Presseauswahl ab September 2006 Presseauswahl der BI bis August 2006

weitere Artikel zum Thema bei Google-News - Yahoo-Schlagzeilen - RRS

 

WAZ, 30.09.2006

Ewig glimmt der Streit

Die Träume von den Möglichkeiten der Kernenergie sind verflogen, der Hunger

nach Energie gestiegen. Das Land ist uneins, ob der Ausstieg vernünftig ist

oder Luxus

 

DEUTSCHLAND UND DIE ATOMKRAFT

Essen. Die Welt lag zu Füßen. Der SPD-Parteitag 1956 in München war hin und weg, als Hauptredner Leo Brandt den Sozialdemokraten vom "Urfeuer des Universums" erzählte. Davon, dass man "mit einem halben Kilo Uran ein Flugzeug achtmal um die Erde schicken" könne. Davon, dass ein Kleinreaktor von der Größe eines Busses eine Stadt mit 10 000 Einwohnern mit Energie versorgen könne. Deutschland träumte - von einer prosperierenden Welt, die sich dank der gezähmten Kernspaltung ihrer Energiesorgen entledigen wird.

Der Traum ist geplatzt. Die Atomenergie verwandelte weder Wüsten in Fruchtland, noch schuf sie aus Eis Frühling, wie es der Philosoph Ernst Bloch hoffte. Die Unglücke von Windscale (1957), Harrisburg (1979) und Tschernobyl (1986) erstickten den Enthusiasmus. Atomenergie ist im einst so begeisterten Deutschland heute ein Auslaufmodell. Um 2020 herum soll der letzte Meiler vom Netz gehen. So jedenfalls sieht es der im Jahr 2000 geschlossene Atomkonsens der damaligen rot-grünen Bundesregierung vor.

Doch das Urfeuer glimmt. "Sind wir als Land so reich, sind wir als Gesellschaft so arrogant und vermessen, dass wir 30 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Vermögens vorzeitig vernichten wollen?", fragt provozierend Utz Claassen, der Chef des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg (EnBW). Ulf Bernotat, Vorstandsvorsitzender von Eon, sagt: "Wie sollen wir denn über den künftigen Energiemix reden, wenn die Kernenergie ausgeklammert wird, die über ein Viertel des Stroms erzeugt, den wir verbrauchen?" Der Essener Konzern RWE aber handelte. Sein Antrag, das älteste Atomkraftwerk in Deutschland länger laufen zu lassen, gilt als Aufkündigung des Atomkonsens. Noch einmal Utz Claassen, vor einem Jahr im Interview mit der Welt am Sonntag: "Ich habe immer gesagt, es ist eine Frage des Anstands, sich an das zu halten, was verhandelt, vereinbart und unterschrieben wurde."

Auch politisch spaltet die Kernkraft, entgegen aller Bekundungen, in Berlin herrsche Frieden. Die neue Bundesregierung bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag zum Fahrplan des Atomausstiegs, doch Politikern der Union liegt ihr Zugeständnis wie ein Stein im Magen. CDU und CSU fordern offen die Verlängerung der Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke, in fein dosierten Nadelstichen. Ganz vorne in den Reihen stehen die Ministerpräsidenten jener Länder, in denen die nächsten Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen. Und die Kanzlerin? Auch bei dem anstehenden Energiegipfel am 9. Oktober in Berlin will Angela Merkel nicht, dass das schlimme A-Wort in den Mund genommen wird. A wie Atom.

Wie denkt das Volk? Geht es nach Umfragen, die das Umweltministerium in Auftrag gibt, hat sich 20 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl nichts am Akzeptanzproblem der Atomenergie geändert. Danach ist die Mehrheit der Bürger gegen einen Ausstieg aus dem Ausstieg und hält es für ein Risiko, die Lebenszeit der Reaktoren zu verlängern. Als Antwort auf den RWE-Antrag gründete sich in den vergangenen Tagen spontan ein Bündnis aus neun Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen in Deutschland. Die Initiative mit zusammen über fünf Millionen Mitgliedern fordert die Bürger, aber auch Firmen und Krankenhäuser zum sofortigen Wechsel von Atomstrom-Konzernen zu Ökostrom-Anbietern auf.

Die Atomenergie. Kein Heilsbringer, so wie einst Leo Brandt es hoffte. Sondern ein ewig glimmendes Feuer.

Von Jürgen Polzin

--------------------------

Frankfurter Rundschau 29.09.2006

Atomausstieg per Mausklick

Umweltschützer werben für Wechsel zu Öko-Stromanbietern

Der Widerstand verlagert sich vom Bauzaun aufs Internet: Als Reaktion auf die beantragte Laufzeitverlängerung für Biblis A ruft die vereinte Umweltlobby zum "persönlichen Atomausstieg" auf.

Berlin - So geschlossen hat man Deutschlands Ökos schon lange nicht mehr erlebt. In einer konzertierten Aktion warben neun Umweltverbände am Donnerstag für ihre Initiative "Den Atomausstieg selber machen". Ermöglicht werden soll der private Ausstieg in wenigen Sekunden: Mit drei Klicks im Internet, die direkt zu den Antragsformularen von vier bundesweiten Öko-Stromanbietern führen. Eine eigens eingerichtete Website der Umweltverbände und eine Hotline sollen diesen Ausstieg per Stromwechsel erleichtern.

Mit dem Antrag auf Laufzeitverlängerung für Biblis A und der Ankündigung weiterer Anträge auf längere AKW-Betriebszeiten hätten die vier großen Energiekonzerne den von ihnen unterzeichneten Atomkonsens "einseitig aufkündigt", begründen die Öko-Organisationen ihre Aktion. Als Antwort sollten die Verbraucher nun ihrerseits alle Vertragsbeziehungen zu den Energiemultis kappen. Das Wort "Boykott" von RWE, Eon, Vattenfall und EnBW nehmen die Öko-Lobbyisten dabei zwar nur sparsam in den Mund. Aber "keiner ist verpflichtet Atomstrom zu kaufen" , so der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Rainer Baake. Als Staatssekretär im Bundesumweltministerium handelte er einst den Ausstiegskonsens mit den nun "wortbrüchigen" Energieunternehmen selbst aus. "Wenn die Atomkonzerne nicht abschalten, müssen wir sie eben abschalten", so Jochen Stay von der Anti-Castor-Initiative "X-tausenmalquer". Auf die "Provokation" der Stromkonzerne werde man mit der "Verbrauchermacht" antworten, kündigte BUND-Geschäftsführer Gerhard Timm an. Der Aufruf der neun Umweltverbände zum Wechsel zu "grünem" Strom richtet sich nicht nur an die eigenen gut fünf Millionen Mitglieder, sondern auch an Kirchen, Unternehmen, Gewerkschaften und Privathaushalte. Auch die Grünen wollen aktiv für den Ausstieg per Internet werben. "Wir werden das auf allen Ebenen und mit aller Kraft unterstützen", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer der FR.

Union springt Konzernen nicht bei

Mit ihrer Forderung nach längeren AKW-Laufzeiten können die Energiekonzerne kaum auf Unterstützung aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion rechnen. "Für die Union haben eher die ungelöste Endlagerfrage und ein Energiekonzept Vorrang", sagte Fraktionsvize Katherina Reiche. "Die CDU/CSU hat den Atomausstieg nicht verhandelt." Auch wenn sie Sympathie für Laufzeitverlängerungen habe, sei es Sache der Energieversorger, für ihre Anträge zu streiten. Die Unionsfraktion halte sich an den Koalitionsvertrag und werde sich nicht mit der SPD "verkämpfen". Vera Gaserow

----------------------------

AFP 28. September 2006

Initiative gegen Atomstrom

"Ausstieg selber machen"

Als Reaktion auf den Biblis-Antrag des Energiekonzerns RWE haben die großen Umweltverbände die Verbraucher zum Wechsel ihres Stromanbieters aufgerufen.  

Die Bürger sollten ihre Verträge mit den Atomstromproduzenten E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW beenden und sich für einen Ökostrom-Anbieter entscheiden, heißt es in der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Initiative unter dem Titel "Genug ist genug. Atomausstieg selber machen". In den kommenden Wochen und Monaten sollen jene rund zwei Drittel der Bevölkerung angesprochen werden, die Umfragen zufolge der Atomenergie ablehnend gegenüberstehen, den Stromanbieter aber noch nicht gewechselt haben. Dem Aktionsbündnis gehören neun Umweltverbände mit insgesamt rund 5,5 Millionen Mitgliedern an, darunter die Deutsche Umwelthilfe, der Nabu, Robin Wood, Greenpeace, der BUND und IPPNW. Die Organisationen sehen in dem Antrag von RWE für eine längere Laufzeit des Atomkraftwerks Biblis A eine Aufkündigung des vor sechs Jahren vereinbarten Atomausstiegs.  

Nach Angaben der Bundesnetzagentur werden 90 Prozent des deutschen Stromangebots von den vier Versorgern E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall erzeugt. Seit der Liberalisierung des Strommarktes haben erst rund fünf Prozent der deutschen Haushalte ihren Stromversorger gewechselt.  

RWE hat für den Reaktor Biblis A, der seit 1974 am Netz ist, einen Antrag auf Langzeitverlängerung gestellt. Er würde dann statt 2008 erst 2011 abgeschaltet. Dafür sollen offen gebliebene Atomstrommengen des früheren AKWs Mülheim-Kärlich auf Biblis A übertragen werden. Die Anti-Atom-Organisation IPPNW sprach von dem "besonders dreisten Versuch, eines der unsichersten und verwundbarsten Atomkraftwerke Deutschlands über die Bundestagswahl 2009 zu retten, um danach die Atomvereinbarung ganz aufzuheben".  

Union geht auf Distanz

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bereits erklärt, dass er den Antrag "nach Recht und Gesetz" prüfen wird. Gabriel machte jedoch deutlich, dass er dem RWE-Vorstoß keine Chancen einräumt. Die Übertragung eines jüngeren Kraftwerks auf ein älteres Kraftwerks sei die Ausnahme im Atomgesetz, so Gabriel.

Auch die Union will sich offenbar nicht für Biblis A einsetzen. Laut "Süddeutscher Zeitung " sagten Unionspolitiker zwar, grundsätzlich seien sie für eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke. Jedoch sei in Fraktionskreisen betont worden, man wolle einen solchen Konflikt über die Kernkraft nicht am Beispiel des besonders alten Reaktors im hessischen Biblis austragen. Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche sagte der Zeitung, es werde darüber keinen Konflikt mit dem Koalitionspartner geben.

