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dpa, 31. 10. 2006

Bald soll auch schwach- und mittelradioaktiver Atommüll nach Ahaus

Ahaus (dpa) - Im Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus (Kreis Borken) soll künftig neben hochradioaktiven Brennstäben auch schwach- und mittelradioaktiver Atommüll eingelagert werden.

Einen Antrag dafür stellte das Zwischenlager am Dienstag gemeinsam mit der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) bei der Bezirksregierung Münster. Bei den Abfällen handelt es sich etwa um Bauteile stillgelegter Atomkraftwerke. Die Genehmigung soll auf zehn Jahre befristet sein.

Danach soll das Material in ein vom Bund zu errichtendes Endlager gebracht werden. Darüber hinaus soll mittelradioaktiver Abfall in Ahaus eingelagert werden, der bei der Wiederaufarbeitung deutscher Brennstäbe in Frankreich anfällt. Hierfür werde eine gesonderte Genehmigung beim Bundesamt für Strahlenschutz beantragt, sagte ein Sprecher der Gesellschaft in Ahaus.

Bisher sind in Ahaus sechs Castor-Großbehälter aus den Atomkraftwerken Gundremmingen und Neckarwestheim eingestellt. Ferner stehen dort 305 kleinere Castoren aus dem still gelegten Hochtemperaturreaktor Hamm-Uentrup und 18 noch kleinere Atommüllbehälter aus dem sächsischen Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden. Insgesamt sei die Lagerkapazität nur zu etwas mehr als zehn Prozent genutzt, sagte der Sprecher.

Wegen der gesetzlichen Verpflichtung der Reaktor-Betreiber zur standortnahen Zwischenlagerung seien auch keine weiteren Transporte mit abgebrannten Brennstäben aus Kraftwerken nach Ahaus zu erwarten. Allenfalls aus dem bayerischen Forschungsreaktor Garching könnten in mehreren Jahren weitere Transporte nach Ahaus rollen. „Wenn das kommt, dann ist es eine verschwindend geringe Menge", sagte der Sprecher.

Atomkraftgegner kritisierten die Absicht der Betreiber. „Wir werden uns mit Händen und Füßen dagegen wehren", kündigte Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt in Gronau an. Das Vorhaben zeige, dass die Atomindustrie keine Lösung für die Lagerung von Atommüll parat habe. Hauptmanko bleibe, dass es kein Endlager für radioaktive Abfälle gebe.

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ZEIT online, Tagesspiegel;| 29.10.2006 11:57

Umwelt: Atommüll in der Luft

In Deutschland soll es noch in diesem Jahr zu einem außergewöhnlichen Atommüll-Transport per Flugzeug kommen: 200 Kilogramm radioaktives Material sollen von Dresden nach Russland transportiert werden.

Berlin - Das hoch angereicherte Uran soll vom ehemaligen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden nach Russland geschafft werden, wie ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte. Der Transport per Luft in einer speziellen Maschine könne sicherer sein als per Lastwagen oder Bahn. Das nicht-waffenfähige Uran werde auf Basis eines weltweiten Programms zur Verarbeitung nach Russland gebracht. Es gebe bereits eine Ausfuhrgenehmigung sowie eine atomrechtliche Genehmigung des Ministeriums. Das Bundesamt für Strahlenschutz müsse aber noch die Beförderungsgenehmigung erteilen. Laut "Berliner Zeitung" soll der Transport am 1. Dezember erfolgen.

Zu dem atomaren Material gehören laut der Zeitung alte Brennelemente, Brennstäbe und Brennstoffscheiben. Diese sollten in speziellen Sicherheitsbehältern von Rossendorf zunächst per Lkw zum Flughafen Dresden transportiert werden. Von dort gehe die strahlende Fracht mit einem Flugzeug nach Russland. Im dortigen Kernforschungszentrum Podolsk solle der Atommüll wieder nutzbar gemacht und in den Nuklearkreislauf zurückgeführt werden. Das gehe aus dem Antrag zur Transportgenehmigung der beauftragten Firma hervor.

"Sicherer als Straße oder Schiene"

Der Direktor des mit dem Rückbau der Rossendorfer Anlage betrauten Vereins für Kernverfahrenstechnik und Analytik, Udo Helwig, hält den Transport mit dem Flugzeug für sicher. "Da kann weniger passieren als auf der Straße oder Schiene", sagte Helwig. Da es sich bei dem Uran um unbestrahltes Restmaterial handle, sei die Gefahr durch Strahlung relativ gering. Deswegen sei auch kein Transport in Castor-Behältern vorgesehen.

Hintergrund der Rückführung ist ein Abkommen unter Beteiligung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO). Ziel des Vertrages ist es, die atomaren Hinterlassenschaften aus dem Kalten Krieg in ihre Ursprungsländer zurückzubringen. Aus dem 1991 stillgelegten Forschungsreaktor Rossendorf sowjetischer Bauart waren im vergangenen Jahr bereits 951 Brennstäbe ins nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus gebracht worden. Anfang des Monats ging ein Transport mit schwach angereichertem Uran per Lkw und Schiff nach Kasachstan. (tso/afp)

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AP 28. Oktober 2006

Hochangereichertes Uran soll nach Russland geflogen werden

Frankfurt/Main (AP) Mit einem brisanten Atom-Transport per Flugzeug sollen

200 Kilogramm hochangereichertes Uran noch in diesem Jahr aus Deutschland nach

Russland gebracht werden. Beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) liegt ein

entsprechender Antrag vor, wie das Bundesumweltministerium am Samstag der

Nachrichtenagentur AP bestätigte. Das Uran mit einer Anreicherung von 36 Prozent

stammt demnach aus dem einstigen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei

Dresden.

 

Ministeriumssprecher Thomas Hagbeck sagte der AP, der geplante Transport sei

sicher. Angesichts der Entfernung und der Transitländer sei ein

Lufttransport sinnvoll und üblich. Das fragliche Material sei zwar hochangereichert, aber

nicht waffenfähig, was erst ab einer weit höheren Anreicherung gegeben sei.

 

Wie die «Welt» und die «Berliner Morgenpost» berichteten, sehen

Sicherheitsexperten und Umweltschützer hohe Risiken wegen möglicher Unfälle oder

Angriffen von Terroristen. «Der Ausgang eines Flugzeugabsturzes mit radioaktiver

Ladung kann überhaupt nicht prognostiziert werden», wurde Greenpeace-Experte

Heinz Smital zitiert. Zudem könne das Material in falsche Hände geraten und

schnell zur so genannten schmutzigen Bombe umfunktioniert werden.

