Presseauswahl ab August 2007

Presseauswahl der BI bis Juli 2007

weitere Artikel zum Thema bei Google-News - Yahoo-Schlagzeilen - RRS

 

junge welt 29.08.2007

Atomenergie friedlich nutzen

Moskau. Rußland und die Vereinigten Staaten haben sich auf einen Vertrag über die friedliche Nutzung von Atomenergie verständigt. Das Abkommen solle nun voraussichtlich im Herbst unterzeichnet werden, erklärte der stellvertretende Leiter der russischen Atomagentur Rosatom, Nikolai Spasski, am Dienstag nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Rußland und die USA hatten im Juli über Möglichkeiten zur Reduzierung ihres jeweiligen Atomarsenals auf ein möglichst niedriges Niveau gesprochen. Im Anschluß hatten die Außenministerien der beiden Länder ihren Willen bekundet, bald ein Nachfolgeabkommen für den Vertrag zur Verringerung der Strategischen Waffen (START) zu unterzeichnen. Der zur Zeit gültige START-II-Vertrag läuft 2009 aus. (AFP/jW)

---------------

ddp 28.08.2007

Herbstkampagne will auf ungeklärte Endlagerproblematik hinweisen

Hannover (ddp-nrd). Mit einer Herbstkampagne wollen Bürgerinitiativen der Atommüll-Endlagerstandorte Gorleben, Schacht Konrad, Morsleben und Asse II in den kommenden Wochen verstärkt auf die aus ihrer Sicht ungeklärte Endlagerproblematik hinweisen. Weltweit gebe es hierfür keine sicheren Lösungen, sagte Peter Dickel von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad am Dienstag in Hannover. Es gehe um die Frage: «Können wir es uns leisten, Atommüll zu produzieren, so lange wir nicht wissen, wie wir damit umgehen?», betonte er.

Angesichts der «verheerenden Erfahrungen» mit den bestehenden Endlagern Asse II bei Wolfenbüttel und Morsleben (Sachsen-Anhalt) müsse bundesweit neu über den Umgang mit Atommüll diskutiert werden, statt mit den geplanten Endlagern Gorleben und Schacht Konrad bei Salzgitter «das nächste Debakel anzurichten», sagte Dickel. Man wolle das Problem mit gesellschaftlichem Druck in die Tagespolitik bringen.

Heike Wiegel von der Initiative aufpASSEn e.V. erinnerte an die beeinträchtigte Standsicherheit des Forschungsbergwerks Asse, das seit Jahren mit Wasser vollläuft. Schon heute sei klar, dass sich mit dem derzeit eingeschlagenen Weg der Austritt von Radioaktivität in die Biosphäre nicht verhindern lasse. Löchrig «wie ein Schweizer Käse» sei auch das Endlager Morsleben, sagte Falk Beyer vom Morsleben Netzwerk.

Unter dem Leitmotiv «Gorleben brennt uns unter den Nägeln» sind für Samstag eine Demonstration und eine Kundgebung an den Atomanlagen in Gorleben geplant. Damit wolle man «unüberhörbar auf die Entsorgungsmisere aufmerksam machen», sagte Francis Althoff von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Er rechnete mit einer vierstelligen Teilnehmerzahl.

-------------------

AP 28.08.2007

Erstmals Bündnis der Anti-Endlager-Initiativen

Hannover (AP) Die Anti-Atom-Initiativen der vier deutschen Endlagerstandorte haben erstmals eine gemeinsame Protestkampagne gestartet. Das Motto der Kampagne bezeichnet die bei Gorleben und im Schacht Konrad geplanten Endlager als «so sicher wie die einstürzenden und absaufenden Endlager Asse und Morsleben». Aus den katastrophalen Erfahrungen mit den bestehenden Atommülldeponien Morsleben und Asse müssten endlich Konsequenzen für Gorleben und Schacht Konrad gezogen werden, verlangten die Initiativen am Dienstag in Hannover.

Die Einsturzgefahren im Endlager Morsleben und die Wasserzuflüsse im Endlager Asse II stellten «das Konzept einer nicht rückholbaren, wartungsfreien Endlagerung von Atommüll grundsätzlich in Frage», sagte der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, Peter Dickel. Bislang gebe es weltweit kein sicheres Atommüllendlager.

Auch in Deutschland sei eine Debatte darüber notwendig, ob ein dauerhafter Einschluss von Atommüll in Bergwerken der richtige Weg sei. Die Initiativen wollen Samstag gemeinsam am Endlagerbergwerk Gorleben demonstrieren. Neben der AG Schacht Konrad beteiligen sich die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, das Morsleben-Netzwerk und Asse-II-Koordination an der Kampagne.

---------------------

taz 24.08.2007

Schweden: Panne in Ringhals doch schwerer

Die Schäden an dem havarierten Generator des schwedischen Atomreaktors Ringhals 3 sind offenbar wesentlich umfassender, als vom Betreiber Vattenfall zunächst zugestanden.

Nachdem als Ursache des Brandalarms vom Montag erst nur von einer "Verpuffung" die Rede war, geht der Konzern mittlerweile von einer Reparaturzeit von zwei Monaten aus. Nach einer ersten Inspektion sei festgestellt worden, dass die Schäden an dem erst einige Tage zuvor in Betrieb genommenen Generator "ziemlich umfassend" seien.

Am Mittwoch war Ringhals 3 ganz vom Netz genommen worden. Damit könne, so Ringhals-Pressesprecher Gösta Larsson, geprüft werden, ob auch der zweite der beiden baugleichen Turbinen-Generator-Stränge fehlerhaft sei.

Jeder Tag Stillstand des Reaktors kostet Vattenfall rund eine halbe Million Euro.

--------------------

dpa-Meldung, 24.08.2007

Atombranche besteht auf Alt-Meilern - Sicherheitszusagen an Gabriel

Berlin - Nach den Pannen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel wollen die vier großen Stromkonzerne die Sicherheit ihrer Atommeiler im Zusammenspiel mit Bund und Ländern erhöhen. Sie bestünden jedoch gleichzeitig darauf, den stufenweisen Atomausstieg vorerst hinauszuschieben, berichtete Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag nach einem Gespräch mit führenden Vertretern von E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall. Sie wollten weiterhin verlängerte Laufzeiten für ältere Anlagen wie Brunsbüttel im Norden, Biblis in Hessen und Neckarwestheim I in Baden-Württemberg vor Gericht durchsetzen und eine neue Atomdiskussion führen. Dabei hätten sich gerade solche Kraftwerke als anfälliger erwiesen, sagte Gabriel.