----------------------

Münsterland Zeitung 29.09.2006

Opposition gegen BZA-Pläne

Ahaus - Die Absicht der Zwischenlagerbetreiber, eine Nutzungsergänzung zur Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen (Münsterland Zeitung berichtete) zu beantragen, ist bei den fünf Oppositionsfraktionen im Ahauser Rat auf entschiedene Ablehnung gestoßen. Die CDU als Mehrheitsfraktion bezog am Mittwochabend noch keine Stellung zu den Plänen.

Die UWG sei gegen jegliche weitere Einlagerung, erklärte der UWG-Fraktionsvorsitzende Dieter Homann, "weil es kein Endlager für den Ahauser Atommüll gibt". Dieter Eisele, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, unterstrich dies und bezeichnete die möglichen Transporte als "sehr, sehr bedenklich und völlig unnötig". Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dönnebrink betonte, die völkerrechtlichen Verträge zur Rücknahme der Abfälle aus der französischen Wiederaufarbeitung müssten eingehalten werden. Dönnebrink: "Der Atommüll kann aber dahin gebracht werden, wo er entstanden ist, denn die Atomkraftwerke verfügen ja über eigene Zwischenlager." Für die FDP und die WGW schlossen sich Andreas Beckers und Hermann-Josef Haveloh den Bedenken an.

"Zu wenig Information"

Kritik an der BZA-Informationspolitik übten alle fünf Oppositionsfraktionen. Informationsbedarf sah auch der Vorsitzende der CDU-Mehrheitsfraktion, Thomas Vortkamp. Er wies auf das BZA-Angebot einer Informationsveranstaltung für den Rat hin. Es wäre doch gut, sich aus erster Hand näher zu informieren. Dieter Homann dagegen fürchtete eine "Promotionveranstaltung" und bat den Bürgermeister, Informationen darüber einzuholen, welche Materialien, wann und auf welchem Wege ins BZA gebracht werden sollen. Bürgermeister Felix Büter sagte dies zu und erinnerte daran, dass die Diskussion um die Einlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle - die nicht von der Stadt genehmigt oder verhindert werden kann - bereits vor 13 Jahren geführt worden sei.

Überlegungen seit 1993

Die Zwischenlagerbetreiber hätten zwar zwischenzeitlich auf den Bau einer genehmigten zweiten Lagerhalle verzichtet, aber immer erklärt, diese Abfälle in Ahaus lagern zu wollen. "Insofern ist eigentlich kein neuer Sachverhalt entstanden", so Büter.

Mit "großer Enttäuschung" reagierte die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" auf den Ausgang der Ratssitzung. Eine klare Ablehnung der Pläne auch durch die CDU wäre notwendig gewesen, so die BI, die "intensiven Widerstand" ankündigte. Vor der Sitzung hatten etwa 50 Atomkraftgegner friedlich vor dem Rathaus demonstriert. - gro

--------------------

afp 28.09.2006

Umweltverbände rufen zum Stromanbieter- Wechsel auf

von Thomas Stollberger, 28.09.2006 (14:06)

Berlin (AFP) - Nach dem Antrag des RWE-Konzerns auf eine Laufzeit-Verlängerung des Atomkraftwerks Biblis A haben führende Umweltverbände zu einem Boykott der Kraftwerksbetreiber aufgerufen. "Erteilen Sie dem Wortbruch der Konzerne mit der Aufkündigung ihrer Vertragsbeziehungen eine angemessene Antwort", heißt es in einem gemeinsamen Aufruf der Verbände, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) warf dem RWE-Konzern versuchte Erpressung vor. Von einer gezielten Provokation durch den Energiekonzern sprach der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD).

Biblis A ist das älteste noch in Betrieb befindliche Atomkraftwerk in Deutschland. RWE will eine längere Laufzeit durch eine Übertragung sogenannter Reststrommengen erreichen. Die Initiatoren der Initiative "Genug ist genug - Atomausstieg selber machen" nahmen dies zum Anlass, die Stromverbraucher zur Abkehr von den Atomstromproduzenten hin zu alternativen Anbietern aufzufordern. "Der größte Wert eines Energieversorgungsunternehmens sind seine Kunden", erklärte dazu der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Rainer Baake. Er äußerte sich überzeugt, dass die Initiative RWE und andere AKW-Betreiber schwächen werde und "zugleich neuen Stromanbietern einen zusätzlichen Schub verleiht".

An der Initiative beteiligt sind neben der Umwelthilfe die Organisationen BUND, Bund der Energieverbraucher, Deutscher Naturschutzring, Greenpeace, NABU, Ärzte gegen den Atomkrieg, Robin Wood und X-tausendmal quer aus der Protestbewegung des niedersächsischen Atommüllzwischenlagers Gorleben. Der Boykottaufruf richtet sich außer gegen RWE auch gegen die Energiekonzerne E.ON, Vattenfall und EnBW. Scharfe Kritik am Vorgehen von RWE übte BUND-Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm: "RWE beweist mit dieser Strategie, dass der Konzern sein wirtschaftliches Interesse über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung stellt." Gezielt ansprechen wollen die Verbände "jene rund zwei Drittel der Bevölkerung, die jüngsten Umfragen zufolge der Atomenergie ablehnend gegenüberstehen, bisher daraus aber noch nicht die Konsequenz eines Stromanbieterwechsels gezogen haben".

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast begrüßte die Aktion und kündigte an, ihre Partei werde diese "mit allen Kräften unterstützen". Trittin sagte der "Berliner Zeitung" vom Donnerstag zum Vorgehen von RWE: "Offenkundig dient der Antrag nur dazu, eine Situation herbeizuführen, in der der Bundestag erpresst werden soll, alle Laufzeiten zu verlängern." Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner sagte demselben Blatt, offensichtlich wollten die Energiekonzerne die große Koalition nutzen, "um den Atomkonsens aus ihrer Sicht kreativ fortzuschreiben und gucken, wie hart der Widerstand ist". Umwelt-Staatssekretär Müller warf RWE vor, das Unternehmen erweise sich "nicht als vertragstreuer und zuverlässiger Verhandlungspartner".

Die Konzern-Tochter RWE-Power hatte am Dienstag beim Bundesumweltministerium eine Laufzeitverlängerung von Biblis A durch eine Übertragung von Strommengen des Meilers Mülheim-Kärlich beantragt, der niemals am Netz war. Hilfsweise hat RWE auch eine Übertragung von Strommengen des Kraftwerks Lingen auf Biblis A beantragt. Trittin wies darauf hin, RWE habe damals im Rahmen des Atomkonsenses einer Regelung zugestimmt, wonach keine Strommengen von Mülheim-Kärlich auf Biblis A übertragen werden dürfen. Kritik am damals beschlossenen Atomausstieg äußerte der hessische Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU).

-------------------------

Energienetz.de 28.09.2006

Atomkonzernen das Geld entziehen

Als unmittelbare Reaktion auf die Ankündigung des Energieriesen RWE, den Atomkraftwerksblock Biblis A länger betreiben zu wollen, rufen Umweltverbände, Verbraucherorganisationen und Anti-Atom-Initiativen die Menschen in Deutschland auf, "sich von den Atomkonzernen zu trennen und den Atomausstieg aus der Gesellschaft heraus zu vollziehen". Die große Mehrheit der deutschen Haushalte bezieht nach Darstellung der Organisationen ihren Strom "direkt von RWE, E.on, Vattenfall, EnBW oder von Stadtwerken, die von den Atomkonzernen aufgekauft und beherrscht werden". Ihr Vorschlag: Private Haushalte, aber auch Gewerbe und Unternehmen, sollten keinen Atomstrom mehr beziehen und stattdessen zu umweltfreundlichen und atomstromfreien Stromlieferanten wechseln. Sie versprechen: Der "Stromwechsel" zu einem "Ökostromanbieter" ist in fünf Minuten erledigt.

Über eine Homepage (www.atomausstieg-selber-machen.de), eine Infoline der Ökostromer (0800-7626852) sowie "durch direkte Ansprache" sollen in den kommenden Wochen und Monaten jene rund zwei Drittel der Bevölkerung angesprochen werden, die nach jüngsten Umfragen der Atomenergie ablehnend gegenüberstünden, bisher daraus aber noch nicht die Konsequenz eines Stromanbieterwechsels gezogen hätten. "Erteilen Sie dem Wortbruch der Konzerne mit der Aufkündigung Ihrer Vertragsbeziehungen eine angemessene Antwort. Es kostet Sie fünf Minuten", heißt es in dem unter anderem vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Deutschen Naturschutzring (DNR), Greenpeace, der Deutschen Umwelthilfe, dem Naturschutzbund NABU, der Deutschen Sektion der IPPNW, ROBIN WOOD und X-tausendmal quer unterzeichneten Aufruf.

Die Initiatoren gehen davon aus, dass die Bevölkerung "realen Einfluss auf die Konzernpolitik" gewinnen kann, wenn sich die privaten Stromkunden massenhaft von den Atomstromproduzenten ab- und neuen Stromhändlern zuwenden. Denn: Der größte Wert eines Energieversorgungsunternehmens seien seine Kunden.

"Moralisches Versagen der Spitzenmanager"

"Nach dem skandalösen Versuch des RWE-Konzerns, das älteste Atomkraftwerk in Deutschland länger als im Atomkonsens zugesagt am Netz zu halten, ist die Zeit reif", meint Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe, zuvor Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Die Initiative "Atomausstieg selber machen" werde zünden und "das Land sicherer machen", indem sie neuen Stromanbietern "einen zusätzlichen Schub verleiht". Nach Auffassung von BUND-Geschäftsführer Gerhard Timm beweist RWE mit seinem Antrag zur Laufzeitverlängerung von Biblis A, "dass der Konzern sein wirtschaftliches Interesse über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung stellt".

Die Umweltverbände verwiesen auf einer Pressekonferenz in Berlin darauf, dass RWE in der so genannten Atomkonsensvereinbarung vom 14. Juni 2000 eine "dauerhafte" Umsetzung der Vereinbarung zugesagt und unterzeichnet hatte: "Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird."

