Presseauswahl ab Januar 2007

Presseauswahl der BI bis Dezember 2006

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Die Welt, 31.1.07

Vattenfall räumt erstmals Sicherheitsmängel bei Reaktor ein

Der Chef der Stromerzeugung Göran Lundgren sagte in einem Interview, dass "nicht immer alle Sicherheitsfragen so behandelt worden sind, wie es sein sollte". Im Juli musste der Reaktor Forsmark abgeschaltet werden, weil Generatoren zur Kühlung ausgefallen waren.

Von Reiner Gatermann

Stockholm - Göran Lundgren war in Schweden in den vergangenen Tagen und Wochen eine von den Medien stark gefragte Person. Der Chef für die Stromerzeugung beim Energiekonzern Vattenfall und Aufsichtsratsvorsitzender des Kernkraftwerkes Forsmark wurde ständig mit derselben Frage konfrontiert: Sind die schwedischen Kernkraftwerke, und vor allem die drei Forsmark-Reaktoren, sicher? Und er antwortete mit beinahe stoischer Ruhe und Geduld: "Ja, sie sind sicher." Am gestrigen Dienstag, ein halbes Jahr nach dem ernsten Störfall in dem Atomkraftwerk, räumte der Konzern nun erstmals Sicherheitsprobleme ein. Lundgren sagte in einem Rundfunkinterview, man habe unter anderem wegen "starken Belastungen" durch hohe Produktion und Modernisierungsarbeiten "nicht immer alle Sicherheitsfragen so behandelt, wie es sein sollte".

Massive Kritik durch Forsmark-Beschäftigte und die drohende Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen haben offenbar Wirkung gezeigt. Auch ein interner Bericht über die Zustände in Forsmark lässt die bisherige Beruhigungstaktik Vattenfalls kaum noch glaubwürdig erscheinen. In Forsmark herrschten "inakzeptable Qualitätsmängel" und der Zwischenfall am 25. Juli letzten Jahres sei nur "der Höhepunkt eines längeren Degradierungsprozesses des Sicherheitsverständnisses zugunsten einer Produktionssteigerung" gewesen, heißt es dort beispielsweise.

Am 25. Juli musste der Reaktor Forsmark 1 an der mittelschwedischen Ostseeküste nördlich von Uppsala nach einem Kurzschluss in einem Stellwerk notgestoppt werden, weil zwei Reservegeneratoren zur Kühlung des Reaktorwassers nicht automatisch angesprungen waren. Schwedens Kernkraft-Aufsichtsbehörde (SKI) sowie die Internationale Atomenergiekommission (IAEA) stuften das Geschehen zwar nur als Zwischenfall und nicht als Unfall ein. Doch in der Belegschaft herrschte Unruhe, die die Werksleitung veranlasste, eine interne Analysegruppe einzusetzen.

Die drei Reaktoren in Forsmark liefern etwa 17 Prozent der gesamten Elektrizität des Landes. Bis 2013 sollen insgesamt rund 440 Mio. Euro investiert werden, um die Lebensdauer der Reaktoren zu verlängern sowie die Produktion um 410 auf 3630 Megawatt zu steigern. Diese Umbauarbeiten seien teilweise auf Kosten der Sicherheit gegangen, stellt nun die konzerninterne Analyse fest. Insgesamt habe es im vergangenen Jahr 22 Unfälle und 68 Zwischenfälle gegeben, von denen "einige Unfälle mit potenzieller Todesfolge waren".

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Junge Welt, 29.1.07

Morsleben weiterhin einsturzgefährdet

Stillegung des Atommüllendlagers in Sachsen-Anhalt kostet

1,2 Milliarden Euro

Von Reimar Paul

Die Stillegung des Atommüllendlagers Morsleben in Sachsen-Anhalt wird nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) rund 1,2 Milliarden Euro kosten. Da von den Abfallverursachern kaum Einnahmen erzielt worden seien, müsse der Bund für den allergrößten Teil dieser Kosten aufkommen, erklärte die Behörde in einem in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht.

Das Konzept für die Stillegung des Endlagers sieht vor, daß die Gruben und Kammern mit einem speziell dafür entwickelten Salzbeton verfüllt und die Zugänge abgedichtet werden. Dabei soll die Anlage dauerhaft so verschlossen werden, daß kein Wasser in die Einlagerungsbereiche und keine Radioaktivität an die Umwelt gelangen können. Das Verfahren werde nach dem Atomrecht ablaufen und die Öffentlichkeit daran beteiligt, erklärte das BfS. Es handele sich weltweit um das erste atomrechtliche Stillegungsverfahren für ein Endlager.

Unterdessen gehen die Sicherungsarbeiten in Morsleben - ausgelöst Ende 2001, als ein 33 Meter breiter, 42 Meter langer und fast sechs Meter starker Salzbrocken aus einer Zwischendecke brach und auf den Boden krachte - weiter. Hohlräume wurden mit zermahlenem Salzgestein, sogenanntem Salzgrus sowie Salzbeton verfüllt. Anderthalb Jahre später gab es erneut Alarm. Ganze Teile der Anlage drohten einzustürzen. Insgesamt müssen nach BfS-Darstellung zur Sicherung des Bergwerks Kammern mit insgesamt rund 730 000 Kubikmetern Hohlraum gefüllt werden. Die Maßnahmen ziehen sich noch mehrere Jahre hin, die Gefahr eines Teil-Einsturzes besteht derweil weiter.

Das Endlager der DDR in Morsleben war 1990 in den Besitz des Bundes übergegangen. Zu den bis dahin eingelagerten 15000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiven Atommülls packte man noch weitere rund 22000 Kubikmeter strahlenden Müll aus Atomforschungszentren, Krankenhäusern, aus Landessammelstellen sowie um Bestandteile des im Abriß befindlichen Atomkraftwerks Würgassen. 1998 hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg auf Antrag eines Umweltverbandes schließlich einen Einlagerungsstopp für Atommüll in Morsleben verfügt.

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FOCUS 30.01.07

Russischer Reaktor vom Netz genommen

Im russischen Atomkraftwerk Balakowskaja ist Medienberichten zufolge ein Reaktor abgeschaltet worden.

Es habe technische Probleme gegeben. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte Vertreter des Katastrophenschutzministeriums mit den Worten, das Niveau der Radioaktivität sei normal.

Der Vorfall werde untersucht. Das Werk liegt in der Gegend um Saratow an der Wolga.

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Ahaus: Freispruch für Atomkraftgegner

Das Amtsgericht Ahaus hat einen Atomkraftgegner aus Münster freigesprochen. Ihm war vorgeworfen worden, im Rahmen der Castor-Transporte im Juni 2005 eine Schülerdemo geleitet zu haben. Die als Zeugen geladenen Schüler konnten sich vor Gericht nicht mehr an eine Beteiligung des Angeklagten erinnern. Auch die damals eingesetzten Polizisten konnten die Geschehnisse an dem Tag nicht mehr komplett wiedergeben. Daraufhin hatte auch die Staatsanwaltschaft einen Freispruch beantragt. Die Schülerdemo war tatsächlich spontan und sei auch nicht durch die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus" gesteuert worden, so der Amtsrichter. Der Atomkraftgegner fordert nun die Löschung der von der Polizei gemachten Fotos von ihm.

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Hammer Stadtanzeiger, 28. 1. 2007:

Aufruf zur Demo

Protest gegen Atommüll-Transporte

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm und die FugE &endash; Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung &endash; rufen zur Teilnahme einer Anti.Atomkraft-Demonstration auf, die am Samstag, 3. Februar, um 13 Uhr in Münster auf dem Prinzipalmarkt beginnt. Von dort aus geht es durch die Innenstadt und zum Sitz der Bezirksregierung.

Hintergrund: „In NRW wurde jetzt die Weiterforschung an der Technologie des Hammer THTR-Pleitereaktors beschlossen; dazu wurden vier neue Professuren zur Nuklearforschung durchgesetzt." Außerdem wollen sich die Veranstalter der Demonstration gegen den Transport von radioaktiven Stoffen durch Hamm zur Wehr setzen, der sich in diesem Jahr noch vervielfachen soll. „Seit 2001 durchfahren Züge mit den hochgefährlichen Uranhexafluorid UF-6 auf dem Weg zur Urananreicherungsanlage Gronau die Stadt. In Hamm pausieren sie in der Nacht sogar mehrere Stunden lang": Akteure der Umweltbewegung haben sich jetzt mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann gewandt und warten auf die Beantwortung von 15 kritischen Fragen zum Transport und zur Sicherheit für die Bevölkerung. Damit hoffen sie auf einen bisher nicht gelungenen guten Kontakt zur Verwaltungsspitze &endash; so ähnlich, wie er in der Nachbarstadt Lünen bereits in die Tat umgesetzt werden konnte.

„Mit großer Sorge stellten wir fest, dass diese Uranzüge völlig unbewacht alle zwei bis drei Wochen mehrere Stunden in Hamm stehen. In unmittelbarer Nähe passieren jedoch Personenzüge die nukleare Fracht", machen die Initiatoren die hohe Gefährlichkeit deutlich. Wissen wollen sie unter anderem, ob Hamm mit anderen betroffenen Städten zusammen arbeitet, Vorsichtsmaßnahmen abspricht oder ob für mögliche Unfälle überhaupt ein Katastrophenschutzplan existiert.

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Münsterland Zeitung 26.01.2007

Genehmigungsfrist noch unklar

Ahaus - Wann die Bezirksregierung über den Antrag zur Nutzungsergänzung für das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus entscheidet, ist noch nicht klar. Der vorliegende Antrag sei vom Antragsteller noch zu ergänzen, teilte die Bezirksregierung jetzt dem UWG-Fraktionsvorsitzenden Dieter Homann auf Anfrage mit. Welche Behörden und Ministerien in das Genehmigungsverfahren eingeschaltet werden, sei erst nach Vervollständigung der Antragsunterlagen zu entscheiden, so die Bezirksregierung weiter.

Für die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) bestätige sich damit der Verdacht, dass der Genehmigungsantrag vom Oktober 2006 vor allem aus politischen Gründen gestellt wurde, heißt es in einer Presseerklärung der BI. "Der Antrag soll politischen Druck zur Durchsetzung neuer Atommülleinlagerungen schaffen. Dagegen werden wir auf der Anti-Atom-Demo am 3. Februar in Münster auf die Straße gehen", so Felix Ruwe von der BI. Mit Unverständnis reagierten die Atomkraftgegner auf die Weigerung des Regierungspräsidenten Jörg Twenhöven, während der Demonstration vor dem Sitz der Bezirksregierung eine Resolution gegen neue Einlagerungen im BZA entgegenzunehmen. >> www.bi-ahaus.de

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westfaelische-rundschau 24.01.2006

Atomtransporte quer durch Bergkamen

Solche Atomtransporte rollen auch auf der Hamm-Osterfelder Bahnlinie durch Bergkamen.

Bergkamen. (-nz/hb) In den 90-ern wurden sie noch durch ein Großaufgebot von Sicherheitskräften auf ihrem Weg durchs Bergkamener Stadtgebiet begleitet. Doch seit einigen Jahren wird der Atommüll ohne großen Aufhebens über die Hamm-Osterfelder Bahnlinie durchs Stadtgebiet transportiert.

Recherchen unserer Zeitung in der Nachbarstadt Lünen haben ergeben, dass dort seit 2001 mehr als 1 500 Züge mit über 2 000 Tonnen des hochgiftigen und radioaktiven Uranhexafluorid durch Lünen gerollt sind. Rund 260 Urantransporte jährlich! Nach vorliegenden Erkenntnissen kommt die radioaktive Fracht in der Regel aus dem südfranzösischen Pierrelatte und fährt im Ruhrgebiet von Duisburg über Oberhausen, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Datteln, Waltrop nach Lünen. Nach einer nächtlichen Pause auf dem Rangierbahnhof Hamm, kommen die brisanten Züge nochmals über Bergkamen nach Lünen zurück, bevor sie über Lüdinghausen, Coesfeld, Ahaus nach Gronau zur bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage fahren.