Der Minister scheiterte damit erwartungsgemäß bei dem Versuch, die Konzernchefs dazu zu bringen, neuere Anlagen durch Übertragung von Strommengen länger laufen zu lassen und die älteren aus Sicherheitsgründen früher vom Netz zu nehmen. An dem Gespräch nahmen die in absehbarer Zeit scheidenden Chefs von RWE und EnBW, Harry Roels und Utz Claassen, der neue Vattenfall-Sprecher Hans-Jürgen Cramer und der Vorstandschef der E.On Energie AG, Dieter Maubach, teil. Sie hätten erklärt, dass sie "eine Neubewertung der Kernenergie in Deutschland unter den Aspekten Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Technologieerhalte unverändert für zwingend erforderlich halten", sagte Gabriel.

"Ich habe klargemacht, dass am Atomausstieg nicht zu rütteln ist", sagte der Minister. Das gelte auch nach dem Koalitionsvertrag, so dass neue Aufweichungsversuche unsinnig seien. "Eine Mehrheit im Bundestag gibt es nicht." Umgekehrt wäre es vertrauensbildend gewesen, wenn Vattenfall nach den jüngsten Pannen bei Brunsbüttel die vorzeitige Schließung erklärt hätte. Der Bundesminister hatte Anträge zurückgewiesen, die Laufzeiten des 33 Jahre alten Atommeilers Biblis A (RWE) und von Brunsbüttel (31 Jahre/Vattenfall) zu verlängern, wodurch ein Abschalten in der laufenden Wahlperiode verhindert werden könnte. Beide gehen gerichtlich dagegen vor.

EnBW hat dagegen gegen den Bund "Untätigkeits"-Klagen erhoben, weil ihr Antrag auf Verlängerung von Neckarwestheim I bisher nicht entschieden sei. Gabriel erläuterte, hier seien Sicherheitsvergleiche erforderlich. Es sei "dreist", dass das Unternehmen der Regierung die dazu nötigen "Unterlagen nicht rausrückt". Dieser Rechtsstreit wird nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden. Der 10. Senat des VGH in Mannheim erklärte sich "für sachlich und örtlich zuständig". Die Bundesbehörde hatte diese Zuständigkeit in Frage gestellt. Der jetzige Beschluss ist unanfechtbar.

Die Energieversorgungsunternehmen hätten betont, dass die Sicherheit aller Kernkraftwerke jederzeit unabhängig von ihrem Alter gewährleistet sei. Der Minister betonte dagegen, dass es ältere Kraftwerke gebe, "die auffällig sind".

Vereinbart wurden laut Umweltministerium jedoch Maßnahmen zur Verbesserung der "Sicherheitskultur" binnen eines Jahres. Diese habe "höchste Priorität", hätten beide Seiten bekräftigt. So sollten die regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen beschleunigt werden. Dabei würden für die Gutachter ein Jahr und für die anschließende Bewertung der Landesaufsicht sechs Monate genannt. Hintergrund sind jüngste Erfahrungen mit Brunsbüttel, wo sich eine lange Mängelliste aufgestaut hatte, die inzwischen weitgehend abgearbeitet wurde.

In die kerntechnischen Prüfungen einbezogen werden sollen künftig auch Turbinen, Transformatoren und ähnliches, was bisher wegen ihrer Standorte außerhalb der Nuklearanlage nicht beachtet worden war. Weiterhin sollen auf Leitständen wie im Falle Krümmel nach dem Trafobrand Ende Juni Kommunikationsprobleme abgebaut werden, die zu weiteren Fehlentscheidungen geführt hatten. Alle zwei Jahre soll es einen Erfahrungsaustausch der Betreiber mit der Länderaufsicht und dem Bundesumweltministerium geben.

--------------------

AP 23.08.2007

Betreiber müssen Atommeiler nachrüsten

Die Bedienmannschaften der deutschen Atomanlagen sollen aus ihren Fehler künftig besser lernen. Über die geforderten längere Laufzeiten lässt Bundesumweltminister Gabriel die Gerichte entscheiden.

Als Konsequenz aus den jüngsten Pannen sollen die Sicherheitsvorkehrungen in deutschen Atommeilern strenger überprüft werden. Das gab Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag nach einem Gespräch mit den Chefs der Atomenergiekonzerne bekannt. Nicht näher kamen sich das Reaktorsicherheitsministerium und die Konzerne in der Frage der Überschreibung von Laufzeiten bei Kernkraftwerken. Gabriel sagte, hier müssten Gerichte entscheiden.

Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehört, dass bis 1. September 2008 an allen Kraftwerken - und nicht nur wie bisher in Baden-Württemberg - ein «selbst lernendes Sicherheitsmanagement» arbeiten soll. Ferner soll die Atomaufsicht auch Anlagen wie Turbinen, Transformatoren und Netzanbindungen überprüfen dürfen, die nicht direkt zum Kernbrennstoffsystem gehören.

Stress-Management wird optimiert

Im AKW Krümmel hatte am 28. Juni ein brennender Transformator den Störfall ausgelöst. Rauchgase von diesem Feuer waren überdies durch das Belüftungssystem in die Kraftwerkswarte gedrungen. Auf die Beseitigung solcher Missstände habe man sich ebenfalls geeinigt, sagte Gabriel. Ferner sollte die Ausbildung hinsichtlich des Stress-Managements in der Warte optimiert werden.

Schließlich einigten sich die vier Betreiber EnBW, Eon, Vattenfall und RWE mit dem Minister darauf, die alle zehn Jahre stattfindenden periodischen Sicherheitsüberprüfungen der Atomkraftwerke künftig innerhalb vom 18 Monaten abzuarbeiten. Bisher verzögerten sich die Analysen dieser Überprüfungen durch «endlose Gutachterstreits» laut Gabriel manchmal bis zu zehn Jahre.