 

Dagegen betonte der Direktor des mit dem Rückbau der Anlage betrauten

Vereins für Kernverfahrenstechnik und Analytik, Udo Helwig, dass der Transport

sicher sei. Mit dem Flugzeug könne weniger passieren als auf der Straße oder

Schiene, sagte er der «Berliner Zeitung». Zudem handele es sich um unbestrahltes

Restmaterial, weshalb auch kein Transport in Castor-Behältern vorgesehen sei.

Der vom Freistaat Sachsen getragene Verein hatte den Antrag gestellt.

 

Dem Blatt zufolge hat die mit dem Transport beauftragte Firma als Termin den

1. Dezember vorgesehen. Das in Salzgitter beheimatete Bundesamt habe den

Antrag noch nicht abschließend geprüft, weshalb offen sei, ob der Flug schon

Anfang Dezember stattfinden könne. Hagbeck bestätigte lediglich, dass der

Transport noch dieses Jahr von einem Spezialunternehmen abgewickelt werden solle.

Die Ausfuhrgenehmigung sei bereits erteilt, es fehle noch die

Beförderungsgenehmigung.

 

Die alten Brennelemente, Brennstäbe und Brennstoffscheiben sollen laut

Umweltministerium im Kernforschungszentrum Podolsk bei Moskau wieder nutzbar

gemacht werden. Zuvor sollen sie von Rossendorf per Lkw zum Flughafen Dresden

transportiert werden.

Hintergrund der Rückführung ist ein internationales Abkommen, atomare

Hinterlassenschaften des Kalten Krieges in ihre Ursprungsländer zurückzubringen.

Aus dem 1991 still gelegten Forschungsreaktor Rossendorf sowjetischer Bauart

waren bereits im vergangenen Jahr 951 Brennstäbe ins westfälische Zwischenlager

Ahaus gebracht worden. Am 10. Oktober war ein Transport mit schwach

angereichertem Uran per Lkw und Schiff nach Kasachstan gestartet. In Deutschland

wurde nach Angaben des BfS seit 2003 bereits vier Mal Uran auf dem Luftweg

transportiert.

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ARD, 28.10.2006, 19:48 Uhr

200 Kilogramm Uran sollen nach Russland

Atommülltransport per Flugzeug geplant

 

In Deutschland könnte es noch in diesem Jahr zu einem heiklen

Atommülltransport kommen. Das Bundesamt für Strahlenschutz bestätigte, dass ein

entsprechender Antrag auf Erteilung einer atomrechtlichen Transportgenehmigung

eingegangen ist. Demnach sollen rund 200 Kilogramm hoch angereicherten Urans per

Flugzeug vom ehemaligen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden nach

Russland geschafft werden. Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" ist als

Termin für den Transport der 1. Dezember vorgesehen. Da das Bundesamt den Antrag

noch nicht abschließend geprüft hat, ist aber offen, ob der Flug schon Anfang

Dezember stattfinden kann.

 

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte der Nachrichtenagentur AP,

der geplante Transport sei sicher. Angesichts der Entfernung und der

Transitländer sei ein Lufttransport sinnvoll und üblich. Seit 2003 sei bereits vier

Mal radioaktives Material auf dem Luftweg transportiert worden. Die

Umweltschutzorganisation Greenpeace hält diese Einschätzung für fragwürdig. "Der Ausgang

eines Flugzeugabsturzes mit radioaktiver Ladung kann überhaupt nicht

prognostiziert werden", sagte Greenpeace-Experte Heinz Smital.

 

Antrag noch nicht genehmigt

Im russischen Kernforschungszentrum Podolsk soll der Atommüll wieder nutzbar

gemacht und in den Nuklearkreislauf zurückgeführt werden. Hintergrund der

Rückführung ist ein Abkommen unter Beteiligung der Internationalen

Atomenergiebehörde (IAEO). Ziel des Vertrags ist es, die atomaren Hinterlassenschaften

aus dem Kalten Krieg in ihre Ursprungsländer zurückzubringen.

 

Aus dem 1991 still gelegten Forschungsreaktor Rossendorf sowjetischer Bauart

waren bereits im vergangenen Jahr 951 Brennstäbe ins westfälische

Zwischenlager Ahaus gebracht worden. Am 10. Oktober war ein Transport mit schwach

angereichertem Uran per Lkw und Schiff nach Kasachstan gestartet.

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Leipziger Volkszeitung 28.10.2006

Atommüll aus Rossendorf soll noch dieses Jahr in die Luft gehen

Rossendorf. Atommaterial aus dem ehemaligen DDR- Kernforschungszentrum

Rossendorf soll noch in diesem Jahr per Flugzeug nach Russland gebracht werden.

Wie der Vorstand des Vereins für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA), Udo

Helwig, bestätigte, wurde ein entsprechender Antrag beim Bundesamt für

Strahlenschutz gestellt. Ein Sprecher der Behörde sagte, der Antrag sei in der

vergangenen Woche eingegangen. Noch ist nach VKTA- Informationen aber keine

Genehmigung erteilt worden. Lufttransporte dieser Materialien seien international

üblich und mehrfach erprobt, sagte Helwig. Zuletzt seien Brennstoffe in

Spezialbehältern aus Tschechien und Lettland zurück nach Russland geflogen worden.

 

Mehrere Zeitungen hatten berichtet, es handele sich um etwa 200 Kilogramm

Brennelemente, Brennstäbe und Brennstoffscheiben. Nach Auskunft des

VKTA-Vorstandes besteht die Fracht aus frischem, noch nicht bestrahltem Uran. Es soll im

russischen Forschungszentrum Podolsk in den Brennstoffkreislauf

zurückkehren. Die Fracht soll zunächst aus der Versuchsanlage auf den Flughafen Dresden

gebracht werden, bevor sie mit einer Chartermaschine nach Podolsk ausgeflogen

wird. Hintergrund ist ein internationales Abkommen, wonach atomare

Hinterlassenschaften aus Zeiten des Kalten Krieges in ihre Ursprungsländer gebracht

werden sollen.