Dass der über Jahre "mühsam ausgehandelte und von den Konzernen selbst unterzeichnete Atomkonsens" nun von RWE und anderen Atomstromproduzenten "aus Profitsucht wieder aufgeschnürt" werde, bedeutet für Leif Miller vom Naturschutzbund NABU "auch ein moralisches Versagen der Spitzenmanager". Wer am Ausstieg rüttele, reiße "gesellschaftliche Gräben auf, die gerade erst zugeschüttet" worden seien. In diesem Zusammenhang warf Stefan Schurig von Greenpeace die Frage auf, wie glaubwürdig eigentlich noch Ergebnisse solcher Treffen seien, "wenn die Energiekonzerne heute dies und morgen das sagen und Verträge bei nächster Gelegenheit gebrochen werden".

Je länger "die Meiler" betrieben würden, desto höher sei auch die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAU, sagte Winfrid Eisenberg von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW: "In einem derart dicht besiedelten Gebiet wie Rhein-Main wäre das eine unvorstellbare Katastrophe. Die sofortige Evakuierung vieler Millionen Menschen wäre nicht möglich, selbst ein optimal organisierter Katastrophendienst könnte das Chaos der Fliehenden nicht steuern. Auch wir Ärzte könnten nicht viel helfen, die Krankenhäuser wären schnell von Schwerstverstrahlten überfüllt. Hunderttausende würden sterben." Leider ist es jahrelang "aus der Mode gekommen", über diese Dimension der Nutzung der Atomkraft zu reden.

Der schwere Störfall im schwedischen Forsmark habe, so Eisenberg, erneut gezeigt, dass es sich bei der Atomenergie um eine "Trial and Error"-Technologie handele, die sich nie vollständig kontrollieren lasse. Insofern dürfe es vom eingeschlagenen Pfad - "weg von risikoträchtigen und umweltgefährdenden hin zu Erneuerbaren Energien" - keinen Weg zurück geben, so Miller.

"Selten hat ein individueller Schritt eine größere politische Bedeutung erlangt"

"Wenn die Atomkonzerne nicht abschalten wollen, müssen wir sie eben abschalten", sagte Jochen Stay von der Gorlebener Anti-Castor-Initiative X-tausendmal quer. Die Erfahrung zeige, dass sich im Atomkonflikt immer dann etwas positiv bewegen lasse, "wenn viele Menschen Druck machen, ob jetzt als mündige Stromkunden oder bei Castor-Transporten im Wendland." Eisenberg forderte die Stromkunden in Deutschland auf, "ihre Verbrauchermacht einzusetzen, um der Atomindustrie die Rote Karte zu zeigen." Selten habe in diesem Land ein individueller Schritt eine größere politische Bedeutung erlangt wie nach dem Wortbruch der Spitzenmanager, meint Schurig. "In großer Zahl vollzogen wirkt die private Entscheidung als starkes politisches Signal, das RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall da trifft wo es weh tut: beim Geld", sagte Jürgen Sattari von Robin Wood. Seine Organisation habe den Atomkonsens von Beginn an als "Etikettenschwindel" kritisiert und sich für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen und eine risikoarme und Klima freundliche Stromversorgung eingesetzt. Jeder, der zu einem Ökostromanbieter wechsele, bringe das Land dem Atomausstieg einen Schritt näher.

"Kostengünstiger als man denkt"

Die Umweltverbände wünschen sich "ein regelrechtes Wechselfieber". Der "private Atomausstieg" sei "unkompliziert und häufig sehr viel kostengünstiger, als man denkt", hieß es auf der Pressekonferenz in Berlin. Den Atomkonzernen werfen die Verbände hingegen Preistreiberei vor: Das Versprechen der Konzernherren, ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke wirke dämpfend auf die Strompreise, sei "von der Wirklichkeit längst widerlegt". Die Preise stiegen seit Jahren, "obwohl die Atomkraftwerke laufen". Schuld daran sei die Marktdominanz der großen Konzerne.

Auf der Website der Initiative kann sich jeder ein Bild über die Preise der dort genannten "Ökostromanbieter" machen. Bei den ElektrizitätsWerken Schönau (EWS) beispielsweise ist der Strom für 19,40 Cent pro Kilowattstunde zu bekommen, oder wahlweise auch für 21,14 Cent. Bei "Naturstrom", neben "Lichtblick" und "Greenpeace energy" einem weiteren der genannten Anbieter, zahlt man einen einen monatlichen Grundpreis von 7,80 Euro und 18,75 Cent pro Kilowattstunde.

Nach Angaben der Verbände besteht bei den Ökostromanbietern keinerlei eigentumsrechtliche Verflechtung mit einem Stromkonzern, der Atom- oder Kohlekraftwerke betreibt oder mit Strom aus diesen Quellen handelt. Es werde ausschließlich "Grüner Strom" geliefert, der zu mindestens 50 Prozent aus Erneuerbaren Energiequellen stamme. Maximal 50 Prozent dürften aus gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen stammen.

----------------------

junge welt 28.09.2006

Heißer Herbst für Konzerne

Atomgegner kündigen Demos in Biblis, Brunsbüttel und Gorleben an

Reimar Paul

Atomkraftgegner bereiten bundesweite Proteste gegen die vom Energieunternehmen RWE beantragte Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Biblis A (Hessen) vor. Außer in Biblis werde es am 4. November auch in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) eine Demonstration geben, sagte am Mittwoch der Sprecher der Initiative »X-tausendmal quer«, Jochen Stay. Für den 11. November rufen Umweltschützer zu einer bundesweiten Kundgebung in Gorleben auf.

RWE hatte am Dienstag bei der Bundesregierung beantragt, den mehr als 30 Jahre alten Reaktor Biblis A länger laufen zu lassen als im sogenannten Atomkonsens vereinbart. Danach müßte das Kraftwerk spätestens 2008 abgeschaltet werden. Auch für das Atomkraftwerk Brunsbüttel prüfen dessen Betreiber E.on und Vattenfall nach eigenen Angaben einen Antrag auf längere Laufzeiten.

»Die großen Stromkonzerne wollen die ältesten Reaktoren nichtabschalten. Sie spielen mit unser aller Leben«, erklärte Stay. Die Anti-Atom-Bewegung werde den Konzernen einen »heißen Herbst« bereiten. Nach Stays Angaben wollen sich zahlreiche Bürgerinitiativen und Umweltverbänden an den parallel stattfindenden Demonstrationen am 4. November in Biblis und Brunsbüttel beteiligen.

Bereits eine Woche später beginnen in Gorleben die Proteste gegen einen neuerlichen Castor-Transport ins Wendland. Zwölf Behälter mit hochradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague sollen mit dem Zug nach Dannenberg und von dort weiter auf Lastwagen ins Gorlebener Zwischenlager gebracht werden. Außer der Auftaktdemonstration am 11. November planen Atomgegner unter anderem eine große Sitzblockade auf der Straße zum Verladebahnhof.

In einer Anzeige, die in möglichst vielen Zeitungen erscheinen soll, wollen die Atomkraftgegner der Polizei außerdem ein »Versammlungsverbot« für die Zeit des Castortransports erteilen. Hintergrund ist, daß die Polizei bei den Atommülltransporten regelmäßig weiträumige Demo-Verbote zwischen Lüneburg und Gorleben verhängt. Begründet werden sie mit absurden Gefahrenprognosen aus zusammengesuchten, teilweise frei erfundenen, Vorfällen aus der Vergangenheit. Die Versammlungsverbote wurden von den Gerichten meist für unrechtmäßig erklärt &endash; allerdings immer erst nach den Castortransporten.

In der Begründung ihrer Bekanntmachung wollen die Atomkraftgegner nun ihrerseits eine Gefahrenprognose rund um die Nutzung von Atomkraft veröffentlichen. »Mit unserer Verfügung werden wir 20 Jahre nach dem Tschernobyl-GAU unsere Argumente gegen die Nutzung der Atomenergie, gegen den Versuch, den maroden Salzstock Gorleben zum Endlager zu machen, und gegen den polizeilichen Besatzungszustand im Wendland minutiös zusammentragen«, sagte am Mittwoch Francis Althoff von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (www.castor.de).  

------------------

Frankfurter Rundschau 27.09.2006

Weitere Aktionen gegen Atomlager

Gegnerisches Bündnis hat bereits 5400 Unterschriften gesammelt / Nuclear

Cargo Service hält Klage aufrecht

Die Bahn-Tochter Nuclear Cargo Service (NCS) will den Bau des Atomlagers in Wolfgang per Gerichtsbeschluss durchsetzen. Mehr als 5400 Bürger in und um Hanau haben ihren Protest gegen das geplante Lager mit ihrer Unterschriften zum Ausdruck gebracht.

Hanau - Nach Darstellung des "Bündnis gegen Atommülllager Hanau" ist der Genehmigungsprozess für das Zwischenlager für leicht bis mittelstark kontaminierte Gegenstände aus Atommeilern ins Stocken geraten. Wie Bündnis-Sprecher Elmar Diez gestern vor der Presse erklärte, habe das Umweltministerium immer noch keinen Termin für die Offenlegung der Umweltverträglichkeitsstudie anberaumt.

Eigentlich hätten die Unterlagen ab Mitte August für vier Wochen zur Einsicht für alle Bürger ausgelegt werden sollen. Diez vermutete als Grund die von der Stadt veranlasste Veränderungssperre für das Industriegebiet Wolfgang, um so Zeit zu gewinnen für einen Änderung im Bauplan, der bislang keine Einschränkung in der Nutzung des Areals vorsieht.

Stadt Untätigkeit vorgeworfen

Diesen Zusammenhang konnte das Hessische Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz nicht bestätigen, ergab die Anfrage der FR. "Die Bauplanung und das Genehmigungverfahren entsprechend der Strahlenschutzverordnung sind zwei getrennte Verfahren", erklärte Andreas Koch, Leiter des Büro von Minister Dietzel. Noch in diesem Jahr sollen die Unterlagen zum Umweltgutachten ausgelegt werden. Ein konkretes Datum konnte Koch noch nicht nennen. Er sagte aber, sollte die Änderung des Bebauungsplan Gültigkeit erlangen, könnte dies Auswirkung auf das Gutachten haben. In welcher Forum und in welchem Grad konnte er zu gegenwärtigen Punkt nicht sagen.

Die NCS hatte im August Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Stadt eingereicht. Der Vorwurf lautete Untätigkeit, weil die Baugenehmigung bis dahin n

och nicht durch war, berichtete Simone Zapke, Leiterin der Bauaufsicht der Stadt. Inzwischen habe die NCS die Ablehnung des Antrags erhalten. Die Uhr scheint nunmehr gegen die NCS zu laufen. Laut Zapke werde es vermutlich ein Jahr dauern, bis das Verwaltungsgericht in Frankfurt die Sache verhandelt habe.