Geist des Atomgesetzes gesucht

Nicht näher kamen sich die Gesprächspartner in Fragen des Atomausstiegs. Gabriel beharrte auf seiner Haltung, Laufzeiten-Übertragungen nur von «Alt» auf «Jung» zuzulassen, und berief sich dabei auf «Wort und Geist des Atomgesetzes». Demgegenüber vertreten die Atomkonzerne die Auffassung, auch eine umgekehrte Laufzeiten-Übertragung müsse von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Gabriel sagte, daher müssten die Gerichte entscheiden. Strittig sind derzeit Übertragungen auf die Meiler Biblis A, Brunsbüttel und Neckarwestheim. (AP)

-----------------

indymedia.org 18.08.2007

Uranmüll: Oberstaatsanwalt prüft Beschwerde

Ende Juli hatte eine russische Atomkraftgegnerin beim Leitenden Oberstaatsanwalt in Münster Dienstaufsichtsbeschwerde wegen der Einstellung der Urenco-Ermittlungen in Sachen Uranmüllexport nach Russland eingelegt. Der Leitende Oberstaatsanwalt bestätigte nun den Eingang der Beschwerde und kündigte an, die Beschwerde werde "möglichst umgehend bearbeitet". Zuvor hatten bereits die regionalen Medien und das Neue Deutschland ausführlich über die Beschwerde aus Russland berichtet. Es geht um den Transport von 80 000 t abgereichertes Uran aus Westeuropa nach Sibirien, darunter allein 20 000 t aus der deutschen Urananreicherungsanlage Gronau. Dagegen hatten russische Umweltschützerin Ende 2006 in Münster Strafanzeige erstattet. Mit der Beschwerde geht der Rechtsstreit gegen die Urenco in die zweite Runde.

Auch vor Ort sind die russischen Anti-Atom-Gruppen nicht untätig. Nach dem brutalen Mord an Ilya Borodaenko Ende Juli fand in Angarsk ein weiteres Anti-Atom-Camp statt. Anfang August besetzten AktivistInnen ein Verwaltungsgebäude in Irkutsk (liegt knapp südlich von Angarsk am Baikalsee) und riefen die "Republik Atomfreier Baikal" aus. Mit der Aktion sollte gegen den Uranmüllimport in die "Nachbarrepublik" Russland sowie gegen den drastischen Ausbau des Atomkomplex in Angarsk zum "Internationalen Zentrum für Urananreicherung" protestiert werden.

Die Aktion dauerte mehrere Stunden und wurde später von der Polizei geräumt. Die Festgenommenen mussten mehr als 20 Stunden in Polizeigewahrsam ausharren.

Hintergrund der Aktivitäten in Angarsk sind die Pläne von Präsident Putin, die regionale Vormachtstellung Russlands in Nuklearfragen auszubauen. U.a. soll für den Iran in Angarsk Uran angereichert werden, damit der Iran auf eine eigene UAA verzichtet. Ob bei Ausbauplänen noch weitere Importe von abgereichertem Uran aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien eine Rolle spielen ist ungeklärt. Die russische Atomenergiebehörde hat inzwischen mehrfach angekündigt, die Importe 2008/09 einzustellen. Ob das glaubhaft ist, lässt sich zur Zeit nicht sagen.

Deshalb bereiten sich die Anti-Atom-Initiativen im Münsterland und andernorts auf neue Proteste gegen den nächsten Uranmülltransport von Gronau nach Russland vor, der schon bald starten könnte.

Auf der Zielgeraden befinden sich auch die Vorbereitungen für die von zahlreichen Gruppen aus dem In- und Ausland getragene internationale Urankonferenz in Dortmund am 22. September. Die Konferenz soll den Widerstand gegen die Urananreicherung und die Urantransporte quer durch Europa bündeln und inhaltlich wie praktisch neuen Schub geben. Die Einladung und das Programm sind jetzt unter www.urantransport.de sowie unter www.castor.de herunterzuladen.

-------------------------

contratom.de 16.08.2007

Deutschland: Sieben Atomkraftwerke vom Netz

Seit dem letzten Wochenende (11./12.08.) sind in Deutschland sieben von 17 Atomkraftwerke abgeschaltet.

Es handelt sich hierbei in fünf Fällen um Stillstände wegen Reparaturarbeiten, zwei AKW sind für die jährliche Revision mit Brennelementewechsel abgeschaltet.

Gemäß Angaben der Strombörse EEX stehen damit heute von 20.444 MW installierter Leistung mit 11.772 MW nur 56% zur Verfügung.

Stillstände im Einzelnen:

- Biblis A - Dübelprogramm seit 15.09.06

- Biblis B - Dübelprogramm seit 16.10.06

- Brunsbüttel - Brennelementwechsel & Dübelkontrolle seit 21.07.

- Gundremmingen C - Verdacht auf schadhaftes Brennelement, am 10.08. abgeschaltet

- Krümmel - div. Reparaturen, u.a. Dübel, Trafo, Stillstand seit 28.06.

- Unterweser - Revision & Brennelementewechsel seit 21.07.

- Neckarwestheim 2 - Revision & Brennelementewechsel ab 11./12.08.

---------------------

Greenpeace Deutschland, 15.08.2007

Unsicher und undurchsichtig: Atomkraft unerwünscht!

Emnid-Umfrage

Selten war sich diese Nation so einig: Die Deutschen stehen der Atomkraft äußerst kritisch gegenüber. In einer aktuellen Emind-Umfrage haben sie Laufzeitverlängerungen für Schrottmeiler ein klare Absage erteilt. Satte 85 Prozent wollen schärfere Kontrollen von Atomkraftwerken durch die Behörden. Und 91 Prozent fordern gar öffentlich zugängliche Informationen über Zwischenfälle in Atomanlagen.

Ende Juli hat Emnid 1001 repräsentativ ausgewählte Bürger im Auftrag von Greenpeace zu ihrer Einstellung zur Atomkraft befragt.

Dabei kam ebenfalls heraus, dass gerade einmal 12 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, die derzeitigen Kontrollen von Atomkraftwerken reichten aus. Dafür lehnen nur drei Prozent der Befragten kürzere Laufzeiten für Kernkraftwerke ab.

