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Frankfurter Rundschau 12.11.2005

Umwelt-/agrarpolitik

Atomausstieg: In der Umweltpolitik hat die SPD offenbar durchgesetzt, dass am Ausstieg festgehalten wird. Auf Unions-Wunsch soll aber "die Forschung zum sicheren Betrieb" von AKW fortgesetzt und ausgebaut werden. In dieser Wahlperiode soll über Atommüllendlager entschieden werden.

Das Erneuerbare Energiengesetz soll vorerst bleiben. Bis 2007 sollen aber die Fördersätze und -modelle überprüft werden. Das Programm für energiesparende Gebäudesanierung wird auf jährlich 1,5 Milliarden Euro deutlich aufgestockt.

Beim Klimaschutz sind die Ziele vager als bisher. Die große Koalition will in der EU auf eine Treibhausgasreduzierung um 30 Prozent bis 2020 drängen. Der Emissionshandel wird modifiziert. Dabei sollen die Wirtschaft entlastet und Mitnahmeeffekte bei der Vergabe von Emissionszertifikaten vermieden werden.

Zur Sicherung des Naturerbes will der Bund den Verkauf bundeseigener Naturschutzflächen stoppen und 80 000 bis 125 000 Hektar kostenlos einer Stiftung übertragen.Das Umweltrecht soll vereinheitlicht werden. Ein Planungsbeschleunigungsgesetz soll Bürgereinspruchsmöglichkeiten mindern.

In der Landwirtschaft wird das Gentechnikgesetz zu Gunsten von mehr Gen-Forschung und -Anwendung gelockert. Für Schäden durch Gen-Pflanzen sollen künftig nicht mehr die Anbauer gesetzlich haften, sondern ein vager Ausgleichsfonds der am Genanbau beteiligten Wirtschaft. vgo

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taz 10.11.2005

Tausche Genmais gegen Atomkraftwerk

Eigentlich hatten sich Vertreter von SPD und CDU gestern darauf geeinigt, dass der Atomkonsens unangetastet bleibt. Dafür soll ein neues Gentechnik-Gesetz auf den Weg gebracht werden. Doch dann pfiff Angela Merkel ihre Gesandten zurück

AUS BERLIN HANNA GERSMANN UND NICK REIMER

Gegen Mittag schien sich der Gefechtsnebel zu legen: Die SPD bekommt grünes Licht für den Atomausstieg, die CDU dagegen das Okay zur grünen Gentechnik. Wie die taz aus Verhandlungskreisen zur Koalition erfuhr, sah so der Deal aus. "Vorbehaltlich der Zustimmung von Angela Merkel", wie es hieß. Diese Einigung aber verschwand am Nachmittag schon wieder im Nebel: Die designierte Kanzlerin pfiff den Kompromiss zurück.

"Strittig gestellt" habe die designierte Kanzlerin das Thema, erklärt Ulrich Kelber, der die SPD in den Koalitionsverhandlungen in Sachen Atomkonsens vertreten hatte. Übersetzt heiße dies: "Merkel braucht Verhandlungsmasse an anderer Stelle", sagte Kelber der taz. Denn inhaltlich sei es der CDU nicht gelungen, "zu untermauern, was längere Laufzeiten wirtschaftlich bringen sollten". Weil der Atomkonsens "inhaltlich richtig" sei, glaubt Kelber an seinen Bestand.

Das allerdings scheint längst nicht mehr so sicher. Aus anderen Quellen erfuhr die taz, dass die Debatte um die AKW-Laufzeiten auf die Zeit nach der Kanzlerwahl vertagt werden soll. Ein so genannter Energiegipfel solle dann die Energieversorgung der Zukunft ermitteln - neue Laufzeitdebatten sind in diesem Fall vorprogrammiert.

Genau wie der Ärger um die Gentechnik. Laut einer Forsa-Umfrage vom August sind fast 80 Prozent der Deutschen skeptisch gegenüber Gentechnik eingestellt. Umweltschützer sorgt vor allem, dass sich Pflanzen, deren Erbsubstanz im Labor verändert wurde, unkontrolliert ausbreiten könnten. Dennoch soll laut Verhandlungskreisen ein neuer Passus ins Koalitionspapier: "Das Gentechnikgesetz wird novelliert."