Dass diese Atomfracht durch Bergkamen rollt, ist im Rathaus bekannt. "Darüber bin ich nicht glücklich", erklärte Bürgermeister Roland Schäfer gegenüber der Redaktion. Doch er glaubt nicht, dass tatsächlich so viele Züge mit dem gefährlichen Gut quer durch die Nordbergstadt rollen. Auch hält er nicht viel von lauten öffentlichen Protesten seitens der Kommune. "Uns wird niemand vorher fragen", stellte er nüchtern die Rechtslage klar. Zudem möchte er nicht die Bürgerinnen und Bürger beunruhigen. Denn eins steht für Bürgermeister Roland Schäfer auch fest: "Passiert ist bisher nichts."

Etwas anders behandelt Lünens Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick das Problem. Vom Bundesamt für Strahlenschutz will die Stadt Lünen nun offiziell wissen, ob von den zahlreichen Uranhexafluorid-Transporten durch das Stadtgebiet Gefahren für die Bevölkerung ausgehen.

Darüber hinaus hat Stodollick mit Vertretern regionaler Anti-Atomkraft-Initiativen einen regelmäßigen Informations- und Meinungsaustausch vereinbart. In einem ersten Gespräch, das dieser Tage im Rathaus Lünen stattfand, überreichte die Gruppe "Menschen gegen Atomanlagen" (MEGA) Waltrop Bürgermeister Stodollick zudem einen Fragenkatalog zum Thema.

In der Anfrage, die MEGA-Sprecher Wolfgang Porrmann Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick überreichte, bemängeln die Atomkraftgegner vor allem fehlende Katastrophenschutzpläne und -kapazitäten im Falle eines schweren Unfalls. Nach ihren Informationen seien die örtlichen Feuerwehren in keiner Weise auf einen schweren Unfall vorbereitet.

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Frankfurter Rundschau 25.01.2007

Berlin dringt auf Energieeinsparungen

Berlin/Brüssel (dpa) - Angesichts von Erderwärmung und warnender Klimaschutz-Studien setzt die Bundesregierung jetzt offiziell vermehrt auf Erneuerbare Energien und Energieeinsparungen. In ihrem vorab bekannt gewordenen Jahreswirtschaftsbericht betont sie den Ausbau von Sonnen-, Wind- und Wasserkraft bis zur Bioenergie und Erdwärme durch Fortsetzung der Förderprogramme zur Produktion von Strom, Wärme und Treibstoffe. "Die Bundesregierung wird zum 30. Juni 2007 einen nationalen Allokationsplan (zur Verbesserung der Energieeffizienz) vorlegen", kündigt der Berichts-Entwurf für die Kabinettssitzung am 31. Januar an. "Einen wichtigen Schwerpunkt sieht die Bundesregierung in der Verringerung des Stand-By-Verbrauchs von elektrischen und elektronischen Produkten."

Noch mehr politischen Druck für eine "Energiewende" weg von Kohle, Kernenergie und zum Teil auch Öl will eine von Greenpeace und der europäischen Öko-Branche veröffentlichte Studie erreichen. Durch sofortigen massiven Umstieg auf erneuerbare Energien und Techniken für einen sparsamen Verbrauch könne die Klimakatastrophe noch abgewendet werden, stellten die Umweltschützer-Organisation und der Europäische Rat für Erneuerbare Energien (EREC) sowie weitere Institute und Wissenschaftler fest. Dann sei ein Überschreiten der kritischen Grenze für die Erderwärmung von durchschnittlich 2 Grad Celsius zu verhindern, sagten EREC-Direktor Oliver Schäfer und Greenpeace-Energieexperte Jörg Feddern.

"Dafür müssen wir den Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch (weltweit bis 2050) von heute 13 Prozent auf 50 Prozent steigern", erläuterte Schäfer zur Vorstellung der gemeinsamen Studie "energy (r)evolution". Der schädliche Kohlendioxid-Ausstoß solle dann halbiert sein, ergänzte Feddern. Es müsse gelingen, den weiteren Klimawandel mit seinen verheerenden Folgen wie Hurrikans, Überschwemmungen und Versteppungen binnen 20 Jahren zu stoppen. Voraussetzung sei aber, dass die Energieversorgung innerhalb der nächsten zehn Jahre weltweit umgestellt werde. Dazu müsse die Politik jetzt handeln. Dazu gehöre der Abbau dreistelliger Milliarden- Subventionen für die Kernkraft und Kohlekraftwerke. Die letzten Atommeiler sollten 2030, Braunkohle-Kraftwerke 2050 geschlossen sein.

Schäfer hält es - bei zunehmender Energieeffizienz - für möglich, 2050 den weltweiten Strombedarf allein mit erneuerbaren Energien zu decken. Besondere Potenziale lägen im Wärme- und Heizungsbereich und bei Verkehrstechnologien. "Kosten und Preise für Erneuerbare sinken, für konventionelle Energieträger steigen sie." Dieser Trend werde sich umso mehr beschleunigen, je eher die Strategie umgesetzt werde. Feddern fügte hinzu: "Erneuerbare Energien sind wettbewerbsfähig, wenn Regierungen Subventionen für fossile und atomare Energien abbauen und das Verursacherprinzip für Verschmutzer eingeführt wird."

Nach Angaben der Verfasser beruht die Studie auf "seriösen" Angaben: unter anderem auf einem Ölpreis von 100 Dollar und einem CO2-Preis von 50 Dollar bei weltweiter Preisbildung durch den Emissionshandel. Die regional abgesicherten Modelle widerlegten die Internationale Energie-Agentur, die bis 2050 einen zunehmenden Energieverbrauch unterstelle und dabei die Energieeffizienz unterschätze. In die Berechnungen gingen auch Eckdaten der rasant wachsenden und äußerst energiehungrigen Volkswirtschaften Chinas, Indiens und Brasiliens ein. An der 100 Seiten starken Studie arbeiteten federführend das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie elf internationale Forschungsinstitute mit.

Die Studie weist daraufhin, dass Volkswirtschaften von Investitionen in moderne Energietechnik enorm profitieren könnten. "Erneuerbare Energie haben das Potenzial, bis 2050 weltweit für fast 70 Prozent der Stromnachfrage und für 65 Prozent der Gasnachfrage zu sorgen." Das Weltmarktpotenzial für alternative Energietechnologien schätzen Experten bis 2050 auf jährlich bis zu 450 Milliarden Euro.

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Berliner Zeitung, 24.1.07

Die Atom-Königin

Anne Lauvergeon ist Chefin des größten Nuklear-Ausrüsters der Welt. Jetzt will sie auch in Windkraft investieren. Weil es gut zusammenpasst

Axel Veiel

PARIS. Die Frau ist keine Ideologin. Auch wenn sie von ihren Gegnern "Queen of Nukes", Königin der Nuklearraketen genannt wird. "Wir sollten immer das tun, was uns gerade sinnvoll erscheint, ohne uns zu sehr von eingeübtem Denken beeindrucken zu lassen", sagt Anne Lauvergeon. Die Chefin des vom französischen Staat kontrollierten Areva-Konzerns, des größten Atomreaktorherstellers der Welt, will die Mehrheit des Hamburger Windenergiekonzerns Repower übernehmen. Das hat vor allem bei Ideologen viel Verwirrung ausgelöst. Atommeiler und Windmühlen - wie soll das zusammen passen?

Anne Lauvergeon hört immer wieder solche Einwände, aber sie versteht nicht, wo eigentlich das Problem sein soll. Für sie haben Kern- und Windenergie viel gemeinsam. Beide belasten die Umwelt nicht mit Treibhausgasen. Beide haben Zukunft, während die Öl- und Gasreserven der Erde zur Neige gehen werden.

Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes kürte die blonde Französin mit dem makellosen Lächeln zur mächtigsten Frau außerhalb der USA. Das hat vor allem damit zu tun, dass Anne Lauvergeon mit ihrer Art zu denken und zu handeln äußerst erfolgreich ist. Auch mit ihrem jüngsten Deal scheint das so zu sein. "Areva hat mit dem freundschaftlichen Angebot, den Hamburger Windenergiekonzern Repower zu übernehmen, eine Gewinnkombination gewählt", sagt sie. Das deutsche Unternehmen sei genau das richtige, um bei der weltweiten Entwicklung des Windenergiemarktes entscheidend mitzumischen.

Was sie nicht sagt, was aber gleichwohl als Gewinn einkalkuliert sein dürfte, ist der Imagegewinn. Areva will nicht mehr nur ein hässlicher Atomriese sein. Der Name soll fortan auch für erneuerbare Energien stehen. Spötter mögen die 47-Jährige noch so oft "Atomic Anne" nennen. Sie selbst ist sich sicher, das Richtige zu tun.

Fritz Vahrenholt, der Mann an der Spitze von Repower, glaubt das auch. Er hätte nichts dagegen, künftig der Französin zuzuarbeiten. Wohin die Reise in diesem Fall gehen würde, weiß er schon. Lauvergeon hat die Richtung bereits vorgegeben. Auf die Wachstumsmärkte China, Indien und Nordamerika würden die Hamburger künftig ihr Augenmerk richten, kündigte sie an. Der frühere Umweltsenator der Hansestadt preist die mit Pariser Rückendeckung anzuvisierende Expansion als Chance. "Einen riesigen Schub nach vorne" erwartet er, sollte Areva die Beteiligung von bisher 29,9 Prozent auf mehr als 50 Prozent erhöhen.

Noch ist es nicht soweit. Noch hat die Firma Martifer nicht zugestimmt, ein portugiesisches Unternehmen, das 25 Prozent der Repower-Anteile hält. Aber es sieht gut aus. Branchenkenner haben die Übernahmeofferte Arevas von 105 Euro je Aktie als großzügig gepriesen. Und hat Anne Lauvergeon bisher nicht alles erreicht, was ihr wirklich wichtig war? An Willensstärke hat es ihr jedenfalls noch nie gefehlt. Sie war es, die den 70 000 Mitarbeiter zählenden Konzern, den sie heute leitet, überhaupt erst gegründet hat. Unter ihrer Führung wurde aus Cogema und Framatome der Atomriese Areva.

Selbst der Name des fortan als Weltmarktführer agierenden Konzerns geht auf sie zurück. Die von der Cogema- zur Areva-Chefin aufsteigende Managerin hat ihn selbst gewählt. Ein spanisches Kloster heißt so, das hat ihr gefallen. Später erfuhr sie, dass Areva auf armenisch Sonne bedeutet. Unrecht war ihr das wohl nicht. Sonne steht nicht nur für Energie, sondern auch für Größe. Und wenn Areva irgendetwas ist, dann groß. Vom Uranabbau über den Reaktorbau, die Anreicherung und die Wiederaufbereitung bis hin zur Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle: Alles, was auch nur irgendwie mit Atomkraft zu tun hat, findet sich im eigenen Haus.

So sehr Anne Lauvergeon beruflich auch gefordert war, Kinder wollte sie auch. Zwei sollten es sein. Und sie bekam sie auch, einen Jungen und ein Mädchen. Man fragt sich, wie sie das alles macht. Sie ist neben alldem noch elegant und charmant und sie trägt meist Röcke, die deutlich oberhalb des Knies enden. Macht will in Frankreich eben nicht nur überzeugen. Sie will verführen. Mit Prunk und Pracht, aber auch mit menschlicher Attraktivität, mit Charisma. Lauvergeon macht da keine Ausnahme.