 

Der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Sächsischen Landtag, Johannes

Lichdi, bezeichnete es auf Anfrage als „gruselige Vorstellung", dass

radioaktives Material auf dem Luftweg befördert werden solle. Zudem sei es

bezeichnend, dass er selbst von solchen Plänen erst aus den Medien erfahre. Lichdi

kündigte deshalb an, bei der nächsten Sitzung des Umweltausschusses Minister

Stanislaw Tillich (CDU) dazu befragen zu wollen. „Am 6. November erwarte ich dann

da schon ein paar Antworten", so Lichdi. „Offensichtlich soll das ganze hier

an der Öffentlichkeit vorbei gemacht werden."

 

Der im Osten Dresdens gelegene Versuchsreaktor war insgesamt 34 Jahre lang

in Betrieb. 1991 wurde er endgültig abgeschaltet. Seitdem kümmert sich der

Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) im staatlichen Auftrag

darum, die teilweise seit 1957 existierenden Anlagen in Rossendorf stillzulegen. dpa

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Der Standart 28.10.2006

Atom-Transport per Flugzeug geplant

Radioaktiver Atommüll aus DDR-Reaktor in Sachsen soll nach Russland gebracht werden

Berlin - Bis zu 200 Kilogramm radioaktiven Atommülls aus einem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor sollen Medienberichten zufolge per Flugzeug nach Russland gebracht werden. Der brisante Lufttransport soll noch in diesem Jahr stattfinden, wie mehrere Zeitungen am Samstag übereinstimmend berichteten. Beim deutschen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) liegt demnach ein entsprechender Antrag auf Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung vor.

Das Uran mit einer Anreicherung von 36 Prozent stammt demnach aus dem einstigen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden. Der Direktor des mit dem Rückbau der Anlage betrauten Vereins für Kernverfahrenstechnik und Analytik, Udo Helwig, sagte der "Berliner Zeitung", der Transport sei sicher. Mit dem Flugzeug könne weniger passieren als auf der Straße oder Schiene, wurde er zitiert. Zudem handle es sich um unbestrahltes Restmaterial, weshalb auch kein Transport in Castor-Behältern vorgesehen sei.

Hohe Risiken

Die "Welt" und die "Berliner Morgenpost" berichteten, Sicherheitsexperten der Polizei sowie die Umweltorganisation Greenpeace sähen hohe Risiken wegen möglicher Unfälle oder Angriffen von Terroristen.

Die alten Brennelemente, Brennstäbe und Brennstoffscheiben sollen den Berichten zufolge in einem Kernforschungszentrum bei Moskau wieder nutzbar gemacht werden. Zuvor sollen sie von Rossendorf per Lkw zum Flughafen Dresden transportiert und dort in ein Flugzeug verladen werden. Laut "Berliner Zeitung" hat die mit dem Transport beauftragte Firma als Termin den 1. Dezember vorgesehen. Das in Salzgitter beheimatete Bundesamt habe den Antrag noch nicht abschließend geprüft, weshalb offen sei, ob der Transport schon Anfang Dezember stattfinden könne.

Hintergrund der Rückführung ist ein internationales Abkommen, atomare Hinterlassenschaften des Kalten Krieges in ihre Ursprungsländer zurückzubringen. Aus dem 1991 still gelegten Forschungsreaktor Rossendorf sowjetischer Bauart waren bereits im vergangenen Jahr 951 Brennstäbe ins westfälische Zwischenlager Ahaus gebracht worden. Am 10. Oktober war ein Transport mit schwach angereichertem Uran per Lkw und Schiff nach Kasachstan gestartet. In Deutschland wurde nach Angaben des BfS seit 2003 bereits vier Mal Uran auf dem Luftweg transportiert. (APA/AP)

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dpa-Meldung, 26.10.2006

Atomgegner wollen Bewegung neu mobilisieren - Protest in Brunsbüttel

Kiel - Die deutschen Atomkraftgegner wollen mit Protesten gegen den umstrittenen Meiler Brunsbüttel auch ihrer Bewegung neuen Schwung verleihen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderten am Donnerstag Schleswig-Holstein erneut auf, dem Reaktor im Kreis Dithmarschen wegen Mängel am Notstromsystem die Betriebserlaubnis zu entziehen.

"Die Betreiber haben die Öffentlichkeit mehrmals belogen", sagte der schleswig-holsteinische BUND-Geschäftsführer Hans-Jörg Lüth. Zum 4. November ruft ein neues Aktionsbündnis von mehreren Verbänden bundesweit zum Protest vor der Reaktoranlage in Brunsbüttel auf, teilten die Umweltschützer in Kiel mit. Der Druck der Öffentlichkeit habe wegen des geplanten Atomausstiegs nachgelassen. Nun werde klar, dass die Konzerne versuchten, unauffällig Laufzeiten zu verlängern.

Der Siedewasserreaktor mit rund 800 Megawatt Leistung war zuletzt nach einem Störfall im schwedischen Meiler Forsmark in die Diskussion geraten. Dabei geht es darum, ob die Notstromversorgung sicher ist. Gemäß Ausstiegsbeschluss bleibt das AKW nur noch bis 2009 am Netz. Die Betreiber E.ON und Vattenfall wollen aber eine längere Laufzeit.

Das als Aufsichtsbehörde zuständige Kieler Sozialministerium wies die Forderung nach sofortiger Stilllegung des Reaktors zurück. "Die für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführte so genannte Periodische Sicherheitsüberprüfung hat keine sicherheitstechnischen Defizite ergeben, deren Beseitigung umgehend zu erfolgen hätte oder die eine sofortige Stilllegung des Kernkraftwerks erforderlich machten", sagte Sozialministerin Gitta Trauernicht. "Es gibt auch keine Liste mit zahlreichen Nachrüstungsforderungen für das Kernkraftwerk Brunsbüttel", dementierte die SPD-Politikerin zugleich. Die Umweltverbände vermuten hinter einer Liste mit "offenen Punkten" aus einer Sicherheitskontrolle die Zusammenstellung von Mängeln. Sie fordern die Veröffentlichung; die Betreiber wollen dies verhindern.

Trauernicht führte aus, es gehe bei der Liste "insbesondere um die Aktualisierung von Dokumentationen entsprechend dem heute gültigen Standard, das Schließen von Nachweislagen oder die Umsetzung von sicherheitstechnischen Verbesserungsmaßnahmen". Über Veröffentlichung müsse ein "rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren" entscheiden. Bis zum 13. November hat das Ministerium eine Stellungnahme angekündigt.

