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ka-news, 29.12.06

Ein unmoralisches Angebot?

Atomkraftgegner schießen weiter gegen EnBW

Berlin/Karlsruhe - Die EnBW Kernkraft GmbH (ENKK) hatte am Donnerstag, 21. Dezember, den Übertragungsantrag für das Atomkraftwerk Neckarwestheim I (GKN I) gestellt. Geht es nach dem Willen der EnBW, so sollen 46,9 Terawattstunden aus dem Gesamtstromkontingent des neueren Kernkraftwerks Neckarwestheim II (GKN II) auf das ältere GKN I umgeschrieben werden und beide bis 2017 am Netz bleiben (ka-news berichtete). Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Umweltschutzverbände hatten mit Empörung auf das Vorhaben reagiert (ka-news berichtete).

Jüngst war die EnBW Energie Baden-Württemberg AG in diesem Zusammenhang eines Korruptionsversuchs beschuldigt worden. Das Internetportal faire-energiepreise.de wirft dem Energieversorger vor, dem Staat eine zweistellige Millionensumme als "Gewinnbeteiligung" für die Forschung im Bereich Erneuerbare Energien zur Verfügung stellen zu wollen, wenn die vereinbarte Abschaltung des GKN I gekippt wird. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger habe der AKW-Laufzeitverlängerung "freudig zugestimmt".

Das Ansehen der großen Energieversorger hat gelitten

In Anspielung auf die aktuelle Korruptionsaffäre beim Technologiekonzern Siemens kommentierte Jochen Stay, Sprecher der bundesweiten Anti-Atom-Initiative "X-tausendmal quer", das Vorgehen der EnBW wie folgt: "Wurde im Fall Siemens die Korruption noch heimlich, still und leise abgewickelt, so versucht es EnBW jetzt mit der dreisten öffentlichen Variante. Wer dem klammen Staat Millionen an Gewinnbeteiligung verspricht, um damit in gesetzlich geregelte AKW-Laufzeiten einzugreifen, betreibt nichts anderes als Bestechung. Und ein Ministerpräsident, der dieses Ansinnen auch noch öffentlich lobt, erklärt die Kapitulation des Staates vor den finanzstarken Stromkonzernen."

Generell befinden sich die großen Energiekonzerne im Imagetief. Ihre Aktionäre freuen sich über hohe Rendite, bei den Verbrauchern ist das Ansehen von E.ON, RWE, EnBW oder Vattenfall Europe wegen gestiegener Strom- und Gastarife dafür sehr schlecht: "Das Ansehen der Versorger hat massiv unter der Strompreisdiskussion gelitten", sagt der Energieexperte vom Bankhaus Sal. Oppenheim, Matthias Heck.

Die erzürnten Verbraucher bekommen Unterstützung durch Kartellwächter und Politiker: Wettbewerbskomissarin Neelie Kroes will die Vormachtstellung der Konzerne brechen und macht sich für eine Trennung des Netzgeschäftes von der Stromerzeugung stark. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat Pläne zur Verschärfung des Kartellrechts in der Schublade: Er will Gewinne aus der Stromproduktion verbieten, weil sie nur Ausfluss der marktbeherrschenden Stellung der Konzerne seien. Die Androhung von RWE und Vattenfall, Investitionen in neue Kraftwerke zu verschieben oder abzublasen, sieht Ulf Böge, Chef des Bundeskartellamts, als Beleg für mangelnden Wettbewerb: "Bei einem funktionierenden Wettbewerb wäre das unvorstellbar. Dann würde ein anderes Unternehmen sofort in die Presche springen." (ps/mwz)

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NABU 29.12.2006

RWE-Chef Roels verdient sich Deutschlands peinlichstem Umweltpreis

Stromkonzernboss erhält Trophäe Dino 2006 für hemmungslose Atompolitik

EUROPATICKER Umweltruf: Der NABU hat Harry Roels, Vorstandsvorsitzender der RWE AG, mit dem Dinosaurier 2006 &endash; Deutschlands peinlichstem Umweltpreis &endash; ausgezeichnet. Mit seiner hemmungslosen Atompolitik und dem provozierenden Antrag auf Laufzeitverlängerung für Deutschlands ältesten und störanfälligsten Reaktor Biblis A hat sich Harry Roels die Trophäe mehr als verdient, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Roels hat einen erneuten Streit um die Fortführung der Kernenergie ausgelöst und durch die Hintertür versucht, den Weg für den Ausstieg aus dem Ausstieg von RWE & Co. zu ebnen. Mit dem RWE-Antrag vom September auf Laufzeitverlängerung für den Schrott-Reaktor Biblis A ist der von den Stromkonzernen und der rot-grünen Bundesregierung mühselig ausgehandelte Atomkonsens aus reiner Profitgier wieder aufgeschnürt worden, so der Umweltverband.

Harry Roels hält an einer Risikotechnologie fest, nur um satte Gewinne einzustreichen. Ohne den Atomausstieg gibt es keinen Umbau der Energieversorgung in Deutschland. „Wie glaubhaft sind noch die Bosse der großen Stromkonzerne, wenn sie wie Herr Roels frei nach dem Motto handeln ‚Was interessiert uns unser Geschwätz von gestern' und damit nicht nur die Sicherheit vieler Bürger gefährden, sondern nachfolgenden Generationen Berge radioaktiven Mülls hinterlassen", so Tschimpke. 20 Jahre nach Tschernobyl habe zuletzt der Vorfall im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark im Sommer diesen Jahres gezeigt, dass es zum Atomausstieg keine Alternative geben darf.

In den letzten 30 Jahren sind in Biblis A und B insgesamt 737 meldepflichtige Störfälle aufgetreten. Im Dezember 1987 kam es in Biblis A zu einem gravierenden Störfall, der fast zu einem schweren Unfall mit Verstrahlung der Umgebung geführt hätte. Wie RWE-Chef Roels bei dieser Bilanz den Eindruck einer unfehlbaren Technologie erwecken will, ist für den NABU nicht nachvollziehbar. Derzeit ist das Doppelkraftwerk abgeschaltet, weil rund 50 Prozent aller Schwerlastdübel falsch montiert worden sind.

Auch in punkto Klimaschutz hat der Essener Energiekonzern nichts zu bieten. Der Kraftwerkspark von Deutschlands zweitgrößtem Stromanbieter wird neben gefährlichen Atomkraftwerken von klimaschädlichen Kohlekraftwerken dominiert. RWE will bis 2020 mehrere neue Kohlemeiler bauen. RWE ist Deutschlands größter Betreiber von Braunkohlekraftwerken. Der Konzern ist in Europa für 15 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus der Stromproduktion verantwortlich und mit jährlich 168 Millionen Tonnen Kohlendioxid der größte Produzent von Treibhausgasen. „Das Kerngeschäft des von Harry Roels gelenkten Konzerns ist die Energieerzeugung mit Uralt-Technologien. Angesichts von Klimawandel und endlichen Ressourcen ist eine Energiewende dringend notwendig. Die ist mit RWE leider nicht in Sicht", so Tschimpke.

Quelle: NABU Bilder: NABU, RWE und Archiv

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ots 22.12.2006

Den Wortbruch der Atomkonzerne mit Wechsel zu Ökostrom-Anbietern beantworten

Berlin (ots) - Zum Antrag der Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Neckarwestheim 1 erklärt das Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen": Den Wortbruch der Atomkonzerne mit Wechsel zu Ökostrom-Anbietern beantworten

Die Strategie des Wortbruchs der deutschen Atomkraftwerksbetreiber erreicht mit dem heutigen Antrag der Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf Laufzeitverlängerung für den Altreaktor Neckarwestheim 1 einen neuen Höhepunkt. Nach dem Essener Stromkonzern RWE demonstrieren jetzt auch das Karlsruher Unternehmen und sein Vorstandsvorsitzender Utz Claassen, dass ihnen vertragliche Verpflichtungen, eigene Beteuerungen oder die Wünsche der Mehrheit ihrer Kunden wenig, die Aussicht auf Milliardenprofite aber alles bedeuten.

Vor nicht einmal zwei Jahren erklärte Claassen zur auch von EnBW unterzeichneten Atomkonsens-Vereinbarung zwischen Regierung und Stromwirtschaft: "Die Industrie kann nicht Planungssicherheit verlangen und dann in Frage stellen, was sie selbst mit verhandelt, vereinbart und unterschrieben hat." Im September diesen Jahres kündigte derselbe Manager nicht nur den jetzt erfolgten Antrag zur Verlängerung der Laufzeit für Neckarwestheim 1 an, sondern erklärte ihn gleichzeitig zum ersten Schritt seines Unternehmens auf dem Weg zur vollständigen Aufkündigung des Atomausstiegs. Claassen: "Solange eine generelle Laufzeitverlängerung nicht geklärt ist, wollen wir Reststrommengen anderer Kraftwerke auf Neckarwestheim 1 übertragen."

Die vier dominierenden Stromkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON nötigen mit diesem Vorgehen die Politik, den Atomausstieg rückgängig zu machen. Einzig und allein wegen der Milliardengewinne beim Weiterbetrieb ihrer abgeschriebenen Altmeiler setzen sie sich über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung hinweg. Doch niemand ist hierzulande gezwungen, Atomstrom zu kaufen. Die im Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen!" zusammengeschlossenen Umweltverbände, Verbraucherschutzorganisationen und Anti-Atomkraft-Initiativen rufen deshalb die Bürgerinnen und Bürger, die privaten Haushalte und Gewerbetreibenden, Unternehmen und Kirchen, öffentliche Verwaltungen und die von den Konzernen unabhängigen Stadtwerke auf, jetzt die Vertragsbeziehungen zur Energie Baden-Württemberg (mit deren Strommarken "EnBW", "Yello" und "NaturEnergie") und zu den anderen wortbrüchigen

Atomkraftwerksbetreibern aufzukündigen und den Atomausstieg selbst zu vollziehen. "Handeln Sie jetzt. Machen Sie Atomstrom zu einer immer schwerer verkäuflichen Ware. Wechseln Sie noch heute zu Ökostrom-Versorgern, die Elektrizität aus den erneuerbaren Energien Sonne, Wind, Wasser und Biomasse und hocheffizienter Energieumwandlung bereitstellen. Sie werden sehen: Es fühlt sich angenehm an, mit sauberem Strom versorgt zu werden", heißt es in einer Erklärung des Aktionsbündnisses.

Mit enormem propagandistischen und finanziellen Aufwand hat die Energie Baden-Württemberg in den zurückliegenden Monaten ihren Wortbruch vorbereitet. Zunächst wurde in Berlin ein aufwändiger Klimaschutzkongress veranstaltet, dann ein großes Publikum zur Vorführung des Films "Eine unbequeme Wahrheit" geladen und so versucht, vom Glanz des Klima-Engagements des früheren US-Vize-Präsidenten Al Gore zu profitieren. Schließlich wurden in großen Zeitungen Anzeigen geschaltet, die Atomkraftwerke nicht als Hochrisikotechnologie, sondern als romantisierte Biotope zeigen. Gleichzeitig hat EnBW kürzlich den Bau eines großen Steinkohlemeilers bei Karlsruhe angekündigt. Gemeinsam mit der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (Mibrag) plant der Konzern außerdem beim sachsen-anhaltinischen Ort Profen ein 660 Megawatt-Braunkohlekraftwerk, das erheblich mehr Treibhausgase pro erzeugte Kilowattstunde ausstoßen würde als alle anderen Kraftwerkstypen. Noch am vergangenen Wochenende unterzeichnete der EnBW-Vorstandschef mit anderen Spitzenmanagern den offenen Brief des BDI gegen die Klimaschutzanstrengungen der EU-Kommission. All das entlarvt die Klimaschutzbeteuerungen des EnBW-Chefs als pure Propaganda.