Zustatten kommt ihr, dass ihre Branche in Frankreich kaum in Frage gestellt wird. Atomenergie hatte dort schon Priorität, als billiges Erdöl noch in Strömen floss. Nach der Ölkrise in den siebziger Jahren setzte Paris erst recht auf Kernenergie. 58 Reaktoren decken heute drei Viertel des französischen Strombedarfs. Aber die Politik setzt nicht nur auf Atomkraft, sie setzt auch auf Anne Lauvergeon. Als im Sommer vergangenen Jahres ihre Wiederwahl an der Spitze des Konzerns anstand, ließ Regierungschef Dominique de Villepin vor dem Votum wissen, dass die Kandidatin sein uneingeschränktes Vertrauen genieße. Staatschef Jacques Chirac scheint das nicht anders zu sehen. Der Vertrag mit der Chefin wurde bis zum Jahr 2011 verlängert.

Mit Parteibuch und politischem Credo hatte der Vertrauensbeweis nichts zu tun. Als Frankreich noch sozialistisch regiert wurde und der Präsident François Mitterrand hieß, erfreute sich die aus Dijon stammende Physikerin nicht minder der Gunst der Mächtigen in Matignon und Elysée-Palast. Als Vertraute des Staatschefs führte die damals 30-Jährige dessen außenpolitische Agenda, organisierte Treffen mit den Mächtigen der Welt. Sie lernte George Bush senior kennen. Die damals geknüpften Kontakte sind ihr noch heute von Nutzen, auch wenn so mancher der ehemaligen Staatenlenker mittlerweile ins zweite Glied zurückgetreten ist.

Dass sich die Naturwissenschaftlerin zu Beginn ihrer Laufbahn auf dem diplomatischen Parkett versuchte, ist weniger widersinnig, als es klingt. Die Tochter eines Geschichtslehrers hat schließlich nicht irgendeine Universität besucht, sondern die eine: die Ecole des Mines. Eine der großen Kaderschmieden Frankreichs ist das, zu deren Abgängern etwa Noel Forgeard gehört, der frühere Chef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Wer eine Ausbildung an einer dieser Elitehochschulen vorweisen kann, dem stehen überall die Türen offen, ein Leben lang.

Anne Lauvergeon ist durch viele hindurchgeschritten. Dem vielversprechenden Auftakt in der Politik folgten 1995 die ersten Führungsposten in der Wirtschaft. In New York versuchte sich Lauvergeon erfolgreich als Investmentbankerin. 1997 ging sie zum Telefonausrüster Alcatel. Zwei Jahre später heuerte sie erstmals in die Atomkraftbranche an. Die Führung von Cogema übernahm sie, jenem Unternehmen, das als Betreiber der Wiederaufbereitungsanlage von La Hague bei Atommülltransporten in die Schlagzeilen zu geraten pflegt.

Ein einfacher Posten war das nicht. Aber die Scheu anzuecken scheint Anne Lauvergeon fremd. "In meiner Position muss man damit leben, nicht gemocht zu werden", hat sie gesagt, als einmal von allen Seiten Kritik auf sie einprasselte. Jene Zeit war das, als der französische Rechnungshof beanstandete, dass ihr Verdienst den bei Staatsunternehmen üblichen Rahmen sprenge und auch ihre Berater teurer seien als anderswo. Gefragt, was er an Lauvergeon besonders schätze, hat Mitterrand einmal geantwortet: "Sie weiß, wie man Nein sagt." Hinzuzufügen wäre: Sie wird auch damit fertig, wenn andere Nein sagen. Als die chinesische Führung kürzlich Areva einen Korb und dem amerikanischen Konkurrenten Westinghouse den Vorzug gab, steckte sie das ungerührt weg. Menschliche Beziehungen seien für Anne Lauvergeon ein einziges Kräftemessen, hat ein befreundeter Banker über sie gesagt. Dass selbst eine Frau wie sie gelegentlich den Kürzeren ziehen kann, gehört dazu.

Ein Grund zur Gelassenheit ist für Lauvergeon auch, dass sie die Zeit auf ihrer Seite weiß. "Es gibt keine Lösung für den wachsenden globalen Energiebedarf ohne Atomkraft", hat sie vor Jahren schon gesagt. Was ihr damals lautstarke Proteste von Umweltschützern eintrug, ruft inzwischen nur noch verhaltenes Grummeln hervor. Das Problem der Atommüllentsorgung ist zwar nach wie vor nicht überzeugend gelöst. Aber die Angst vor Klimakatastrophen, ausgelöst durch Erdölverbrennung und Kohlendioxidausstoß, wächst. Nach der Ölpreisexplosion des vergangenen Jahres scheint die Suche nach alternativen Energien auch ökonomisch vordringlicher denn je.

Für die Areva-Chefin, die gern die Menschheit für den Ausbau der Atomenergie gewinnen würde, sind das beste Arbeitsbedingungen. Sollte sie sich nun auch noch den deutschen Windenergieriesen greifen und Areva womöglich ein paar grüngelbe Sonnenblumen ins Logo schreiben? "Areva, das ist ein Unternehmen wie andere auch", pflegt Anne Lauvergeon zu versichern. Sollte der jüngste Coup klappen, würde man ihr das noch weniger abnehmen als bisher.

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ngo 23-01.2007

Amtsgericht Ahaus

Freispruch für Atomkraftgegner im Münsterland

[ngo] Mit einem Freispruch endete am Montag Nachmittag vor dem Amtsgericht Ahaus ein Strafverfahren gegen einen Münsteraner Atomkraftgegner. Ihm war von der Staatsanwaltschaft Münster vorgeworfen worden, im Juni 2005 eine Schülerdemo gegen die damaligen Castor-Transporte aus Dresden ins Zwischenlager Ahaus geleitet zu haben. Die Beweisaufnahme ergab aber offenbar eindeutig, dass die Vorwürfe nicht haltbar waren. Keiner der geladenen Schüler konnte sich an eine Tatbeteiligung des Angeklagten erinnern. Auch die geladenen Polizisten entlasteten den Atomkraftgegner.

Nach Darstellung des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen konnte oder wollte sich der Ahauser Beamte, der durch einen Bericht die Strafanzeige überhaupt erst ins Rollen gebracht hatte, nach eigenen Angaben überhaupt nicht daran erinnern, wer ihm gegenüber den Beschuldigten persönlich ins Gespräch gebracht hatte.

Daraufhin forderte selbst die Staatsanwaltschaft Freispruch, dem sich das Amtsgericht Ahaus anschloss. Der Amtsrichter war nach Darstellung des Aktionsbündnisses zum Ergebnis gekommen, dass die Schülerdemo tatsächlich spontan war und auch nicht durch die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" gesteuert worden war. Das aber hatte die Staatsanwaltschaft offenbar noch in der Anklageschrift behauptet.

Nach Auffassung der Anti-Atomkraft-Initiativen ist "das gesamte Ermittlungsgebäude von Polizei und Staatsanwaltschaft wie ein Kartenhaus zusammengebrochen". Im Gerichtssaal sei nichts von den Anschuldigungen übrig geblieben. "Dennoch wurden monatelang Schülerinnen und Schüler von der Ahauser Polizei verhört sowie durch die vom Ahauser Bürgermeister Felix Büter inszenierten stadtinternen Ermittlungen eingeschüchtert. Das ist der eigentliche Skandal in diesem Verfahren, denn den Schülern sollte für ihre Zivilcourage großes Lob ausgesprochen werden, anstatt sie mit haltlosen Ermittlungen zu überziehen", meint Felix Ruwe von der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus.

Der betroffene Atomkraftgegner kündigte noch im Gerichtssaal an, nun bei der Staatsanwaltschaft Münster die Löschung seiner im Verfahren verwandten und "rechtswidrig erstellten Polizeifotos" zu beantragen. Die Fotos seien von der Polizei "insgeheim trotz einer rechtskräftigen Löschungszusage des Polizeipräsidiums Münster für eine Zeugengegenüberstellung genutzt worden", so das Aktionsbündnis Münsterland. "In diesem Zusammenhang hatte bereits die Landesdatenschutzbeauftragte für NRW das Polizeipräsidium Münster im Oktober 2006 schriftlich gerügt."

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taz 23.01.2007

Ärger in Ahaus

Als angeblicher Organisator einer Schülerdemo wird ein AKW-Gegner in Ahaus angeklagt - und freigesprochen

Demonstriert hat Matthias Eickhoff schon unzählige Male. Seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 engagiert sich der heute 40-Jährige gegen Atomkraft. Früher gegen den 1989 stillgelegten Thorium-Hochtemperaturreaktor THT in seiner Heimatstadt Hamm, heute als einer der Sprecher des "Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen" gegen das atomare Zwischenlager Ahaus.

Wegen einer Demo bekam Eickhoff nun Schwierigkeiten mit der Justiz. In Ahaus warf man ihm vor, am 6. Juni 2005 gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. An diesem Tag wurde in Ahaus der zweite von drei Castoren aus dem sächsischen Rossendorf erwartet. Einige tausend Menschen gingen gegen die radioaktive Fracht auf die Straße, darunter auch 150 Schüler, die drei Stunden lang die Innenstadt blockierten.

Als angeblicher Organisator der Schüler-Demo musste sich Eickhoff gestern Nachmittag vor dem Amtsgericht in Ahaus verantworten: "Das ist totaler Quatsch", hatte Eickhoff schon vorher beteuert. Der Übersetzer lebt in Münster, ist dort Mitglied der Gruppe "Sofa - Sofortiger Atomausstieg Münster" und war wegen der Castor-Transporte nach Ahaus gekommen. "Ich habe erst von der Schülerdemo erfahren, also sie schon unterwegs war."

Tatsächlich konnte Eickhoff vor Gericht kein Gesetzesverstoß nachgewiesen werden. Nach rund zwei Stunden war der Prozess beendet: Freispruch. "Die Anklage ist in sich zusammengebrochen", freute sich Eickhoff nach Prozessende. "Das war so eindeutig, dass selbst die Staatsanwaltschaft Freispruch gefordert hat". Die Schüler hätten ausgesagt, die Demonstration selbst organisiert zu haben. Nicht mal der Hauptbelastungszeuge, der Sohn des Bürgermeisters, habe ihn wiedererkannt.

"Ein Armutszeugnis für die Stadt Ahaus", kommentierte Eickhoff. Mit solchen Verfahren sollten die Anti-AKW-Bewegung und die Schüler eingeschüchtert werden. Für ihn ist die Sache noch nicht ganz erledigt. Denn in dem Prozess ist ein Foto von ihm aufgetaucht, das die Polizei eigentlich gar nicht mehr haben dürfte: ein Bild von 2004, aufgenommen bei einer Demo, bei der er festgenommen wurde - rechtswidrig, wie ein Gericht später feststellte. "Die Löschung des Fotos ist mir damals vom Polizeipräsidium zugesagt worden", so Eickhoff. Er werde nun die Löschung erneut beantragen, kündigte er an.

Thema: aus dem Gerichtsaal

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dpa 23.01.2007

Französischer Atomtechnikkonzern will REpower übernehmen

Der französische Atomtechnikkonzern AREVA will den Hamburger Windenergie-Anlagenbauer REpower Systems übernehmen. Wie AREVA am Montag in Paris mitteilte, sollen die Aktionäre in einem freiwilligen Übernahmeangebot 105 Euro je Aktie erhalten.

Diese Offerte stehe unter der Bedingung, dass AREVA durch Annahme des Angebotes unter Einbeziehung der von AREVA gehaltenen Aktien mehr als 50 Prozent aller ausgegebenen Aktien an der REpower Systems AG erwerbe. Derzeit hält AREVA an REpower 29,99 Prozent. Die Aktien des Windanlagenbauers waren am Freitag mit 89,86 Euro aus dem handel gegangen.