Hinzu komme der mögliche Widerspruch wegen der Ablehnung. Sollte bis dahin der geänderte Bebauungsplan von den Stadtverordneten abgesegnet worden sein, könnte die NCS den Bebauungsplan nur noch mit einer Normenkontrollklage kippen, so Zapke. Die Nuclear Cargo Service teilte der FR mit, dass die Klage wegen Untätigkeit aufrecht erhalten werde. Zudem sei in Frankfurt eine Klage gegen die Änderungssperre eingereicht worden.

Ungeachtet des Verfahrensverlaufs bei der Zwischenlagergenehmigung will das Bündnis den Protest verstärken und eine weitere Informationskampagne starten. Dass seit Mitte Juli mehr als 5400 Unterschriften gegen das Vorhaben der NCS gesammelt werden konnten, wertet Diez ein deutliches Zeichen.

Die Listen wurden unter anderem über die Hanauer Marketing Gesellschaft in 40 Geschäften ausgelegt. Das Bündnis war und ist weiterhin selbst auf dem Marktplatz am Samstagvormittag mit einem Info-Stand präsent. Obendrein habe es in der Weststadt und in Wolfgang eine Flugblattaktion mit dem Unterschriften-Aufruf in Türkisch und Deutsch gegeben. In Wolfgang hätten 90 Prozent der angesprochenen Bewohner den Protest unterzeichnet, so Diez. Voraussichtlich am 17. Oktober findet die Unterschriftenaktion ihr vorläufiges Ende. An diesem Tag werden Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) und Vertreter des Bündnisses nach Wiesbaden fahren, um im Umweltministerium Minister Wilhelm Dietzel oder einem Vertreter die Unterschriftenlisten zu überreichen.

Zu dem verstrahlten Müll aus den Abriss der Altanlagen sollen in Wolfgang in einer 1250 Quadratmeter großen Halle (Nukem II) für die nächsten Jahrzehnte mehr als 3000 Kubikmeter radioaktive Abfälle aus bundesdeutschen Atomkraftwerken untergebracht werden. Detlef Sundermann

-----------------------------

Berliner Zeitung, 26.09.06

RWE will Atommeiler Biblis A bis 2011 betreiben

Antrag auf Laufzeitverlängerung geht heute offiziell an das Bundesumweltministerium

Ewald B. Schulte

BERLIN. Der Essener RWE-Konzern will die Laufzeit des seit 1974

betriebenen Atommeilers Biblis A um drei Jahre bis 2011 verlängern. Wie

die Berliner Zeitung aus Unternehmenskreisen erfuhr, soll dem

Umweltministerium ein entsprechender Antrag heute offiziell zugeleitet

werden. Dieser Antrag sieht die Übertragung von bislang nicht genutzten

Reststrommengen anderer Atommeiler des Konzerns auf den 1 200 MW-Reaktor

Biblis A vor. Im Gespräch ist dabei eine Strommenge von 30

Terawattstunden. Würde der Antrag genehmigt, könnte Biblis A genau so

lange betrieben werden wie der Atommeiler Biblis B, dessen Abschaltung

für das Jahr 2011 vorgesehen ist.

 

Nach dem derzeit geltenden Atomkonsens müsste der Reaktorblock Biblis A

spätestens 2008 vom Netz genommen werden. RWE-Konzernchef Harry Roels

hatte aber mehrfach angekündigt, dass sich der Konzern für eine längere

Laufzeit einsetzen werde. Immerhin habe RWE, so Roels weiter, seit 1999

eine Milliarde Euro in die Modernisierung von Biblis A und B investiert,

so dass beim Sicherheitsstandard dieser Anlagen ein auch nach

internationalen Maßstäben "sehr hohes Niveau" gewährleistet sei.

 

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte wiederholt erklärt, dass er die

Übertragung von Reststrommengen jüngerer Kernkraftwerke auf ältere

Atommeiler keinesfalls genehmigen werde, wenngleich auch solche Anträge

von seinem Haus strikt "nach Recht und Gesetz" bearbeitet würden. Im

Atomkonsens hatte die rot-grüne Bundesregierung der Energiewirtschaft die

Übertragung von Reststrommengen ausdrücklich zugestanden.

--------------

Frankfurter Rundschau 23.09.2006

Greenpeace-Proteste vor Biblis

Umweltschützer fordern das Abschalten des Kernkraftwerks

Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace haben vor dem südhessischen Atomkraftwerk Biblis gegen den Weiter- betrieb des ältesten noch laufenden deutschen Reaktors protestiert. Dort gab es diese Woche wieder einen Zwischenfall.

Biblis/Wiesbaden - Greenpeace-Mitglieder hätten am Freitag auf einen der

Kühltürme des Reaktors den 20 Meter breiten Schriftzug "Atomkraftwerk Biblis

endgültig abschalten" projiziert, sagte Heinz Smital, Atomexperte von

Greenpeace. Die Umweltschützer kritisierten die Absicht des Energieversorgers RWE, den

Weiterbetrieb von Biblis A über das Jahr 2008 hinaus zu beantragen. Die

hessische Landesregierung unterstützt das Vorhaben.

Nach dem noch von der rot-grünen Bundesregierung ausgehandelten Atomausstieg

soll der 1974 in Betrieb genommenen Block A 2008 abgeschaltet werden, der

etwas jüngere Block B im Jahr 2009. Laut Greenpeace ist Biblis A nach

Brunsbüttel das störanfälligste Atomkraftwerk in Deutschland. Bis Ende 2005 sei es

dort zu 321 meldepflichtigen Zwischenfällen gekommen. "Die Laufzeit von Biblis A

zu verlängern, ist ein Spiel mit dem Feuer", sagte Smital. Greenpeace nannte

Mängel wie eine vergleichsweise geringere Druck- und Temperaturfestigkeit

des Sicherheitsbehälters, der das Entweichen von Radioaktivität in die Umwelt

erschweren soll. Außerdem gehöre Biblis A zu den Atomkraftwerken in

Deutschland, die am schlechtesten gegen terroristische Angriffe geschützt seien.

 

Säure läuft aus Batterie aus  

Das Wiesbadener Umweltministerium teilte am Freitag mit, in Biblis sei am

Vortag aus einer gerissenen Batterie flüssige Säure ausgetreten. Der Fehler

wurde bei Nachrüstarbeiten im derzeit abgeschalteten Block A festgestellt.

Personal sei nicht gefährdet gewesen. Die Batterie diene zur Absicherung der

Spannungsversorgung für einen Diesel und befinde sich im Umfeld eines

Einspeisesystems, das bei seltenen Ereignissen die Kühlwasserversorgung der Dampferzeuger

sicherstellt. Sowohl die normale Stromversorgung als auch ein zweiter Diesel

standen den Angaben zufolge zur Verfügung. Die Ursache des Risses ist nicht

bekannt. dpa

 

-----------------

taz 22.09.2006

Reaktor Brunsbüttel "gegen alles gesichert"

Der Betreiber des Meilers hat seinen Sicherheitsbericht zu Brunsbüttel vorgelegt. Danach ist ein Störfall wie in Schweden ausgeschlossen. Die Atomaufsicht hat aber schon die erste Unstimmigkeit im Vattenfall-Report entdeckt

HAMBURG taz Das Atomkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein ist nach Angaben des Betreibers Vattenfall "gegen alle Eventualfälle gesichert". Ein schwerer Störfall wie im schwedischen Atomreaktor Forsmark am 25. Juli, der fast zur Kernschmelze geführt hätte, sei "in keinem denkbaren Fall möglich", sagte Bruno Thomauske, Chef der Hamburger Vattenfall-Filiale. Dies ist das Ergebnis eines 60-seitigen Untersuchungsberichts, den Vattenfall am Mittwochabend der Atomaufsichtsbehörde im Kieler Sozialministerium vorgelegt hat. Dieser wird nun von unabhängigen Sachverständigen geprüft. Die Behörde wies aber bereits gestern darauf hin, dass es bei der technischen Beschreibung der Stromversorgung "eine Unstimmigkeit" gebe. Vattenfall habe eine sofortige Berichtigung zugesagt.

Brunsbüttel musste von Vattenfall zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen unterzogen werden, weil dessen Notstromversorgung mit der in Forsmark weitgehend baugleich ist. Dort waren nach einem Kurzschluss mehrere Notstromaggregate ausgefallen, der Meiler war daraufhin mehr als 20 Minuten außer Kontrolle.

In Brunsbüttel könne das nicht passieren, versicherte Thomauske. Das achtstufige Sicherheitskonzept des Reaktors aus drei Dieseln, vier Gasturbinen und einem zusätzlichen unabhängig arbeitenden "Notstandssystem" sei "sicher". Die dreiwöchige Prüfung durch externe Experten habe ergeben, dass es "in keinem Fall" zu Abschaltungen, Unterbrechungen oder sonstigen technisch bedingten Ausfällen im Kühlsystem des AKW kommen könne. Ein Störfall wie in Forsmark sei in Brunsbüttel deshalb "ausgeschlossen".

Kritiker der Atomenergie bleiben allerdings skeptisch. Die Tatsache, dass die Atomaufsicht sofort eine Unstimmigkeit festgestellt habe, stärke nicht das Vertrauen, sagte Gerd Rosenkranz, Leiter der Abteilung Politik bei der Deutschen Umwelthilfe. Zwar könne man den konkreten Inhalt des Berichtes noch nicht bewerten. Rosenkranz wies aber darauf hin, dass der Bericht erst drei Wochen nach der von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gesetzten Frist fertiggestellt worden sei. "Wir sind jetzt wieder an dem Ausgangspunkt der Diskussionen."