Das ist eine rot-schwarze Kehrtwende: Die Unterhändler für "Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft" hatten sich erst letzte Woche darauf verständigt, bei der Gentechnik im Großen und Ganzen alles beim Alten zu belassen. Also rot-grüne Regelungen, die so funktionieren: Fliegt der Genpollen von einem konventionellen Acker auf den eines Biobauern, muss der Genbauer zahlen. Schließlich wird die Ökoernte so verdorben. Das finanzielle Risiko schreckte die Bauern ab, Genpflanzen auszusäen.

Die Union ärgert sich seit langem über diese Hürden. Sie hält die grüne Gentechnik für eine Gewinn bringende "Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts" Schon im Wahlkampf warb sie deshalb damit, Genbauern zu fördern. Gestern sah es danach aus, als würde die Union ihr Versprechen umsetzen. Angeblich habe Genbefürworter Jürgen Hambrecht Einfluss auf Angela Merkel genommen. Hambrecht ist Chef der BASF, die kräftig an Genpflanzen verdienen will.

Nach taz-Informationen plant die schwarz-rote Koalition jetzt Folgendes: Konzerne oder Universitäten, die zu Forschungszwecken neue Genpflanzen ausbringen, sollen nicht mehr haften müssen. Genbauern müssen nur noch dann für Einkommensverluste anderer aufkommen, wenn ihnen persönlich Schuld nachgewiesen wird. Das heißt, so erklärt Thomas Dosch vom Anbauverband Bioland: "Ein Biobauer muss seinen Nachbarn 24 Stunden lang beäugen." Er prophezeit, dass genfreies Essen teuer wird, weil die Bauern für aufwändige Schutzmaßnahmen sorgen müssten.

Viel Nebel also nach wie vor. So viel immerhin schien gestern sicher: Die Verhandlungsgruppe von Union und SPD einigte sich darauf, die Erforschung sicherer Reaktoren nicht nur fortzusetzen, sondern auszubauen. Noch in dieser Legislaturperiode solle darüber hinaus ein Gesetz über die Entsorgung stark radioaktiven Mülls auf den Weg kommen.

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Reuters 9. Nov. 2005

 Atom-Kompromiss trotz Einigungs-Papiers in der Schwebe

Berlin (Reuters) - Trotz der Einigung der Verhandlungsführer von Union und SPD ist der Kompromiss in der Atompolitik weiter in der Schwebe.

"In der Atomfrage haben wir nach wie vor keinen Konsens", sagte der künftige Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nach Beratungen mit den Spitzen von Union und SPD am Mittwoch in Berlin. Eine endgültige Lösung werde es wohl erst am Donnerstag geben. "Das gehört zur Dramaturgie", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler. Die Union versuche mit allen Mitteln, im Koalitionsvertrag eine Hintertür für die weitere Nutzung der Atomenergie offen zu halten. So dringe sie auf Aussagen über die Sicherheitsforschung zur Atomkraft, die auf deren weitere Nutzung zielten.

Am Dienstagabend hatten sich Gabriel und der künftige Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf einen Kompromisstext für den Koalitionsvertrag verständigt, wie Stiegler am Mittwoch bestätigte. "Gestern Abend sind wir noch mit einem Text auseinander gegangen. Ich weiß, dass es weitere Diskussionen gibt, aber das ist ja normal", sagte er.

KREISE: KEINE AUSSAGEN ZU LAUFZEITEN IM GLOS/GABRIEL-PAPIER

In diesem Text ist nach Angaben aus dem Umfeld der Verhandlungsführer von längeren Laufzeiten von Kraftwerken keine Rede, es wird dagegen auf die bestehenden Regelungen zum Atomausstieg verwiesen. "Beide Seiten nehmen die zwischen Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen geschlossenen Vereinbarung, die darin enthaltenen Verfahren und die dazu in der Novelle des Atomgesetztes getroffenen Regelungen zur Kenntnis", heißt es in der entsprechenden Passage des Entwurfs für die Koalitionsvereinbarung, die Reuters zugänglich gemacht wurde. "Zwischen CDU/CSU und SPD bestehen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung unterschiedliche Auffassungen", heißt es im Text weiter, der den Angaben zufolge auch von der künftigen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der SPD-Spitze gebilligt war.

Nach dem bestehenden Atom-Kompromiss von Rot-Grün mit der Energiewirtschaft würde das letzte deutsche Atomkraftwerk um das Jahr 2020 vom Netz gehen. Derzeit laufen noch 17 Reaktoren. In dieser Wahlperiode müssten zwei Kraftwerke vom Netz.