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Borkener Zeitung 23.01.2007 Kreisseite:

Freispruch für Atomkraftgegner

-gro- Ahaus/Kreis Borken. Freigesprochen hat gestern das Amtsgericht Ahaus den bekannten Atomkraftgegner Matthias Eickhoff. Er war beschuldigt worden, im Juni 2005 Schüler in Ahaus zu einer nicht genehmigten Demonstration angestiftet zu haben. Nachdem der Richter zwei Polizeibeamte und zwei der damals am Protest beteiligten Schüler vernommen hatte, stellte sich heraus, dass niemand Matthias Eickhoff als denjenigen identifizieren konnte, der auf dem Schulhof zum Protest aufgerufen hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte Eickhoff vorgeworfen, er habe die Schüler gezielt angesprochen, sie getäuscht, zum Protestzug auf der Straße aufgefordert und damit gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Der Beklagte sagte hingegen aus, er sei selbst von der Schülerdemonstration überrascht worden. Die Polizei habe einseitig ermittelt, sagte er gestern vor Gericht.

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Münsterlandzeitung 23.1.07:

Freispruch für Eickhoff

Ahaus - Mit einem glatten Freispruch endete gestern vor dem Ahauser Amtsgericht ein Verfahren gegen Matthias Eickhoff, eine der Galionsfiguren der münsterländischen Atomkraftgegner. Ihm war vorgeworfen worden, im Jahr 2005 Schüler zu einer nicht genehmigten Demonstration angestiftet zu haben.

Rückblende: Am Morgen des 6. Juni 2005 setzt sich in Rossendorf der zweite Castortransport des Jahres in Richtung Ahaus in Bewegung. Dort demonstrieren zur gleichen Zeit rund 100 Schüler, die eigentlich im Unterricht sitzen sollten. Die Schüler betonen, es handele sich um einen spontanen Protest. Doch noch am gleichen Tag gibt es Hinweise darauf, dass ein "über 30-jähriger Mann" auf dem Schulhof der Canisiusschule zum Protest aufgerufen habe. Zudem habe er erklärt, das Fernbleiben vom Unterricht sei mit der Schulleitung abgestimmt.

Dieser Mann, so die Staatsanwältin gestern zum Prozessauftakt, sei Matthias Eickhoff - aus Münster gewesen. Er habe die Schüler gezielt angesprochen, sie getäuscht, zum Protestzug auf der Straße aufgefordert und damit gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. "Das ist völliger Quatsch", erklärte gesternMatthias Eickhoff in einer mehr als halbstündigen Erklärung, die von den rund 35 Zuschauern im Gerichtssaal am Ende mit Applaus quittiert wurde.

Eickhoff gab an, er sei selbst von der Schülerdemonstration überrascht worden und erhob seinerseits gegen die Polizei schwere Vorwürfe: Sie habe einseitig gegen ihn ermittelt, weil er bereits mehrmals vor dem Verwaltungsgericht gegen die Polizei geklagt habe. Zugleich, so Eickhoff, solle die Bürgerinitiative "kriminalisiert" und die Schüler eingeschüchtert werden. Letztlich verdienten aber die Schüler für ihre Zivilcourage eigentlich eine Auszeichnung, meinte der 40-jährige Angeklagte. Nachdem der Richter zwei Polizeibeamte und zwei der damals am Protest beteiligten Schüler vernommen hatte, zeigte sich, dass niemand Matthias Eickhoff als denjenigen identifizieren konnte, der auf dem Schulhof zum Protest aufgerufen hatte.

Der Richter verzichtete daraufhin auf die Vernehmung weiterer Zeugen, darunter auch der Schulleiter der Canisiusschule. Und auch die Staatsanwältin sah am Ende "keinen hinreichenden Nachweis" dafür, dass Eickhoff der Urheber der Demonstration sei und beantragte einen Freispruch. - gro

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Ahaus@online 22.01.2007

Strafverfahren heute in Ahaus

Ahaus - 22.01.2007 -Der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau weist darauf hin, daß am heutigen Montag, 22. Januar ab 13.30 Uhr vor dem Amtsgericht Ahaus (Sümmermannplatz 1, Raum 221) ein Strafverfahren im Zusammenhang mit den Castor-Atommülltransporten von Rossendorf nach Ahaus (2005) stattfindet.

Einem Atomkraftgegner aus Münster wird vorgeworfen, er hätte im Juni 2005 eine spontane Schülerdemonstration angezettelt und durchgeführt. Der AKU Gronau ist der Auffassung, dass mit diesem Verfahren gerade jüngere Atomkraftgegnerinnen und Atomkraftgegner von der Teilnahme an Demonstrationen gegen Atomanlagen und Atomtransporte abgeschreckt werden sollen. Der AKU Gronau solidarisiert sich mit dem Angeklagten und hofft, dass das Strafverfahren zur vollsten Zufriedenheit des angeklagten Atomkraftgegners eingestellt wird.

Der AKU Gronau betont, daß der Verlauf des Strafverfahrens auch auf Bundesebene mit großem Interesse beobachtet wird. So wird auch ein Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V. als solidarischer Beobachter an dem öffentlichem Prozesstermin teilnehmen. Dem BBU gehören u. a. auch der AKU Gronau und die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus" an.

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Solarserver, 17.1.07

BMU-Staatssekretär Müller: Stromversorgung auch ohne AKW sicher

Die Stromversorgung in Deutschland sei in Zukunft auch ohne Atomstrom sicher und werde umweltverträglicher, erklärte Michael Müller (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium (BMU) am 15.01.2007 in einer Presseerklärung. Modellrechnungen zeigten, dass auch nach dem Jahr 2020, wenn in Deutschland das letzte Atomkraftwerk (AKW) abgeschaltet werden soll, Strom sicher aus deutschen Steckdosen fließen werde. Dies sei möglich durch einen hohen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung und dank eines Durchbruchs bei der Energieeffizienz. Und es zahle sich auch beim Klimaschutz aus, bekräftigte Müller.

"Atomkraft kann das Klimaproblem nicht lösen"

Laut Müller, der seit Beginn der Großen Koalition Staatssekretär im BMU ist und zuvor sieben Jahre lang stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war, gehören Klimaschutz und Atomausstieg untrennbar zusammen. Die Atomkraft rechne sich nur mit großen Kraftwerken und einer hohen Auslastung der Kapazitäten. Eine Verlängerung der Laufzeiten würde lediglich dazu führen, dass intelligente und dezentrale Lösungen verschoben und Investitionen zurückgestellt würden. Wissenschaftler und Vertreter aller Bundestagsfraktionen hätten in der zuständigen Klima-Enquete-Kommission einstimmig festgestellt, dass die Atomkraft das Klimaproblem nicht lösen kann, betonte Müller.

Energieeffizienz als "Schlüsselfrage" des Jahrhunderts

Die erneuerbaren Energien werden laut BMU im Jahr 2020 voraussichtlich deutlich mehr als 25 Prozent zur Stromversorgung in Deutschland beitragen. Windenergie und Wasserkraft, solare Energie und Energie aus Biomasse trügen bereits heute mit mehr als 11 Prozent zur Stromversorgung bei. Prognosen der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) belegten seit Jahren, dass dieser Anteil im kommenden Jahrzehnt auf mehr als das Doppelte steigen werde. Damit könne die Produktion fast aller deutschen Atomkraftwerke ersetzt werden, heißt es in der BMU-Pressemitteilung. Ein noch deutlich größeres Potenzial biete die Steigerung der Energieeffizienz: Durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung könne die Energie schon bei der Stromerzeugung besser ausgenutzt werden. Damit seien enorme Möglichkeiten zur Senkung des CO2-Ausstoßes verbunden. Außerdem müsse elektrische Energie vor allem in Haushalten und in der Industrie effizienter eingesetzt werden. Energieeffizienz sei eine Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts, so Müller. Zudem werde dadurch ein zusätzlicher Schub für Innovationen und neue Arbeitsplätze ausgelöst.

Erneuerbare Energien können den Verzicht auf Atomkraft ausgleichen

"Für die Stromversorgung der Zukunft benötigen wir keinen Atomstrom. Regenerative Energieträger können das Abschalten der gefährlichen Reaktoren problemlos kompensieren. Und die mögliche Effizienzrevolution bei Strom, Heizungen, Kleinanlagen und im Verkehrssektor schützt das Klima. Wir dürfen uns nicht den Gefahren und Risiken einer überalterten Nuklearwirtschaft aussetzen. Und wir dürfen künftigen Generationen nicht noch höhere Berge atomarer Abfälle überantworten", erklärte Müller. Wer jetzt behaupte, der Klimawandel sei nur mit Kernenergie zu bekämpfen, der wolle den "Teufel mit dem Beelzebub austreiben".

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Frankfuter Rundschau 17.01.2007

Grüne wollen nur noch erneuerbare Energie

Landtagsfraktion legt Konzept für Umstieg bis 2028 vor / Stromsparen steht im Mittelpunkt

Die hessischen Grünen verfolgen einen stufenweisen Umstieg auf erneuerbare Energien. In ihrem Konzept wollen sie auch längerfristig Energieimporte akzeptieren.

Wiesbaden - "Die völlige Energiewende ist möglich." Mit diesem Satz hat der Grünen-Fraktionschef im Landtag, Tarek Al-Wazir, das Konzept "Zukunftsenergie in Hessen" zusammengefasst, das er am Mittwoch in Wiesbaden vorstellte. Danach dauert es aber noch 21 Jahre, bis alle Kraftwerke mit nuklearen und fossilen Energieträgern in Hessen abgeschaltet werden können. Nach Al-Wazirs Angaben sind die hessischen Grünen-Politiker die ersten bundesweit, die ein detailliertes Konzept zum vollständigen Umstieg auf Strom aus erneuerbaren Energien vorgelegt haben.

Kurzfristiger Anstieg von CO2

Die Grünen gehen davon aus, dass die beiden Reaktoren des Atomkraftwerks Biblis in den Jahren 2008 und 2012 vom Netz gehen, wie es der gültige Ausstiegsbeschluss vorsieht. Anders als die Landes-SPD rechnen sie aber nicht damit, diesen Stromanteil sofort durch Energien aus Wind, Sonne und Biomasse ersetzen zu können.

Vielmehr steigt nach dem Konzept der Grünen der Stromimport zunächst deutlich an - Strom, der aus Atom-, Gas- und Kohlekraftwerken außerhalb Hessens stammt. Dadurch würde auch der Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) rechnerisch bis 2013 anwachsen. In den Jahren danach ginge er rapide zurück, bis er 2028 bei Null ankommen würde. Die Grünen-Umweltpolitikerin Ursula Hammann sprach von einem "kurzfristigen Anstieg" der schädlichen Emissionen. "Es wäre unredlich, das zu verneinen", sagte sie.

Die SPD hatte ein Konzept vorgelegt, demzufolge Atomenergie bis 2013 vollständig durch regenerative Energien ersetzt werden könnte. Al-Wazir sagte dazu, dieses Ziel sei bundesweit realistisch. Wenn man es für Hessen alleine rechne, wo die abzuschaltenden Reaktoren stehen, sei das SPD-Vorhaben aber "schwierig" umzusetzen. Er freue sich jedoch darüber, dass die SPD wie die Grünen ganz auf erneuerbare Energien setzten. Seine Partei plant dabei mit weniger Windrädern als die SPD. Während die Sozialdemokraten etwa 600 Windkraftanlagen neu bauen wollen, plädieren die Grünen nur für 250. Sie setzen auf leistungsstärkere Modelle an den vorhandenen Standorten.