"Die aktuelle Umfrage ist ein deutliches Signal. Die Menschen trauen den Energiekonzernen nicht zu, dass sie ihre Atomkraftwerke ausreichend unter Kontrolle haben", sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace. "Mit dieser Umfrage haben die Behörden Rückenwind, um schärfere Auflagen für die Kraftwerksbetreiber umzusetzen."

Auch, dass sich eine klare Mehrheit der Befragten deutlich dafür ausspricht, alte und störanfällige Atomkraftwerke vorzeitig vom Netz zu nehmen, ist zweifellos ein Zeichen. "Damit wird den Plänen der Betreiber, die Laufzeit von Reaktoren wie Krümmel, Brunsbüttel und Biblis zu verlängern, eine klare Absage erteilt."

Bezüglich der Einstellungen zum Atomausstieg hat sich während der letzten zwei Jahre in den Köpfen der Deutschen einiges getan. Zwar befürworten mittlerweile zwei Drittel den Ausstieg aus der Atomenergie, ein ganzes Drittel wünscht sogar eine Beschleunigung dieses Prozesses, doch gleichzeitig polarisiert sich die Bevölkerung in dieser Frage stark.

Seit 2005 ist die Gruppe der Befürworter eines weiteren Ausbaus der Atomkraft von 11 auf 15 Prozentpunkte gewachsen. In Ostdeutschland ist der Ausbau mit rund einem Viertel der Befragten am stärksten akzeptiert. Dagegen wünschen in Bayern heute 30 Prozent der Befragten einen beschleunigten Ausstieg, im Jahr 2005 waren es noch 17 Prozent. Die Unterscheidung nach Parteilagern zeigt weitere interessante Entwicklungen seit 2005. So ist die

Zustimmung für einen Atomausstieg bei den Wählern der CDU/CSU von 58 auf 64 Prozent gestiegen. Nur noch zwei Prozent der Unions-Wähler lehnen heute eine Laufzeitverkürzung generell ab. "Der von der Union vorgegebene stramme Atomkurs spiegelt ganz klar nicht die Wünsche ihrer Wähler wieder", stellt Smital fest.

Die Grünen stimmen einem beschleunigtem Ausstieg aus der Atomenergie klar zu. Sprachen sich 2005 noch 36 Prozent hierfür aus, ist diese Zahl inzwischen auf 60 Prozent angestiegen. Überraschend ist die deutliche Befürwortung eines weiteren Ausbaus der Atomkraft in den Lagern von FDP und den Linken. Von jeweils fünf Prozent im Jahr 2005 ist die Zustimmung auf aktuell 22 bzw. 20 Prozent gestiegen.

----------------

Netzzeitung, 14.8.07

Vattenfall klagt für längere AKW-Laufzeit

Noch ist das AKW Brunsbüttel vom Netz - doch Vattenfall kämpft parallel zur Aufklärung der Pannen darum, Strommengen auf den Meiler zu übertragen. Das hatte Gabriel abgelehnt.

Der Betreiber des Atomkraftwerks Brunsbüttel kämpft weiter für eine längere Laufzeit des Meilers. Nach der Ablehnung durch das Bundesumweltministerium verfolge Vattenfall weiter den Rechtsweg, um Strommengen des stillgelegten AKW Mülheim-Kärlich auf Brunsbüttel zu übertragen, teilte das Unternehmen am Dienstag in Hamburg mit. Eine bereits Anfang Mai beim Oberverwaltungsgericht Schleswig eingereichte Klage auf Erteilung der Zustimmung werde jetzt um einen Antrag auf Aufhebung des ablehnenden Bescheids ergänzt.

Vattenfall hatte nach eigenen Angaben im März beantragt, 15 Milliarden Kilowattstunden aus dem Kontingent von Mülheim-Kärlich auf Brunsbüttel zu übertragen. Dadurch könnte der Meiler in Brunsbüttel, dessen derzeit noch verbleibende Reststrommenge rechnerisch im ersten Halbjahr 2009 erreicht wird, zweieinhalb Jahre länger betrieben werden. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte den Antrag am 1. August abgelehnt.

Derzeit steht das AKW Brunsbüttel still. Der Meiler war am 28. Juni nach einem Kurzschluss per Schnellabschaltung vom Netz genommen, kurz darauf aber wieder hochgefahren worden. Am 21. Juli war er erneut abgeschaltet worden, weil die Atomaufsicht fehlerhafte Dübelhalterungen gefunden hatte. Wann er wieder in Betrieb geht, ist noch unklar.

Ursache für Krümmel-Panne im Dunkeln

Auch das von Vattenfall betriebene Kernkraftwerk Krümmel steht seit Ende Juni still. Der Auslöser der Störung dort ist allerdings möglicherweise nie mehr zu klären. Der Trafo-Brand am Anfang der Pannenkette ist nach Einschätzung des Betreibers durch einen Lichtbogen im Inneren des Transformators entstanden, sagte Sprecher Ivo Banek am Dienstag in Geesthacht. Das Gerät sei aber weitgehend zerschmolzen.

Damit sei die Ursache vielleicht nie zu klären. Beim Kraftwerkspersonal habe es seither keine personellen Konsequenzen gegeben, sagte Banek. «Es gab an einer Stelle ein Missverständnis. Es ist noch zu klären, ob es nur unnötig oder auch fehlerhaft war.» Nach der Pannenserie und heftiger Kritik an der Informationspolitik war unter anderem der Chef von Vattenfall Europe, Klaus Rauscher, zurückgetreten. Das für die Atomaufsicht zuständige Kieler Sozialministerium macht eine vollständige Aufklärung der Ursachen zur Bedingung für die Genehmigung, den Reaktor Krümmel wieder hochzufahren (AP/dpa/nz) 

-------------------

dpa 14.08.2007

AKW Unterweser: E.ON legt Zwischenbericht zur Störung vor

Eine Sitzung des Kreistags Wesermarsch zu der Störung im Atomkraftwerk Unterweser ist am Montagabend ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen. Vertreter des Energiekonzerns E.ON legten in nicht öffentlicher Sitzung einen Zwischenbericht vor, wie eine Sprecherin des Kreistags mitteilte.