Wie zuvor der RWE-Konzern will EnBW sein ältestes Atomkraftwerk und das zweitälteste in Deutschland (Neckarwestheim 1, kommerzieller Start 1976) länger betreiben als im Atomkonsens vorgesehen. Dafür soll sich die Laufzeit des jüngsten Meilers in Deutschland am selben Standort (Neckarwestheim 2, kommerzieller Start 1989) verkürzen. Dieses Vorgehen steht im diametralen Gegensatz zum Sinn der Strommengenregelung. Sie sollte die Möglichkeit eröffnen, Altreaktoren mit besonders fragwürdiger Sicherheit früher als geplant abzuschalten und dafür später errichtete Anlagen länger laufen zu lassen. Das Gegenteil ist jetzt geplant. Dahinter steht die Absicht, die Atomvereinbarung solange ins Leere laufen zu lassen, bis eine den Konzernen genehme Regierung gewählt ist und diese sich vom Atomausstieg verabschiedet. Katastrophenrisiken und die ungeklärte Entsorgung des Atommülls spielen bei diesen Planungen keine Rolle. Durchschnittlich können die Konzerne pro Reaktor und zusätzlichem Betriebsjahr mit Extragewinnen von 300 Millionen Euro rechnen, in Neckarwestheim (Bruttoleistung 840 Megawatt) wären es rund 200 Millionen Euro pro Jahr.

Es geht bei dieser Operation um Sonderprofite und nichts anderes. Die vom Stuttgarter Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) mehrfach wiederholte Ankündigung, EnBW werde einen Teil seiner Zusatzgewinne abtreten, damit Land und Konzern gemeinsam die erneuerbaren Energietechnologien weiterentwickeln, bereitet nur einen neuen Propagandacoup vor. Der Versuch von EnBW - ein Konzern, der im Gegensatz zu RWE, Vattenfall und E.ON nicht über eine eigene fossile Brennstoffbasis verfügt -, sich mit der mittelfristigen Orientierung auf erneuerbare Energien "zukunftsfest" zu machen, wird als großzügiges Geschenk an die Allgemeinheit verkauft. Doch in Wirklichkeit ist es umgekehrt. Der Staat würde EnBW durch die Gestattung von AKW-Laufzeitverlängerungen Sondereinnahmen bescheren, die das Unternehmen bei - unausweichlichen - Investitionen in die eigene Zukunft entlasten.

Mehr Information finden Sie unter:

www.atomausstieg-selber-machen.de oder infoline: 0800-7626852

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.

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taz 22.12.2006

Ein Herz für alte Meiler

Nicht nur EnBW will einen betagten Reaktor weiterbetreiben. Auch RWE und Vattenfall knabbern am Ausstieg

BERLIN taz EnBW ist nicht der erste Energiekonzern, der einen alten Atomreaktor länger laufen lassen will als einst mit der rot-grünen Bundesregierung vereinbart wurde. Bereits im September hat RWE beim Bundesumweltministerium einen ähnlichen Antrag für Biblis A gestellt.

Der Meiler ist zwei Jahre älter als Neckarwestheim und wird voraussichtlich 2008 das ihm zugeteilte Produktionskontingent erfüllt haben. Jetzt sollen aber noch mal 30 Terrawattstunden vom nie richtig gelaufenen AKW Mülheim-Kärlich sowie 30 Terrawattstunden vom AKW Emsland hinzukommen. So will RWE Biblis A bis 2011 - also bis nach der kommenden Bundestagswahl - laufen lassen. Anders als sein Kollege Utz Claassen von EnBW, der den Antrag für Neckarwestheim nicht aus politischen Gründen gestellt haben will, machte RWE-Power-Chef Jan Zilius kein Hehl aus dem Hintergrund des Antrages. "Damit wird der zeitliche Spielraum geschaffen, die Diskussion über das energiepolitische Konzept unter Berücksichtigung der Rolle der Kernenergie ergebnisoffen zu führen", begründete er damals. Das ist ein klarer Versuch, den beschlossenen Atomkonsens anzuknabbern und den Streit in der Bundesregierung über den Energiemix der Zukunft anzufachen. Der Antrag wird gegenwärtig vom Bundesumweltministerium geprüft.

Erst RWE, dann EnBW - manch einer vermutet eine konzertierte Aktion der großen vier Energiekonzerne gegen den Atomkonsens. Denn tatsächlich gibt es auch bei Vattenfall Überlegungen, im kommenden Jahr einen solchen Antrag für das Atomkraftwerk Brunsbüttel zu stellen. Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa hatte im September gesagt, AKWs könnten nicht nur 32 Jahren, sondern auch 40 bis 50 Jahre sicher laufen.

Dabei war ausgerechnet Brunsbüttel nach dem schweren Störfall im schwedischen Reaktor Forsmark in die Kritik geraten. Die deutschen Behörden sahen Parallelen bei der Notstromversorgung, deren Ausfall in Forsmark nach Ansicht von Fachleuten fast zu einem GAU geführt hatte. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hatte erklärt, in dem Atomkraftwerk an der Elbmündung könne es zu ähnlichen Problemen kommen wie in Schweden. step

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dpa 21.12.2006

EnBW beantragt längere Laufzeit für Atomkraftwerk Neckarwestheim I

Berlin/Karlsruhe (dpa) - Der Karlsruher Energiekonzern EnBW hat beim Bundesumweltministerium eine längere Laufzeit des Atomkraftwerks Neckarwestheim I beantragt. Nach dem Atomkonsens müsste der Block Ende 2008 vom Netz genommen werden. Die EnBW AG will ihn rund acht Jahre länger laufen. Im Gegenzug soll Neckarwestheim II nicht erst 2021 abgeschaltet werden, sondern den Betrieb gleichzeitig mit Neckarwestheim I einstellen. Dies teilte die Energie Baden- Württemberg am Donnerstag in Berlin mit.

Mit dem bereits seit längerem angekündigten Antrag sollen nicht genutzte Reststrommengen aus anderen Atommeilern nach Neckarwestheim bei Heilbronn übertragen werden. Im September hatte bereits der Energiekonzern RWE beim Bundesumweltministerium einen Antrag auf Laufzeitverlängerung für sein Atomkraftwerk Biblis A in Hessen gestellt. Umweltschützer kritisieren die Pläne.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, den EnBW-Antrag nicht zu genehmigen: Der Reaktor gehöre zu den ältesten und unsichersten Atomanlagen Deutschlands. Die EnBW stelle ihre Gewinninteressen über die Sicherheit der Bevölkerung.

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Münsterland Zeitung 21.12.2006

"Grenzwert eingehalten"

Transport zur Urananreicherungsanlage Thema im Rat/UWG sieht Gefährdung

Ahaus. Gefährden Bahntransporte von Uranhexafluorid zur Urananreicherungsanlage in Gronau (UAA) Menschen in Ahaus? Mit dieser Frage befasste sich eine Anfrage der UWG an den Bürgermeister.

Der UWG-Fraktionsvorsitzende Dieter Homann sprach in der Ratssitzung am Dienstagabend von "hochgefährlichen Transporten" durch das Ahauser Stadtgebiet. Bürgermeister Felix Büter verwies dagegen darauf, dass die in den Gefahrgutverordnungen festgesetzten Grenzwerte für die maximalen Dosisleistungen "nur zu wenigen Prozent" ausgeschöpft würden. Die Kreisleitstelle werde mindestens 48 Stunden vor Transportbeginn informiert. Die Stadt Ahaus selbst werde nicht über die Transporte in Kenntnis gesetzt. Die Bundesregierung hatte 1999 zu einer ähnlichen Anfrage ausgeführt, dass "aus sicherheitstechnischer Sicht Vorsichtsmaßnahmen seitens der örtlichen Verwaltungsbehörden" nicht erforderlich seien. Die Bundesregierung wies damals zudem darauf hin, dass die spezielle Anforderungen an die Transportbehälter aus Stahl den Sicherheitsanforderungen Rechnung trügen. Damit wollte sich Homann nicht zufrieden geben: "Das Thema ist nicht so harmlos, wie es hier dargestellt wird." Die Verwaltung will jetzt einem Hinweis Homanns nachgehen, wonach es in anderen Kommunen "'Informationsketten" zu den Transporten gebe. gro

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Hamburger Aendblatt 20.12.2006

LEUKÄMIEFÄLLE WISSENSCHAFTLER SIND SICH SICHER:

"Es gab atomaren Störfall"

Im Winsener Kreishaus stellte eine Expertengruppe ihre Dokumentation vor, die sie im Auftrag der Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch erstellt hat.

Von Rachel Wahba

Elbmarsch -

Ein Störfall im atomaren Forschungszentrum GKSS in Geesthacht ist die Ursache für die erhöhten Leukämie-Fälle bei Kindern in der Elbmarsch. Der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Harden aus der Elbmarsch ist sicher, dafür jetzt die wissenschaftlichen Beweise in der Hand zu haben. Während von offizieller Seite ein Störfall in der GKSS als Ursache völlig ausgeschlossen wird, haben Wissenschaftler gestern im Kreishaus eine Dokumentation vorgelegt, die den Zusammenhang zwischen einem Störfall am 26. September 1986 und den Blutkrebserkrankungen herstellt.

Die Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch, die Gesellschaft für Strahlenschutz, die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und die Organisation Ärzte in sozialer Verantwortung haben die Dokumentation herausgegeben. Ein Team von Physikern und Chemikern hat festgestellt, "dass es eine flächendeckende radioaktive Verstrahlung der Elbmarsch und Geesthachts gegeben hat". Der Toxikologe Prof. Dr. Otmar Wassermann, wie auch seine Kollegen ehemaliges Mitglied der schleswig-holsteinischen Strahlenkommission, die sie vor ihrer Auflösung unter Protest verlassen haben, sagt: "Es muss 1986 eine Freisetzung von entsprechenden Spaltprodukten in der GKSS gegeben haben. Wir vermuten Sonderexperimente mit Atombrennstoffen."

Wassermann und die anderen Wissenschaftler waren aus der Kommission ausgetreten, "weil das Land Schleswig-Holstein, das die Kommission eingesetzt hatte, wirklich alles getan hat, um unsere Arbeit zu behindern". Im Auftrag unter anderem der Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch haben die Wissenschaftler festgestellt, dass bei Menschen, die damals in der Nähe der GKSS lebten, Veränderungen bei den X-Chromosomen festzustellen seien. Sie fanden deformierte Erbträger im Blut der Probanden, was, so Prof. Inge Schmitz-Feuerhake, "ein eindeutiges Zeichen für eine Alphastrahlung ist".

Die Wissenschaftler weisen in ihrer Dokumentation auch Radioaktivität in Bäumen, die in der Nähe der GKSS stehen, nach. Sie fanden Plutonium und Americium, künstliche Stoffe, die beim Betrieb von Kernreaktoren entstehen, auf den Dächern mehrerer alter Häuser in der Elbmarsch. Schmitz-Feuerhake: "Wir können anhand der Proben eindeutig darlegen, dass sich unser Verdacht, die Leukämie-Fälle resultieren aus der erhöhten Bodenkontamination im Umfeld der GKSS, bestätigt hat. Wir wissen nicht, was damals passiert ist, darüber können wir nur Rückschlüsse ziehen. Aber wir wissen genau, dass im September 1986 ein Störfall war."