Die Umwelthilfe hatte nach dem Störfall in Forsmark bemängelt, dass das Notstromsystem schlechter ausgelegt sei als in dem schwedischen AKW. Offen sei, ob der Bericht nun die von Vattenfall zwischenzeitlich beantragte technische Nachbesserung berücksichtige oder nicht. Zudem liege bei der Atomaufsicht eine Mängelliste, die weiterhin geheim gehalten werde. Sollten diese Mängel unbedeutend oder mittlerweile behoben sein, dürfte einer Veröffentlichung nichts im Wege stehen, sagte Rosenkranz. "Bisher wird uns der Einblick aber noch verwehrt." S.-M. VEIT, S. KOSCH

--------------------

taz 18.09.2006

Atommüll erquängelt

Zwischenlager will Antrag für neuen Strahlungsmüll stellen. Transporte sind längst beschlossen

DÜSSELDORF taz/dpa Das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) will in Zukunft außer hochradioaktivem Atommüll auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle lagern. Laut Sprecher Michael Ziegler will das BZA dafür einen Antrag beim Bundesamt für Strahlenschutz und der Bezirksregierung Münster stellen. Einen Zeitpunkt für den Antrag wollte Ziegler nicht nennen. Atomkraftgegner sehen durch die Ankündigung die fehlende Notwendigkeit für das Zwischenlager bestätigt: "Das BZA bemüht sich selbst, Kunden zu gewinnen. Das zeigt, dass der Standort völlig aus dem Geschäft raus ist", sagte Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus".

Das Zwischenlager nahe der Niederländischen Grenze ist heute nur zu rund zehn Prozent ausgelastet: "Die Halle ist weitgehend leer", sagte Ziegler. Der Grund dafür seien neue Zwischenlager in der Nähe von Atomkraftwerken. Ruwe kritisierte, dass mit einer Genehmigung auch die Zahl der Atommüll-Transporte wieder steigen würde, und forderte: "Die sollten es bei zehn Prozent belassen und schnell ein Endlager für das Material finden."

Während die Genehmigung für das Lagern neuer Atommüll-Arten noch aussteht, sind entsprechende Lieferungen offenbar schon beschlossen. Im Juli hatte die Niedersächsische Landesregierung nach einer Anfrage der Grünen im Landtag weitere Transporte aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage nach Ahaus angekündigt. Demnach sollen ab 2009 insgesamt 250 Großbehälter mit schwach- und mittelstark radioaktivem Inhalt nach Ahaus geliefert werden (taz berichtete). 2015 sollen weitere 20 Großbehälter mit Strahlungsmaterial mittlerer Belastung folgen. "Die wollen ihr Lager voll bekommen", vermutet Ruwe. MORITZ SCHRÖDER

-------------------------

ahaus@online 20.09.2006

Gudrun Pausewang kommt nach Ahaus

Ahaus - 20.09.2006 -Deutschland erlebt den Super-Gau: Im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld ereignet sich ein Atomunfall &endash; den niemand für möglich gehalten hätte. Der 1987 erschienene Bestsellerroman „Die Wolke" erzählt von dieser fiktiven Katastrophe, bei der die 14-jährige Janna-Berta ihre Familie verliert und ums Überleben kämpft. Im Frühjahr dieses Jahres startete die Verfilmung der literarischen Warnung von Autorin Gudrun Pausewang vor einer Atomkatastrophe in den deutschen Kinos.

Über zwei Millionen Jugendliche haben das Buch

„Die Wolke" seit seinem Erscheinen gelesen; das Buch gehört in vielen Schulen zum festen Bestandteil des Lehrplans für die Jahrgangsstufen 6 bis 10. Der Roman von Erfolgsautorin Gudrun Pausewang beschreibt die Folgen eines Atomunfalls in einem deutschen Kernkraftwerk. Für die 14-jährige Janna-Berta beginnt alles mit einem Alarm in der Schule und ehe sie sich versieht, ist sie auf der Flucht vor der radioaktiven „Wolke". Der erfolgreichen Kinder- und Jugendbuchautorin Gudrun Pausewang, Jahrgang 1928, ist Aufklärung ein zentrales Anliegen. Sie schreibt über Themen wie Flucht, Krieg und Umweltschutz und setzt sich mit ihren Büchern für Frieden, Umweltbewusstsein und soziale Gerechtigkeit ein. „Die Wolke" und „Die letzten Kinder von Schewenborn", ihre bekanntesten Jugendbücher, sind unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis ausgezeichnet worden. 

Der Unabhängigen Wählergruppe Ahaus (UWG) ist es nun gelungen, Gudrun Pausewang für eine Autorinnenlesung in Ahaus zu gewinnen. Hierzu lädt die UWG Ahaus alle Interessierten am Montag, 23. Oktober 2006 um 19 00 Uhr in das Schloßhotel ein. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei. Der Kinofilm zu ihrem Erfolgsroman wird in einer Matinee am Sonntag, 22. Oktober 2006 um 11 Uhr im Cinema Ahaus an der Schlossstraße gezeigt. Der Eintritt hierzu beträgt 3,50 ¤.

------------------------

Münsterland Zeitung 18.09.2006

BZA bald Thema im Rat

Ahaus - Der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) liegt nach eigenen Angaben ein Schreiben der Zwischenlager-Betreiberin vom 1. September an den Bürgermeister der Stadt Ahaus vor, in dem die BZA-Zukunftspläne für das Ahauser Zwischenlager darlegt. Darin heiße es, dass die BZA neben dem mittelradioaktiven Abfall aus La Hague (Münsterland Zeitung berichtete) für eine Dauer von zehn Jahren schwach- und mittelradioaktiven Abfall aus "dem Betrieb und der Stilllegung deutscher Kernkraftwerke" lagern möchte. Nach Informationen der BI soll das Thema am 27. September im Rat behandelt werden.

Der Sprecher der BI, Felix Ruwe kritisiert: "Weitere Atommülltransporte nach Ahaus, die nur der Verbesserung der Gewinnsituation der BZA-GmbH dienen, sind unverantwortlich."

------------------

ahaus@online 17.09.2006

Klausurtagung der UWG in Alstätte

Ahaus-Alstätte - 17.09.2006 -Zu ihrer turnusmäßigen Klausurtagung kamen die Mitglieder der Fraktion der Unabhängigen Wählergruppe Ahaus (UWG) an diesem Wochenende in Alstätte zusammen.

Eine Bilanz der bisherigen Arbeit der Fraktion stand ebenso auf der Tagesordnung wie die Zukunft der Ahauser Bäder, die Entwicklung der Energiepreise und die jüngst bekannt gewordenen Einlagerungspläne der BZA.

Dabei war sich die Fraktion einig in dem Punkt, dass eine Verteuerung der Energie zu Lasten der Verbraucher nicht erforderlich sei. Dies zeige die Gewinnsituation der Stadtwerke mehr als deutlich. UWG-Vorsitzender Hubert Kersting mahnte deutlich an, dass die Stadt Ahaus ihren Einfluss gegen weitere Preissteigerungen der Stadt-werke geltend machen müsse. Ziel müsse eine Entlastung der

Bürger sein, nicht ein größtmöglicher Gewinn für die Stadtwerke. Eine erste Bewertung des Gutachtens zur Situation der Bäder in Ahaus und Alstätte zeige, so Jürgen Goerke, dass kostspielige Spaßbäder für Ahaus nicht der richtige Weg seien. Goerke: „Die Grundversorgung mit einem neuen Hallenbad am Standort des Wellenbades und der Erhalt des Freibades in Alstätte seien sinnvoll, aber auch notwendig." Bei den Eintrittspreisen hält die Fraktion die Einführung einer „Ahaus-Card" für eine gute Lösung, um der Ahauser Bevölkerung auch in Zukunft eine kostengünstige und familienfreundliche Nutzung der Bäder zu bieten.

Auf heftige Kritik in der UWG-Fraktion stieß die Absicht von BZA, Genehmigungsanträge für eine ergänzende Nutzung des Zwischenlagers zu stellen. Ganz gleich, welche Parteienkonstellation in den vergangenen Jahren die Bundesregierung gestellt habe, es sei keinem gelungen, in der Endlagerfrage weiterzukommen. Und so lange diese Frage nicht geklärt sei, so Fraktionssprecher Dieter Homann, kann das Ahau-ser Zwischenlager nur als Endlager gesehen werden. Für die nun von BZA angestrebten Einlagerungen in Ahaus müsse das Verursacherprinzip gelten. Homann ließ keinen Zweifel daran, dass sich die UWG Ahaus auch in Zukunft gemeinsam mit der Bevölkerung gegen jegliche weitere Einlagerung im Zwischenlager zur Wehr setzen werde. Die UWG-Fraktion fordert eine rechtzeitige und umfassende Aufklärung der Ahauser Bevölkerung über die Einlagerungspläne. Homann hat sich diesbezüglich im Auftrag der Fraktion in einem Schreiben an Bundes- und Landesregierung sowie die zuständigen Behörden gewandt

------------------

Frankfurter Rundschau 15.09.2006

Atomkraft

Zwischenlager Ahaus will mehr Müll aufnehmen

Ahaus - Das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) in Nordrhein-Westfalen will in Zukunft außer hochradioaktivem Atommüll auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aufnehmen. BZA-Sprecher Michael Ziegler bestätigte am Freitag, dass ein Antrag dazu gestellt werden soll. Einen Zeitpunkt für den Antrag beim Bundesamt für Strahlenschutz und der Bezirksregierung Münster wollte Ziegler nicht nennen.

Brennelemente belegten derzeit gut zehn Prozent der Lagerplätze. "Die Halle ist weitgehend leer", sagte Ziegler. Die Kernkraftwerke hätten auf der Grundlage politischer Entscheidungen standortnahe Zwischenlager gebaut. Auch die Brennelemente von Forschungsreaktoren werden in Ahaus nicht mehr erwartet, da diese ins Ursprungsland USA zurückgegeben würden.

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" teilte unterdessen mit, dass vom Jahr 2009 an rund 250 Großbehälter nach Ahaus geliefert werden sollen. Diese Angaben bestätigte Ziegler nicht. dpa

-----------------

ddp 15.09.06

Brennelemente-Zwischenlager will mehr Atommüll einlagern

Freitag 15. September 2006, 15:03 Uhr

Ahaus (ddp-nrw). Das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) will in Zukunft auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus dem Betrieb von Kernkraftwerken einlagern. Da ausgebrannte Brennelemente nahe der Kernkraftwerke zwischengelagert würden, sei dieser Schritt notwendig, um die Kapazitäten im Lager besser auszunutzen, erklärte ein Sprecher des BZA am Freitag. Derzeit seien erst rund zwölf Prozent der 420 Stellplätze in der Anlage belegt.

Bislang befinden sich im BZA lediglich Brennelemente. Für die Transporte des schwach- und mittelradioaktiven Mülls müssten so genannte Nutzungsergänzungen beantragt werden, sagte der Sprecher weiter.

Nach Angaben der Bürgerinitiative «Kein Atommüll in Ahaus» sollen ab 2009 rund 270 Großbehälter mit Atommüll aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague nach Ahaus gebracht werden. Diese Zahl wollte der BZA-Sprecher nicht kommentieren.

