichert werden und dann in den Kernbrennstoff-Kreislauf zurückgegeben werden. Doch Kritiker monieren, dass die russische Firma Tenex, mit der Urenco seit 1995 einen Vertrag zur Übernahme der Tails abgeschlossen hat, nur einen kleinen Teil nochmals in den Prozess der Anreicherung führe. Der Rest werde unter freiem Himmel endgelagert. Das deutsche Fernsehen ZDF berichtete diesen Sommer, dass die Behälter ungenügend beaufsichtigt würden und wegen des dort herrschenden Klimas rosteten.

«Ein Sauzeug» unter Kontrolle

Urenco-Mediensprecher Raimund Weber bestätigt, dass man bisher «mehrere tausend Tonnen» &endash; das ZDF sprach von 21 000 Tonnen &endash; abgereichertes Uranhexafluorid über Rotterdam nach Russland transportiert habe. Der Geschäftsführer der Urenco Deutschland GmbH, Joachim Ohnemus, werde in den kommenden Wochen nach Russland reisen, um sich von den Lagerungsbedingungen ein Bild zu machen. Die Behälter seien sehr robust, sagt Weber. Das Aufbewahren im Freien entspreche den Vorschriften. Forscher hätten herausgefunden, dass in 20 Jahren die Hülle um lediglich einen Millimeter roste: «Die Gegner sagen, Flusssäure sei ein Sauzeug. Damit haben sie recht. Aber man kann damit umgehen.»

Bleibt der Vorwurf, Urenco &endash; und damit indirekt auch ihre Kunden, also die Betreiber der Atomkraftwerke &endash; schiebe einen Teil des abgereicherten Urans auf elegante Weise nach Russland zur Endlagerung ab. «Abgereichertes Uranhexafluorid ist kein Atommüll, den man endlagern müsste», sagt Weber, «denn es enthält noch immer 0,3 Prozent der nutzbaren Uransorte U-235.» Zum einen könne dieses Material wieder zur Anreicherung genutzt werden &endash; gemäss Vertrag zwischen Urenco und Tenex nur für nichtmilitärische Zwecke. Zum anderen gehe man davon aus, dass es einst in Brutreaktoren verwendet werden könne. Deshalb &endash; und nicht nur weil der Vertrag mit Russland 2009 ausläuft &endash; plant die Urenco in Gronau zusätzlich zum bisherigen Tails-Lager, das ein Fassungsvermögen von 38 100 Tonnen hat, eine Lagerhalle für 50 000 Tonnen zu bauen. Zu diesem Zweck beabsichtigt man, das Uranhexafluorid in Frankreich in das stabilere Urandioxid umwandeln zu lassen. In dieser Form könnte es langfristig zwischengelagert werden und, falls es nicht zu einer Wiedereinspeisung in den Uran-Kreislauf kommt, in ein deutsches Endlager gebracht werden.

Auf der anderen Seite des Fabrikgeländes steht die Anreicherungsanlage in einem schmucklosen Plattenbau aus den achtziger Jahren. In den Gängen, die zu den Zentrifugen führen, hängen vergilbte Fotografien von Kernkraftwerken aus aller Welt, auch eine Luftaufnahme von Beznau ist zu sehen. Dann, in einer wenig beleuchteten Halle, das Geheimste des Geheimen, die hohen und schlanken Zentrifugen der neuesten Generation, ihr Betrieb erzeugt einen Ton mit hoher Frequenz, der in den Ohren schmerzt. Betrachten darf man die silbrigen Säulen nur aus einigen Metern Distanz. Wie viele es sind, erfährt man auch nicht. «Geheim», sagt Jürgen Abt. Nur eines verrät er: «Sie laufen 15 Jahre wartungsfrei.»

Markus Hofmann

Die Reise in die Urananreicherungsanlage in Gronau fand auf Einladung des Nuklearforums Schweiz statt.

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NDR-Text 03.11.2007

Im größten Atomkraftwerk der USA haben Sicherheitskräfte bei einem Vertragsarbeiter einen Sprengsatz entdeckt.

Der Mann wurde vorübergehend in Gewahrsam genommen. Das Kraftwerk im Staat Arizona wurde einige Stunden abgeriegelt, der Betrieb lief aber normal weiter, wie ein Sprecher der Palo Verde Nuclear Generating Station sagte. Einen terroristischen Hintergrund gebe es offenbar nicht.

Der Mann ist wieder auf freiem Fuß. Wiedie Rohrbombe in sein Auto kam, ist noch völlig unklar.

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NDR-Text 02.11.2007

GEESTHACHT: Erneut Panne im AKW Krümmel

Im derzeit stillstehenden Atomkraftwerk Krümmel ist es erneut zu einem meldepflichtigen Vorfall gekommen.

Nach einem Kurzschluss in einem Elektromotor sei kurzzeitig eine Pumpe in einem Nebenkühlkreislauf ausgefallen,

teilte Betreiber Vattenfall am Freitag mit. Der Motor sei ausgetauscht worden.

Am Dienstag will Vattenfall die Öffentlichkeit über die Ergebnisse einer vom Energiekonzern eingesetzten Experten-Kommission zu den Zwischenfällen in den umstrittenen Atommeilern Krümmel und Brunsbüttel informieren.

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NDR 02.11.2007

Gabriel fordert Alternativen zu Gorleben

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat am Freitag das Erkundungs-Bergwerk Gorleben im Kreis Lüchow-Dannenberg besucht. Er forderte, die Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktiven Atommüll nicht auf Gorleben zu beschränken. Gabriel setzte sich für eine ergebnisoffene, bundesweite Suche auch in Gesteinsarten wie Ton oder Granit ein. Länder wie Bayern und Baden-Württemberg, die dies ablehnten, kritisierte er scharf. Es sei "abstrus" und "unglaubwürdig", dass die CDU/CSU-geführten Länder für Atomkraft stünden, sich aber gegen eine Endlagersuche sperrten. In Gorleben dürfe nicht "nach dem Motto Augen zu und durch" ein Lager entstehen.

Sicherheitsanforderungen noch offen

Ein Endlager könne nicht festgelegt werden, indem erst ein Standort ausgewählt und dann die Kriterien und Sicherheitsanforderungen bestimmt würden, so Gabriel. Das Bundesumweltministerium werde Anfang 2008 Sicherheitsanforderungen an denkbare Endlager-Standorte veröffentlichen. Für Herbst 2008 kündigte der Minister eine Anhörung von Wissenschaftlern zur Endlagerung hochradioaktiven Atommülls an. Daran sollen Experten aus mehreren Staaten teilnehmen. Die Veranstaltung werde nicht in der Region Gorleben stattfinden, da es ein "Endlager-Hearing" und kein "Gorleben-Hearing" werden solle, so Gabriel

Parallelen zu Asse?

Die Atomkraftgegner im Wendland sehen das Salz in Gorleben grundsätzlich nicht als geeignetes Wirtsgestein an. "Seit den ersten Erkundungsbohrungen ist klar, dass Gorleben nicht geeignet ist, es fehlt das Deckgestein", sagte Dieter Metk von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Bestätigt sieht sich die Initiative durch den schlechten Zustand des Forschungsbergwerks Asse im Kreis Wolfenbüttel. Dessen Salzstöcke sollen nun verfüllt werden, weil Wasser eindringt.

Die Atomwirtschaft hat bereits rund 1,3 Milliarden Euro in die Erkundung des Salzstocks bei Gorleben investiert. Seit Ende 2000 ruhen die Arbeiten jedoch. Gabriel sagte, er werde an diesem Moratorium festhalten.