Alle Erklärungsversuche seitens der GKSS seien "nichts als durchsichtige Lügen", so Inge Schmitz-Feuerhake. Die Wissenschaftler fordern die Betreiber auf, "endlich das Archiv offenzulegen" und zur Aufklärung beizutragen. Obwohl gerade Niedersachsen auf eine Nachfrage des Landkreises Harburg festgestellt hatte, es sehe keinen Anlass zu weiteren Untersuchungen, weil es keine Zusammenhänge zwischen einem Störfall und den Leukämie-Erkrankungen gebe, will Harden die Politik für die Gründung eines Kolloquiums gewinnen: "Hier geht es um Kriminalität, um Körperverletzung mit Todesfolge. Die Behörden müssen endlich mit uns zusammenarbeiten. Es ist unerhört, wie die Bevölkerung behandelt wird."

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Der Tagesspiegel 19.12.2006

Zurück zum Absender

Angereichertes Uran aus früherem DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf nach Russland ausgeflogen

Von Lars Rischke, Dresden

Der Protest gegen den brisanten Atomtransport war überschaubar. Als in der Nacht zum Montag der mit 18 Spezialbehältern beladene Sattelschlepper aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf zum Dresdner Flughafen rollte, gab es nur eine kurze Verzögerung: Knapp ein Dutzend Kernkraftgegner hatte mit ihren Autos gegen 2 Uhr 40 eine Kreuzung in Radeberg blockiert. Der von mehreren hundert Sicherheitskräften begleitete Konvoi musste daraufhin einen kleinen Umweg fahren, erreichte aber nach knapp einer Stunde ohne weitere Zwischenfälle den Dresdner Flughafen.

Kurz vor acht Uhr hob eine russische Spezialfrachtmaschine Richtung Osten ab. Zielort: die russische Atomanlage „Luch" in Podolsk bei Moskau. Nach Angaben der sächsischen Landesregierung hatte die Iljuschin mehr als 300 Kilogramm überwiegend hoch angereichertes Uran an Bord. Bei ausreichender Reinheit kann hoch angereichertes Uran zum Bau von Atombomben verwendet werden.

Der rund eine Million Euro teure Transport sei sicher, hatten deutsche Behörden immer wieder beteuert. Der mit der Entsorgung des Standortes Rossendorf beauftragte Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) betonte, es handle sich um unbenutzte Uranbrennelemente, Strahlung spiele kaum eine Rolle. Mit dem Flugzeug könne weniger passieren als auf Straße oder Schiene, hieß es. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte vor wenigen Wochen die Genehmigung erteilt. Kernkraftgegner und Umweltschützer hatten dagegen vor dem Transport gewarnt. Die Risiken seien unkalkulierbar. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte argumentiert, der Ausgang eines Absturzes mit radioaktiver Ladung könne bislang überhaupt nicht prognostiziert werden.

In Dresden wollten die Verantwortlichen nach dem Start darüber nicht mehr sinnieren. Sachsens Wissenschaftsministerin Barbara Stange (SPD) erklärte, sie sei erleichtert über den Abtransport. Nur so sei eine komplette Entsorgung des Standortes Rossendorf auf absehbare Zeit möglich, blieben doch dem Land weitere Investitionen in die Sicherheit erspart. Zwar gibt es noch immer jede Menge Atommüll in Rossendorf, unter anderem verstrahlten Schrott und natürliches Uran. Die als besonders kritisch geltenden Brennstäbe sind dagegen jetzt komplett abtransportiert. Bereits 2005 waren 951 abgebrannte Stäbe ins westdeutsche Zwischenlager Ahaus gebracht worden.

Der jüngste Transport ist Teil eines internationalen Programms, mit dem gefährliches Atommaterial weltweit aus dem Verkehr gezogen werden soll, um es nicht in die Hände von Terroristen fallen zu lassen. Das ursprünglich aus Russland stammende Material soll in Podolsk nun so aufbereitet werden, dass es künftig als Brennstoff für Kernkraftwerke dient. Der Rossendorfer Reaktor russischer Bauart war 1991 aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden. Damals begann auch die atomare Entsorgung der Forschungsanlage.

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Spiegel-Online 18.12.2006

UMSTRITTENER ATOMTRANSPORT

Uran auf dem Weg von Sachsen nach Russland

Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot hat der umstrittene Urantransport von Sachsen nach Russland begonnen: 300 Kilogramm des radioaktiven Materials sind vom ehemaligen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf unterwegs nach Moskau. Der Protest der Atomgegner fiel verhalten aus.

Dresden - Das Uran aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf erreichte am frühen Morgen ohne größere Zwischenfälle den Dresdner Flughafen. Der von einem massiven Polizeiaufgebot eskortierte Spezial-Lkw, in dem 300 Kilogramm Uran in 18 Transportbehältern gelagert wurden, startete gegen 2.40 Uhr und kam etwa eine Stunde später am 20 Kilometer entfernten Airport an. Dort begann ohne Verzug die Verladung in ein russisches Spezialtransportflugzeug vom Typ Iljuschin. Die Maschine startete um kurz vor acht. Zwei Drittel der Fracht sind hoch angereichertes Uran. Ziel ist eine Aufbereitungsanlage in Podolsk bei Moskau.

Nach Angaben der Polizei gab es auf der Strecke vom Forschungszentrum bis zum Airport keinen nennenswerten Widerstand von Atomgegnern. Das Dresdner Bündnis "Kein Uran nach Russland" hatte unmittelbar vor dem Abtransport "spürbare Aktionen" dagegen angekündigt. Zwar brachte eine Streckenblockade durch vier Autos den Atomtransport kurzzeitig zum Stehen, allerdings konnte der Lkw bereits nach wenigen Minuten seinen Weg über eine Ausweichroute fortsetzen. Die Polizei nahm die Personalien der Blockierer auf.

Aus der Sicht der Umweltschützer ist der Luftweg mit zu vielen Risiken behaftet. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg und die Initiative "Kein Atommüll in Ahaus" nannten die Risiken des Transports unkalkulierbar. Außerdem sei der Verbleib des strahlenden Materials in Russland für die Öffentlichkeit nicht kontrollierbar, hieß es in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Sachsen bezahlt für den Transport in die Atomanlage Podolsk nach Angaben der Staatsregierung etwa eine Million Euro. Das Atommaterial, bei dem es sich zu zwei Dritteln um hochangereichertes Uran handelt, war zu DDR-Zeiten aus der damaligen Sowjetunion nach Rossendorf gelangt. Anders als ursprünglich vorgesehen, wurde es nie bestrahlt, wie das Wissenschaftsministerium betont.

Sachsen will das Material zurück nach Russland bringen lassen, weil bei einer weiteren Lagerung in Rossendorf die dortige Sicherheitstechnik aufwändig erneuert werden müsste. Laut Regierung ermöglicht ein internationales Abkommen die Rückführung des Kernbrennstoffs nur noch bis Jahresende. Der 1957 in Betrieb genommene Reaktor Rossendorf war 1991 abgeschaltet worden.

phw/dpa/ddp

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taz 18.12.2006

Gefahr auf Gleisen

Züge mit 2.000 Tonnen radioaktivem Material fahren regelmäßig durch NRW. Doch oft erfahren die BürgerInnen davon nichts. Anti-Atominitiativen fordern Aufklärung: "Die Transporte laufen heimlich"

VON JULIA GROTH

Alle zwei bis drei Wochen herrscht auf Nordrhein-Westfalens Bahnstrecken der Ausnahmezustand: Ein Zug, beladen mit mit hochgiftigem und radioaktivem Uranhexafluorid, rollt dann aus Frankreich kommend in Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage im münsterländischen Gronau. Mehrere Anti-Atomkraft-Initiativen fordern jetzt von den Städten entlang der Zugstrecke, ihre Bürger besser vor der Gefahr durch Strahlung und Unfällen zu schützen. Denn die Anwohner wissen oft nichts von der gefährlichen Fracht. "Transporte mit Uranhexafluorid werden wie ein Staatsgeheimnis behandelt", kritisiert Wolfgang Porrmann von der Waltroper Initiative Menschen gegen Atomanlagen (MEGA).

Mehr als 1.500 Züge mit jeweils 2.000 Tonnen der gefährlichen Substanz an Bord sind seit 2001 durch NRW gefahren. Auf dem Weg nach Gronau passieren sie Städte wie Bonn, Dortmund, Greven, Waltrop und Ahaus. Die Stadträte wissen meist ebenso wenig wie die anderen Einwohner von den Transporten, denn Urenco, die Betreiberfirma der Gronauer Anlage, informiert die Öffentlichkeit nicht im Voraus. Auch die Polizei hat keine Informationspflicht.

Nun regt sich Widerstand gegen die Transporte. In Ahaus wird sich der Stadtrat morgen mit dem Thema befassen. Die Fraktion der Unabhängigen Wählergruppe (UWG) will wissen, wie groß die Gefahr für die Einwohner ist. Dass neben dem Castor-Transport noch weitere Züge mit radioaktiven Stoffen durch Ahaus fahren, wusste man laut einem offiziellen Schreiben der Stadt bis zur Anfrage der Wählergruppe nicht. "Seit langer Zeit laufen die Dinge sehr heimlich ab", sagt UWG-Mitglied Dieter Homann.

Eine Ausnahme von der Geheimniskrämerei gibt es in Lünen. Die Stadt ist zwar über die Urantransporte informiert, interessiert sich aber nicht besonders für deren Gefahren. "Das ist ein Gefahrguttransport wie jeder andere auch", so Pressesprecher Jochen Neubauer. Man wolle nur wissen, was sich auf den Gleisen im Stadtgebiet tue. Dass die Stadt über die Züge nach Gronau bescheid weiß, ist Neubauer zufolge einer Sondervereinbarung mit der Polizei zu verdanken, die auf gutem Willen beruht.

In Bonn und Dortmund hingegen weiß man nichts von den mit Uran beladenen Zügen. Dabei ist die Strahlungsgefahr laut Porrmann von MEGA nicht zu unterschätzen. Eigene Messungen hätten ergeben, dass die gefährliche Gammastrahlung außen fast so kritisch hoch sei wie beim Castor-Transport. Laut Urenco sind die Werte nicht gesundheitsschädlich. "Die Gefahr wird heruntergespielt", kritisiert Porrmann. Auch in Münster, Rheine, Hamm, Lünen und Datteln wollen die Anti-Atom-Aktivisten deshalb Anfragen stellen: Die Stadtverwaltungen sollen erklären, ob sie überhaupt von den Atomtransporten wissen - und wie sie die Bevölkerung im Unglücksfall schützen wollen.

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taz 18.12.2006

Geheime Atomtransporte

Die ignorierte Gefahr

Grotesk: 20 bis 30 Mal im Jahr rollen Züge mit Uranhexafluorid mitten durch Nordrhein-Westfalen - und kaum jemand interessiert sich dafür. Dabei ist der Grundstoff für die Brennstäbe der deutschen Atommeiler nicht nur radioaktiv, sondern auch hochgiftig. Bei Kontakt mit der Umwelt entsteht stark ätzende Flusssäure. Bei einem Zugunglück rechnet selbst die Firma Urenco, Betreiberin der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im münsterländischen Gronau und Auftraggeber der Transporte, mit Toten.

KOMMENTAR VON

ANDREAS WYPUTTA

Die Atomzüge rollen dennoch mitten am Tag durch belebte Bahnhöfe und Wohngebiete, werden munter hin- und herrangiert und bleiben nachts auch mal auf unbewachten Güterbahnhöfen stehen. Anwohner aber werden nicht informiert - dabei führen die Transportstrecken mitten durch das Rheinland und das nördliche Ruhrgebiet.