---------------------------

wdr-Text 15.09.2006

----------------------

taz 15.09.2006

Noch mehr Atommüll nach Ahaus

AHAUS taz Ab 2009 drohen neue Atommülltransporte ins münsterländische Ahaus. In das dortige Zwischenlager sollen 270 Großbehälter mit so genannten "CSD-C-Kokillen" aus der Plutoniumfabrik im französischen La Hague geliefert werden.

Das geht aus einem Schreiben der niedersächsischen Landesregierung hervor, das der taz vorliegt. Anti-Atom-Initiativen bewerten die anstehenden Transporte als "besorgniserregend" und kritisieren, die fehlende der Öffentlichkeit Information durch Betreibergesellschaft und NRW-Landesregierung sei "ein Skandal". WYP

---------------------

Münsterland Zeitung 15.09.2006

Atomtransporte ab 2009?

Ahaus - Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" (BI) rechnet ab 2009 mit dem Transport schwach- und mittelradioaktiver Abfälle aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Ahauser Zwischenlager. Die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) als Betreiberin des Zwischenlagers will weder Termine noch Zahlen zu den Behältermengen kommentieren.

GNS-Sprecher Michael Ziegler kündigte gestern auf Anfrage jedoch an, dass die GNS "in absehbarer Zeit" neue Anträge zur Nutzung der Lagerhalle in Ahaus stellen werde. Dabei gehe es nur um schwach- und mittelradioaktive Abfälle, die nicht problematisch seien.

Nach dem Atomkonsens, der mit der Schaffung dezentraler Zwischenlager an den Standorten der Atomkraftwerke einherging, ist für Ahaus nur noch die Einlagerung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren vorgesehen. Ziegler: "Damit und mit den bisherigen Einlagerungen sind nur zehn Prozent unserer Lagerkapazität ausgeschöpft." Die GNS wolle nun eine "Nutzungsergänzung" beantragen. Einzelheiten, so Ziegler, könne er jetzt noch nicht mitteilen.

Unterdessen verweist die BI auf die Beantwortung einer Kleinen Anfrage im niedersächsischen Landtag. Darin geht die Landesregierung in Hannover davon aus, dass die Zwischenlager in Ahaus und Gorleben "nicht vor 2009" schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in Form von rund 250 Großbehältern zu erwarten hätten. Darüber hinaus sei anstelle der Rückführung von bituminierten Abfällen die Rücknahme verglaster mittelradioaktiver Abfälle (CSD-B) in rund 20 Großbehältern voraussichtlich ab 2015 vorgesehen.

"Sonntagsspaziergang"

Kritik üben die Atomkraftgegner an der Informationspolitik. "Es ist ein Skandal, dass weder die Betreibergesellschaft des Zwischenlagers Ahaus noch die nordrhein-westfälische Landesregierung über diese Pläne berichten", so BI-Sprecher Felix Ruwe, der gleichzeitig massiven Widerstand gegen diese Vorhaben ankündigte.

Auch der traditionelle "Sonntagsspaziergang" soll nach dem Willen der BI am kommenden Sonntag ganz im Zeichen der Rücktransportpläne stehen. Der Protest beginnt um 14 Uhr vor dem Zwischenlager in Ammeln. - gro

---------------

WM-TV 14. 09 2006

Ahaus: Atomkraftinitiativen erwarten neue Castor-Transporte

Atomkraftgegner aus dem Münsterland rechnen mit einem neuen Castor-Transport nach Ahaus. Möglicherweise könnten schon 2009 rund 270 Großbehälter zum Brennelementezwischenlager transportiert werden, so die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus" heute in einer Pressemitteilung. Sie beruft sich dabei auf Informationen aus Ministerienkreisen. Bei den Abfällen soll es sich überwiegend um schwach- und mittelradioaktive Brennelemente aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague handeln. Die Atomkraftgegner kritisieren, dass die Betreibergesellschaft des BZA und die nordrheinwestfälische Landesregierung bislang nichts von den Plänen öffentlich gemacht hätten. Neben den Abfällen aus Frankreich erwarten die Atomkraftgegner noch rund 70 Behälter aus deutschen Forschungsreaktoren. Die münsterländischen Anti-Atomkraftinitiativen kündigten heute massiven Widerstand an.

---------------------

-----------------

taz 09.09.2006

Das umstrittene Projekt Atomforschung

Seit 1967 forschen in Jülich Wissenschaftler zur Atomenergie - mit wechselnder Begeisterung der Landesregierung

Die Unterstützung des Forschungszentrums Jülich (FZJ) war stets vom politischen Klima geprägt. 1956 vom Land NRW bei Aachen gegründet, schwamm das FZJ zunächst auf der Atomeuphorie-Welle der 60er Jahre. 1962 gingen die ersten beiden Forschungsreaktoren in Betrieb, die allerdings nicht zur Energiegewinnung genutzt wurden. Sie dienten lediglich als Neutronenquelle für zahlreiche Experimente, etwa für die Chemie, Biologie oder Physik.

Kernenergie aus NRW im Stromnetz

Nach siebenjähriger Bauzeit wurde der weltweit erste "Thorium-Hochtemperatur-Reaktor" (THTR) 1967 in Jülich fertig gestellt. Seine Besonderheiten sind der kugelförmige Uranträger Graphit (so genannter "Kugelhaufenreaktor") und das verwendete natürliche Element Thorium. Finanziert wurde die Forschung seit dem Bestehen zu 90 Prozent vom Bund und zu zehn Prozent vom Land. Von Beginn an lieferte der Reaktor Strom ins NRW-Netz.

Die Kernforscher rühmten sich damit, die Kettenreaktion bei der Kernspaltung könne wegen der Besonderheiten des Graphits sehr gut kontrolliert werden. Damit wollten sie der in Verruf geratenen Atomtechnik ein Image der sicheren Energieerzeugung verpassen.

Kernreaktoren in der Kritik

Als sich Mitte der 80er Jahre das politische Klima änderte, verfügte der Aufsichtsrat des FZJ, dass die Leistung des THTR kontinuierlich gesenkt werden solle. 1988 stellten die Betreiber ihn endgültig ab. Die Frustration bei den Wissenschaftlern war damals groß: "Wir waren von der Technik überzeugt", sagt FZJ-Sprecher Peter Schäfer. Allerdings gab es auch in einem zweiten THTR-Reaktor Störfälle, der 1987 in Hamm-Uentrop in Betrieb gegangen war. Haltebolzen waren von den Keramikplatten abgebrochen, die den Kühlkreislauf schützen sollten, wodurch im Ernstfall Strahlung hätte austreten können. Nach zwei konfliktreichen Jahren wurde die Anlage bereits wieder geschlossen. Anti-Atom-AktivistInnen hatten so häufig gegen den Reaktor geklagt, dass sie sich auch finanziell nicht mehr lohnte - so jedenfalls die Darstellung der THTR-Befürworter aus Jülich. Umweltinitiativen machten die technischen Pannen im Reaktorsystem für das Scheitern verantwortlich. Inzwischen sind andere Länder an der THTR-Technologie interessiert. In Südafrika wird momentan mit Unterstützung aus Jülich ein THTR-Reaktor gebaut.

Pinkwart will Kernforschung im Land halten

Zurzeit gibt es noch einzelne Forschungsarbeiten, in denen vor allem die verbrauchten Graphitkugeln des Reaktors untersucht werden. Lange werden die Studien aber nicht mehr möglich sein. Die beiden leitenden Wissenschaftler der Reaktorforschung in Jülich werden in den kommenden drei Jahren emeritiert. Zurzeit verhandelt eine Arbeitsgruppe, bestehend vor allem aus den Trägern des FZJ von Landes- und Bundesministerien, über die Zukunft der Kernforschung.

Landes-Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) setzt sich für neue Professorenstellen und Gelder ein: "Wir wollen die vorhandene Kompetenz im Bereich der Kerntechnologie und der Kernsicherheitsforschung erhalten und ausbauen", sagte er Ende Juni. Sein Sprecher André Zimmermann ergänzte gestern: "Dafür ist die Förderung von Nachwuchs ein wichtiger Schwerpunkt". Ausgebildet werden soll nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für Betreiber, Bewilligungsbehörden und Überwachungsstellen von Anlagen im In- und Ausland. Gegen die Pläne regt sich Protest von Umweltinitiativen und FZJ-MitarbeiterInnen.

MORITZ SCHRÖDER

 -----------------------------

taz 09.09.2006

Jülich spaltet wieder

Das Land hält an Atomforschung fest: Im Jülicher Forschungszentrum sollen drei neue Professoren eingestellt werden. Mitarbeiter fordern ein Eingreifen des Bundesumweltministers

VON MORITZ SCHRÖDER

Am Sonntag wird das Forschungszentrum Jülich (FZJ) 50 Jahre alt. Pünktlich zum Jubiläum kündigt Landes-Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) neue Investitionen für die dortige Atomforschung an. Drei Professorenstellen für die Bereiche atomare Sicherheitsforschung, Reaktortechnik, Strahlenschutz und nukleare Entsorgung sollen an der Hochschule RWTH Aachen wiederbesetzt werden, wie das Ministerium gestern mitteilte. Die technische Hochschule in Aachen ist an der Kernforschung in Jülich beteiligt. Mit den Wissenschaftlern sollen drei Professoren ersetzt werden, die in den kommenden drei Jahren in Jülich emeritiert werden. Eine Arbeitsgruppe des FZJ-Aufsichtsrats beschäftigt sich aktuell mit der Zukunft der Kernforschung.

Offenbar hat sich der Minister aus Düsseldorf mit seinen Forderungen im Aufsichtsrat durchgesetzt, die Kernforschung in Jülich weiterhin zu finanzieren. Auch die Landesregierung steht hinter ihm, die in ihrer kürzlich beschlossenen Innovationsstrategie auch den Punkt "Revitalisierung der Kernenergie- und Sicherheitsforschung" aufnahm.

Pinkwart hatte befürchtet, dass mit den Professoren auch die Erfahrungen der NRW-WissenschaftlerInnen in Sachen Atomforschung schwinden: "Ich möchte, dass die Option Kernenergie mit erforscht bleibt, damit wir diese Kompetenz nicht an andere Länder abgeben", sagte Pinkwart in einem Interview mit dem WDR-Hörfunk Ende Juni. In Jülich ist das Programm THTR ("Thorium-Hochtemperatur-Reaktor") bereits 1988 ausgelaufen. Momentan werden dort nur noch die strahlenden Graphitkugeln aus dem ehemaligen Reaktor untersucht. Länder wie China zeigen inzwischen großes Interesse an der Technik. Südafrika baut zurzeit mit Hilfe aus Jülich eine umstrittene THTR-Anlage.