Im Text heißt es den Kreisen zufolge weiter: "Der sichere Betrieb der Kernkraftwerke hat für CDU/CSU und SPD höchste Priorität. In diesem Zusammenhang werden wir die Forschung zum sicheren Betrieb von Kernkraftwerken fortsetzen und ausbauen."

ENTWURF: LÖSUNG DER ENDLAGERFRAGE IN DIESER WAHLPERIODE

Einig sind sich dem Text zufolge beide Seiten darin, die Suche nach einem Endlager für Atommüll zu beschleunigen. Das vor allem von den Grünen betriebene Endlagergesetz, das eine Suche von bis zu zehn Jahren vorsah, sei damit vom Tisch, hieß es. Auch solle es nur ein Endlager geben. "CDU/CSU und SPD bekennen sich zur nationalen Verantwortung für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle und gehen die Lösung dieser Frage zügig und ergebnisorientiert an. Wir beabsichtigen in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung zu kommen", lautet der Text. "In der Atomaufsicht arbeiten Bund und Länder vertrauensvoll zusammen."

Im Kern entspreche der Text der Verständigung zwischen Gabriel und CSU-Chef Edmund Stoiber vom vergangenen Freitag, hieß es in den Kreisen weiter. Stoiber war allerdings von Merkel nach seinem Rückzug aus dem geplanten Kabinett das Verhandlungsmandat entzogen worden.

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Reuters 6. Nov. 2005

7.000 bei Anti-Atomkraft-Demonstration in Lüneburg

Lüneburg (Reuters) - Rund 7.000 Atomkraftgegner haben am Samstag in Lüneburg nach Veranstalterangaben für ein Ende der Nutzung der Atomenergie und gegen weitere Atommülltransporte demonstriert. Mehr als 40 Umweltverbände und Bürgerinitiativen aus ganz Deutschland hatten zu der Protestaktion aufgerufen. Weil die Polizei Gewalttaten befürchtete, durften sich die Demonstranten nicht in der Lüneburger Innenstadt versammeln.

Bei einer Kundgebung forderten die Demonstranten, die 17 deutschen Atomkraftwerke nicht weiter zu nutzen und erneuerbare Energien auszubauen. Das von den Stromkonzernen geforderte Festhalten an der Atomenergie werde von einer klaren Mehrheit in der Gesellschaft abgelehnt. Die Demonstration sei ein Signal an die Berliner Verhandlungsrunden von Union und SPD. "Knapp 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl scheinen die verheerenden Folgen der Atomkraft für viele Politiker keine Rolle mehr zu spielen", sagte die Energieexpertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Renate Backhaus.

Eurosolar-Vorstandsmitglied Fabio Longo erklärte, ohne den Druck der Anti-Atom-Bewegung sei der Kampf für Energiealternativen aussichtslos. Niemand brauche für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. "Im Gegenteil, je schneller wir aussteigen, umso schneller können wir einsteigen, die Technik steht bereit", sagte Longo.

Die Bürgerinitiativen rechnen damit, dass am 19. November ein neuer Atommülltransport aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Gorleben startet.

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dpa 6. November 2005

SPD will an Atom-Ausstieg festhalten

Berlin (dpa) - Tausende Atomkraftgegner haben in Lüneburg gegen einen Kurswechsel in der Atompolitik und den bevorstehenden Castor-Transport nach Gorleben protestiert. Anti-Atom-Initiativen forderten Union und SPD am Samstag auf, nicht am Atomausstieg zu rütteln.

SPD-Chef Franz Müntefering sagte beim Landesparteitag der Niedersachsen-SPD in Walsrode mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen: «Die Verträge, was das Auslaufen von AKWs angeht, gelten, und die können auch nicht verändert werden.» Auch die «Idee einer Energiepolitik weg vom Öl wird uns weiter begleiten in den kommenden Jahren».

Der Protestmarsch in Lüneburg verlief ohne Störungen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 2600 Menschen, die Veranstalter sprachen von 7000. Der nächste Castor-Transport mit Atommüll ins Zwischenlager Gorleben soll am 19. November starten.

Die rot-grüne Bundesregierung und die Stromindustrie hatten im Jahr 2000 den Ausstieg aus der Atomenergie vereinbart. Das schließt den Bau neuer Reaktoren aus. Der Atomkonsens sieht außerdem vor, dass die Atomkraftwerke schrittweise bis etwa 2021 vom Netz gehen sollen. Die Union fordert eine Ausdehnung der Laufzeiten.