Die Analysen würden erst im September abgeschlossen, hieß es aus dem Umweltministerium in Hannover. Dann werde auch die Öffentlichkeit informiert. Im Juli war in dem Atommeiler bei einer Überprüfung bemerkt worden, dass das Notkühlsystem falsch eingestellt war.

-------------------

Mitteldeutsche Zeitung, 14.8.07

Ursache für Trafobrand im AKW Krümmel weiter unklar

Feuer hatte zu einer Schnellabschaltung des Reaktors geführt

Geesthacht/ddp. Die Ursache für den Transformatorbrand im Atomkraftwerk Krümmel Ende Juni ist voraussichtlich nicht mehr auszumachen. Innen sei der Trafo völlig zerschmolzen, sagte der Sprecher von Vattenfall Europe Nuclear Energy, Ivo Banek, am Dienstag in Geesthacht. Die Ursachenforschung dauere aber weiter an. Wegen des Brandes war es zu einer Schnellabschaltung des Reaktors gekommen.

Der ausgebrannte Trafo wird nach Vattenfall-Angaben bereits verschrottet. Nur die für die Untersuchung relevanten Teile seien gesichert worden. Banek zufolge lässt sich derzeit nur der Beginn des Brandes bis auf den Verlauf jenes Lichtbogens zurückverfolgen, der die 70 Tonnen Öl in dem Aggregat entzündet hatte. Man gehe davon aus, dass die Feuerursache im Trafo selbst gelegen habe.

Unterdessen laufen die Vorarbeiten für den Anschluss des Ersatz-Trafos. Das 1982 gebaute Aggregat, das bereits zwei Jahre lang im AKW Brokdorf eingesetzt war, soll im September in Betrieb genommen werden. Für das fast 500 Tonnen schwere Bauteil müssen bauliche Veränderungen vorgenommen werden, da dieses einen Meter länger als der alte Trafo ist.

Vattenfall rechnet damit, dass der Atommeiler frühestens im September wieder angefahren wird. «Wir gehen erst ans Netz, wenn alle offenen Fragen beantwortet und alle Probleme geklärt sind», versicherte Banek. Die Probleme beim überhasteten Herunterfahren des Reaktors hätten bislang keine personellen Folgen gehabt, weil «es auch noch keine erkennbaren Fehler gibt», sagte Banek. Das Missverständnis in der Kommunikation zwischen Reaktorfahrer und Schichtleiter sei noch in der Bewertung. «Auf jeden Fall war das schnelle Herunterfahren unnötig, aber es gilt zu prüfen, ob es wirklich ein Fehler war.»

--------------------

Welt.de 12.08.2007

Frankreich: Verweifelte Suche nach Uran

Die Uranvorkommen in Frankreich sind beinahe völlig erschöpft. Daher deckt der französische Atomkonzern Areva seine Nachfrage aus dem Niger. Doch der Niger hat die Verträge neu verhandelt und liefert nun einen Teil seiner Produktion nach China und Kanada. Die Franzosen müssen sich nach neuen Quellen umsehen.

Der französische Atomkonzern Areva gerät bei der Rohstoffversorgung unter Druck. Hintergrund ist die weltweit steigende Bedeutung der Atomenergie, die nach Ansicht von Experten zu einer Verknappung von Uran führen könnte. Geschürt wurde diese Befürchtung durch die Überflutung einer Uranmine in Kanada und durch die politischen Spannungen im Niger. Der Uranpreis hat sich innerhalb eines Jahres auf 138 Dollar (101 Euro) pro Pfund verdreifacht. Spätestens 2040, vielleicht aber bereits im kommenden Jahrzehnt drohe Uran knapp zu werden, prophezeien Pessimisten. Experten dagegen schätzen, dass erst viel langfristiger mit Nachschubproblemen zu rechnen ist.

Der staatliche Konzern Areva, Weltmarktführer der Atomindustrie, ist zu einem Großteil von Uranminen außerhalb Frankreichs abhängig. Die Vorkommen im südfranzösischen Département Hérault sind fast vollständig abgebaut. So wurden dort im vergangenen Jahr nur noch fünf Tonnen Uran gefördert. Areva produzierte 2006 insgesamt 5272 Tonnen Uran, will die Produktion jedoch bis 2012 auf 12.000 Tonnen jährlich steigern. Die Hälfte der jetzigen Produktion stammt aus kanadischen Minen, 43 Prozent aus dem Niger und der Rest aus Kasachstan.

Mit dem Niger, dem drittgrößten Uranproduzenten der Welt, hat Areva zunehmend Probleme. Bislang genoss der französische Atomgigant dort eine Monopolstellung für die Uranförderung, doch mit der Ausweisung des örtlichen Areva-Chefs Dominique Pin setzte das Land den Konzern unter Druck und zwang ihn zu Neuverhandlungen der Verträge. Künftig dürfen auch kanadische und chinesische Firmen Uran im Niger fördern. Zudem wurde der Preis für Uran rückwirkend für dieses Jahr um knapp die Hälfte auf umgerechnet knapp 40 Dollar pro Pfund angehoben. Im Vergleich zum Weltmarktpreis ist das noch immer wenig, doch eine weitere Erhöhung ist absehbar, da die nigerianische Regierung den Preis für 2008 neu verhandeln will.

Der französische Atomriese muss sich also nach weiteren Uranquellen umsehen, um seine Versorgung breiter abzusichern. In einem ersten Schritt übernahm Areva deshalb im Juli für 2,5 Mrd. Dollar (1,8 Mrd. Euro) eine 93-prozentige Beteiligung an der kanadischen Uran-Fördergesellschaft Uramin. Das erst vor zwei Jahren gegründete Unternehmen verfügt über Förderprojekte in Südafrika, Namibia und der Zentralafrikanischen Republik. Aus diesen Vorkommen will es ab 2012 jährlich 7000 Tonnen Uran produzieren.