Nach jahrelanger Kritik an der Forschungsarbeit in Jülich fürchten nun sogar MitarbeiterInnen des FZJ, dass es bei den neuen Projekten nicht nur um die Reaktorsicherheit und Entsorgungstechnik geht. Sie verbinden mit dem aktuellen Entschluss einen erneuten Einstieg des Landes in die Atomenergieforschung: Minister Pinkwart wolle "den Grundstock für ein Wiedererstarken der THTR-Forschung legen", so die Kritik in einem Schreiben zum Jubiläum des Forschungszentrums, das der taz vorliegt. Auch Dirk Jansen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz in NRW kritisiert: "Mit der Fortführung der Forschung wird die Reaktortechnik durch die Hintertür wieder salonfähig gemacht."

Die Jülicher MitarbeiterInnen fordern in ihrem Brief außerdem, dass sich Bundes-Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in der Debatte klar gegen weitere Kernforschung in NRW ausspricht. Sein Ministerium ist im Aufsichtsrat allerdings nicht vertreten. Ein Sprecher Gabriels bestreitet jede Zuständigkeit und erklärt sogar: "Forschungsreaktoren sind vom Atomausstieg nicht betroffen."

--------------------

Tagesschau 06.09.2006

Sicherheitsdebatte um Atomkraftwerk

Vattenfall muss AKW Brunsbüttel umbauen

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat erneut Aufklärung über die Sicherheit in dem AKW Brunsbüttel gefordert. Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht als zuständige Behörde habe dem Betreiber Vattenfall noch einmal eine Frist bis zum 20. September gesetzt, um zu erklären, ob die Pannen bei der Notstromversorgung im schwedischen Reaktor Forsmark tatsächlich nicht auf das AKW Brunsbüttel übertragbar seien, sagte Gabriel.

Vattenfall musste bisherige Angaben korrigieren

Vattenfall hatte zunächst angegeben, eine Panne wie im schwedischen Atommeiler Forsmark sei in Brunsbüttel nicht möglich, da die deutschen Anlagen mit Gleichstrom versorgt würden und keine Wechselrichter zur Umwandlung in Wechselstrom benötigten. Das Unternehmen korrigierte diese Darstellung im August jedoch und gab an, dass im Atomkraftwerk Brunsbüttel doch Wechselrichter eingesetzt würden.

Laut Gabriel stellte Vattenfall inzwischen einen Antrag, die Notstromtechnik so umbauen zu können, dass Wechselrichter keine Rolle mehr spielen. Damit reagiere Vattenfall "nunmehr offenbar auf das konsequente Vorgehen der Atomaufsicht und tritt die Flucht nach vorne an", sagte Gabriel.

Streit im Umweltausschuss

Der Bericht Gabriels über die Korrekturangaben Vattenfalls löste im Umweltausschuss einen heftigen Streit aus. Die Grünen forderten die Abschaltung des AKW Brunsbüttel. Es gebe "Defizite, Falschinformationen und scheibchenweise Informationen" von Vattenfall. Die Linksfraktion warf Vattenfall vor, bei einem vergangenen Fall nicht die volle Wahrheit gesagt zu haben.

Gabriel sieht keinen Anlass für eine Abschaltung. Er verwies danach darauf, dass Vattenfall auf Betreiben der Behörden "falsche Aussagen korrigiert" habe. Wenn die Grünen die Diskussion so fortsetzten, werde er "dutzende Beispiele" nennen, dass sein Vorgänger Jürgen Trittin (Grüne) trotz bestehender Mängel den Weiterbetrieb verschiedener Atommeiler genehmigt habe, sagte er nach Angaben des Bundestags. Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche (CDU) kritisierte die Grünen. Die Sicherheit von Kernkraftwerken eigne sich nicht für Panikmache.

Glos will längere Laufzeiten

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos warb erneut für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken. "In der derzeitigen Diskussion um die angespannten Energiepreise können wir es uns nicht leisten, auf die sicheren deutschen Kernkraftwerkskapazitäten zu verzichten", sagte er dem "Handelsblatt". Zwei Energiekonzerne hätten angekündigt, für bald abzuschaltende Atomkraftwerke die Übertragung von Strommengen jüngerer Meiler zu beantragen. Er werde dem zustimmen, für eine Übertragung sei aber auch die Zustimmung des Umweltministeriums nötig. Glos warnte davor, den Atomausstieg beim Energiegipfel im Oktober auszuklammern.

-------------------

Neues Deutschland, 6.9.06

Genehmiger Bruno Thomauske /

Für den Chef der AKW-Sparte von Vattenfall ist das AKW Brunsbüttel sicher

Der von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) geforderte Sicherheitsnachweis für die Notstromversorgung des umstrittenen Atomkraftwerks Brunsbüttel ist immer noch nicht erbracht, doch Bruno Thomauske behauptet: »Wir haben belegt, dass Brunsbüttel besonders gut auf mögliche Störungen in der Stromversorgung vorbereitet ist.« Thomauske ist Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (VENE), die die Atomkraftaktivitäten des schwedischen Energiemultis Vattenfall bündelt und gemeinsam mit E.on die norddeutschen AKW Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel sowie den stillgelegten Meiler in Stade betreibt.

Thomauske (Jg. 1949) ist in der Atomgemeinde kein Unbekannter. Vor seinem Job bei Vattenfall war der gelernte Physiker 20 Jahre lang in führender Position beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) tätig. Er leitete hier die Erkundung des Salzstocks Gorleben, übernahm später zudem die Verantwortung für die Endlagerprojekte Schacht Konrad und Morsleben. Zuletzt war er beim BfS für die Genehmigung der Castortransporte sowie der Zwischen- und Interimslager an den AKW-Standorten zuständig. Thomauske leitete die atomrechtlichen Anhörungen, diskutierte, erörterte - und genehmigte. Befürchtungen von Anwohnern wischte er als »unbegründet« vom Tisch. Für alle von den AKW-Betreibern beantragten Zwischenlager - einschließlich der Standorte Brunsbüttel und Krümmel - gab er für das BfS Grünes Licht.

Nach seinem Wechsel zu Vattenfall im Herbst 2003 rückte Thomauske schnell in die Geschäftsführung auf. Ob er, wie Atomgegner mutmaßen, bei dem Energieunternehmen schon vorher unter Vertrag stand, ist unklar. Auf jeden Fall fordert die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg die Überprüfung sämtlicher unter Thomauskes Federführung erteilten Genehmigungen für Atomanlagen. Laut BfS ist das längst geschehen. Nach dem Wechsel zu Vattenfall habe die Stabsstelle für »Innenrevision und Korruptionsprävention« die Unterlagen der Verfahren zu den Zwischenlagern Brunsbüttel und Krümmel auf eine unzulässige Einflussnahme zugunsten von Vattenfall hin überprüft; Hinweise habe es nicht gegeben. Intern heißt es beim BfS jedoch: »Thomauske ist ein Problem.«

Reimar Paul

--------

ZEIT online, Tagesspiegel | 06.09.2006

Atomkraft: Streit um Brunsbüttel eskaliert

Im Umweltausschuss ist es heute zu einem heftigen Streit über die Sicherheit des Atomkraftwerks Brunsbüttel gekommen. Umweltminister Gabriel wies die Forderung der Grünen, den Reaktor abzuschalten, als "rechtswidriges Verhalten" zurück.

Berlin - Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies nach Angaben der Bundestagspressestelle Äußerungen aus den Reihen der Grünen "vehement" zurück, der Betreiber Vattenfall habe die Aufsichtsbehörden "an der Nase herumgeführt". Der Minister verwies darauf, dass Vattenfall auf Betreiben der Behörden "falsche Aussagen korrigiert" habe.

Sollten die Grünen die Diskussion in dieser Art und Weise fortführen, könne und werde er "dutzende Beispiele" dafür anführen, dass auch der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) trotz bestehender Mängel den Weiterbetrieb verschiedener AKWs genehmigt und sich damit "rechtskonform" verhalten habe, betonte Gabriel. Die von den Grünen erhobene Forderung, Brunsbüttel abzuschalten, sei "rechtswidriges Verhalten" und provoziere Schadenersatzklagen.

Die Grünen hatten argumentiert, in den vergangenen Wochen habe sich gezeigt, dass es bei den Informationen durch Vattenfall "Defizite, Falschinformationen und scheibchenweise Informationen" gegeben habe. Damit seien Zweifel angebracht, ob der Betreiber in der Lage sei, vollständige Sicherheitsüberprüfungen vorzunehmen.

Der Meiler an der Unterelbe war in die Kritik geraten, nachdem die Deutsche Umwelthilfe ähnliche Mängel wie beim Kraftwerk im schwedischen Forsmark ausgemacht hatte. Brunsbüttel soll nach dem Atomkonsens Anfang 2009 vom Netz gehen.

-------------------------

Neues Deutschland, 05.09.06

Atommüllkippe nicht ganz dicht

Streit um Verfahren bei der Schließung des Endlagers Asse II

Von Reimar Paul

Betreiber und Bürgerinitiativen streiten über das Verfahren bei der Schließung des Atommüllendlagers Asse II in Niedersachsen. Während das Forschungszentrum GSF das Bergwerk nach dem Bergrecht schließen will, fordern die Atomgegner ein atomrechtliches Verfahren. Die Anwohner müssten dann angehört werden und hätten ein Klagerecht, auch verschiedene technische Methoden würden erörtert. Einige Nachbarn verlangen sogar, die in Asse II eingelagerten Abfälle wieder herauszuholen.

Die Arbeiten zur Schließung des Atommüllendlagers Asse II haben längst begonnen, und das Bergwerk droht abzusaufen. Bereits seit 16 Jahren dringt Lauge in den Salzstock, rund 12,5 Kubikmeter sind es jeden Tag. Die Flüssigkeit darf auf keinen Fall in Kontakt mit dem Atommüll geraten. Schon 1906 war es im benachbarten Schacht Asse I zu einem Wassereinbruch gekommen, in dessen Folge die Grube volllief und aufgegeben werden musste. Befürchtungen, in Asse II könne ähnliches passieren, hatte die GSF stets beiseite gewischt.