Die Ökopartei will erreichen, dass die hessische Stromversorgung im Jahr 2028 auf Sonnenenergie (34 Prozent), Windkraft (21) und Biomasse (13) beruht. Hinzu käme der Import von Strom aus Windkraft-Anlagen auf dem Meer (21 Prozent). Den größten Beitrag zum Ausstieg aus traditionellen Energieträgern soll aber das Stromeinsparen bringen. Mit Hilfe von Aufklärungskampagnen und neuer Technik sollen 28,5 Prozent des heutigen Stromverbrauchs wegfallen, erwarten die Grünen. Das sei noch "konservativ geschätzt". Theoretisch gebe es ein Einsparpotenzial von 70 Prozent.

Die CDU sprach von einem "abenteuerlichen Hirngespinst". Die Rechnung der Grünen sei "genau so unseriös" wie die der SPD. Die FDP sprach von "Zukunfts-Energie-Träumen". Pitt von Bebenburg

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Frankfuter Rundschau 17.01.2007

Kommentar

Überzeugend

VON PITT VON BEBENBURG

Wenn Politik überzeugen will, darf sie nicht im Klein-Klein verharren. Sie muss sich den großen Zukunftsfragen stellen und Perspektiven eröffnen. Genau das tun SPD und Grüne mit ihren Entwürfen zur Energieversorgung. Ihre Botschaft lautet: Es gibt einen Weg raus aus der Atomkraft und langfristig auch aus den fossilen Energieträgern Kohle und Gas. Gemeinsam streben SPD und Grüne einen vollständigen Umstieg auf Energie aus Wind, Sonne und Co. an. Verantwortungsvolle Politiker müssen sich das Ende der hochriskanten Atomtechnologie mit ihren strahlenden Altlasten auf die Fahnen schreiben. Ministerpräsident Koch tut aber das Gegenteil: Er will partout den Atomausstieg zurückdrehen.

Es lohnt sich, über die richtigen Wege zu streiten, um neben der Atomenergie auch auf die klimaschädlichen fossilen Energieträger verzichten zu können. SPD und Grüne haben dabei durchaus unterschiedliche Vorstellungen vorgelegt, etwa was die Zahl der Windräder oder das Tempo des Umbaus angeht.

CDU und FDP verweigern sich aber der notwendigen Debatte. Es reicht nicht, SPD und Grünen vorzuhalten, ihre Pläne seien nicht realistisch , so lange nicht der politische Wille erkennbar ist, ein eigenes Konzept für umweltverträgliche Energie vorzulegen. Die Regierung und ihr Wunschpartner FDP führen einen falschen Kampf um längere AKW-Laufzeiten - und vernachlässigen darob die wahren Zukunftsfragen.

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wdr.de 14.01.2007

RAG-Chef für Neubau von Atomkraftwerken

Der Vorstandsvorsitzende des Essener RAG-Konzerns, Werner Müller, hält den Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland für notwendig. Das sagte er dem Magazin "Focus". Zunächst sollte aber "erst mal die Laufzeitfrage erörtert werden", so Müller.

Müller argumentierte, die Kernenergie sei nicht nur eine CO2-freie, sondern auch eine nationale Energiequelle. Mit dem vorgegebenen Kernkraftausstieg sei die angestrebte Reduzierung des CO2- Ausstoßes bei einer weiteren Verschärfung nicht zu erreichen.

Anm.: Werner Müller war in der "Rotgrünen Koalition" in Berlin Bundeswirtschaftsminister und hat entscheidend beim im Jahre 2000 abgeschlossenen Atomkonsenz mitgearbeitet. Er ist seit dem Ausscheiden aus der Bundesregierung in 2002 Vorstandsvorsitzender des Essener RAG-Konzerns.

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Tagesschau, 14.01.2007

Debatte um Energieversorgung

Merkel vermisst Alternativen zur Atomkraft

In der Debatte um die Energiepolitik hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Befürworter des Atomausstiegs aufgefordert, Alternativen zur Kernenergie zu nennen. In einem Interview mit dem "Deutschlandfunk" sagte Merkel, wer den Ausstieg und zugleich Klimaschutz wolle, müsse Antworten geben. Zwar könne man viel Energie sparen und auch mehr eneuerbare Energien einsetzen. Zugleich müsse man aber realistisch bleiben. Andere Energieträger wie Kohle oder Gas würden einen erheblich höheren Ausstoß an CO2 bedeuten. Der Klimaschutz sei eine der großen Herausforderungen der Menschheit, betonte die Kanzlerin. Sie fügte hinzu, dass sie zur im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung über den Ausstieg stehe. Sie betonte aber, dass die Übereinkunft zunächst nur für diese Legislaturperiode gelte.

Boulevardblatt ermittelt Mehrheit für Kernkraft

Nach einer von der "Bild am Sonntag" beauftragten Umfrage Angesichts lehnt eine Mehrheit der Bundesbürger einen schnellen Ausstieg aus der Atomkraft ab. Wie die vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführte Umfrage ergab, halten es 61 Prozent der Bundesbürger für nicht vertretbar, aus der Atomenergie auszusteigen, bevor alternative Energien wie Sonnen- oder Windkraft in einem vergleichbaren Umfang zur Verfügung stehen. 34 Prozent sind gegenteiliger Meinung.

Erhebliche Vorbehalte gegenüber einem schnellen Atomausstieg gibt es unter den Anhängern beider Regierungsparteien sowie der größten Oppositionspartei. 71 Prozent der Unions- und 57 Prozent der SPD-Wähler halten einen endgültigen Ausstieg aus der Kernkraft erst dann für vertretbar, wenn erneuerbare Energien in ausreichendem Maß verfügbar sind. Bei den FDP-Anhängern sind es sogar 83 Prozent. Eine Mehrheit für einen schnellen Ausstieg aus der Kernenergie gibt es lediglich in der Anhängerschaft der Grünen (59 Prozent) und der Linkspartei (54 Prozent).

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte dem Blatt: "Wir müssen für Deutschland auf dem Energiesektor für Versorgungssicherheit sorgen." Dabei werde in Zukunft die Kernkraft unverzichtbar sein. Auch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) könne sich nicht dauerhaft dieser Erkenntnis entziehen, so Glos.

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FAZ, 11.1.07

Die Renaissance der Kernkraft

Von Nikolas Busse und Majid Sattar

Anfang Dezember fand in Wien ein außergewöhnliches Seminar statt. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), eine Agentur der Vereinten Nationen, veranstaltete einen "technischen Workshop" für Länder, die über den Einstieg in die Atomenergie nachdenken. Das Interesse war bemerkenswert groß: Nicht weniger als 28 Staaten, die derzeit keine Kernkraftwerke haben, schickten Vertreter.

"Es gibt ein steigendes Interesse an der Verwendung der Kernenergie zur Stromerzeugung und zur Wasserentsalzung", stellte Yuri Sokolov zufrieden fest, der zuständige Abteilungsleiter der IAEA. Ein deutscher Diplomat war freilich nicht erschienen. Was hätte ein Land, das aus der Atomenergie aussteigen will, auf einer solchen Veranstaltung auch sagen sollen? (Siehe auch: FAZ.NET-Spezial zur Energiestrategie: Besser hart)

Merkel im Zwiespalt

In der Europäischen Union gibt es keine einheitliche Atompolitik. Zwar hat die EU-Kommission am Mittwoch ein Strategiepapier vorgelegt, in dem sie für den Ausbau der Atomenergie wirbt, um die Union vom russischen Gas und Öl unabhängig zu machen und die EU-Klimaschutzpolitik voranzutreiben (Siehe auch: EU-Kommission setzt auf Atomenergie). Energiekommissar Andris Piebalgs sagte in Brüssel, mit Hilfe der Kernenergie könne Strom nahezu ohne Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen erzeugt werden. Doch spricht die Kommission zurzeit nicht einmal für die EU-Ratspräsidentschaft. Die deutsche Bundesregierung hat für 2007 eine energiepolitische Initiative angekündigt, wollte dabei die Kernenergie aber aussparen.

Dass die Kommission nun vorprescht, bringt Angela Merkel in einen Zwiespalt: Als CDU-Vorsitzende unterstützt sie das Anliegen Brüssels, als Bundeskanzlerin einer großen Koalition muss sie aus Rücksicht auf die SPD den deutschen Status quo - also den rot-grünen Atomausstiegsbeschluss - wahren. Bundesumweltminister Gabriel (SPD) schimpfte am Mittwoch denn auch, Atomkraft sei enorm risikobehaftet. Zudem hätten 17 von 27 EU-Mitgliedstaaten einen Verzicht auf Atomkraftwerke verfügt oder nutzten die Kernenergie gar nicht zur Stromherstellung.

Neue Kernkraftwerke auf der Insel?

Insgesamt sind derzeit in der EU 158 Kernkraftwerke in 16 Ländern am Netz. Sieben Länder der Union bauen zudem neue Atommeiler beziehungsweise planen den Ausbau ihrer Atomkraftwerke beziehungsweise den Einstieg in die Kernkraft. In Frankreich, das zur Zeit über 59 Atomkraftwerke verfügt, soll schon 2012 ein neuer Reaktor ans Netz gehen. Ein weiterer ist in Planung. In Großbritannien, das sich demonstrativ dem Klimaschutz verschrieben hat, hat die Regierung von Premierminister Blair im Sommer vergangenen Jahres angekündigt, ein deutlich vereinfachtes Genehmigungsverfahren einzuführen, um den Bau neuer Kernkraftwerke zu ermöglichen. Ein Energiebericht der Regierung deutete an, dass langfristig auf der Insel sechs bis zehn neue Kernkraftwerke gebaut werden könnten.

In Finnland wird zur Zeit der leistungsfähigste Reaktor der Welt gebaut. In Olkiluoto am bottnischen Meerbusen steht die größte Baustelle des Landes. Neben zwei in den siebziger Jahren gebauten Reaktoren entsteht dort "Olkiluoto 3", ein Reaktor mit 1600 Megawatt Leistung; er soll den Anteil der atomaren Stromproduktion um knapp zehn Prozentpunkte auf 35 Prozent steigern. Auch das Atomausstiegsland Deutschland ist über das französisch-deutsche Konsortium Areva an dem Projekt beteiligt. In den Niederlanden, wo ursprünglich der einzige Reaktor in diesem Jahr abgeschaltet werden sollte, hatte die alte Mitte-rechts-Regierung unter Ministerpräsident Balkenende nicht nur beschlossen, das Kernkraftwerk bis 2033 am Netz zu halten, sondern auch einen Neubau erwogen. Ob Balkenende dies mit seinen neuen Koalitionspartnern, den Sozialdemokraten und der "Christenunion", aufrechterhalten kann, wird sich zeigen.

Weltweiter Trend zur Atomenergie

Bulgarien, das pünktlich zum EU-Beitritt die zwei verbliebenen Blöcke des Atomkraftwerks Kosluduj vom Netz nehmen musste, gibt es Planungen für zwei neue Reaktoren. Das gleiche gilt für die Tschechische Republik. Auch in Polen, das bislang nicht über Atomkraft verfügt, gibt es derartige Überlegungen - wie auch bei dem EU-Beitrittskandidaten Türkei.

Weltweit ist der Trend zur Atomenergie sogar noch stärker. Nach dem Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl war der Ausbau der Kernenergie zunächst zum Stillstand gekommen. So blieb der Anteil der Kernenergie an der globalen Stromerzeugung seit Mitte der achtziger Jahre konstant bei etwa 16 Prozent. Heute sind in 31 Ländern 442 Kernkraftwerke in Betrieb, die meisten davon in den Vereinigten Staaten (103). Danach kommt Frankreich mit seinen 59 Kraftwerken, das zugleich das Land mit dem größten Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung ist (78,5 Prozent). Andere große Atomenergienutzer sind Japan mit 55 Kraftwerken und Russland mit 31. Deutschland liegt mit seinen 17 Kernkraftwerken im Mittelfeld auf Platz acht.