In einem weiteren Schritt will Areva nun kräftig in die Erforschung neuer Uranvorkommen investieren und dafür rund 100 Geologen einstellen. Konzernchefin Anne Lauvergeon will die Ausgaben für entsprechende Projekte auf 90 Mio. Euro verdreifachen. Medienberichten zufolge hat Areva ein besonderes Auge auf Gabun geworfen, da in dem afrikanischen Land weitere Uran-Vorkommen vermutet werden. Doch der französische Konzern ist nicht das einzige Unternehmen, das sich für die Erschließung neuer Minen dort interessiert. So soll Cameco aus Kanada kürzlich eine Delegation nach Gabun geschickt haben.

Die Uran-Förderung ist nicht die einzige Sorge, die Areva derzeit plagt. Am Freitag musste Framatome, die mit Siemens betriebene Kraftwerksbausparte, weitere Verzögerungen beim Bau des Druckwasserreaktors EPR in Finnland bekannt geben. Er wird nun erst 2011 in Betrieb gehen. Der Betriebsbeginn war ursprünglich für 2009 vorgesehen, dann aber auf Ende 2010 verschoben worden.

--------------------

Frankfurter Rundschau 04.08.2007

Wieder Störfall im Atomreaktor

Der Block C des bayerischen AKW Grundremmingen soll vorübergehend abgeschaltet werden.

So hatten sich die deutschen Atomstromproduzenten ihre "Renaissance der Atomkraft" sicher nicht vorgestellt. Die Kraftwerksleitung musste mitteilen, dass veränderte Messwerte im Kühlkreislauf Hinweis auf einen möglichen Brennelementeschaden gegeben haben. Die Sicherheit sei jedoch Gewähr leistet.

Während der Stillstandes sollen mögliche defekte Brennelemente vorzeitig ausgewechselt werden.

Damit stehen zur Zeit sechs von 17 AKWs in Deutschland still. Somit, sagte der SPD-Vizefraktionschef und Energieexperte Ulrich Keller, habe sich der bis 2021 an sich vorgesehene Atomausstieg "schon zur Hälfte selbst erledigt."

"Dennoch könne von Stromknappheit keine Rede sein. Im Gegenteil: Es gibt in Deutschland noch immer hohe Überkapazitäten an Strom. Das beweist, dass man an vielen Tagen einen großen Teil der Atomkraftwerke abschalten könnte."

Franz Alt

------------------

Stromtipp 04.08.07

Sicherheitskultur in AKW soll verbessert werden

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke (AKW) aufgefordert, innerhalb eines Jahres neue Sicherheitsmanagementsysteme einzuführen. Dies sei eine Konsequenz aus den Störfallen in den AKW Brunsbüttel, Krümmel und Unterweser, die "erhebliche Defizite in der Sicherheitskultur des Betreibers offenbart" haben, erklärte Gabriel anlässlich seiner Stellungnahme am Mittwoch vor dem Umweltausschuss des Bundestages.

Die bisherigen Prüfungen der Vorgänge in Krümmel ergaben, vor allem Missverständnisse zwischen Reaktorfahrer und Schichtleiter hätten zu der Schnellabschaltung des Reaktors geführt. Klare und verbindliche Kommunikationsregeln müssten her, so Gabriel. Zudem müssten auch elektrische Einrichtungen wie Generator, Transformator und Netzeinbindung verstärkt in die sicherheitstechnischen Überprüfungen der Landesaufsichtsbehörden einbezogen werden.

Vattenfall hat bereits angekündigt, man wolle Arbeitsorganisation und Kommunikation auf der Kraftwerkswarte verbessern. Konkrete Vorschläge dazu will das Unternehmen der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde, dem Kieler Sozialministerium noch vor dem geplanten Wiederanfahren der Anlage vorlegen, teilte es ebenfalls am Mittwoch der Presse mit.

Des Weiteren will Gabriel veraltete Anlagen vorzeitig vom Netz nehmen. Den Antrag Vattenfalls, das AKW Brunsbüttel länger laufen lassen zu dürfen, hat er bereits abgelehnt (stromtip.de berichtete). Er erklärte, nach dem Atomgesetz sind Strommengenübertragungen nur von älteren auf jüngere Anlagen möglich. Die Betreiber sollten sich deshalb darum bemühen, die ältesten und unsichersten Anlagen früher als geplant abzuschalten. Im Gegenzug könnten die anderen AKW dann länger in Betrieb bleiben als bisher vorgesehen. FDP und Grüne signalisierten Zustimmung zu dem Vorschlag.

Die Union ist dagegen in der Atomfrage gespalten. Katherina Reiche, Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält die aktuelle Sicherheitsdebatte für einen "Feldzug gegen die Kernenergie". Das erklärte sie vor der Sondersitzung des Umweltausschusses am Mittwoch. Der niedersächsische Landesschef Christian Wulff forderte dagegen in der Süddeutschen Zeitung, jetzt alle deutschen AKW einzeln zu prüfen und bei Sicherheitsmängeln auch früher abzuschalten - egal ob alt oder jung. Während der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust dem Atomausstieg inzwischen wenigstens für die Altanlagen zustimmt, will der hessische Ministerpräsident Roland Koch sogar neue AKW bauen lassen.

Umweltverbände begrüßten die Ankündigungen von Gabriel. Greenpeace wies in einer Pressemitteilung darauf hin, über die von Gabriel gemachten Ankündigungen hinaus müssten die Sicherheitsüberprüfungen in den AKW alle zwei und nicht wie bisher alle zehn Jahre stattfinden. Die Prüfberichte sollten zeitnah veröffentlicht werden, damit Sicherheitsreparaturen nicht mehr "jahrelang verschleppt" werden könnten. Auch sollten unabhängige Gutachter an den Prüfungen beteiligt werden.

Gabriel kann sich zumindest über eine Begleiterscheinung der AKW-Debatte freuen: Dem aktuellen "Deutschlandtrend" zufolge, einer monatlichen repräsentativen Umfrage von infratest / dimap, konnte er in der Beliebtheitsskala deutlich zulegen. Schließlich ist nach wie vor eine Mehrheit der Deutschen für einen Ausstieg aus der Atomenergie. Mit 58 Prozent ist ihr Anteil weit niedriger als noch vor ein paar Jahren, aber höher als noch im Januar diesen Jahres.