DUH-Sprecher Gerd Rosenkranz sagte: "Wir halten Brunsbüttel für eines der unsichersten Kernkraftwerke in Deutschland, weil es die meisten und die gravierendsten Störfälle hat." Während es in den vergangenen Jahren angesichts des Ausstiegsbeschlusses immer schwerer gefallen sei, Bürger gegen die Atomkraft zu mobilisieren, drehe nun die Stimmung, sagte Lüth. 14 Verbände hätten sich bereits der Aktion "Atomausstieg selber machen" angeschlossen, bei der Verbraucher auf Öko-Strom umsteigen. "Da

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Frankfurter Rundschau 26.10.2006

Jeder zweite Dübel in Biblis sitzt falsch

Bislang fünf Prozent der Teile kontrolliert / Grüne bemängeln

"gemeingefährlichen Pfusch am Bau"

Der Pfusch im Atomkraftwerk Biblis hat offenbar ein beträchtliches Ausmaß.

Von den Dübeln, die bislang untersucht wurden, war etwa die Hälfte falsch

montiert.

Wiesbaden - Im Atomkraftwerk Biblis haben Experten eine Reihe von verkehrt

angebrachten Dübeln gefunden. Wie das Umweltministerium am Mittwoch auf

Anfrage mitteilte, wurde bisher etwa jeder 20. der bis zu 4000 Spezialdübel im

Block A des Kraftwerks kontrolliert. "Davon war etwa die Hälfte nicht richtig

montiert", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Dies lasse aber nicht den

Schluss zu, dass insgesamt die Hälfte der Dübel falsch angebracht sei.

 

Bei einer Routinekontrolle des Blocks A waren die ersten falsch angebrachten

Dübel aufgefallen. Die Bauteile dienen dazu, Halterungen für Rohre mit

Kühlmitteln so zu befestigen, dass sie auch einem Erdbeben standhalten würden. Da

die Bohrlöcher aber nicht richtig gesetzt waren, konnten sich die Dübel

verschieben. Nach der Entdeckung war Anfang letzter Woche auch Block B

heruntergefahren worden, um die Dübel zu sichten. Dort zeichne sich laut Ministerium ein

ähnliches Bild ab wie in Block A.

 

In Block A sollen sämtliche Spezialdübel überprüft werden. In Block B wollen

die Experten bis Ende dieses Monats ein Drittel der ebenfalls 4000 Stück

anschauen, um dann zu entscheiden, ob dort ebenfalls eine hundertprozentige

Kontrolle nötig wird.

 

Die Grünen in Hessen erneuerten ihre Forderung, den "Schrottreaktor Biblis"

vom Netz zu nehmen. Biblis A dürfe "nach der Revision erst gar nicht wieder

angefahren werden", sagte die Grünen-Abgeordnete Ursula Hammann. Die

umweltpolitische Sprecherin bewertete die Panne als "gemeingefährlichen Pfusch am

Bau". Pitt von Bebenburg

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taz 13.10.2006

Anti-Atom-Demo in Moskau

MOSKAU/GRONAU taz Russische und deutsche Atomkraftgegner haben gestern vor der deutschen Botschaft in Moskau gegen den Export von Atommüll aus dem münsterländischen Gronau nach Russland protestiert. Fünf Demonstranten wurden festgenommen. Die Umweltschützer befanden sich bei Redaktionsschluss noch im Polizeigewahrsam. Seit 1996 wurden rund 20.000 Tonnen hochgiftiges Uranhexafluorid nach Russland gebracht. Die Endlagerung dort ist nach Ansicht russischer Atomkraftgegner illegal. WYP

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ots 13.10.2006

Jetzt den Stromanbieter wechseln! ... und Atomstrom "unverkäuflich" machen

 

Berlin (ots) - Das Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen!"

wirbt beim Energiegipfel dafür, von den Atomstromkonzernen RWE, E.ON,

Vattenfall und EnBW zu Ökostrom-Händlern zu wechseln - Am Kanzleramt

können Besucher in einer "StromWechselstube" den Ausstieg vollziehen

- Bündnis kritisiert Merkels falsche Gäste für Zukunftsdiskussion

 

Der Atomausstieg in Deutschland kann nur aus der Gesellschaft

heraus unumkehrbar gemacht werden. Das ist die Lehre aus der

faktischen Aufkündigung der Atomkonsensvereinbarung durch die

dominierenden Energiekonzerne. Darauf hat die Initiative

"Atomausstieg selber machen" anlässlich des Energiegipfels in Berlin

hingewiesen. Das von Umweltverbänden, Verbraucherschutzorganisationen

und Anti-Atomkraft-Initiativen nach dem Antrag auf

Laufzeitverlängerung für den ältesten deutschen Atomreaktor Biblis A

gegründete Aktionsbündnis wirbt heute vor dem Kanzleramt mit einer

"StromWechselstube" dafür, die Vertragsbeziehungen zu den

Atomstromproduzenten und ihren Tochterunternehmen aufzukündigen und

zu Anbietern von Ökostrom aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse zu

wechseln.

 

"Kein privater Haushalt, kein Gewerbetrieb und kein Unternehmen

ist in Deutschland gezwungen, Atomstrom zu kaufen", werben die

Initiatoren für ihre Idee des "gesellschaftlichen Atomausstiegs".

Wenn sich die seit zwanzig Jahren mehrheitlich atomkraftkritischen

Deutschen in großer Zahl von den Atomkraftproduzenten abwenden, werde

"Atomstrom ein schwer verkäufliches Gut." Damit könnten die Menschen

direkt Einfluss nehmen auf die Geschäftspolitik der Konzerne. "Ein

Unternehmer, der seine Ware wegen der Art, wie sie produziert wird,

immer schlechter absetzen kann, wird die Produktionsmethode ändern."

Dieser Effekt werde auch bei den Atomkonzernen eintreten.

 

Den dominierenden Energiekonzernen warf das Aktionsbündnis

"Wortbruch und Scheinheiligkeit" vor. In der Atomkonsensvereinbarung

hätten sich ihre höchsten Repräsentanten vor wenigen Jahren

verpflichtet, den dort festgelegten Ausstiegsfahrplan "dauerhaft"

umzusetzen. Nun wollten sie davon nichts mehr wissen und planten den

Widereinstieg mit Hilfe juristischer Winkelzüge und Unterstützung der

Atomkraft-Ideologen aus Union und FDP. RWE sei von der früheren

rotgrünen Bundesregierung der Bau einer teuren Notstromwarte in

Biblis erlassen worden, unter der Bedingung, dass der Altreaktor

regulär im Jahr 2008 vom Netz gehe und keine Strommengen von anderen

Meilern auf dieses Kraftwerk übertragen werden. Jetzt sage RWE-Chef

Harry Roels "April, April" und mache den "Wortbruch zum

demonstrativen Bestandteil seiner Geschäftspolitik". Im Übrigen sei

die Übertragung von Strommengen aus dem gerichtlich stillgelegten

Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich auf den Reaktor Biblis A aus eben

diesem Grund im Atomgesetz ausdrücklich verboten worden, was RWE

nicht daran hindere, genau dies jetzt zu beantragen.