Sechs Anlagen im Abschaltung-Prozess

Seit ein paar Jahren erlebt die Kernkraft aber eine weltweite Renaissance. Immer mehr Staaten denken über den Neu- oder Erstbau von Kraftwerken nach. Das Interesse an dieser Form der Energiegewinnung ist so groß geworden, dass die IAEA schätzt, dass der Anteil der Kernenergie an der globalen Stromerzeugung im Jahr 2030 schon bei 27 Prozent liegen wird. Das wäre eine Steigerung um das Zweieinhalbfache. Bis 2050 könne die Produktion sogar auf das Vierfache steigen, so die Wiener Behörde.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Statistik über Bau und Abschaltung von Kernkraftwerken wieder. Derzeit befinden sich weltweit sechs Anlagen im Prozess der langfristigen Abschaltung. Dagegen werden 29 neue Atomkraftwerke gebaut. Die weitaus meisten davon, nämlich 24, werden in Asien ans Netz gehen, dem Boomkontinent, der Strom für sein Wachstum braucht: Alleine in Indien werden sieben Kernkraftwerke gebaut, in China vier. Auch Russland vertraut weiter auf die Atomtechnologie und baut derzeit fünf neue Kraftwerke.

Länder schätzen die Unabhängigkeit

Die IAEA weist immer wieder darauf hin, dass es ein Bündel aus verschiedenen Motiven ist, das das erneute Interesse an den Kernkraft speist: Die Länder schätzen die Unabhängigkeit in der Energieversorgung, die ihnen Kernkraftwerke verschaffen; sie wollen ihren steigenden Energiebedarf decken oder verfügen kaum über andere Energieträger.

Einen besonders großen Anreiz stellt auch die Umweltpolitik dar. Da die Kernkraft praktisch keine Treibhausgase hervorbringt, betrachten Länder wie Japan oder Indien die Kernkraft als wichtigen Teil ihrer nationalen Strategie zum Klimaschutz.

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Spiegel-Online 10.01.2007

ENERGIE-DEBATTE

Atomstrom - ja, bitte?

Von Markus Becker

Die Abhängigkeit von Energieimporten wächst, die Klimakatastrophe droht. Deutschland steht vor einer schmerzhaften Wahl: Den Atomausstieg kippen oder gleich doppelt zahlen - für den Ausbau erneuerbarer Energien und den Ersatz der Kernreaktoren.

José Manuel Barroso konnte zufrieden sein. Die von ihm geführte EU-Kommission habe "eine Debatte anregen" wollen, sagte Barroso bei der Vorstellung der neuen Energie-Strategie. Das ist gründlich gelungen: Mit dem Papier hat Brüssel so ziemlich jeden gegen sich aufgebracht, der in der europäischen Energiepolitik etwas zu sagen hat oder gerne zu sagen hätte.

Das Atomkraftwerk Ohu an der Isar: Steht die Kernenergie in Deutschland vor einer Renaissance?

Der Treibhausgas-Ausstoß der EU-Staaten soll bis 2020 um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken, lautet einer der Kernsätze der neuen Strategie. Die Kommentare von Umweltpolitikern und -aktivisten, die eine Senkung von 30 Prozent gefordert hatten, reichten von "enttäuschend" bis "absurd". Die Energiekonzerne sollen ihre Netze aufgeben, so ein weiterer Vorschlag der EU-Kommission - worauf die Konzerne erwartungsgemäß empört reagierten. Und als ob das alles noch nicht genügte, macht sich die Kommission auch noch vehement für einen Ausbau der Atomenergie stark.

Die Franzosen etwa, die 80 Prozent ihres Stroms aus Atomkraftwerken beziehen, dürften dieses Detail mit einem Schulterzucken quittieren. In Deutschland aber ist es ein politischer Sprengsatz, denn kaum irgendwo sonst beschwört man so gern die Angst vorm Strahlentod durch den Super-GAU.

Angst vor Energiepreis-Schock

Umfragen aber kommen inzwischen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen, was den Rückhalt der Atomenergie in der deutschen Bevölkerung betriff. Je nach Fragestellung ist mal eine Mehrheit für, mal gegen die Kernkraft. Außerhalb Deutschlands herrscht die Unterstützung für die Atomkraft meist in Osteuropa und ansonsten in den Staaten, die ihren Strom überwiegend aus Kernkraftwerken beziehen.

Zudem können sich Mehrheitsverhältnisse schnell ändern, wenn es den Bürgern an den Geldbeutel geht. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland seinen Strombedarf nach wie vor zu gut einem Viertel aus der Kernkraft deckt, könnte eine vorschnelle Abschaltung der AKW enorme Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben: Strom aus Wind, Sonne und Wasser ist bei weitem teurer als solcher aus fossilen Brennstoffen.

Wer also zugleich die Umwelt schonen und die Kernkraftwerke abschalten möchte, muss im Zweifel zu einem tiefen Griff in den Geldbeutel bereit sein. Ob in Umfragen dann immer noch eine Mehrheit für den Atomausstieg votieren würde, darf bezweifelt werden angesichts der Tatsache, dass zuletzt noch jede Energiepreiserhöhung eine "Mir reicht's"-Kampagne durch Deutschland rollen ließ. Die britische Regierung etwa hat im vergangenen Jahr ihren Vorschlag, wieder mehr Atommeiler zu bauen, unter anderem mit den drastisch gestiegenen Kohle- und Gaspreisen begründet.

Hauptargument Klimaschutz

Zwar ist es unredlich, den russischen Öl-Lieferstopp als Argument für die Atomkraft und die mit ihr verbundene Unabhängigkeit anzuführen: Öl und Gas werden vorzugsweise in Motoren und Heizungen verbrannt und haben kaum etwas mit Stromerzeugung zu tun. Doch die Angst vor einer Renaissance der Atomkraft lässt manchen Umweltpolitiker zum Sekundanten der Ölindustrie werden.

"Ich kann nicht sehen, dass in Deutschland die Autos, für die man Öl braucht, indem man Benzin und Diesel herstellt, mit kleinen Kernkraftwerken ausgestattet werden sollen", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel. Sein Vorgänger, Grünen-Politiker Jürgen Trittin, äußerte sich ähnlich: Mit Uran könne man keine Autos betanken. Zugleich aber schwärmen Umweltpolitiker gern von Autos mit Hybrid-, Elektro- oder Wasserstoffmotoren - freilich ohne zu erklären, woher genügend Strom kommen soll, um Akkus in Millionen Fahrzeugen aufzuladen oder Wasserstoff zu gewinnen, der dann in Ottomotoren verfeuert oder in Brennstoffzellen eingesetzt werden kann.

So bleibt der Klimaschutz neben den Energiekosten das Hauptargument der Brüsseler Atomkraft-Befürworter. Ein Ausbau der Atomenergie sei "eine Option zur Reduzierung von CO2-Emissionen", da Kernenergie "praktisch CO2-frei" sei, hieß es in einer heute veröffentlichten Mitteilung der EU-Kommission. Das Papier schreibt der Kernenergie fast ausschließlich positive Eigenschaften zu. Da für den Betrieb eines Atomkraftwerks nur wenig Uran benötigt werde, sei die Kernenergie vergleichsweise unabhängig von Preissteigerungen auf dem Rohstoffmarkt, betont die EU-Kommission.

Risiken nur am Rande erwähnt

Erst im letzten Absatz wird auf die ungeklärten Probleme bei der Entsorgung von Nuklearabfällen hingewiesen, und das auch nur indirekt: Es müsse sichergestellt werden, dass Mitgliedstaaten, die sich für die Kernenergie entschieden, "höchste Sicherheitsstandards" einhielten. "Dies sollte die Entsorgung von Nuklearabfällen einschließen."

In anderen Ländern aber können solche Sicherheitsbedenken einen Ausbau oder gar ein Comeback der zwischenzeitlich verfemten Atomkraft offenbar nicht mehr aufhalten. Großbritannien etwa setzt wieder verstärkt auf die Kernenergie, auch in den USA ist der Bau neuer Reaktoren geplant. Die Niederlande und Schweden wollen ihre AKW länger als geplant betreiben, Japan will den Anteil der Kernkraft am Energiemix von 30 auf 40 Prozent steigern. China, Russland und sogar die noch immer von der Tschernobyl-Katastrophe geplagte Ukraine planen den Bau Dutzender neuer Atommeiler. Experten gehen davon aus, dass weltweit insgesamt rund 140 neue Kernkraftwerke geplant sind.

Deshalb will nun auch die EU-Kommission den Anteil der Atomkraft am europäischen Energiemix sanft erhöhen. "Was sie da zusammengemischt hat, ist ein energiepolitischer Gift-Cocktail", schimpfte Hubert Weinzierl, Präsident des Deutschen Naturschutzrings. Auch die geplante Förderung erneuerbarer Energien und die Bekräftigung der Kommission, den Energieverbrauch bis 2020 gegenüber heute um 13 Prozent zu senken, konnten ihn nicht milde stimmen.

"Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf fossilen Technologien und Atomkraft", so Weinzierls Interpretation. Effizienz spiele nur eine Nebenrolle. Offenbar habe die EU-Kommission "einen tiefen Bückling vor den nationalstaatlichen Interessen und rückwärts gewandten Energielobbyisten hingelegt".

Ob das im Rest der EU ähnlich gesehen wird, ist fraglich. Denn Deutschland steht trotz gegenteiliger Behauptungen von Minister Gabriel international ziemlich allein mit seinem Atomausstieg. Technologisch gesehen gilt die deutsche Atomkraft in den Störfall-Statistiken als die sicherste der Welt.

Theoretisch wäre es zwar vielleicht möglich, die AKW radikal abzuschalten, ebenso radikal alternative Energien auszubauen und die dabei entstehende Versorgungslücke mit Importen zu stopfen. Doch das wäre nicht nur eine Frage der politischen Durchsetzbarkeit. Ein guter Teil der fehlenden Energie müsste in Form von Atomstrom aus Deutschlands Nachbarstaaten importiert werden, in denen nicht immer die gleichen Sicherheitsstandards gelten wie hierzulande. Und eine der folgenreichsten Lehren der Tschernobyl-Katastrophe war, dass strahlende Wolken keine Staatsgrenzen kennen.  

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Lausitzer Rundschau 10.01.2007 00:00

Südafrika und China nutzen deutsche Atomtechnologie

Der hierzulande ausgemusterte Kugelhaufenreaktor wird gebaut

Eine in Deutschland ausgemusterte Atomreaktor-Technologie bekommt Jahrzehnte später eine zweite Chance in Südafrika. Der Kap-Staat sicherte sich Mitte der 90er-Jahre die Lizenzen und steht nach Jahren der Weiterentwicklung nun kurz vor dem Bau seines ersten Mini-Reaktors mit Namen PBMR (Pebble Bed Modular Reactor &endash; Kugelhaufenreaktor).

„Wir übernehmen gern, was ihr Deutschen nicht mehr haben wollt", sagt der Chef des gleichnamigen Unternehmens PBMR, Jaco Kriek. Südafrika setzt große Hoffnung in den Atommeiler. Von 2018 an soll die Technologie weltweit exportiert werden. Unabhängig davon entwickelt auch China einen Kugelhaufenreaktor nach deutschem Vorbild.