--------------------

Rheinischer Merkur, 2.8.07

KERNKRAFT / Eine neue US-Studie weist ungewöhnlich viele Leukämiefälle bei Kindern in AKW-Nähe nach

Indizienfall mit Krebsrisiko

VON BERNHARD MOGGE

Die Pannenserie in den norddeutschen Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel und die Informationspolitik des Betreibers Vattenfall hat zu heftigen Diskussionen über die Risiken der Atomtechnologie geführt. Dabei ist meist von Störfällen die Rede, etwa von Bränden, Rissen in Rohrleitungen, zu schwachen Verankerungen oder von Unzulänglichkeiten beim Wartungs- und Fahrpersonal.

Viele Menschen aber, die in unmittelbarer Umgebung der 17 deutschen Kernkraftwerke leben, treiben noch ganz andere Sorgen um. Sie fürchten um die Gesundheit ihrer Kinder, und zwar durch den laufenden, "störungsfreien" Betrieb. Seit Anfang der Achtzigerjahre erschien eine Reihe wissenschaftlicher Studien, die darauf hinwiesen, dass bei Kindern, die in AKW-Nähe wohnen, ein deutlich erhöhtes Risiko besteht, an Leukämie, also an Blutkrebs, zu erkranken.

Eine US-Studie, soeben im Fachmagazin "European Journal of Cancer Care" veröffentlicht, scheint die Befürchtungen all jener zu bestätigen, die radioaktive Emissionen aus den AKWs für die Krebserkrankungen verantwortlich machen. Professor Peter Baker und weitere Wissenschaftler der Medizinischen Universität von South Carolina erstellten eine Metaanalyse, in der die Ergebnisse von 17 internationalen Studien aus den Jahren 1984 bis 1999 verwertet wurden. Dabei wurde die Umgebung von 136 Kernkraftwerken in Deutschland, den USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich und Spanien untersucht.

Ihr Fazit: Je nach Entfernung vom Atommeiler ist das Risiko für Leukämieerkrankungen in der Altersgruppe bis neun Jahre um bis zu 21 Prozent gegenüber der Normalbevölkerung erhöht; je näher am AKW, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. Auch die Sterberate ist nach dieser Untersuchung signifikant höher.

Allerdings warnt Baker vor übereilten Schlüssen. Die Ursachen für die Entstehung von Leukämie lassen sich schwer nachweisen. "Auch andere, bisher unverstandene Faktoren können das Risiko beeinflussen", so Baker. Weitere Studien seien erforderlich. Aber "unsere Analyse zeigt belastbar, dass Krankheits- und Todesraten von Kindern und Jugendlichen in der Nähe von Atomstandorten nach der Inbetriebnahme der Anlagen gestiegen sind".

Was der US-Wissenschaftler so vorsichtig formuliert, wurde in Deutschland von Professor Alfred Körblein vom Umweltinstitut München in einer 2001 veröffentlichten Studie für die Umgebung der bayerischen Kernkraftwerke nachgewiesen. Demnach war im Untersuchungszeitraum 1983 bis 1993 die Krebsrate bei Kindern in den AKW-nahen Landkreisen um 29 Prozent erhöht; am höchsten lag sie mit plus 38 Prozent um das AKW Gundremmingen. Für die von der Ulmer Ärzteinitiative - Regionalgruppe der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) - initiierte Studie verwendete Körblein Daten früherer Untersuchungen, die erhöhte, aber statistisch nicht relevante Erkrankungsraten in der Umgebung von Atomanlagen zeigten. Der Münchner Wissenschaftler berücksichtigte aber nur die Daten der mit hoher Leistung arbeitenden Kernkraftwerke und schloss stillgelegte und Forschungsreaktoren aus. Ohne diese "Verdünnungseffekte" ergaben sich signifikante Werte.

Die Ergebnisse wurden schließlich auch vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) offiziell anerkannt, das bisher, wie die Atomindustrie, immer versucht hatte, die Resultate zu verharmlosen, als irrelevant darzustellen oder die Untersuchungsmethoden als unwissenschaftlich zu verunglimpfen.

Immerhin wurden im Juli 2001 zwischen BfS, der Ulmer Initiative, IPPNW und dem Umweltinstitut München weitere Studien vereinbart. Vor zwei Jahren sollten sie bereits veröffentlicht werden. Noch lassen die Ergebnisse auf sich warten. Die US-Studie nehmen die Ulmer Ärzte zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass "die AKW-Betreiber den Beweis ihrer Unschuld nicht führen können", so ihr Sprecher Reinhold Thiel. "Von niemandem ist bisher schlüssig und ursächlich nachgewiesen worden, dass Kernenergienutzung für Mensch und Tier in der Umgebung der betriebenen Anlagen wirklich ungefährlich ist. Es ist überfällig, die Beweislast endlich umzukehren."

--------------

Hamburger Abendblatt 02.08.2007

TELEFON/INTERNET WER MIT WEM KOMMUNIZIERT, SOLL SECHS MONATE AUFBEWAHRT WERDEN

Bürger gegen das Speichern ihrer Daten

Schon 5000 Verfassungsbeschwerden gegen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Mehr als 1983 gegen die Volkszählung.

KARLSRUHE -

Gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung formiert sich Widerstand. Wie der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung meldete, liegen bereits 5000 schriftliche Vollmachten zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Zwangsspeicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten vor. "Die Vorratsdatenspeicherung ist eine Gefahr für die Demokratie", sagte Werner Hülsmann, Sprecher der Gruppe von Bürgerrechtlern, dem Abendblatt. Anfang April hatte die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung auf Vorlage einer EU-Richtlinie beschlossen. Anfang 2008 soll das Gesetz in Kraft treten. Wie der Arbeitskreis mitteilte, soll dann sofort Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz in Karlsruhe eingelegt werden.