Bei der Urenco, einer Tochterfirma der Atomstromkonzerne RWE und Eon, hat diese Geheimhaltung Tradition. Der Urananreicherer, der Uranhexafluorid auf seinem Gronauer Betriebsgelände in Fässern unter freiem Himmel lagert, informiert generell nicht über die Transporte. Fahrlässig aber ist, dass Nordrhein-Westfalens Behörden - vom Energieministerium über die Polizei bis zu den Stadtverwaltungen - diese Geheimniskrämerei mitmachen. Die Anfragen von Anti-Atom-Initiativen zeigen: Viele Stadtverwaltungen entlang der Transportrouten wollen nicht einmal wissen, wann Gefahr durch durch Atomzüge droht.

Geschützt werden kann die Bevölkerung so nicht. Sollte es tatsächlich einmal zu einem Unfall kommen, träfe der nicht nur die lokalen Feuerwehren unvorbereitet. Auch Evakuierungspläne existieren nicht. Stattdessen wird die Gefahr nicht nur in den Rathäusern, sondern auch von Seiten der Landesregierung einfach ignoriert: Ein Skandal, schon heute.

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Dresdener Neueste Nachrichten 18.12.2006

Rossendorfer "Atommüll" ist auf dem Weg nach Russland

Rund 300 Kilo "Atommüll" aus Rossendorf sind seit der vergangenen Nacht auf dem Weg nach Russland. Die unverbrauchten Kernbrennstäbe und so genannten Pellets wurden nach Mitternacht vom Gelände des Vereins für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) in Rossendorf per Lkw zum Flughafen in Klotzsche gefahren, dort in eine russische Spezialmaschine verladen und ausgeflogen. Das Material wird in einen Betrieb des Unternehmens Rosatom in Podolsk bei Moskau erwartet und dort weiterverarbeitet.

Der Transport war die vierte derartige Aktion seit der Stilllegung des Rossendorfer Forschunsreaktors vor 15 Jahren. Drei Mal wurden bisher Castoren mit Atommüll aus Rossendorf in ein Lager nach Ahaus gefahren. Die frischen Brennstäbe und großen Tabletten ähnelnden Pellets waren die letzten Kernbrennstoffe, die noch in der speziell gesicherten und besonders bewachten Übergangshalle auf dem Gelände des ehemaligen Kernforschungszentrums aufbewahrt wurden. Dabei handelt es sich um 200 Kilo hoch- und 100 Kilo niedrig angereichertes Uran, das nach Auskunft von VKTA-Chef Udo Helwig eine Strahlung abgibt, die nur wenige Zentimeter weit reicht. "Sie können die Stoffe in die Hand nehmen, man darf sie nur nicht einatmen", erklärte Helwig das Strahlungsrisiko.

Die Brennstäbe und Pellets wurden in der Nacht verpackt in 18 Spezialfässern auf einem Laster nach Klotzsche gefahren. Die Polizei hatte sich am Abend darauf eingerichtet, den Nachttransport mit mehr als 300 Beamten zu begleiten. Die Dresdner Initiative "Kein Uran nach Russland" kündigte an, sich dem Transport entgegen zu stellen. Der Weg der Kolonne war am Abend noch nicht bekannt. Die Verantwortlichen hatten mehrere Alternativen, unter anderem die Fahrt von Rossendorf nach Radeberg und weiter auf der Autobahn zum Flughafen in Klotzsche. Dort war unbestätigten Angaben zufolge bereits am Abend das Flugzeug angekommen, mit der die strahlende Last nach Moskau geflogen wird.

Umweltschützer warnten vor der Gefahr, die von dem Material ausgeht und die sich nach ihrer Ansicht fatal auswirken könne, wenn die Maschine etwa während des Flugs nach Moskau abstürzt. Das Bundesamt für Strahlenschutz war die letzte Behörde, die dem Transport zustimmen musste. Sie prüfte auch, welche Gefahr in diesem Fall von der Fracht kommt. Das Ergebnis: Das "zu transportierende Inventar" werde "selbst bei einem Flugzeugabsturz nicht kritisch". Die Transportbehälter seien nach internationalen Richtlinien für den Straßen- und Lufttransport zugelassen, stellte die Behörde fest und genehmigte Anfang Dezember den Uran-Flug ab Klotzsche.

Christoph Springer

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Spiegel-Online 17.12.2006

STRAHLENDE FRACHT

Atommüll fliegt am Montag von Dresden nach Russland

Rund 300 Kilogramm radioaktiver Brennstoff werden morgen nach Russland zurückgeflogen. Die Route für den Straßentransport vom Kernforschungszentrum Dresden-Rossendorf zum Flughafen wird noch geheim gehalten. Kernkraftgegner haben Proteste angekündigt.

Dresden - Am frühen Montagmorgen soll nach Angaben der Polizei das radioaktive Material zum Flughafen Dresden transportiert werden, von dort wird es mit einem russischen Spezialfrachtflugzeug nonstop nach Russland geflogen. Die Route für den Straßentransport zum Flughafen hielt die Polizei bis zuletzt geheim. Die Alternativen sollten je nach Sicherheitslage ausgewählt werden. Es stand ein Weg über die Autobahn und verschiedene Routen durch Dresden zur Wahl. Die Absicherung des Transports sollte die Landespolizei übernehmen. Am Flughafen wollte die Bundespolizei den Transport in Empfang nehmen.

Am Abend kündigten Atomgegner Proteste an. Das Dresdner Aktionsbündnis "Kein Uran nach Russland" wollte mit "spürbaren und effektiven" Aktionen gegen den Transport protestieren. Sie kündigten 50 bis 100 Teilnehmer an. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg und die Initiative "Kein Atommüll in Ahaus" nannten die Risiken des Transports unkalkulierbar. Außerdem wäre der Verbleib des strahlenden Materials in Russland für die Öffentlichkeit nicht kontrollierbar, hieß es in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie forderten die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen. Für die Wahl eines Endlagers müsse die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität haben.

Einzige Atommüll-Rückführung von Rossendorf

Dresden-Rossendorf ist einer von 20 Forschungsreaktoren in 17 Ländern, die zum Einflussgebiet der ehemaligen Sowjetunion gehörten. Der dort noch vorhandene radioaktive Brennstoff müssen gemäß einem internationalen Abkommen nach Russland zurückgebracht werden. Der Transport des Atommülls wird nach Polizeiangaben von der russischen Atomenergiebehörde Rosatom und der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO kontrolliert. Bisher sind elf Flüge dieser Art aus verschiedenen Ländern und mit Zustimmung von Rosatom nach Russland gegangen. Für Rossendorf sollte es der Erste und Einzige sein.

Zwei Drittel der Fracht, die nach Russland zurückgeschickt wird, sind hoch angereichertes Uran. In der Aufbereitungsanlage in Podolsk bei Moskau sollen die Brennelemente in niedrig angereichertes Material verwandelt werden. Nach Rückführung der Stäbe verbleiben noch etwa 4,5 Tonnen Uran in natürlicher Zusammensetzung, eine kleine Menge abgereichertes Uran sowie 9,7 Gramm Plutonium in Rossendorf.

Der Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) soll die Anlage bei Dresden von atomaren Altlasten befreien. Die Brennstäbe und sogenannten Pellets sollten nach Angaben des Vereins in 18 Spezialbehältern zum Flughafen Dresden gebracht werden. Die Aktion kostet das Land insgesamt etwa eine Million Euro. Derzeit gibt Sachsen für die Bewachung des Materials pro Monat 92.000 Euro aus.

abl/dpa

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WAZ, 15.12.06

Atom-Gegner fragen auch in Lünen nach

Lünen. (-nz) Mit den rund 260 Güterzügen, die - wir berichteten ausführlich - jedes Jahr mit Tonnen des gefährlichen weil radioaktiven Uranhexafluorid (UF6) durch Lünen rollen, werden sich Stadtverwaltung und Kommunalpolitik doch intensiver befassen müssen. Ein Aktionsbündnis aus verschiedenen Anti-Atomkraft-Initiativen im Lande will nämlich offizielle Anfragen an die Bürgermeister und Stadträte der Kommunen entlang der Bahnstrecken für Urantransporte von und zur Urananreicherungsanlage Gronau richten. Zu ihnen gehört bekanntlich auch Lünen. Geklärt werden sollen unter anderem die Fragen, ob Lünen spezielle Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, um die Bevölkerung angemessen zu schützen und ob die Stadt Maßnahmen gegen die Urantransporte eingeleitet hat. Wie berichtet, sollen immer wieder Züge mit ihrer gefährlichen Fracht nachts auf den ehemaligen Güterbahnhöfen in Lünen-Süd und Lünen-Nord mehrstündige Pausen einlegen. Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis "Münsterland gegen Atomanlagen" gegenüber unserer Redaktion: "Bei einem Unfall mit UF6 kann die hochgiftige Flusssäure freigesetzt werden, was eine weiträumige Evakuierung rund um die Unfallstelle erfordern würde."

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Westfälische Rundschau 13.12.06:

"Strahlende Fracht" auf Güterbahnhöfen

Strahlende Fracht auf dem Weg durch Lünen.

Lünen. Seit dem Jahr 2001 sind vermutlich mehr als 1 500 Züge mit mehr als 2 000 Tonnen des hochgiftigen und radioaktiven Uranhexafluorid duch Lünen gerollt. Ein Teil dieser Transporte soll sogar nachts für mehrstündige "Pausen" auf dem Gelände der ehemaligen Lüner Güterbahnhöfe stehen.

Dies geht jedenfalls aus einer Antwort der Stadtverwaltung Ahaus auf eine Anfrage der dortigen unabhängigen Wählergruppe (UWG) hervor. Danach sollen seit 2001 jedes Jahr rund 260 Züge zur Urananreicherungsanlage der Firma Urenco im münsterländischen Gronau gefahren sein. An Bord: Fässer mit rund 2 000 Tonnen Uranhexafluorid. Nahezu alle Transporte, auch dies ergab die Ahauser Antwort auf die UWG-Anfrage, werden auf dem Schienenweg an Dortmund vorbei über Waltrop nach Lünen und von dort aus nach Gronau geführt. Einige von ihnen, so die vorliegenden Informationen, stünden schließlich nachts für mehrere Stunden auf dem Gelände der ehemaligen Güterbahnhöfe Lünen-Süd beziehungsweise Lünen-Nord bevor sie weiterfahren könnten.

Insbesondere die vermeintlichen Aufenthalte der Züge mit der gefährlichen Fracht führten gestern auch im Lüner Rathaus zu Irritationen - Stadtpressesprecher Reinhold Urner auf Anfrage: "Mir ist überhaupt nichts davon bekannt, dass Züge mit einer solchen Fracht zum Teil für mehrere Stunden auf Lüner Stadtgebiet stehen. Wenn dies so sein sollte, dann bekommt das gesamte Thema für die Stadt Lünen natürlich eine ganz andere Dimension - dann muss vor allem geprüft werden, ob von den Zügen auch garantiert keine Gefahr für die Bevölkerung ausgeht." Ansonsten sei die Sicherheit solcher Transporte in erster Linie ein Thema der Polizei. Die Stadt Lünen werde nämlich "letztlich nur nachrichtlich informiert, wenn ein solcher Transport stattfindet".

Von der Polizei gab es gestern keine Stellungnahme zu den Zügen mit der strahlenden Fracht. Die Schutzpolizei, so das Polizeipräsidium Dortmund, sei nicht zuständig - und vom zuständigen Bundespolizei-Präsidium West in St. Augustin gab es noch nicht einmal diesen Hinweis.