In Deutschland war das Projekt verworfen worden, noch bevor der Atomausstieg 2002 gesetzlich verankert wurde. In den 50er-Jahren hatte Rudolf Schulten die Technologie als Hochtemperaturreaktor (HTR) erfunden. Ein Testreaktor wurde Mitte der 60er-Jahre im Kernforschungszentrum Jülich gebaut, knapp 20 Jahre später ging in Hamm-Uentrop eine kommerzielle Variante ans Netz. Dann kam das Aus: Im Herbst 1988 wurde der Reaktor für eine Inspektion abgeschaltet und nicht wieder angefahren. An ihm waren einige kleinere Schäden gefunden worden, die allerdings als nicht sicherheitsrelevant eingestuft wurden.

Als Vorzug dieses Reaktortyps wird die Eigenschaft genannt, sich im Störfall ohne zusätzliche und anfällige Sicherheitssysteme konstruktionsbedingt selbst abzuschalten. Die Spaltelemente stecken mehrfach ummantelt in den hitzebeständigen Graphitkugeln &endash; ein Pluspunkt auch für die spätere Endlagerung.

Die Vorteile, die die Hersteller des PBMR neben seiner systembedingten Sicherheit anpreisen: Der Kugelhaufenreaktor ist vergleichsweise klein und modulartig aufgebaut, er kann dezentral und damit weitgehend netz-unabhängig eingesetzt werden. Die anfallende Prozesswärme soll etwa für Meerwasser-Entsalzungsanlagen oder die Gewinnung des Energieträgers Wasserstoff genutzt werden.

Der Brennstoff in dem Reaktor ist in tennisballgroßen Graphitkugeln eingebettet, in denen sich jeweils rund 15 000 winzige, aus Sicherheitsgründen vierfach ummantelte Uranoxid-Körner befinden. Im rund 20 Meter hohen röhrenförmigen Reaktorkessel, der innen mit einer Graphitschicht geschützt ist, liegen etwa 450 000 dieser Kugeln. Sie können im Betriebszustand automatisch zugegeben oder entnommen werden. Durch einen physikalischen Prozess werden die Uran-Atome im Inneren der Kugeln gespalten. Die dabei entstehende Hitze von zirka 900 Grad Celsius heizt durch den Kessel geleitetes Helium auf, das zur Erzeugung von Strom durch eine Gasturbine geleitet wird.

Kopfschütteln und Kritik

Dass die Deutschen diese Technologie verkauft haben, erntet in Südafrika Kopfschütteln. Und nicht nur dort. „Es ist ein substanzieller Fehler", sagt der Chef des Wiesbadener Kohlenstoff-Experten SGL Carbon, Robert Koehler. „Die ganze Welt geht in Richtung Nuklearenergie &endash; und Deutschland steckt den Kopf in den Sand."

SGL hat natürlich Interesse am Kugelhaufenreaktor: Das Unternehmen liefert die innere Graphit-Ummantelung des PBMR, die zentrale Graphitsäule und Graphit für die 450 000 Kugeln. Allein für den Testreaktor hat der Graphit-Auftrag für SGL einen Wert von 35 bis 40 Millionen Euro.

„Die Chinesen haben angekündigt, innerhalb der nächsten 20 Jahre bis zu 80 Kugelhaufenreaktoren zu bauen &endash; und wir sind mit ihnen ebenfalls im Gespräch", sagt Koehler.

Offene Fragen

Kritische Stimmen äußern neben prinzipiellen Bedenken gegen Kernenergie auch Kritik speziell am PBMR. Zweifel gibt es etwa an der Wirtschaftlichkeit der Technologie. Der Reaktor sei &endash; auch vom Sicherheitsaspekt her &endash; darauf ausgelegt, nicht mehr als 165 Megawatt Strom zu produzieren, sagt der Sicherheitstechniker Wolfgang Kröger von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. „Um bei der Leistung mit Kohle- und Gaskraftwerken konkurrieren zu können, müssen die Kosten eines PBMR noch kräftig gedrückt werden."

PBMR-Chef Kriek räumt ein: „Herkömmliche große Atomkraftwerke sind ökonomischer." Nach jetzigem Stand seien die Kosten für den Kugelhaufenreaktor klar höher. „Allerdings muss man die geringeren Netzkosten oder den Klimaschutzbeitrag in die Berechnung mit einbeziehen."

Den Klimaschutzaspekt hält der Energiereferent des Umweltverbandes BUND, Thorben Becker, grundsätzlich für überbewertet. Selbst bei einem massiven Ausbau der weltweiten Zahl der Atomkraftwerke käme es nur zu einer geringen Klimaentlastung, sagt er. „Die Risiken wären weit höher als der Nutzen." Das Hauptargument gegen den Kugelhaufenreaktor ist laut PBMR-Chef Kriek, dass noch Erfahrungswerte für Betrieb und Kosten fehlen. „Viele Fragen werden sich klären, wenn der Demonstrationsreaktor 2012 in Betrieb ist."

Von Kathrin Schulte-Bunert

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Hessicher Rundfunk, 9.1.07

Atomausstieg

Neue Spekulationen um Biblis A

Eigentlich soll das Kernkraftwerk Biblis A in diesem Jahr vom Netz. Doch die neue Debatte über den geplanten Atomausstieg könnte diesen Termin noch einmal fraglich machen.

Vor dem Hintergrund des Stopps der Erdöllieferung aus Russland warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag vor einer einseitigen Abhängigkeit von Öllieferungen. Man müsse sich überlegen, "was für Folgen es hat, wenn wir Kernkraftwerke abschalten", sagte die Bundeskanzlerin im ARD-"Morgenmagazin". Auch in Hessen rütteln einige Unionspolitiker am beschlossenen Atomausstieg.

Die CDU stehe für einen ökonomisch und ökologisch ausgewogenen Mix aller zu Verfügung stehenden Energieträger, sagte der CDU-Abgeordnete Klaus Peter Möller. "Die friedliche Nutzung der Kernenergie ist für uns auch in Zukunft Teil dieses Energiemixes", betonte er. Die hessische Landesregierung hatte schon in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie eine Laufzeitverlängerung für die hessischen Kernkraftwerke befürwortet.

"Oberflächlich und fadenscheinig"

Ein zukunfsfähiger Energiemix könne schon deswegen nicht auf Atomenergie bauen, weil auch Uran eine endliche Ressource ist, entgegnete die Grünen-Abgeordnete Ursula Hammann. "Wer längere Laufzeiten für Biblis durchsetzten will, hat mehr den Profit der Betreiber im Sinn als die Sicherheit der Bevölkerung", so Hammann.

Ähnlich auch die Reaktion bei der SPD: "Oberflächlich und fadenscheinig", nannte SPD-Chefin Andrea Ypsilanti die Argumentation Merkels. Bis heute gebe es keine zukunftsfeste Lösung für die Entsorgung von Atommüll. "Die Abschaltung unserer hessischen Atomkraftwerke in Biblis muss planmäßig erfolgen", forderte Ypsilanti.

Keine Stempelfelder

Die Diskussion zeigt: Das Tauziehen um Biblis A ist längst noch nicht beendet. Nach dem von der rot-grünen Bundesregierung ausgehandelten Atomkonsens soll der älteste deutsche Reaktor eigentlich in diesem Jahr vom Netz. Doch ob es tatsächlich dazu kommt ist weiter ungewiss. Erst vor wenigen Wochen demonstrierten Mitarbeiter des Kernkraftwerks gegen die Abschaltung. Zuvor hatte die Betreiberfirma RWE einen Antrag auf Laufzeitverlängerung gestellt.

Seit Oktober steht das Atomkraftwerk allerdings ohnehin still. Falsch montierte Dübel haben eine Überprüfung notwendig gemacht. Nun stellte sich heraus, dass Rohrleitungen in dem Kernkraftwerk teilweise keine Stempelfelder haben. Auf diesen Feldern ist vermerkt, aus welchem Material die Rohre sind. Das sei wichtig, damit man überprüfen kann, ob genehmigte Baupläne mit dem Ist-Zustand übereinstimmen, sagt Christian Küppers vom Ökoinstitut in Darmstadt.

Hintergrund: Atomkonsens

Der Ausstieg aus der Atomenergie beruht auf dem so

genannten Atomkonsens zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und der Stromindustrie. Er wurde nach langwierigen Verhandlungen im Juni 2000 vereinbart. Der schrittweise Ausstieg ist seit 2002 im Atomgesetz festgeschrieben. Die große Koalition hatte 2005 vereinbart, dass sie am Atomausstieg nicht rütteln will.

In Deutschland sind noch 17 Atomkraftwerke am Netz. Wie lange ein Atomkraftwerk noch Strom produzieren darf, hängt von seiner "Restlaufzeit" ab. Diese errechnet sich auf Basis der Regellaufzeit eines Atommeilers von etwa 32 Jahren. Bis 2021 sollen alle Meiler abgeschaltet werden. Noch in diesem Jahr wird voraussichtlich der Reaktorblock A des Kraftwerks Biblis vom Netz gehen.

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NGO-online 5.1.07

Atomares Zwischenlager

Atomkritiker befürchten Einlagerung "unverpackten" Atommülls in Ahaus

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" befürchtet, dass die großen Atomkonzerne, die das atomare Zwischenlager im nordrhein-westfälischen Ahaus gemeinsam betreiben, die Sicherheitsstandards für die Einlagerung von Atommüll 2weiter drücken wollen". Die Bürgerinitiative verweist auf eine Ankündigung der Bezirksregierung Münster, wonach in Ahaus auch unverpackter Atommüll eingelagert werden solle. "Die Pläne sind ein Alptraum für Ahaus. Das Leichtbau-Zwischenlager wird von der Atomindustrie schamlos als Ersatz-Abklingbecken für den verstrahlten Problemmüll aus alten Atomkraftwerken eingeplant - und das ohne jeden Schutzbehälter", empörte sich Felix Ruwe von der Bürgerinitiative. "Kanzlerin Merkel hatte Recht, als sie vor zwei Tagen im Interview sagte, dass bei der Atomenergie die Entsorgungsfrage bis jetzt nicht befriedigend geklärt ist - sie ist überhaupt nicht geklärt", meint Ruwe.

Die Bürgerinitiative Ahaus verwies darauf, dass das Zwischenlager Ahaus nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert sei. Bislang habe das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) immer versichert, dass die Transportbehälter die Sicherheit im Schadensfall garantieren würden - diese Versicherung werde "nun endgültig hinfällig, weil es keine Behälter mehr geben wird".

Nach den vorliegenden Informationen zu den Genehmigungsanträgen der Atomkonzerne sollen nach Darstellung der Bürgerinitiative die Sicherheitsstandards auch in weiteren Punkten "erheblich abgesenkt werden". Ursprünglich hätten die Zwischenlager-Betreiber den Bau einer zweiten Halle geplant, die offenbar wesentlich schärferen Sicherheitsstandards genügt hätte. Doch diese Pläne seien schon vor Jahren aufgegeben worden - aus Kostengründen, vermuten die Atomkraftgegner.

Hinzu komme, dass die Transportbehälter für die rund 18.000 Tonnen Atommüll aus La Hague "sicherheitstechnisch deutlich abgespeckte Versionen" sein sollen im Vergleich zu den "ohnehin schon problematischen Castor-Behältern". Der Anspruch der Bevölkerung auf Schutz vor radioaktiver Strahlung werde somit "einfach ignoriert", so Ruwe.

Die Atomkritiker fordern, dass die Genehmigungsanträge der Atomkonzerne entweder abgelehnt werden. Alternativ solle das Genehmigungsverfahren für das Zwischenlager Ahaus mit voller Öffentlichkeitsbeteiligung auf der Grundlage des jetzigen Stands von Wissenschaft und Technik neu aufgerollt werden. "Am Ende kann nur ein kompletter Einlagerungsstopp für Ahaus stehen", fordert Ruwe.