 

Scheinheilig sei die ständige Forderung der Konzerne nach

verlässlichen energiepolitischen Rahmenbedingungen, wenn gleichzeitig

die beiden in den vergangenen Legislaturperioden rechtlich auf

mindestens zwanzig Jahre fixierten Rahmengesetze über den

Atomausstieg und den Ausbau der Erneuerbaren Energien tagtäglich von

denselben Unternehmen bis aufs Messer bekämpft werden. "Die Herren

Roels (RWE), Bernotat (E.ON), Rauscher (Vattenfall Europe) und

Claassen (EnBW) wollen nicht verlässliche Rahmenbedingungen, sondern

die eigenen Rahmenbedingungen der uneingeschränkten

Profitmaximierung". Das Bündnis "Atomausstieg selber machen!"

erinnerte daran, dass ein Jahr Laufzeitverlängerung pro Reaktor

durchschnittlich 300 Millionen Euro zusätzlich in die Kassen der

Atomkonzerne spülen würde. Damit würden jedoch nicht die Strompreise

der Kunden gesenkt, sondern die milliardenschweren Einkaufstouren im

Ausland finanziert, wie das zuletzt auf 35 Milliarden Euro erhöhte

RWE-Gebot für den spanischen Versorger Endesa beweise.

 

Bundeskanzlerin Merkel müsse sich fragen, ob es sinnvoll sei,

Manager zum Palaver über die Energiezukunft zu laden, die

schriftliche Vereinbarungen wie den Atomkonsens ohne Zögern brechen,

sobald sich die Chance dazu eröffnet. Mit den obersten Platzhirschen

über mehr Markt in der Energiewirtschaft zu verhandeln, sei so

vielversprechend wie eine Diskussion mit der Metzgerinnung über die

Einführung des Vegetariertums.

 

Im Bündnis "Atomausstieg selber machen!" haben sich, koordiniert

von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), bisher neun Organisationen

zusammengeschlossen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

(BUND), der Bund der Energieverbraucher, der Deutsche Naturschutzring

(DNR), Greenpeace, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), die

Deutsche Sektion der IPPNW, ROBIN WOOD und X-tausendmal quer. Die

Initiatoren empfehlen vier Ökostrom-Unternehmen - die

Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace energy, Lichtblick und

Naturstrom - als atomstromfreie Versorger.

 

Mehr Information unter: www.atomausstieg-selber-machen.de;

Infoline: 0800-7626852

 

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.

Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521

Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

 

Für Rückfragen:

Rainer Baake, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Mobil.: 0151 55016943,

E-Mail: baake@duh.de

 

Thorben Becker, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),

Mobil: 0171 6065225, E-Mail: thorben.becker@bund.net

 

Kathrin Klinkusch, Naturschutzbund Deutschland (NABU),

Mobil: 0173 9306515, E-Mail: Kathrin.Klinkusch@NABU.de

 

Bettina Dannheim, Energiereferentin ROBIN WOOD, Mobil: 0174 7123943,

E-Mail: energie@robinwood.de

 

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AFP 12.10. 2006

Demonstration in Moskau gegen deutsche Atommülllieferungen

Umweltschützer: 100.000 Tonnen Atommüll seit 1996 importiert

Russische und deutsche Umweltschützer haben vor der deutschen Botschaft in Moskau gegen den Import nuklearer Abfälle aus Deutschland demonstriert. Rund ein Dutzend Demonstranten versammelte sich am Donnerstag vor dem Gebäude und entrollte ein Transparent mit der Aufschrift «Stoppt die Einfuhr von nuklearen Abfällen», wie ein AFP-Reporter berichtete. Nach etwa zehn Minuten wurde die nicht genehmigte Kundgebung von der Polizei aufgelöst; die russischen Teilnehmer wurden festgenommen und in Handschellen abgeführt.

Die russische Umweltschutzorganisation Ecodefense forderte die deutschen Behörden in einer Erklärung auf, den Export radioaktiver Abfälle nach Russland einzustellen. Deutschland dürfe sich nicht zunutze machen, dass «die russische Atomindustrie die Gesetze brechen und die öffentliche Meinung ignorieren kann.» Nach Schätzungen der Organisation wurden in den vergangenen zehn Jahren rund 100.000 Tonnen deutschen Atommülls nach Russland importiert.

Bis zu 90 Prozent davon lagern demnach bei russischen Unternehmen. Der Müll werde über Sankt Petersburg importiert und von dort mit dem Zug in den Ural oder nach Sibirien gebracht. oel/wes

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HL Live, 9.10,06

Dräger Symposium: Atomenergie ist nicht der Weg

Bis Dienstag findet in der MuK das "16. Malenter Symposium" der Dräger Stiftung statt. Thema ist die Energieversorgung der Zukunft. Überraschend: Die Experten sehen in der Atomenergie keine Lösung des Problems.

Es waren nicht irgendwelche versprengten Anti-AKW Demonstranten die sich klar gegen die Atomenergie aussprachen. Mit der Direktorin der Abteilung für Energie, Transport und Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin - Frau Prof. Claudia Kemfert und Prof. Peter Höppe, dem Leiter der Abteilung für Geo-Risikoanalyse der Münchner Rückversicherung sprachen sich auf dem 16. Malente Symposium der Dräger Stiftung gleich zwei führende Wissenschaftler, die eher dem ökonomischen Bereich zuzuordnen sind, gegen die Atomenergie als zukunftsweisende Lösung aus.