Das Bergwerk liegt in einem bewaldeten Höhenzug in der Nähe von Wolfenbüttel. In Asse II hatten Bergleute von 1909 bis 1964 Kali- und Steinsalz gefördert, ab 1965 erwarb die Bundesregierung die Grube für 700 000 DM und übertrug sie der - inzwischen umbenannten - Gesellschaft für Strahlenforschung als »Forschungsendlager«. Entgegen der Ankündigung, Asse werde zunächst fünf Jahre lang auf seine Eignung geprüft, brachten Lastwagen bereits 1967 die ersten Tonnen mit radioaktivem Abfall in das Bergwerk. In den folgenden Jahren wurden 125 000 Fässer mit schwach- und 1300 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll eingelagert. Dabei probierte die GSF verschiedene Methoden aus, so das senkrechte oder waagerechte Stapeln der Fässer. Ab 1974 gingen die Betreiber zur Versturztechnik über; dabei kippen Schaufelradlader die Tonnen mit Atommüll einfach über Abhänge auf tiefer gelegene Sohlen.

Die Abfälle stammen aus Laboren, Krankenhäusern, Forschungsinstituten, Atomkraftwerken und einer Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe. In den 1980er Jahren gab es auch Versuche zur Einlagerung von stark strahlendem Müll. Eine erste Barriere zur Abschirmung der Abfälle bilden rund 2,5 Millionen Tonnen Salzstaub, die in Güterwaggons vom ehemaligen Kali-Bergwerk Ronnenberg bei Hannover herbeigeschafft und in die 150 Kammern der Asse geblasen wurden. Mit wechselnden Schichten aus Asphalt und Schotter, Beton und Bitumen wollen die 120 verbliebenen Beschäftigten das Bergwerk in den kommenden Jahren füllen. Nach den Abbaukammern mit den Fässern kommen die Stollen und Schächte an die Reihe. Vorher müssen die Maschinen und Fahrzeuge zerlegt und an die Oberfläche geschafft werden. Im Jahr 2013 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

»In Asse ist die Endlagerung gründlich misslungen«, sagt der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. »Wie will man bei Gorleben und Schacht Konrad garantieren, dass dort Strahlenmüll für eine Million Jahre sicher eingelagert wird, wenn die Asse schon nach 30 Jahren abzusaufen droht?«

--------------------

taz 2.9.2006

Ex-Minister geht

Sozialdemokrat Horstmann verabschiedet sich von der Politik und wechselt zum Stromkonzern EnBW

DÜSSELDORF taz Der frühere nordrhein-westfälische Energieminister Axel Horstmann (SPD) wird Konzernbevollmächtigter der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW). Das teilte die EnBW gestern mit. Der Konzern wolle seine Aktivitäten in NRW ausweiten. Horstmann erklärte, er werde seine Funktion als Vizevorsitzender der Düsseldorfer SPD-Landtagsfraktion mit sofortiger Wirkung aufgeben. "Mein Landtagsmandat werde ich noch für begrenzte Zeit ausüben, um Verpflichtungen zu erfüllen, die ich im Wahlkreis eingegangen bin", sagte der ostwestfälische Abgeordnete. Der Sozialdemokrat war von 2002 bis 2005 Minister für Wirtschaft, Energie und Landesplanung in NRW, von 1995 bis 1998 war er Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Seine Karriere als hauptamtlicher Politiker sei nach elf Jahren vorbei, er werde sich aber auch in Zukunft regelmäßig zu Wort melden, wenn es angebracht sei, sagte Horstmann der taz. Der 52-jährige Diplom-Volkswirt übernimmt seinen Konzernposten ab sofort.

Dass EnBW knapp die Hälfte ihres Stroms aus Kernenergie bezieht, spiele für ihn keine Rolle: "In den kommenden 20 Jahren werden wir Kernenergie benutzen", so Horstmann. Ein Comeback der Kernenergie in NRW sehe er aber nicht. "Die Landesregierung unternimmt keine besonderen Anstrengungen in diese Richtung." Im vergangenen Jahr war Horstmann noch als scharfer Kritiker der atomkraftfreundlichen Politik von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) aufgefallen.

Auf dem Energiemarkt erwartet Horstmann große Veränderungen. "Die Zeit der abgesteckten Reviere ist vorbei." So engagiere sich EnBW in Düsseldorf, oder beim Bau eines neuen Kraftwerks der RAG-Tochter Steag in Duisburg-Walsum.

HOLGER PAULER

-------------------------------

Rheinische Post 02.09.2006

Jetzt Horstmann

Düsseldorf (ots) - Von Detlev Hüwel

Wer will es Politikern verübeln, dass sie in die Wirtschaft wechseln? Dort können sie richtig Geld verdienen. Gewiss: Die

Abgeordnetendiäten und Ministerbezüge sind nicht von Pappe; gemessen an normalen Einkommen muten sie geradezu üppig an. Doch wenn man den Zeitaufwand bedenkt, der in der Regel mit dem politischen Amt verbunden ist, relativieren sich die Summen deutlich. Nun wechselt also auch Nordrhein-Westfalens Ex-Minister Horstmann - wie Ex-Bundeskanzler Schröder - zu einem Energieriesen. In seiner Zeit als Energieminister hat er mächtig Wind gegen die Atomkraft gemacht.

Diese Ansicht wird er in neuer Funktion wohl kaum ungebremst vertreten. Als Verfechter des subventionierten Steinkohlebergbaus hingegen braucht er sich nicht zu verbiegen. Man wird jetzt darauf achten müssen, wie lange der SPD-Politiker noch im Landtag bleibt. Die Mischung aus relativ frischem Amtswissen als Minister und parlamentarischer Mitentscheidung einerseits sowie Industrielobby andererseits riecht reichlich streng. Die sauberste Lösung wäre deshalb der sofortige Mandatsverzicht gewesen. Der CDU-Politiker Reck hat sich ein halbes Jahr Zeit gelassen. Mehr darf es bei Horstmann keinesfalls sein.

----------------------

Kölner Stadt-Anzeiger 02.09.2006

Ex-Minister geht zu Energiefirma

VON HEINZ TUTT

Der ehemalige Minister Axel Horstmann wird zukünftig als Konzernbevollmächtigter NRW für die EnBW zuständig sein.

Düsseldorf - Die SPD-Spitze in Nordrhein-Westfalen wird künftig wohl auf einen ihrer Vordenker verzichten müssen. Noch vor einigen Wochen schrieb Axel Horstmann, stellvertretender SPD-Fraktionschef und früherer Wirtschaftsminister seiner Partei beachtliche Sätze ins Stammbuch: „Die NRW-SPD steckt in einem tiefen Tal und muss jetzt eine intensive Diskussion darüber beginnen, wie sie herauskommt." Diese Diskussion wird wohl ohne ihn stattfinden.

Horstmann, der in seiner Fraktion zu den führenden Köpfen gezählt wird, verabschiedet sich. Nachdem bereits seine Ex-Ministerkollegin Birgit Fischer (SPD) ihren Wechsel in den Vorstand der Barmer Ersatzkasse zum 1. Januar 2007 angekündigt hat, macht jetzt der Ostwestfale Axel Horstmann einen Schnitt. Bye, bye Politik - seine eigene soziale Frage hat Horstmann nun ganz anders gelöst: „Nach elf Jahren hauptberuflicher Tätigkeit in der Landespolitik, davon jeweils mehr als fünf Jahren in Kabinett und Fraktionsvorstand, habe ich mich zu einer beruflichen Neuorientierung entschlossen", erklärte er am Freitag.

Der ehemalige Minister, der in seiner Amtszeit auch für die Energiewirtschaft zuständig war, wird künftig für die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) als Konzernbevollmächtigter NRW tätig sein. „Vor dem Hintergrund des von mir sehr unterstützten intensiveren Wettbewerbs auf den Energiemärkten ist das für mich eine ausgesprochen reizvolle Aufgabe", sagte er. Seine Funktion als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion gebe er mit sofortiger Wirkung auf. „Mein Landtagsmandat werde ich noch für begrenzte Zeit ausüben, um Verpflichtungen zu erfüllen, die ich im Wahlkreis eingegangen bin."

In der NRW-SPD bewertete man die Abkehrbewegung der ehemaligen Minister kritisch. Offenbar wolle Horstmann den früheren Ministerbonus noch in eine private berufliche Karriere ummünzen, hieß es in Düsseldorf. Dem scheidenden Abgeordneten folgen über die Landesreserveliste Petra Schneppe (Krefeld) und Gero Karthaus (Engelskirchen).

Zu Horstmanns Wechsel in die Energiewirtschaft erklärte der Generalsekretär der FDP-NRW, Christian Lindner: „Politisch ist es wenig stilsicher, nach kurzer Pause vom Energieminister zum Lobbyisten in der zuvor beaufsichtigten Branche zu mutieren. Axel Horstmann ist damit das jüngste Beispiel für die traditionelle Spezi-Wirtschaft der nordrhein-westfälischen SPD. Schröder, Clement, Horstmann und andere Sozialdemokraten zeigen aber auch: Die SPD spricht zwar viel über die kleinen Leute, sie paktiert allerdings lieber mit den großen Konzernen."

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Reiner Priggen forderte: „Horstmann muss sein Landtagsmandat niederlegen. Eine Vermischung von Interessen als Abgeordneter und als Konzernbevollmächtigter bei EnBW lässt nichts Gutes erwarten." Besonders dreist sei Horstmanns Verweis auf mehr Wettbewerb in der Energiewirtschaft. Priggen: „In welcher Welt lebt Herr Horstmann? EnBW ist einer der vier Energieriesen in Deutschland, die sich das Energiemonopol untereinander aufteilen und Wettbewerb verhindern. Mit seinem Wechsel von der Politik in die Energiewirtschaft hilft Horstmann nun auch außerhalb des Parlaments, dieses Monopol zu stützen." Er reihe sich ein in die lange Kette der Politiker, die das Problem des mangelhaften Wettbewerbs auf dem Energiemarkt nicht lösten, sondern im Gegenteil ein Hindernis für mehr Wettbewerb darstellten.

----------------------------------------

Anmerkung:

Sein massives Eintreten für den Ausbau der UAA Gronau und seine dubiose Rolle bei den Rossendorf Transporten nach Ahaus wird ihm jetzt belohnt. Für ein sicherlich üppiges Gehalt wird er jetzt Konzernbevollmächtigter beim Atomkonzern EnBW. Wer ist der nächste ?

zurück