Das geplante Gesetz sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen künftig ein halbes Jahr lang alle Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern, also wer wann wie lange mit wem telefoniert hat oder E-Mails verschickt und empfangen hat. Zwar hat die Polizei erst nach einer richterlichen Anordnung Zugriff auf die Daten, doch die Speicherung betrifft jeden Bürger. Politisch ist derzeit zwar vor allem die Online-Durchsuchung umstritten, doch laut Bürgerrechtlern dürfte der politische Konfliktstoff bei der Vorratsdatenspeicherung noch höher sein. "Die Vorratsdatenspeicherung ist falsch verstandenes Sicherheitsdenken: Je mehr wir den Bürger überwachen, desto sicherer ist die Gesellschaft", sagte Hülsmann dem Abendblatt.

Bereits jetzt sei absehbar: Die Online-Durchsuchung wird vermutlich nur mit hohen rechtsstaatlichen Einschränkungen möglich sein, sodass - ähnlich wie beim großen Lauschangriff - ihr massenhafter Einsatz nicht zu erwarten ist. Dagegen betrifft die Vorratsdatenspeicherung jeden Bürger, unabhängig davon, ob gegen ihn ein konkreter Verdacht auf eine schwerwiegende Straftat besteht.

Die Ermittler erfahren zwar nichts über den Inhalt der Gespräche. Doch schon 2003 stellten die Karlsruher Verfassungsrichter in einer Entscheidung fest, dass allein die Verbindungsdaten "erhebliche Rückschlüsse auf das Kommunikations- und Bewegungsverhalten zulassen". Gesprächspartner lassen sich durch Gesprächskontakte identifizieren, die Intensität der Kontakte durch die Länge der Telefonate. Alles schwerwiegende Grundrechtseingriffe, die aus Sicht der Richter nur beim Verdacht auf gravierende Straftaten gerechtfertigt sind. Im Beschluss zur Rasterfahndung mahnten die Richter zudem an, dass die Daten Unverdächtiger besonders geschützt sind. Sollte es in Karlsruhe im kommenden Jahr tatsächlich ein Urteil zur Vorratsdatenspeicherung geben, dann fiele dies ungefähr mit dem 25. Jahrestag des Volkszählungsurteils vom 15. Dezember 1983 zusammen. Nie zuvor waren so viele Verfassungsbeschwerden zu einem Thema eingegangen, damals waren es 1310.

Unterdessen hat die EU-Kommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil die Datenschützer der Bundesländer angeblich nicht unabhängig genug sind. In allen Bundesländern werden die Stellen, die für den Datenschutz privater Einrichtungen zuständig sind, staatlich beaufsichtigt, was der EU-Datenschutzrichtlinie widerspreche.

sap, dpa

----------------------

www.ngo-online.de 03.08.2007  

"Schein-Sicherheit für die Öffentlichkeit"

Greenpeace kritisiert Vernebelungskonzept für Atomkraftwerke

[ngo] Die "künstliche Vernebelung" von Atomkraftwerken bietet nach Auffassung der Umweltschutzorganisation Greenpeace keinen ausreichenden Schutz vor Terrorangriffen aus der Luft. "Das Risiko für die Bevölkerung wird bei einem Anschlag nicht verringert." Zu diesem Ergebnis kommt eine am 3. August veröffentlichte Studie im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace. In Kürze soll den Angaben zufolge am Atomkraftwerk Grohnde des Energieversorgers E.on eine Pilotanlage mit Nebelgranaten zur Abwehr von Angriffen aus der Luft bestückt werden. "Das Vernebelungskonzept der Kraftwerksbetreiber erhöht nicht die Sicherheit, sondern ist nur der Versuch, eine Schein-Sicherheit aufzubauen, die die Akzeptanz der Atomenergie in der Bevölkerung erhöhen soll", meint Heinz Smital von Greenpeace.

Nach Auffassung der Organisation geben die Betreiber mit der Installation der Vernebelungseinrichtungen "nun die Terrorgefahr offiziell zu, die sie bis jetzt immer verschwiegen hatten". Auf der einen Seite gestehe man ein großes Terrorrisiko von Atomkraftwerken ein, ohne aber auf der anderen Seite "eine ernsthafte Lösung anzubieten", kritisiert Smital.

Ein Alternativkonzept sehe beispielsweise Schutzstrukturen rund um das Atomkraftwerk aus drei bis fünf Meter dicken Stahlbetonwänden und einem zusätzlichen Stahlnetz über der Kuppel vor. Trotz der dabei höheren Sicherheit favorisierten die Betreiber aber "das billigere Vernebelungskonzept".

Die einzig richtige Antwort auf die Bedrohung durch Terrorangriffe oder Sabotageakte kann nach Auffassung von Greenpeace nur die Abschaltung und endgültige Stilllegung der Atommeiler sein.

Keine der 17 in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke ist laut Greenpeace gegen einen bewusst herbeigeführten Absturz eines Verkehrsflugzeuges geschützt. Eine nachträgliche Verstärkung der Reaktorhülle sei aber nicht möglich. Die Kraftwerke Biblis A, Brunsbüttel und Philippsburg 1 seien sogar nur für den Absturz eines Sportflugzeuges ausgelegt.

Nach "den Terroranschlägen vom 11. September 2001" hätten die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke im Juni 2003 ein Konzept zur künstlichen Vernebelung der Anlagen bei einem Terrorangriff vorgelegt. Dieses Konzept sei im Frühjahr 2004 vom Bundesministerium für Naturschutz und Reaktorsicherheit als "nicht ausreichend" zurückgewiesen worden, die Betreiber seien zu "Nachbesserungen" aufgefordert worden.

Die Greenpeace-Studie führt mehrere Kritikpunkte an dem Sicherheitskonzept auf. So werde die aus dem militärischen Bereich stammende Vernebelungstaktik dort ursprünglich nur für bewegliche Ziele verwendet. "Auch könnte die bewusste Auslösung der Einnebelung sogar von Terroristen genutzt werden, um die entstehende unübersichtliche Situation für einen gezielten Angriff am Boden zu nutzen."

"Ein Terrorangriff mit dem Flugzeug auf ein Atomkraftwerk kann zur nationalen Katastrophe werden", fürchtet die Organisation. Die freigesetzte Menge radioaktiver Schadstoffe könne durch den Qualm des brennenden Kerosin weit verbreitet werden.

© Copyright 2001-2007, ngo-online e.V., All rights reserved, Impressum: siehe www.ngo-online.de