Insbesondere nach Auffassung von Frau Prof. Kemfert müssen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung verdoppelt werden, um endlich tragfähige Wege zu finden, die Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen - auch vom Uran - zu überwinden. "Wir haben viel zu lange gewartet damit", jetzt wird es sehr teuer alternative Wege zu beschreiten. Gefahren - auch im politischen Raum - sieht sie besonders auch dadurch gegeben, dass bis zum Jahre 2030 ein dramatischer Anstieg des Energiebedarfes der Entwicklungsländer erfolgen wird. 90 Prozent des dann anstehenden Energiebedarfes wird nach derzeitigen Prognosen zu dem Zeitpunkt noch durch fossile Brennstoffe gedeckt werden müssen. "Es wird einen großen Verteilungskampf geben, es wird auch Kriege geben um diese knappen Resourcen," malt die Wissenschaftlerin ein eher düsteres Bild der Energiezukunft an die Wand.

Ihr Plädoyer: Energie-Spitzentechnologie mittels hoher Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen unsererseits schnell an den Markt bringen und in die Entwicklungsländer exportieren. Hören Sie hier Professorin Claudia Kemfert im Interview.

In die gleiche Richtung, aber mit einem ganz anderen Blick auf die zukünftige Energieproblematik gestaltete der Versicherungsexperte Prof. Peter Höppe seinen Vortrag. Auch er sieht in der Atomenergie keine zukunftsfähige und nachhaltige Lösungsstrategie aus der Energieproblematik, auch wenn die Kernenergie kurzfristig im Hinblick auf die CO2 Problematik klimaschonend erscheint.

Für die Rückversicherer aus München, eine der größten Institutionen dieser Art in der Welt, ist der Zug in Richtung globaler Erwärmung ohnehin schon abgefahren. "Der Klimawandel findet statt", sagt der Experte ohne wenn und aber. "Selbst wenn wir ab morgen kein CO2 mehr emittieren würde der Effekt noch 30 bis 40 Jahre nachlaufen."

Diese Sicht stützt auch Prof. Anders Levermann vom 'Institut für die Auswirkungen klimatischer Veränderungen' in Potsdam: "Niemand in der Gemeinschaft der Klimaforscher bestreitet mehr die Tatsache der globalen Erwärmung" (Original: "There is no dissent in the climate-community about global warming").

Prof. Höppe hob in seinem Vortrag besonders auf die festgestellte Erwärmung der Meeresoberfläche ab (Sea Surface Temperature ). Untersuchungen haben ergeben, dass vor allem die Stärke der tropischen Wirbelstürme mit der Erwärmung der Oberflächentemperatur des Wassers in direktem Zusammenhang steht. Auf stärkere Winde - auch in unseren Breiten stellen sich die Versicherer in ihren Schadenskalkulationen bereits ein. Die Klimakonferenz von Kyoto (Japan). die traurige Berühmtheit erlangte, weil vor allem die Amerikaner sich um die Ergebnisse nicht scherten, dient sogar als Namensgeber für ein neues Produkt des Versicherungskonzerns - der "Kyoto Multi-Risk-Policy".

Vielleicht sollten die Amerikaner bei den Münchnern einmal anklopfen. Hurrikan 'Kathrina', der das schöne New Orleans zerstörte, hat ihnen deutlich vor Augen geführt, dass ihre immense Energieverschwendung trotz gegenteiliger Bekundungen ihres Präsidenten doch eine Kehrseite hat. Weitere Hurricans vom Schlage Kathrinas werden folgen, denn mit dem Golf von Mexico haben die Amerikaner eine Badewanne vor der Haustür, die sich bis auf weiteres jährlich stärker erwärmt: "Wärmeres Wasser bedeutet stärkere Wirbelstürme," zieht Prof. Höppe nüchtern Bilanz. "Wir haben keine Wahl - wir müssen uns darauf einstellen." Hören Sie hier Professor Peter Höppe.

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Frankfurter Rundschau, 10.10.2006

Energiegipfel Kritik auf breiter Linie

Industrie und Umweltverbände haben sich enttäuscht über die Ergebnisse des Energiegipfels gezeigt. Kanzlerin Angela Merkel will sich beim Thema Kernkraft an "Recht und Gesetz halten".

Berlin - Nach dreistündigen Beratungen mit rund 30 Vertretern derEnergiebranche, der Wirtschaft und Verbraucherverbänden kündigte Merkel am Montag eine "intensive" Klimaschutzpolitik an. Daneben gelte es, die "Energie-Produktivität" zu erhöhen und die Versorgungssicherheit Deutschlands zu stärken. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach sich für "mehr Wettbewerb" auf dem europäischen Energiemarkt aus.

Bereits vor Beginn des zweiten "energiepolitischen Dialogs" in diesem

Jahr hatte sich die Auseinandersetzung zwischen den Koalitionären über

das - in der Tagesordnung nicht berücksichtigte - Thema Atomausstieg

fortgesetzt. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU)

bezeichnete es als "überhaupt nicht notwendig", dass in Deutschland vor

2009 "irgendein Kernkraftwerk vom Netz geht, wenn es dem neuesten Stand

der Technik entspricht". Sein bayerischer Kollege Edmund Stoiber (CSU)

nannte es verantwortungslos, Atomkraftwerke früher abzuschalten als

notwendig.

 

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hielt der Union darauf hin vor,

ungeachtet anderslautender Festlegungen im Koalitionsvertrag am

Atomausstieg zu rütteln

 

Merkel sagte, auf dem Gipfel habe es "keine Tabus" gegeben. Die

Bundesregierung sei sich jedoch einig, dass beim Thema Kernkraft "nach

Recht und Gesetz" verfahren werden solle.

 

Erwartungsgemäß sprach sich die Runde im Kanzleramt für eine

Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in

Energieversorgungsfragen aus. Absichtserklärungen gab es auch über

mehrere "effizienzsteigernde Maßnahmen". Der Verbrauch von Strom soll

gesenkt werden; Unternehmen, die ressourcensparend wirtschaften, werden

Steuervorteile in Aussicht gestellt. Auch sollen der Energieverbrauch

von Produkten künftig klarer gekennzeichnet und die Gebäudesanierung

strengeren Standards unterworfen werden. Im Verkehrssektor wird eine

Reduktion des "Endenergieverbrauchs" angestrebt.

 

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprach von "völlig unzureichenden"

Zielvorgaben. Er forderte, die Bemessungsgrundlage für die

Kraftfahrzeugsteuer vom Hubraum auf den Schadstoffausstoß umzustellen

und als "Sofortmaßnahme" ein generelles Tempolimit auf Autobahnen

einzuführen.