Auch die Industrie wirbt für eine Überarbeitung der geltenden Gesetze. RWE-Chef Harry Roels plädierte in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke. Dies könne zu niedrigeren Strompreisen beitragen, weil sich Deutschland unabhängiger von teureren Energieimporten mache. Außerdem emittierten Kernkraftwerke kein Kohlendioxid, «und wir gewinnen Zeit, um kohlendioxidfreie Kraftwerke und alternative Energien zu entwickeln».

Der Energieexperte der SPD-Fraktion im Bundestag, Hermann Scheer, sieht keine Chance, mit der Union eine Einigung in der Atompolitik zu erzielen: «Da die Atomfrage ein beiderseitiges Symbolthema ist, gibt es im Grunde nichts zu verhandeln», sagte er der «Netzeitung». «In der Arbeitsgruppe (Umwelt) gibt es eine Verständigung, nämlich, dass es keine Verständigung gibt», erklärte der SPD-Politiker. «Das heißt, der Atomausstieg bleibt, weil die bestehende Gesetzgebung weiter gilt.»

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AP Sonntag 6. November 2005, 10:44 Uhr

Tausende Atomkraftgegner demonstrierten in Lüneburg

Lüneburg (AP) Vor den entscheidenden Verhandlungen von Union und SPD über die Zukunft des Atomausstiegs haben mehrere tausend Menschen in Lüneburg friedlich gegen Kernenergie und für einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien demonstriert. 40 Organisationen aus ganz Deutschland, darunter Anti-Atom-Initiativen, Umweltverbände, Förderer erneuerbarer Energien, Friedensgruppen und Globalisierungskritiker, hatten zu der Veranstaltung aufgerufen. Die Polizei sprach von 2.600 Teilnehmern, die Veranstalter von 7.000.

Protestzug und Kundgebung seien der Auftakt einer neuen Protestbewegung gegen die Energiepolitik einer großen Koalition, erklärten die Veranstalter. Sie forderten die Verhandlungspartner in Berlin auf, angesichts der Entsorgungsprobleme und Unfallgefahren auf die Atomkraft zu verzichten. Fortgesetzt werden sollen die Aktionen in rund zwei Wochen beim nächsten Castor-Transport in die Atommüll-Lagerhalle nach Gorleben vom 19. bis 22. November.

Laut Polizei kam es zu keinen größeren Zwischenfällen. Die Versammlungsleiter seien kooperativ gewesen. Nach Polizeiangaben versuchten etwa 50 Personen, den friedlichen Charakter zu stören. «Aus dieser Gruppe wurde ein mit Polizeibeamten besetzter Streifenwagen eingekreist und beschmiert», erklärte die Polizei. Am Ende der Veranstaltung hätten Polizisten die 50 Störer mit Schlagstöcken daran gehindert, eine Absperrung zu durchbrechen.

Renate Backhaus, Atomexpertin im BUND-Bundesvorstand, erklärte zu der Demonstration: «Knapp 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl scheinen die verheerenden Folgen der Atomkraft keine Rolle mehr zu spielen. Es werden wieder Profitinteressen über die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung gestellt.» Nach Auffassung des Verbandes Eurosolar braucht man keine längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke, um erneuerbare Energien auszubauen.

http://www.erneuerbare-statt-atom.de/

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SWR, 02.11.05

Karlsruhe:

EnBW für längere AKW-Laufzeiten

Nach Union und Industrieverbänden wollen auch die Stromerzeuger längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Über die Folgen des vereinbarten Atomkonsens müsse diskutiert werden, forderte EnBW-Chef Utz Claassen. Unterdessen protestierten Umweltschützer vor der EnBW-Zentrale in Karlsruhe.

Claassen fordert eine "Modernisierung" des ausgehandelten Atomkonsens. Zwar stehe die Kraftwerksbranche nach wie vor zu dem, was sie vereinbart und unterschrieben habe, dennoch müsse über die Folgen des Vereinbarten diskutiert werden dürfen, sagte der Vorstandschef der Energie Baden- Württemberg (EnBW). Eine Verlängerung der Laufzeiten bietet laut Claassen die Chance, den Anstieg der Energiepreise und absehbare Mehrbelastungen des Klimas durch Kohlendioxid-Emissionen zu dämpfen.

Es gehe nicht um den Ausstieg aus dem Ausstieg - so forderte es unter anderem Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) - sondern vielmehr um eine Anpassung der getroffenen Vereinbarung an globale Entwicklungen.