Von Malte Hinz

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TAZ 13.12.06:

Anzeige gegen Uran-Anreicherer

MÜNSTER/GRONAU taz Russische Atomkraftgegner haben bei der Staatsanwaltschaft Münster eine weitere Strafanzeige gegen den Betreiber der Gronauer Urananreicherungsanlage gestellt. Die Firma Urenco, eine Tochter der Atomstromkonzerne RWE und Eon, exportiere illegal Atommüll nach Russland, so die Vorwürfe der Umweltschutzorganisation Baikal Environment. Konkret werden als "Wertstoff" getarnte Atommülltransporte in die Atomfabrik Angarsk nahe der sibirischen Metropole Irkutsk genannt. Unter Hinweis auf massive Sicherheitslücken hatten Umweltschützer aus Tomsk, Jekaterinburg und Moskau bereits Anfang November Anzeige gegen Urenco erstattet. WYP

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Sächsische Zeitung 13.12.06:

Noch kein Termin für Rücktransport von Atommüll

Dresden - Für den Transport von rund 300 Kilogramm Atommüll von Sachsen zurück nach Russland steht nach Angaben des sächsischen Wissenschaftsministeriums noch kein Termin fest. Der Radiosender Antenne Thüringen hatte am Mittwoch unter Hinweis auf Informationen aus Polizeikreisen berichtet, das am 18. Dezember die im früheren DDR-Kernforschungszentrum Dresden-Rossendorf lagernden radioaktiven Brennstäbe Sachsen verlassen sollen.

Im Verfahren um den Rücktransport sei Transparenz versprochen worden, sagte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD). „Wir werden dieses Versprechen, unter Wahrung der Sicherheitsinteressen der Menschen, auch halten." Anfang Dezember hatte die Ministerin angekündigt, dass der Transport noch vor Weihnachten erfolgen soll. Auch soll der Termin rechtzeitig bekannt gegeben werden. Nach Informationen des Radiosenders wurden für den Rücktransport bis zu 400 zusätzliche Einsatzkräfte der Polizei angefordert. Sie sollen den Transport von Rossendorf zum Flughafen Dresden absichern.

Zwei Drittel der Fracht, die nach Russland zurückgeschickt wird, sind hoch angereichertes Uran. Der Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) soll das frühere DDR-Kernforschungszentrum von atomaren Altlasten befreien. Die Brennstäbe und so genannten Pellets sollen nach Angaben des Vereins in 18 Spezialbehältern zum Flughafen Dresden gebracht werden. Die Aktion soll das Land insgesamt etwa eine Million Euro kosten. Derzeit gibt Sachsen für die Bewachung des Materials pro Monat 92.000 Euro aus. (dpa)

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mdr 13.12.2006

Fall Litwinenko: Polonium-Untersuchung in Rossendorf

Das Kernforschungszentrum Rossendorf ist eines der wenigen Labore in Deutschland, welches eine Polonium-Untersuchung durchführen kann.

Das Kernforschungszentrum Rossendorf ist mit Untersuchungen im Fall des ehemaligen russischen Spions Alexander Litwinenko beauftragt worden. Nach Angaben des sächsischen Wissenschaftsministeriums werden in Rossendorf Urinproben von vier Personen aus Hamburg analysiert, die möglicherweise einer Strahlenbelastung durch Polonium 210 ausgesetzt waren. Der Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik verfüge über eines der wenigen Labore in Deutschland, in dem eine derartige Untersuchung möglich sei, sagte Ministeriumssprecherin Eileen Mägel. Mit Polonium 210 war Litwinenko vergiftet worden. Eine Spur hatte die Ermittler nach Hamburg geführt, wo ein Kontaktmann Litvinenkos lebte.

Grundlagenforschung in Rossendorf

Das Forschungszentrum beschäftigt rund 550 Mitarbeiter. Es liegt nordöstlich von Dresden und dehnt sich auf einer Fläche von 186 Hektar aus. Hier wird in den Disziplinen Physik, Chemie, Biologie und Medizin Anwendungs- sowie Grundlagenforschung betrieben. Die Grundfinanzierung von 53 Millionen Euro wird jeweils zur Hälfte von Bund und Länder bereitgestellt. Zusätzliche 7 Millionen Euro kommen aus Drittmitteln. Bei den Mitteln der Länder wird der Großteil vom Freistaat Sachsen getragen. Als ehemaliges Zentralinstitut für Kernforschung (ZfK) der DDR waren in Rossendorf verschiedene Forschungsreaktoren in Betrieb.

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TAZ, 11.12.06

Stromkonzern trickst bei Atomausstieg

EnBW wird voraussichtlich noch in dieser Woche für sein Atomkraftwerk Neckarwestheim eine längere Laufzeit beantragen.

Der zuständige Staatssekretär Michel Müller (SPD) sieht darin einen "Verstoß gegen den Geist des Gesetzes zum Atomausstieg"

VON TARIK AHMIA

Die deutschen Stromkonzerne sägen weiter am Atomausstieg. Der Stromkonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW) wird nach taz-Informationen noch in dieser Woche beim Bundesumweltministerium eine länge Laufzeit für seine Atommeiler Neckarwestheim I beantragen, als dies die Planung vorsieht.

Eigentlich sollte das 30 Jahre alte Kraftwerk ab 2009 vom Netz gehen. So jedenfalls sieht es die Vereinbarung zum Atomausstieg der Bundesregierung vor. Wenn es nach den Wünschen des Konzerns geht, soll das Ende um einige Jahre nach hinten verschoben werden, indem ein Teil der Strommenge eines neueren Kraftwerks auf das alte Kraftwerk übertragen wird. Das Vorgehen ist jedoch rechtlich umstritten, weil Strommengen laut Atomgesetz nur in eng definierten Ausnahmesituationen von neueren auf ältere Kraftwerke übertragen werden dürfen. Die Bedingungen dafür sind aus Sicht der SPD im Bundestag nicht gegeben.

"Der Antrag wird mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt", sagte Ulrich Kelber, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, der taz. "Es dürfte schwierig zu begründen sein, ein neues Kraftwerk kürzer laufen zu lassen, um unsicherere ältere Kraftwerke weiter zu betreiben", so Kelber.

Auch der zuständige Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), sagte der taz: "Die Übertragung von Strommengen auf alte Atomkraftwerke ist ein eindeutiger Verstoß gegen den Geist des Ausstiegsgesetzes."

Zuständig für die Prüfung des Antrages ist zunächst allein Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein Ministerium. "Sollten etwa Sicherheitsgründe gegen einen weiteren Betrieb der alten Reaktoren sprechen, könnte das Bundesumweltministerium allein die Anträge ablehnen", sagte Müller. Das Kalkül der Stromkonzerne ist jedoch klar: Wenn sie die Abschaltung der Atommeiler bis in die nächste Legislaturperiode verschleppen können, wahren sie die Chance, dass der Beschluss zum Atomausstieg möglicherweise noch ganz kippt.

Große Hoffnungen sollten sich die Konzerne jedoch nicht machen. "Einen Wiedereinstieg in die Atomenergie wird es mit der SPD nicht geben", sagte Ulrich Kelber.

Der Antrag von EnBW kommt nicht überraschend. Die vier marktbeherrschenden Stromkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW hatten bereits im September angekündigt, insgesamt für vier Atomkraftwerke, die in dieser Legislaturperiode vom Netz gehen sollen, längere Betriebsgenehmigungen zu beantragen. Das Atomgesetz aus dem Jahr 2000 macht die Restlaufzeit jedes Atomkraftwerkes in Deutschland von einer produzierten Elektrizitätsmenge abhängig. RWE hatte im September erstmals für sein Kraftwerk Biblis A, das etwa Mitte 2007 abgeschaltet werden soll, eine längere Laufzeit beantragt. Dafür will RWE einen Teil der Reststrommenge des stillgelegten Atommeilers Mühlheim-Kärlich auf Biblis A übertragen. Dessen Betriebsgenehmigung könnte sich dadurch bis 2011 verlängern.

Zeitgleich mit dem RWE-Antrag hatte EnBW angekündigt, "im vierten Quartal" einen ähnlichen Antrag für Neckarwestheim zu stellen. EnBW wollte gestern auf Nachfrage der taz zu konkreten Terminen keine Stellung nehmen: "Das ist und bleibt Spekulation", sagte EnBW-Sprecher Dirk Ommeln. "Wir werden allerdings noch in diesem Jahr zu einem geeigneten Zeitpunkt einen Antrag für Neckarwestheim stellen." Von welchen Faktoren der geeignete Zeitpunkt abhängt, wollte Ommeln nicht verraten. Sicher ist, dass EnBW dafür noch 20 Tage Zeit hat.

BEI DEN AKW-LAUFZEITEN SPIELEN DIE ENERGIEVERSORGER AUF ZEIT

Auch Teilsiege bringen Bares

Der Stromkonzern EnBW wird diese Woche einen Antrag stellen, damit er sein Atomkraftwerk in Neckarwestheim länger betreiben kann, als es das Atomgesetz erlaubt. Das kann keiner verbieten. Finanziell bringt ein Weiterbetrieb alter AKWs dreistellige Millionenbeträge pro Jahr. Allerdings dürfte EnBW derzeit wenig Aussichten auf Erfolg haben. Denn die zuständige Fachbehörde ist das Bundesumweltministerium unter Sigmar Gabriel.

Der wiederum hat seine politische Zukunft mit einer harten Haltung gegenüber den Stromkonzernen verknüpft. Fachliche Gründe gegen eine Verlängerung des Betriebs alter AKWs gibt es sowieso genug. Schließlich ermüdet das Material in einem solchen Kraftwerk noch stärker als in einem konventionellen. Eine längere Laufzeit könnte also nur über Hinterzimmer und Spendenkonten erreicht werden. Aber dabei scheint der Preis für die SPD derzeit zu hoch: Der Umweltflügel würde sich ebenso lächerlich machen wie die Linken.

Diese Lage würde sich schlagartig ändern, wenn die große Koalition zerfiele - und die Union mit der FDP regieren würde. Die Stromkonzerne werden daher weitere Anträge für ihre ältesten AKWs stellen - und auf bessere Zeiten hoffen. Denn einerseits geht es um viel Geld. Und andererseits hat die Energiewirtschaft derzeit einen Mehrfrontenkampf am Hals. Immer weniger Verbraucher sind gewillt, die Strompreise der großen Versorger zu zahlen. Und auch Mittelstand und Industrie sind es leid, überhöhte Kalkulationen der Monopol- oder Oligopolgewinnler hinzunehmen. Zudem kämpfen die Kraftwerksbetreiber auch noch beim Klimaschutz um ihre geschenkten Kohlendioxidemissionen bei den Kohleblöcken. Schon deshalb müssen sie immer neue Geschütze in Stellung bringen, um am Ende vielleicht doch den ein oder anderen Teilsieg zu erringen.

Die Genehmigungsbehörden sollten jeden einzelnen ungerechtfertigten Antrag ablehnen. Allerdings funktioniert Politik immer mit einem gewissen Geben und Nehmen. Die Öffentlichkeit wird wohl noch in dieser Wahlperiode erfahren, wie das Ringen ausgeht. REINER METZGER

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Westfälischer Anzeiger 8. 12. 2006

Uran-Transporte durch Hamm

Zug steht über Stunden am Güterbahnhof. Bundespolizei kontrolliert nur sporadisch

„Das ist ein hochgiftiges Zeug, und damit ist nicht zu spaßen." Dieses  Zeug von dem Feuerwehrchef Wilhelm Tigges spricht, heißt Uranhexafluorid. Verpackt in einem Sicherheitstank, ist die  schwach-radioaktive Chemikalie ein Gefahrgut wie viele andere auch. Wenn  „UF6" jedoch aus dem Tank entweicht, reagiert es mit der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit und es entsteht die hochgiftige Flusssäure.  „Und dann hätten wir ein ziemlich großes Problem", gesteht der Chef der  Hammer Brandschützer.