 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie bemängelte, "zentrale Fragen

der Energiepolitik" seien ausgeklammert worden. BDI-Präsident Jürgen

Thumann nannte unter anderem eine "fehlende Perspektive für die

Kernenergie". Auch die Vertreter der vier führenden deutschen

Energiekonzerne hatten vor dem Gipfel Kritik an der Tagesordnung geübt.

Zugleich hatten sie damit gedroht, Investitionen zu stoppen, falls die

Politik kartellrechtlich schärfer gegen ihre Strompreispolitik vorgehe.

/M. Bergius /Erscheinungsdatum 10.10.2006

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Frankfurter Rundschau 10.10.2006

Kommentar zur Energiepolitik

Erwartete Enttäuschung

VON MICHAEL BERGIUS

 

Was kann bei einer Veranstaltung herauskommen, deren Zweck und Sinn von

den Geladenen hartnäckig in Zweifel gezogen werden? Eigentlich nichts.

Was verspricht ein Treffen, über dessen thematische Schwerpunkte sogar

die Ausrichter über Kreuz liegen? Kaum mehr.

 

Diese Fragen stellten sich bereits vor dem so genannten Energiegipfel,

zu dem Angela Merkel am Montag viele wichtige Menschen ins Kanzleramt

gebeten hat. Und auch nachdem die große Runde ihre drei Stunden in

Berlin abgesessen hat, drängt sich weniger eine Bilanz des Erreichten

auf als vielmehr die bange Nachprüfung, ob das mittlerweile zweite

Treffen dieser Art in diesem Jahr der Sache nun mehr genutzt als

geschadet hat.

 

Bei positiver Betrachtung der Dinge lässt sich vermerken, dass es bei

zwei der drei auf die Tagesordnung gehobenen Themen ziemlich wenig Zoff

gegeben hat: Energie-Sparen und -Effizienz finden eigentlich alle prima

- egal, ob sie aus der Politik, der Industrie oder der Verbraucherecke

kommen. Konsens hat sich auch in der schon fast bahnbrechenden Einsicht

finden lassen, dass es nicht schaden kann, bei Gas-, Öl- oder

Stromimporten zu "diversifizieren", kurz: sich in Sachen Versorgung

international nicht allzu einseitig zu binden.

 

Damit hat sich aber die Erfolgsbilanz auch erschöpft. Was in Zeiten

dauerhaft hoher heimischer Strompreise und zunehmend unsicherer

Einfuhrbedingungen wirklich wichtig gewesen wäre, blieb ausgeklammert.

Der Energiemix von morgen oder gar eine entsprechende Strategie gelangte

nicht auf die Berliner Agenda, weil schon die bloße Erwähnung bestimmter

Begriffe wie Atomausstieg oder Emissionshandel die schwarz-rote Muss-Ehe

in Turbulenzen bringt; weil der Partner Union gerade beim Thema

Kernkraft den Koalitionsvertrag bewusst ignoriert und damit das Klima

belastet; und weil den Energiekonzernen genau in dieser Situation wenig

anderes einfällt, als Investitionszusagen in Frage zu stellen und

verkappte Drohungen auszusprechen.

 

Dieser Gipfel war eine Enttäuschung. Dass sie sich schon vorher

ankündigte, macht die Sache kaum besser.

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de.indymedia.org 07.10.2006

Energieeffizienz und Erneuerbare statt Atom

von Felix Ruwe und Francis Althoff - 06.10.2006 16:21

In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern die Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Wendland und dem Münsterland von Bundeskanzlerin Merkel auf dem Energiegipfel am Montag die Weichen für einen sofortigen Atomausstieg zu stellen.

Presseerklärung 06.10.06

Energiegipfel bei Merkel -

Atomkraftgegner fordern Energieeffizienz und Erneuerbare Energien statt Atomkraft!

 

In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern die Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Wendland und dem Münsterland von Bundeskanzlerin Merkel auf dem Energiegipfel am Montag die Weichen für einen sofortigen Atomausstieg zu stellen. "Atomkraft ist eine gefährliche Energie von gestern. Sie ist nicht beherrschbar und die Entsorgung des Atommülls ist völlig ungelöst", so Francis Althoff von der BI Lüchow-Dannenberg. "Auch der Einsatz neuer Atomkraftwerke verschiebt die Energieprobleme nur um wenige Jahre. Genau wie Kohle und Gas sind die Uranvorräte nur begrenzt und nur im Ausland verfügbar.", ergänzte Felix Ruwe von der BI "Kein Atommüll in Ahaus. "

Die Initiativen kritisieren den Ausstieg der Wirtschaft aus dem Atomkonsens und die bedenkenlose Fürsprache einiger Politiker für die Atomkraft. Die Atomkraft ist keine Alternative zu den klimaschädlichen fossilen Energieträgern. Die Rechnung für die wegen extrem hoher Halbwertzeiten mindestens 1 Million Jahre notwendige sichere Lagerung des Atommülls werden jedoch kommende Generationen zahlen müssen - finanziell und gesundheitlich. "Auch nach jahrzehntelanger Atommüllproduktion ist weltweit keine sichere Entsorgung in Aussicht. Die vernünftige Konsequenz daraus kann nur die sofortige Stilllegung der Atomanlagen zur weiteren Müllvermeidung sein", fordern die Sprecher der Bürgerinitiativen.

Wir erwarten von der Bundesregierung und dem Energiegipfel die Weichenstellung für eine langfristige und verantwortungsvolle Energiepolitik. Dies kann nur bedeuten, dem Ausbau der erneuerbaren Energien absolute Priorität einzuräumen. Wir benötigen eine Energiepolitik, die sich nicht an den kurzfristigen Profitinteressen einiger weniger Energieriesen orientiert, sondern eine nachhaltige Perspektive für das 21. Jh. und für nachkommende Generationen eröffnet.

Dazu gehört unbedingt der sparsame Einsatz der Energie. Zur Zeit wird ein Großteil der elektrischen Energie nutzlos verschwendet! Wenn z.B. der Energiegipfel eine Entscheidung vorbereiten würde, die vorschreibt, dass jedes netzbetriebene Gerät einen Netzschalter hätte, der eine 100%-ige Trennung vom Netz bewirkt, so könnten unverzüglich weitere Atomkraftwerke abgeschaltet werden! "Der so genannte Stand-By-Betrieb vieler Geräte der PC-Branche und der Unterhaltungselektronik ist völlig überflüssig", meint Felix Ruwe. "Kein Gerät muss seine Systemdaten wie Uhrzeit, Datum Frequenzen etc. ohne dauernde Netzversorgung verlieren". In diesen Branchen hat sich ein Wildwuchs an Energieverschwendung ausgebreitet, der bei verantwortlicher politischer Regulierung den Betrieb von zwei Atommeilern überflüssig machen würde.