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taz NRW 3.1.2007

Nackter Atommüll für Zwischenlager Ahaus

Das atomare Zwischenlager in Ahaus möchte mehr Strahlungsmüll als bisher lagern. 116 Tonnen mittelmäßig strahlendes Material und alte Kraftwerksteile wurden beantragt. Über mögliche Gefahren wird noch nicht informiert

DÜSSELDORF taz Strahlungsmüll für das Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus (BZA) könnte bald ohne große Schutzvorkehrungen durch das Land gefahren werden. Nach einer Anfrage der Unabhängigen Wählergruppe im Ahauser Stadtrat gab die zuständige Bezirksregierung in Münster bekannt, dass eine von der BZA beantragte Einlagerung auch "unverpackte bzw. in Folie verpackte" verstrahlte Anlagenteile enthalten soll. Am 20. Dezember hatte das BZA die Aufbewahrung von 116 Tonnen mittelstark strahlenden Abfalls beim Bundesamt für Strahlenschutz beantragt, der ab 2011 aus der "ausländischen Wiederaufarbeitung" kommen soll. Der Antrag für die Lagerung verstrahlter Anlagenteile wurde bereits Ende Oktober gestellt. Das Material soll von stillgelegten deutschen AKWs geliefert werden.

"Absolut unvorstellbar" findet Matthias Eickhoff, Sprecher der Gruppe für sofortigen Atomausstieg (SOFA), den Antrag. Abgesehen von einem womöglich zu geringen Schutz der Umwelt gegen die Strahlung durch die ungeschützten Anlagenteile sei "überhaupt nicht klar, ob die beantragten Arten von Atommüll sicher neben den bisherigen gelagert werden können". Auch Sigrun Rittich, die Sprecherin der Bezirksregierung, sagt, dass die "technischen Details noch nicht geklärt" seien. Bekannt sei, dass das BZA außer Stahlteilen aus Kraftwerken auch kontaminierte Wäsche und Putzlappen lagern möchte. Wie die Entscheidung über die Anträge ausfällt, lasse sich "noch nicht einschätzen".

Ob die radioaktiven Anlagenteile überhaupt gefahrlos befördert werden können, muss erst geprüft werden. Das hängt von deren Strahlungsintensität und ihrer Vorgeschichte ab. Wenn etwa Leitungsrohre aus Kraftwerken oberflächlich kontaminiert wurden, können sie gefährlicher für die Umwelt sein, als wenn sie innerlich verstrahlt sind, weil so die schädlichen Teilchen leichter in die Umgebung entweichen können. Oliver Kosbadt, Beförderungsexperte des Fachverbands Strahlenschutz, erklärt zwar, dass solches Material bei geringer Strahlenbelastung nicht gefährlicher ist als Brennstäbe in Sicherheitsbehältern. "Unverpackt darf aber nur geringfügig strahlendes Material transportiert werden."

Dass bisher kaum Informationen herausgegeben werden, gehört laut der UWG in Ahaus zum Programm. "Die haben sehr ausweichend auf unsere Anfrage geantwortet, weshalb wir jetzt eine neue gestellt haben", sagt Fraktionsvorsitzender Dieter Homann. Gefragt wurde darin etwa nach den voraussichtlichen Strahlenbelastungen. Eine Antwort aus Münster lag bis gestern nicht vor. Sprecherin Sigrun Rittich begründet die spärlichen Auskünfte mit dem langwierigen Verfahren solcher Anträge.

SOFA-Sprecher Eickhoff warnt trotz der Unklarheiten vor einer Zustimmung durch den Bezirk und das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Lagerhalle in Ahaus sei veraltet. Der Antrag für einen Neubau wurde Mitte der 90er Jahre zurückgezogen. "Die alte Halle hat geringere Sicherheitsstandards als der ursprünglich geplante Neubau. Eine sichere Lagerung ist nicht möglich", so Eickhoff. BZA-Sprecher Michael Ziegler kann darüber nur lachen. "Das Alter der Halle spielt keine Rolle, eher ihre Beschaffenheit."

Die letzte Lieferung kam im Juni letzten Jahres aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden. Gegen solche Transporte hatte es in den vergangenen Jahren Demonstrationen gegeben. Bürgerinitiativen vor Ort fordern eine grundsätzlich neue Genehmigung für das Zwischenlager, an deren Ende eine Schließung stehen solle. MORITZ SCHRÖDER

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Münsterland Zeitung 02.01.2007

UWG will Öffentlichkeitsbeteiligung

Ahaus - Die Frage der Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren zur Nutzungsergänzung des Brennelement-Zwischenlagers ist offen. "Der zeitliche und organisatorische Ablauf des Verfahrens lasse sich derzeit weder beziffern noch abschätzen", so die Auskunft der Bezirksregierung gegenüber der UWG. Unter Hinweis auf das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sei eine Beteiligung der Öffentlichkeit noch zu prüfen, so die Bezirksregierung.

Mitte November hatte sich Fraktionsvorsitzender Dieter Homann für die Unabhängige Wählergruppe Ahaus (UWG) mit einem Fragenkatalog an die Bezirksregierung gewandt (Münsterland Zeitung berichtete). Homann kritisiert nach der Antwort aus Münster, dass sich die Bezirksregierung "in wesentlichen Punkten sehr bedeckt hält". Da es sich bei den beantragten Genehmigungen um "entscheidende Veränderungen" handle, sei für die UWG eine umfassende Information und Beteiligung der Bürger zwingend, so Homann. Die betroffene Bevölkerung müsse Gelegenheit bekommen, in einem öffentlichen Anhörungstermin ihre Bedenken der Genehmigungsbehörde vorzutragen. "Enttäuscht und alarmiert" zeigte sich die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" von dem Antwortschreiben der Bezirksregierung. "Die Bezirksregierung Münster als Genehmigungsbehörde weicht genau wie die Antragssteller den berechtigten Fragen zum beantragten neuen Lagerungskonzept aus", kritisiert Felix Ruwe als Sprecher der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus". >> www.bi-ahaus.de

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ngo 02.01.2007

"Hemmungslose Atompolitik"

"Dinosaurier 2006" für RWE-Chef Roels

(ngo) Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns RWE, Harry Roels, ist Ende Dezember mit dem ungeliebten Umweltpreis "Dinosaurier des Jahres" ausgezeichnet worden. Der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Olaf Tschimpke, sagte zur Begründung, Roels habe sich die Trophäe "mit seiner hemmungslosen Atompolitik und dem provozierenden Antrag auf Laufzeitverlängerung für Deutschlands ältesten und störanfälligsten Reaktor Biblis A" mehr als verdient. Roels habe einen erneuten Streit um die Fortführung der Kernenergie ausgelöst und durch die Hintertür versucht, den Weg für den Ausstieg aus dem Ausstieg zu ebnen.

Mit dem RWE-Antrag vom September auf Laufzeitverlängerung für den "Schrott-Reaktor" Biblis A sei der von den Stromkonzernen und der rot-grünen Bundesregierung mühselig ausgehandelte Atomkonsens "aus reiner Profitgier wieder aufgeschnürt worden". Harry Roels halte an einer Risikotechnologie fest, nur um satte Gewinne einzustreichen. Ohne den Atomausstieg gebe es keinen Umbau der Energieversorgung in Deutschland, so Tschimpe.

"Wie glaubhaft sind noch die Bosse der großen Stromkonzerne, wenn sie wie Herr Roels frei nach dem Motto handeln 'Was interessiert uns unser Geschwätz von gestern' und damit nicht nur die Sicherheit vieler Bürger gefährden, sondern nachfolgenden Generationen Berge radioaktiven Mülls hinterlassen", so Tschimpke. 20 Jahre nach Tschernobyl habe zuletzt der Vorfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark im Sommer diesen Jahres gezeigt, dass es zum Ausstieg aus der Atomenergie keine Alternative geben dürfe.

In den letzten 30 Jahren sind den Angaben zufolge in Biblis A und B insgesamt 737 meldepflichtige Ereignisse aufgetreten. Im Dezember 1987 sei es in Biblis A zu einem gravierenden Störfall gekommen, "der fast zu einem schweren Unfall mit Verstrahlung der Umgebung geführt hätte". Wie RWE-Chef Roels bei dieser Bilanz den Eindruck einer unfehlbaren Technologie erwecken wolle, ist für den NABU nicht nachvollziehbar. Derzeit sei das Doppelkraftwerk abgeschaltet, weil rund 50 Prozent aller Schwerlastdübel falsch montiert worden seien.

Auch in punkto Klimaschutz habe der Essener Energiekonzern "nichts zu bieten". Der Kraftwerkspark von Deutschlands zweitgrößtem Stromanbieter werde neben gefährlichen Atomkraftwerken "von klimaschädlichen Kohlekraftwerken dominiert". Deutschlands größter Betreiber von Braunkohlekraftwerken wolle bis 2020 mehrere neue Kohlemeiler bauen.

Der Konzern ist laut NABU in Europa für 15 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus der Stromproduktion verantwortlich und mit jährlich 168 Millionen Tonnen Kohlendioxid der größte Produzent von Treibhausgasen. "Das Kerngeschäft des von Harry Roels gelenkten Konzerns ist die Energieerzeugung mit Uralt-Technologien. Angesichts von Klimawandel und endlichen Ressourcen ist eine Energiewende dringend notwendig. Die ist mit RWE leider nicht in Sicht", meint der NABU-Präsident.

Seit 1993 vergibt der NABU "Deutschlands peinlichsten Umweltpreis" an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich "durch besonders nachhaltige Dummheit in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan" haben. Preisträger waren bisher unter anderem Bauernpräsident Gerd Sonnleitner und Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Im Vorjahr ging die Auszeichnung an den Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun.

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Verein FORUM vom 01.01.07

Gute Medienmitteilung zum Neuen Jahr

- Die übersehene großartige Nachricht -

Zum 31.12.06 wurden sieben Atomreaktoren in Europa still gelegt

Sieben Atomkraftwerke wurden per 31.12.06 endgültig still gelegt. Alle in Europa: In Bulgarien die Blöcke 3 + 4 des Atomkraftwerks Kosloduj, in der Slowakei der Block 1 des AKW Bohunice und in Großbritannien je zwei Blöcke der alten AKWs Dungeness A1 + A2 südöstlich von London und Sizewell A1 + A2 in Ostengland. Damit sinkt die Zahl der weltweit betriebenen AKWs von 442 auf 435.

Seit rund zwei Jahren werden die Medien mit propagandistischen Meldungen der eigentlich geschrumpften Atombranche überschwemmt, wie viele Kernkraftwerke wieder weltweit gebaut würden. Man macht aus jeder Absichtserklärung eine große Meldung. Auch werden sowohl Bauvorbereitungen wie auch Baubeginn extra gemeldet. Später wird dann erst der Beginn des Probebetriebes und dann noch mal der Beginn des Netzbetriebs separat gemeldet. So versucht die Atombranche den Eindruck zu erwecken, überall würden neue Kernkraftwerke gebaut. Nur die dummen und technikfeindlichen Deutschen stünden wie die Österreicher abseits. Zugleich wird die Stilllegung von Kernkraftwerken verschwiegen oder vernebelt.

Da haben es zeitweise die Fakten schwer, ins öffentliche Bewußtsein zu kommen. Auch wenn gerade in Indien und China einige neue AKWs gebaut werden, war in den letzten vierzig Jahren fast nie die Zahl der in Bau befindlichen AKWs so niedrig wie im Jahr 2006. Ärgerlich ist es auch, daß unterzugehen droht, daß Ende 2006 sieben Atomreaktoren in Europa endgültig still gelegt wurden. Einige werden als so gefährlich eingestuft, daß die Europäische Gemeinschaft ihre Stilllegung verlangt hat und viele Steuergelder dafür ausgibt.

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