Zu diesem Extremfall hätte es nach Meinung von Atomtransportgegnern in  der Nacht zu gestern ohne weiteres in Hamm kommen können. Ein mit sieben  Waggons voller Uranhexafluorid beladener Güterzug wurde im Bereich der  „Sieben Brücken" in Pelkum umgekoppelt und stand über mehrere Stunden  auf dem Gelände des Güterbahnhofs. „Und zwar gänzlich unbewacht", wie  Matthias Eickhoff vom „Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen" bemängelt.

„Wir waren zu zehnt vor Ort, sicherlich eine Stunde lang, und wir haben  dort demonstriert. Aber die Polizei war überhaupt nicht zu sehen",  berichtet der Transportgegner relativ entsetzt. Seine These: Mit  entsprechender krimineller Energie ausgestattete Personen hätten sich  genau so gut dem Zug nähern und eine Katastrophe auslösen können. 300 bis 400 Tonnen Uranhexafluorid hätten sich nach Schätzungen der  Aktivisten auf dem Zug befunden. Und zudem seien noch andere Waggons  angekoppelt  gewesen &endash; auch solche, die mit Chemikalien beladen waren.  „Und wer weiß, was in diesen Tanks enthalten war", zeichnet Eickhoff  sein düsteres Bild fort.

Für absolut überzogen hält diese Darstellung die Bundespolizei in Köln.  „Solche Züge werden von uns sporadisch bestreift", stellte  Pressesprecher Günter Ahr klar. Nach der Gefahrenschutzverordnung sei  das Gefahrenpotential allein schon durch die Unterbringung in den  speziellen Behältern nicht mehr vorhanden. „Mehrere Stunden" würden  benötigt, um das „UF6" mutwillig zum Entweichen zu bringen &endash; zuviel  Zeit, um von der Streife nicht bemerkt zu werden.

„Mindestens alle zwei Wochen ein Transport" Ahr bestätigte, dass UF6-Transporte absolut nichts ungewöhnliches seien  und regelmäßig auch das Hammer Gleisnetz passierten. Die  Atomtransport-Gegner wollen ausgemacht haben, dass mindestens alle zwei  Wochen, wenn nicht sogar wöchentlich, Uranhexafluorid auf dem  Schienenweg durch Hamm rolle. Die örtliche Feuerwehr und die  Katastrophenschützer werden laut Bundespolizei über diese Transporte  nicht informiert, wohl aber die Hammer Polizei, die auch von dem  jüngsten Transport wusste.

Das Uranhexafluorid stammt aus der südfranzösischen Atomanlage  Pierrelatte im Rhone-Tal und wurde zur Urananreicherungsanlage nach  Gronau gebracht. Dort wird das schwach radioaktive Material so  behandelt, dass in fünfprozentiger Konzentration Uran 235 entsteht.  Derart aufbereitet, kann es wiederum in Atomkraftwerken verwendet  werden. Der Zug lief mittags planmäßig dort ein. Autor: fl

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Journalismus von heute 8.12.2006

Urantransporte - mit Sicherheit unsicher

Michael Schulze von Glaßer &endash; Gefährliche Urantransporte fahren immer wieder durch Deutschland. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen werden die Transporte getarnt. Aber die Sicherheit dieser Transporte ist dennoch mangelhaft. Die Gefahren die solche Transporte implizieren, terroristische Anschläge und Raubüberfalle, sind unkalkulierbar. Wie leicht ungenügend gesicherte Transporte von radioaktiven Stoffen Menschen und Umwelt kontaminieren können, zeigt der Fall des in London ermordeten Kreml-Gegners Litwinenko. Scotland Yard entdeckte radioaktive Spuren nicht nur auf den Straßen und Wegen, über die Litwinenko gegangen ist, sondern auch in dem Hotel, in dem er sich aufgehalten hatte. Mehrere Hotelangestellte, die Kontakt zu Litwinenko hatten, sollen einer neuesten Meldung nach verstrahlt sein.

Als normale Güterzüge getarnt rollen die strahlenden Züge durch Deutschland. Ziel dieser gefährlichen Transporte ist die Urananreicherungsanlage in der Nordrhein-Westfälischen Stadt Gronau nahe der deutsch-niederländischen Grenze. Die Güterwaggone enthalten meist einige Tonnen des strahlenden, hochgefährlichen Stoffes Uranhexafluorid. Dieser Stoff ist nicht nur aufgrund seiner radioaktiven Strahlung gefährlich.

Schon Mitte November wurde ein Zug, der Uranhexafluorid transportierte, von Anti-Atomkraft-Aktivisten entdeckt. Zum ersten Mal konnte die gesamte Fahrt eines solchen Zuges vom Abfahrtsort, Pierrelatte in Südfrankreich, bis zu seiner Ankunft in Gronau mitverfolgt werden. Damals fanden die Atomkraftgegner erhebliche Mängel am Sicherheitskonzept der Polizei: Im Gronauer Bahnhof standen die Waggons unbewacht und waren für jedermann zugänglich.

Der Schein trügt. Auch wenn die Waggons harmlos aussehen: Ihre Fracht ist mörderisch.

Nun entdeckten Atomkraftgegner einen weiteren Urantransport aus Pierrelatte. Die 800 Kilometer bis zur deutschen Urananreicherungsanlage legte der Zug in mehreren Etappen zurück. Nach der langen Fahrt von Frankreich nach Deutschland wurde der Zug, der neben den sieben Uranwaggons auch andere Güterwaggons enthalten haben soll, im nördlichen Ruhrgebiet in Hamm gesichtet. Der einzige Hinweis auf die gefährliche Fracht sind kleine Warntäfelchen, die vor Radioaktivität warnen. Diese Tafeln sind vorgeschrieben. Eine Nichtverwendung solcher Warntafeln, um beispielsweise den Zug noch besser zu tarnen, wäre nach der Gefahrenverordnung eine Ordnungswidrigkeit und könnte zu einem Transport-Verbot führen.

Unbewacht soll der Uranzug eine Nacht lang in Hamm gestanden haben. Angeblich kein Polizeischutz. Will man es Terroristen leicht machen? Oder sollen solche Transporte als Falle dienen und Terroristen anlocken? Ist das die Sicherheit, für die sich der Bundesinnerminister einsetzt? Soll es hier „ganz sicher" zu einem katastrophalen Ereignis kommen?

Am 7. Dezember fuhr der Zug weiter in Richtung Gronau und wurde begleitet von Protestaktionen gegen die gefährlichen Transporte.

Die Mängel am Sicherheitskonzept wurden offensichtlich nicht behoben. Sie sind sogar noch größer geworden, wie nicht nur der mutmaßlich unbewachte Zug zeigt; es ist auch der wahrscheinlich unqualifizierte Umgang mit dem Uranhexafluorid. Gegner dieser Transporte vermuten nämlich, dass die Waggone leer nach Frankreich gebracht werden, um sie dort zu dekontaminieren. Damit unterstellen sie den Verantwortlichen einen grob fahrlässigen und absolut dummen Umgang mit radioaktiven Stoffen. Radioaktive Partikel werden normalerweise mit Wasser abgespült, das aufgefangen werden muss. Doch die Waggons wurden durch das Uranhexafluorid verstrahlt &endash; und das reagiert mit Wasser zu Flußsäure - eine Säure, die erheblich aggressiver ist als konzentrierte Essig-, Salz, Schwefel- und Salpetersäure und Glas und die meisten Metalle auflöst.

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indymedia.org 07.12.2006

Der Uranzug, der aus dem Nichts auftauchte

SOFA Münster 07.12.2006 16:27 Themen: Atom

Uranzüge sind wie alle Atomtransporte strikt geheim. Doch langsam kommt Bewegung in die Urantransporte von und zur Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau. Gestern Abend gelang es AktivistInnen im nördlichen Ruhrgebiet einen Zug mit sieben Waggons Uranhexafluorid (UF6) aus dem südfranzösischen Pierrelatte Richtung Gronau zu entdecken. Es schlossen sich spontane Aktionen in Waltrop, Hamm, Ahaus und Gronau an. Damit ist es den Anti-Atom-Initiativen in der Region zum zweiten Mal in drei Wochen gelungen, einen Urantransport bei Nacht und Nebel aufzuspüren und in die Öffentlichkeit zu bringen!

Die Urantransporte aus Südfrankreich sind die Lebensader für die bundesweit einzige UAA. Sie haben deshalb eine strategische Bedeutung für das deutsche Atomprogramm. Lange Zeit galten Proteste gegen diese Transporte aber als schwierig, weil die Info-Lage flau war. Nur gelegentlich gelangen Aktionen. 1999 gab es eine größere, sehr erfolgreiche Blockade direkt vor der UAA in Gronau, 2003 konnte die Polizei einen Transport 24 Stunden vorverlegen, um Protesten auszuweichen.

Doch seitdem die Atommüll-Transporte von Gronau nach Russland auf größeres Interesse gestoßen sind, tut sich auch zwischen Pierrelatte und Gronau einiges. Inzwischen arbeiten Initiativen und Interessierte aus 20 Orten entlang der Bahnstrecke zu dem Thema und nach jeder Transportsichtung werden es mehr. Besonders wichtig ist dabei die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit französischen AtomkraftgegnerInnen (s. www.urantransport.de). Auch die Presse interessierte sich heute sehr für die Urantransporte und die Proteste.

Die Strecke verläuft auf deutscher Seite vom Grenzübergang Perl-Apach über Trier-Koblenz-Bonn-Köln-Düsseldorf-Duisburg-Oberhausen-Bottrop-Gladbeck-Recklinghausen-Waltrop-Lünen-Hamm-Lünen-Lüdinghausen-Dülmen-Coesfeld-Ahaus-Gronau.

Nachdem vor drei Wochen bereits die überregionale Beobachtung eines UF6-Transportes gelungen war, sichteten gestern AktivistInnen gegen 23.40 Uhr den Uranzug in Waltrop. Um 0.05 Uhr rollte der Zug in den Hammer Güterbahnhof ein, wo sich sofort eine spontane Protestaktion ergab. Die UF6-Waggons wurden von dem normalen Güterzug abgekoppelt und übernachteten auf dem riesigen Gelände des Rangierbahnhofs (ohne jeden erkennbaren Polizeischutz!). Morgens ging es dann zurück und nach einer langen Pause in Lünen-Süd über die eingleisige Strecke nach Gronau. In jedem zweiten Bahnhof kreuzt der Uranzug dabei Personenzüge (s. Fotos).

Wichtig für die Beobachtung ist, dass die Radioaktivitätszeichen nur noch sehr klein am unteren Fahrgestell angebracht sind und deshalb aus der Ferne und im Dunkel praktisch unsichtbar sind. Die Anti-Atom-Initiativen im Rheinland, Ruhrgebiet und Münsterland werden die Kampagne gegen die UF6-Transporte in Zukunft gezielt fortsetzen - es gibt kein ruhiges Hinterland!