"Energieeffizienz darf nicht zum politischen Schlagwort verkommen, sondern muss sinnvoll zum Wohle von Mensch und Umwelt umgesetzt werden", so Francis Althoff.

Die Sprecher der Bürgerinitiativen kritisieren aufs Schärfste, dass nach dem Beinahe-GAU im schwedischen Reaktor Forsmark das mit ähnlich gefährlichem Notstromsystem ausgestattete AKW in Brunsbüttel immer noch nicht abgeschaltet wurde und kündigen einen "heißen Herbst" an. Für den 4. November wird zu Demonstrationen für die Stilllegung der Altmeiler Biblis und Brunsbüttel mobilisiert. Am 11. November findet in Gorleben die Auftaktkundgebung "gegen die überflüssigen Castortransporte statt, die trotz politischer Aussage über eine angebliche alternative Standortsuche de facto weiter den undichten Gorlebener Salzstock als Atommüllklo wahrscheinlicher machen".

 

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FR online 05.10.2006

FDP will Biblis laufen lassen

Kritik an Umweltminister

Wiesbaden - Befangenheit in der Frage der Verlängerung der Laufzeit für das Atomkraftwerk Biblis A hat der hessische FDP-Landes vorsitzende Jörg-Uwe Hahn Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgeworfen. Gabriel habe "seine Meinung bereits vor der Prüfung" des RWE-Antrages zur Übertragung der Rest-Strommenge des Atomkraftwerkes Mülheim-Kärlich auf Biblis A festgelegt, sagten Hahn und die energiepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp. Damit habe sich Gabriel wie ein "kleiner Parteipolitiker" verhalten.

Endgültig entscheiden, ob das Atomkraftwerk länger als bis 2008 am Netz bleiben darf, will Gabriel erst in einigen Monaten.

Hahn und Kopp legten Gabriel nahe, seine "Entscheidungskompetenz abzugeben". In einem rechtsstaatlichen Verfahren müsse der Minister "unparteiisch, unvoreingenommen und deshalb offen" sein, sagten sie. Durch die frühzeitigen Äußerungen von Gabriel sei ein "ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren nicht mehr gewährleistet". Sie forderten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, sich der "Entscheidungskompetenz in Sachen Biblis zu bemächtigen"

Aus der Sicht der FDP in Hessen vertrage die Biblis-Laufzeitverlängerung keinen "puren Populismus". Biblis A ist nach Überzeugung der Bundestagsabgeordneten Gudrun Kopp "sicherheitstechnisch auf neuestem Stand". Es müsse nun in Berlin geklärt werden, wer was zu entscheiden habe, wenn es um die Verlängerung der Laufzeit für Biblis A gehe. Das Atomkraftwerk sei für eine bundesweite Energiepolitik unverzichtbar.

Hahn und Kopp nannten die Verlängerung der Restlaufzeit von Biblis A, das eigentlich laut Atomkonsens im Jahr 2008 vom Netz genommen werden soll, einen ersten Schritt. Nachzudenken sei allerdings auch über eine generelle Verlängerung der Laufzeiten der 17 Atomkraftwerke in der Bundesrepublik, die ursprünglich auf 40jährige Betriebsdauer ausgerichtet gewesen seien. Dann müsse es darum gehen, "die Atom-Ausstiegsvereinbarung zu beenden". gra

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Reuters 02.10.2006

SPD bekräftigt vor Energiegipfel Nein zu Atomkraft

Berlin (Reuters) - Eine Woche vor dem Energiegipfel der Regierung hat die SPD ihren Anti-Atom-Kurs bekräftigt und längere Laufzeiten für Kernkraftwerke abgelehnt.

Das SPD-Präsidium verabschiedete am Montag in Berlin ein Sieben-Punkte-Programm, in dem unter anderem an die Energiewirtschaft appelliert wird, mit den Vereinbarungen zum Atomausstieg "nicht sprunghaft" umzugehen. Der Energiekonzern RWE hatte beantragt, Restlaufzeiten des Reaktors Mülheim-Kärlich auf Biblis A zu übertragen und so den Reaktor länger am Netz zu halten. Kritiker werfen den Atomkonzernen vor, durch die Übertragung von Laufzeiten das Abschalten von älteren Atomkraftwerke hinauszögern zu wollen bis eine neue Regierung den Atomausstieg wieder rückgängig macht. Unterstützt werden die Energiekonzerne unter anderem von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der ein Abrücken vom Atomausstieg fordert.

"Wir sind vertragstreu. Das erwarten wir auch von der Energieindustrie", heißt es in den Präsidiumsbeschlüssen. Die SPD spricht sich ferner gegen eine Festlegung auf den Gorlebener Salzstock in Niedersachsen als atomares Endlager aus. Es müsse geprüft werden, ob es in Deutschland sicherere Standorte gebe, fordern die Sozialdemokraten.

Zur Verringerung klimaschädlicher Gase wollen die Sozialdemokraten, dass ab 2020 kohlendioxidfreie Kohlekraftwerke in Deutschland zum Standard werden. 2015 solle das erste Kraftwerk diesen Typs in Betrieb genommen werden. Bis 2012 erwartet die Parteispitze Investitionen in Höhe von 70 Milliarden Euro in die Erneuerung von Kraftwerken. Davon sollen 40 Milliarden auf erneuerbare Energien entfallen. Auf Ebene der Europäischen Union fordert die SPD, die Treibhausgas-Emissionen müssten bis 2020 um 30 Prozent unter das Niveau von 1990 reduziert werden.

Zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch den Automobilverkehr will die SPD auch die Kfz-Steuer verändern. Nach dem Willen der Partei soll die Steuer nach dem Kohlendioxid-Ausstoß anstatt nach Hubraum bemessen werden.

In der Frage der Strompreise bekräftigt die Partei ihre Ansicht, dass nur durch mehr Wettbewerb die Preise stabil gehalten werden könnten. Der Energiegipfel war von Kanzlerin Angela Merkel ins Leben gerufen worden, um über langfristige Versorgungssicherheit, Preise und Klimaschutz zu reden. Merkel will das Thema Energie auch zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 machen.

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