Weitere Infos u.a.: www.mega-waltrop.de, www.antiatombonn.de, www.bi-ahaus.de, www.aktionsbuendnis-muensterland.de

Was die Russland-Transporte angeht, wird jetzt auch im fernen Sibirien gegen die Urenco demonstriert. Am letzten Sonntag, 3.12., demonstrierten 250 AtomkraftgegnerInnen in Irkutsk am Baikalsee gegen die nahe gelegene Atomfabrik Angarsk und gegen den Import von abgereichertem Uran aus Gronau und anderen Ländern Westeuropas. Weil die Aktion so erfolgreich war, wird es am 16.12. schon die nächste Anti-Atom-Demo in Irkutsk geben. Dort überlegen sich lokale Umweltgruppen auch, sich der Strafanzeige gegen die UAA-Betreiberin Urenco anzuschließen wegen des dringenden Verdachts des illegalen Atommüllexports nach Russland.

Die Urenco (und die deutschen Mutterfirmen RWE + E.ON) brauchen von allen Seiten richtig Druck, damit die Urananreicherung ins Straucheln gerät.

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Westdeutsche Allgemeine Zeitung 8.12.06:

Stadt bestätigt Urantransport - Lüner Atomgegner formieren sich

Der Zug mit Uranhexafluorid an Bord soll gestern zwischen 8.30 und 10 Uhr durch Lünen gerollt sein.

Diese Aufnahme des Güterzuges entstand im Bahnhof von Ahaus.

Lünen. (jw) Einen weiteren Zug mit Uranhexafluorid an Bord auf Lüner Stadtgebiet meldete gestern die Initiative Menschen gegen Atomanlagen, die sich jetzt auch in Lünen formiert. Die Stadtverwaltung bestätigte den umstrittenen Transport.

"Als Reaktion auf die Berichte der jüngeren Vergangenheit haben wir mit der Polizei eine Informationskette vereinbart", erklärte Reinhold Urner, Pressesprecher der Stadt, auf Anfrage. Aus Köln habe die Nachricht über den gestrigen Transport das Rathaus erreicht. Vorsichtsmaßnahmen werden laut Urner nicht getroffen: "Es handelt sich um einen Gefahrguttransport, von denen es auch viele andere gibt." Das sieht Wolfgang Porrmann von der Intiative Menschen gegen Atomkraft anders: "Wir wundern uns, dass es keine Absprachen mit der Feuerwehr gibt und der Zug auch bei längerem Aufenthalt nicht polizeilich überwacht wird - die Fracht ist hoch gefährlich." Vor der Strahlung, die nach Messprotokollen der Initiative mit Sitz in Waltrop vorhanden sei, warnt er ebenso wie vor den "verheerenden Folgen eines Unfalls".

Zwischen 8.30 und 10 Uhr sei der Güterzug gestern in Lünen gewesen, so Porrmann. Zuvor habe er seit Mitternacht in Hamm geparkt, "um 11.02 Uhr wurde er in Lüdinghausen gesehen - das Beobachtungsnetz unserer und befreundeter Anti-Atomkraft-Initiativen wird immer dichter." Nach den Berichten unserer Zeitung habe es einige Anfragen aus Lünen gegeben. "Da entwickelt eine Gruppe gerade Aktivität: eine Anfrage an den Stadtrat ist geplant", berichtet Porrmann.

Der Transport aus der südfranzösischen Atomanlage Pierrelatte versorge die Urananreicherungsanlage in Gronau mit Uranhexafluorid. Damit werde der Anteil spaltbaren Urans erhöht, um es in Brennelementen in Atomkraftwerken wie der Fabrik in Lingen einsetzen zu können.

Zufrieden war Porrmann mit dem gestrigen Protest: An einigen Bahnhöfen organisierten Atomkraftgegner Aktionen wie Mahnwachen.

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taz NRW vom 6.12.2006

atomlobbyist pinkwart

Ideologischer Rollback

Es erinnert an George Orwells Neusprech: Sein Ministerium heißt seit dem Regierungswechsel "Innovationsministerium", sich selbst bezeichnet Andreas Pinkwart als "Innovationsminister". Was für eine Camouflage, was für eine Lüge. Tatsächlich steht der nordrhein-westfälische FDP-Landeschef und Vize-Ministerpräsident mit seiner Pro-Atomkraft-Propaganda für einen ideologischen Rollback zurück in jene längst überwunden geglaubten Zeiten grenzenloser Technikgläubigkeit, von der zum Glück zwischen Rhein und Weser nur noch Ruinen übrig geblieben sind.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Der Reaktorunfall von Harrisburg liegt inzwischen 27 Jahre zurück, der von Tschernobyl feierte in diesem Jahr ihr zwanzigstes Jubiläum. Die Folge dieser Katastrophen war ein grundlegendes Umdenken auch und gerade in der bundesdeutschen Bevölkerung. Die so genannte friedliche Nutzung der Atomenergie verlor ihre Akzeptanz, die Anti-AKW-Bewegung wurde mehrheitsfähig.

In NRW führte das dazu, glücklicherweise heute AKW-frei sein zu können: Das 1971 in Betrieb genommene AKW Würgassen wurde 1994 wegen erheblicher Sicherheitsmängel abgeschaltet und zwei Jahre später endgültig stillgelegt. Das endgültige Aus für den "Schnellen Brüter" in Kalkar kam 1991, ohne dass er jemals in Betrieb war. Der Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) in Hamm-Uentrop erlebte nicht mehr als seinen Probebetrieb und wurde 1989 wegen "technischer Mängel" stillgelegt. Nun versucht Pinkwart die Zeit zurück zu drehen. Ob auf dem vergangenen FDP-Bundesparteitag, in zahlreichen Zeitungsinterviews oder auf Pressekonferenzen wie der gestrigen in Düsseldorf: Seit Monaten schon gibt Pinkwart den obersten Atomlobbyisten der Republik. Noch ist sein Kampf für eine Renaissance der Atomkraft nur ein rhetorischer Kampf. Doch er sollte nicht unterschätzt werden. Es wird Zeit für eine neue Anti-AKW-Bewegung.

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stromtarife.de, 6.12.06

Nordrhein-Westfalen baut Atomenergie-Forschung aus - Minister Pinkwart für Verlängerung der Reaktorlaufzeiten

Düsseldorf - Das Land Nordrhein-Westfalen will in Zukunft seine Forschung in der Kernenergie an der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich ausbauen. Das hat Forschungsminister Andreas Pinkwart in Düsseldorf angekündigt. Insgesamt sollen - anders als unter der Vorgängerregierung geplant - drei Professuren für die Gebiete Sicherheit, Entsorgung und Reaktortechnik an der RWTH Aachen neu besetzt sowie ein vierter Lehrstuhl eingerichtet werden. Die Gelder dafür stellen das Land NRW, die RWTH Aachen und das Helmholtz-Institut zur Verfügung. Zugleich gaben die Unternehmen RWE Power AG und ThyssenKrupp Steel AG bekannt, die Ausstattung der Lehrstühle mit 3,5 Mio. Euro zu unterstützen.

Ziel sei es, die Kompetenz im Land zu halten und auszubauen, die Sicherheitsstandards zu gewährleisten und die Nutzung der Atomenergie als eine Option im Energie-Mix zu erhalten. Der Minister sprach sich zudem dafür aus, die Laufzeit der deutschen Reaktoren über die im Atomausstiegsgesetz vereinbarte Frist hinaus um acht bis zehn Jahre zu verlängern.

Die Forschungsexpertin der Grünen, Ruth Seidl, hat die Pläne Pinkwarts kritisiert. Anstatt Zukunftsbereiche wie Technologien für mehr Energieeffizienz oder erneuerbare Energien zu fördern, würde nun weiter an einem zukünftigen Subventionsempfänger geforscht. Pinkwart schloss Forschungen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien jedoch nicht aus, wies aber aus ökologischen und ökonomischen Gründen auf die hohe Bedeutung der friedlichen Nutzung von Atomkraft hin. "Solange wir Kraftwerke betreiben und folglich auch entsorgen müssen, solange wir Kerntechnologie exportieren und im Ausland noch Anlagen betrieben werden, die von deutschen Unternehmen gebaut worden sind, sehe ich eine rein praktische, aber auch moralische Verpflichtung, weiter auf dem Gebiet forschend und auch ausbildend tätig zu sein", sagte Pinkwart.

Minister Pinkwart kündigte zudem an, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Deutschland sich offiziell dem zwischen den großen Industrienationen wie USA, Frankreich, Japan oder Großbritannien geschlossenen Zusammenarbeitsvertrag bei der Entwicklung neuer Reaktorgenerationen der IV. Generation anschließt. Pinkwart verwies auch auf die Möglichkeit, dass NRW nach dieser Entscheidung auch im Bereich Kernenergieforschung am 7. EU-Forschungsrahmenprogramm, das 2007 beginnt und insgesamt ein Volumen von rund 54 Mrd. Euro besitzt, erfolgreich teilnehmen kann.

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WDR 06.01.2006

Spekulationen um neue Atommeiler in NRW

Thoben: Nukleare Forschungsarbeit fördern

Von Johannes Nitschmann

Mit einem uneingeschränkten Bekenntnis zur Weiterentwicklung der Hochtemperaturreaktor-Technologie hat die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) Spekulationen um den Bau neuer Atomkraftwerke in Deutschland angeheizt.

Thoben: Keine Pläne für neuen Atommeiler

Mit ihren jüngsten Äußerungen über den Hochtemperaturreaktor habe Thoben die nukleare Forschungsarbeit am Jülicher Institut für Reaktorsicherheit unterstützen und stärken wollen, erklärte Joachim Neuser, Sprecher des Düsseldorfer Wirtschaftsministeriums, am Freitag (06.01.06) auf Anfrage von wdr.de. Die Kernforschungsanlage (KFA) Jülich gilt als führend in der Materialforschung und Weiterentwicklung der Hochtemperaturreaktor-Technologie.

Derzeit gibt es offenbar ein ernsthaftes Interesse von Südafrika, dort in enger Kooperation mit den Jülicher Atomforschern einen so genannten Kugelhaufen-Reaktor zu errichten. Wirtschaftministerin Thoben verfolge keine Pläne, einen neuen Atomreaktor in Nordrhein-Westfalen oder Deutschland zu bauen, erklärte ihr Sprecher. "Wenn man eine Atomtechnologie nicht aufgibt, heißt das doch nicht, dass man auch einen neuen Reaktor baut." Thoben stehe zu den Vereinbarungen der großen Koalition in Berlin, an dem Atomausstieg der rot-grünen Vorgängerregierung festzuhalten. "Das ist geltendes Recht."

Grüne: "Eine absurde Idee"

Technisches Know-how in Jülich fördern

Im Rahmen eines "nationalen Energiekonzeptes" müsse sich die Politik aber Gedanken darüber machen, wie die Atomstromlücke in den nächsten Jahrzehnten geschlossen werden könne, erklärte der Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums. Dazu zähle auch die Entwicklung regenerativer Energien mit Brennstoffzellen, für deren Betrieb Wasserstoff benötigt werde. Wenn die KFA Jülich technisches Know-how für den Bau von Hochtemperatur-Reaktoren ins Ausland liefere, seien "Koppelgeschäfte" denkbar, bei denen Deutschland die in den Atommeilern erzeugten Wasserstoffzellen importieren könne, sagte Neuser.

Der Fraktionsvize und Energieexperte der Landtags-Grünen, Reiner Priggen, erklärte, es sei "ein absurde Idee", in einem Hochtemperatur-Reaktortyp Wasserstoff für den Betrieb von Brennstoffzellen herzustellen. "Dieser Vorschlag belegt erneut die Ahnungslosigkeit von Ministerin Thoben in der Energiepolitik." Priggen nannte die nordrhein-westfälische Landesregierung "einen energiepolitischen Hühnerhaufen". Während Thoben für einen neuen Hochtemperatur-Reaktor plädiere, "der derzeit nirgendwo auf der Welt läuft", bekräftige ihr Regierungschef, dass es in NRW keine Atomkraftwerke geben werde.

Rüttgers: Debatte ist zu Ende

Keine neuen Atomkraftwerke in NRW

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte am Donnerstag (05.01.06) auf seiner Neujahrs-Pressekonferenz die jüngste energiepolitische Diskussion in der Union über die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke für beendet erklärt. "Pacta sunt servanda", sagte Rüttgers und verwies auf den rechtsgültigen Ausstiegsbeschluss der rot-grünen Bundesregierung. "Die Debatte ist beendet. Die Frau Bundeskanzlerin hat dazu das letzte Wort gesprochen." Vize-Regierungschef Andreas Pinkwart (FDP) hatte dagegen eine "Endideologisierung" der Energiedebatte verlangt. Nordrhein-Westfalen müsse "als Energieforschungsland an die Spitze gelangen". Deshalb müssen "ideologische Barrieren abgebaut" und "Zukunftsfelder erschlossen" werden.

Spekulationen um neue Atommeiler in NRW

Thoben: Nukleare Forschungsarbeit fördern (06.01.06)

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taz NRW 6.12.2006

NRW für Kernkompetenz

Das Land zahlt für die Wiederbesetzung dreier Professuren zur Atomkraftforschung an der RWTH Aachen. Dahinter steckt die Wiederauferstehung der Atomenergie, befürchten die Grünen

VON KATHARINA HEIMEIER

Nordrhein-Westfalen will an die Spitze der Atomkraftforschung. Das Land unterstützt die Wiederbesetzung dreier Professuren für Sicherheit, Entsorgung und Reaktortechnik an der Technischen Hochschule Aachen (RWTH). Eine vierte Professorenstelle richtet die RWTH gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich ein. Solange Deutschland weiter Atomkraftwerke betreibe und die Technologie ins Ausland exportiere, gebe es "eine rein praktische, aber auch moralische Verpflichtung, weiter auf diesem Gebiet forschend und ausbildend tätig zu sein", sagte Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) gestern in Düsseldorf. Deutschland dürfe sich nicht aus der Entwicklung höchster Sicherheitsstandards verabschieden.

SPD und Grüne hatten in ihrer Regierungszeit geplant, die Professuren auslaufen zu lassen. Eine Stelle ist inzwischen seit fünf Jahren unbesetzt und zwei weitere wären in den nächsten drei Jahren ausgelaufen. Die neue Landesregierung will pro Jahr 120.000 Euro in die Stellen stecken. Der Energiekonzern RWE und der Stahlkonzern ThyssenKrupp investieren zusätzlich in den nächsten fünf Jahren 3,5 Millionen Euro in Laborausrüstung und Mitarbeiter. Die Professoren sollen gleichzeitig an der RWTH und dem Forschungszentrum Jülich tätig sein.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Ruth Seidl bekennt sich die Landesregierung mit der Einrichtung der Professuren zur Atomkraft. "Das hört sich relativ harmlos an, aber es geht um eine Wiederauferstehung der Atomkraft", sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin. Die Unterstützung der Forschung zeige, dass es Pinkwart langfristig nicht nur um die Sicherheit gehe, sondern um Bau einer neuen Generation von Reaktoren.

Pinkwart schloss tatsächlich eine langfristige Nutzung der Atomkraft neben anderen Energielieferanten nicht aus. Ab 2030 könnten die Reaktoren der IV. Generation zur Verfügung stehen - "wenn die Forschungsergebnisse dies sinnvoll erscheinen lassen", sagte der Minister. Die Forschung an erneuerbaren Energien sei aber genau so wichtig. Für die Grüne Seidl ist dies nur ein Lippenbekenntnis. "Wenn ihm erneuerbare Energien wichtig wären, dann sollte er da Schwerpunkte setzen."

Die Wissenschaft nimmt die Förderung des Landes unterdessen als eindeutiges Signal. "Ich gehe davon aus, dass wir eine langfristige Unterstützung haben", sagte Achim Bachem, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich. Es sei höchste Zeit, junge Leute wieder für das Thema zu begeistern.

Mit Erschrecken stelle er fest, wie groß der Kompetenzverlust auf dem Gebiet sei, sagte Burkhard Rauhut, Rektor der RWTH Aachen. "Ich kann nicht verstehen, wenn an der verstärkten Arbeit an Sicherheit und Entsorgung Kritik geübt wird." Es sei widersinnig, die Forschung nach einem Störfall einzustellen. Sie müsse sogar noch verstärkt werden.

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Hamburger Abendblatt 4.12.2006

Neue Standortsuche für Atommüll?

Die Koalition will noch in dieser Wahlperiode zu einer Lösung kommen. Doch jetzt plant Gabriel, Alternativen zu erkunden. Die Wirtschaft besteht auf Gorleben.

Von Ludger Fertmann

Hannover/Berlin -

Diesen Konflikt werden vor allem die Menschen im Wendland argwöhnisch verfolgen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will eine neue vergleichende Standortsuche für hoch radioaktiven Müll mit mindestens drei Alternativen anschieben. Sein Kabinettskollege Michael Glos (CSU) läuft dagegen Sturm. Er setzt wie die Energiewirtschaft weiter auf Gorleben - ohne Alternative.

Für den Umgang der deutschen Politik mit dem Problem der Endlagerung der Abfälle aus den Atommeilern haben die Atomkraftkritiker einen eingängigen Vergleich: Das sei, als erteile man einem neuen Riesenflugzeug die Starterlaubnis, obwohl es noch nicht einmal Pläne gibt für eine ausreichend große Landebahn. Tatsächlich ist das erste Kernkraftwerk in Grundremmingen vor 40 Jahren ans Netz gegangen, Tausende Tonnen von hochgiftigem Atommüll lagern oberirdisch in kaum geschützten Gebäuden in den beiden großen Zwischenlagern Gorleben und Ahaus sowie kleinen Zwischenlagern an den Standorten vieler Atommeiler.

Zuständig für Standortbestimmung und Bau eines Endlagers ist Gabriel. Er hat als Bundesumweltminister eine starke Stellung, kann widerspenstige Länder sogar zwingen, sich an der Suche zu beteiligen. Aber auch sein Auftrag, formuliert in der Koalitionsvereinbarung, ist eindeutig. CDU, CSU und SPD wollen die Endlagerung radioaktiver Abfälle zügig angehen: "Wir beabsichtigen, in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung zu kommen."

Dazu passt das aktuelle Papier aus dem Bundesumweltministerium überhaupt nicht: Wird es realisiert, bleibt es beim Baustopp für alle Erkundungsarbeiten im Gorlebener Salzstock. Zwei weitere geeignete unterirdische Gesteins- oder Salzformationen sollen benannt und dann im direkten Vergleich mit Gorleben auf Eignung erkundet werden. Angedachter Termin für die Entscheidung wäre das Jahr 2020. Vorteil für Gabriel: Dann ist er wahrscheinlich nicht mehr Bundesumweltminister, müsste also auch nicht den Kopf hinhalten. Besonderen Charme hat für ihn das Grundsatzpapier seiner eigenen Experten, weil es quasi nebenbei neue Hürden für die Inbetriebnahme von Schacht Konrad in Salzgitter aufbaut. Für dieses alte Erzbergwerk ausgerechnet im Bundestagswahlkreis von Gabriel gibt es bereits einen Planfeststellungsbeschluss, um dort über 300 000 Tonnen schwach und mittel radioaktive Abfälle zu lagern.

Problem des Ministers: In beide Projekte ist jeweils bereits mehr eine Milliarde Euro geflossen, eine neue Suche ist kaum mit der Koalitionsübereinkunft zu vereinbaren. Die Grünen zumindest zweifeln auch daran, dass es Gabriel überhaupt ernst ist mit dem neuen Anlauf. Renate Künast zumindest wirft ihm ein "doppeltes Spiel" vor und interpretiert das Papier aus dem Umweltministerium sogar als "Vorfestlegung" auf Gorleben.

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DDP, 01.12.06

Uran geht in die Luft

Rossendorf (ddp-lsc). Noch vor Weihnachten sollen 300 Kilogramm hochradioaktiven Materials per Flugzeug vom ehemaligen DDR- Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden nach Russland gebracht werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) habe den Transport von rund 200 Kilogramm hoch angereichertem und etwa 100 Kilogramm schwach angereichertem Uran genehmigt, sagte der Direktor des Vereins Kernverfahrenstechnik und Analytik, Udo Helwig, am Freitag in Rossendorf. Der genaue Termin stehe noch nicht fest und werde aus Sicherheitsgründen auch erst kurz vorher veröffentlicht.

Nach Angaben des BfS bestünde auch bei einem Absturz des Flugzeuges keine Gefahr für Mensch und Natur.

Das radioaktive Material wird in 18, eigens für solche Flüge zugelassenen Behältern von Rossendorf mit einem Spezialfahrzeug zum Dresdner Flughafen gebracht. Diesen Transport übernimmt die Deutsche Bahn-Tochter Nuclear Cargo and Services GmbH (NCS) aus dem hessischen Hanau. Vom Dresdner Flughafen soll das Uran dann mit einer russischen Transportmaschine in die Atomanlage Podolsk nahe Moskau gebracht werden.

Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz würde auch bei einem Absturz der Maschine keine Gefahr einer Freisetzung von radioaktiver Strahlung bestehen. Der erforderliche Schutz der Bevölkerung sei vorhanden, hieß es.

Die sächsische Staatsregierung will das Material nach Russland bringen lassen, weil bei einer weiteren Lagerung in Rossendorf die dortige Sicherheitstechnik aufwändig erneuert werden müsste. Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) sagte, mit der Rückführung des Materials entfielen die zur Sicherung insbesondere hoch angereichten Kernmaterials vorgeschriebenen aufwändigen und teuren Objektschutzmaßnahmen. Damit spare der Freistaat mehr als eine Million Euro pro Jahr ein. Nach Angaben Helwigs lagern in Rossendorf derzeit noch 4,5 Tonnen Natururan und geringe Mengen schwach angereichertes Uran. Zudem sind dort noch 9,7 Gramm Plutonium vorhanden.

Der rund eine Million Euro teure Transport des radioaktiven Materials ist höchst umstritten. Die Grünen und die Umweltorganisation Greenpeace warnen vor den Risiken eines Lufttransports. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion sagte, «weder das Wissenschafts- noch das Umweltministerium waren bislang willens, vollständig über den geplanten Transport sowie die Beschaffenheit der Transportbehälter zu informieren». Rossendorf bleibe durch die Restbestände radioaktiven Materials «Atom-Standort». «Wer hier die Sicherheitsmaßnahmen zurückschraubt, handelt in höchstem Maße fahrlässig», sagte Lichdi.

Der 1957 in Betrieb genommene Forschungsreaktor in Rossendorf wurde 1991 abgeschaltet. Für dessen Rückbau ist der Verein Kernverfahrenstechnik und Analytik zuständig. Er wird vom Freistaat Sachsen mit derzeit jährlich 15 Millionen Euro unterstützt. Zu Forschungszwecken war von 1957 bis 1991 Brennstoff bestrahlt worden, den Rossendorf aus der damaligen Sowjetunion bezog. Mitte 2005 wurden nach monatelangem juristischem Streit zwischen Sachsen und Nordrhein-Westfalen 18 Castoren mit insgesamt 951 Brennstäben in das Zwischenlager Ahaus gebracht.

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