Robin Wood klettert auf EnBW-Dach

Unterdessen haben Atomkraftgegner vor den Zentralen mehrerer Energiekonzerne in Deutschland für einen raschen Ausstieg aus der Kernenergie demonstriert. In Karlsruhe erklommen Sympathisanten der Naturschutzorganisation Robin Wood das Vordach der EnBW-Zentrale. Ähnliche Aktionen gab es auch in Berlin (Vattenfall), Essen (RWE) und Hannover (E.ON). Die Proteste seien friedlich geblieben, teilte die Polizei mit. Die EnBW gehört zusammen mit RWE, EO.N und Vattenfall Europe zu den vier großen Energiekonzernen in Deutschland.

Union und SPD wollen heute auch über die Atompolitik der künftigen Bundesregierung verhandeln. In den laufenden Koalitionsverhandlungen fordern CDU und CSU, die Restlaufzeiten der Kernkraftwerke von insgesamt 32 auf 40 Jahre hoch zu setzen. Die SPD lehnt dagegen Änderungen an dem im Jahr 2000 vereinbarten Atomkonsens ab. Danach müsste voraussichtlich im Jahr 2021 das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz gehen.

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--- Robnin Wood Presseerklärung, 02.11.05 ---

Längere AKW-Laufzeiten erhöhen das Katastrophen-Risiko

ROBIN WOOD-Aktionen bei den vier großen Energiekonzernen für den sofortigen Atomausstieg

Die Energie-Riesen Vattenfall, RWE, E.ON und EnBW haben heute Vormittag überraschend Besuch bekommen: AktivistInnen von ROBIN WOOD demonstrieren heute gemeinsam mit weiteren AktivistInnen aus der Anti-AKW-Bewegung an den vier Konzernzentralen.

In Hannover bauten sie ein großes qualmendes AKW auf. In Berlin, Karlsruhe und Essen kletterten sie auf Vordächer der Unternehmensgebäude und entrollten Transparente. Mit ihrer Aktion wollen sie Druck auf die Stromkonzerne und die Koalitionsparteien von Union und SPD machen, den Atomausstieg voranzutreiben und auf erneuerbare Energien sowie mehr Energieeffizienz zu setzen.

--------Die Atomlobby versucht zur Zeit mit allen Mitteln, die Koalitionsparteien zu einer Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke zu drängen. Heute hat sich der EnBW-Vorstandsvorsitzende Utz Claassen mit der Forderung nach einer Laufzeitverlängerung zu Wort gemeldet. Vergangene Woche veröffentlichten die Energiekonzerne - in einer bizarren Allianz mit den Gewerkschaften Verdi und IG BCE - ein Pro-Atom-Papier.

ROBIN WOOD warnt vor diesem Irrweg. Denn dürften die Meiler noch länger am Netz bleiben, stiege auch das Risiko eines atomaren Super-GAUs in Deutschland. Nach wie vor gilt: Die Geschichte der Atomenergie ist eine Geschichte ihrer Katastrophen: Windscale, Harrisburg und Tschernobyl haben auf dramatische Weise gezeigt, welche Gefahren von dieser Technologie ausgehen.

"Jedes Atomkraftwerk stellt ein enormes Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung dar, und dieses Risiko steigt mit dem Alter der Anlagen", sagt Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD. "Was für jede technische Anlage gilt, gilt auch für Atomanlagen: Je älter ein Reaktor ist, desto häufiger treten Störfälle und Betriebsunfälle auf, von menschlichem Versagen mal ganz abgesehen."

Ausgehend vom so genannten Atomkonsens und den darin festgelegten Reststrommengen der einzelnen Atomreaktoren müssten - bei maximaler Stromproduktion - in dieser Legislaturperiode die vier ältesten Atomkraftwerke vom Netz: zuerst Biblis A (RWE), dann Neckarwestheim 1 (EnBW), Biblis B (RWE) und Brunsbüttel (Vattenfall/E.ON). Die Betreiber dieser Anlagen haben sich immer wieder durch ein mangelhaftes Sicherheitsmanagement und fehlendes Risikobewusstsein hervorgetan. Hierfür sprechen die zahlreichen gefährlichen Störfälle in den Reaktoren und die Versuche von Seiten der Betreiber, sie zu vertuschen und zu verharmlosen.

Allein in den AKW-Blöcken A und B in Biblis haben sich seit Betriebsbeginn 360 Störfälle ereignet, davon allein 54 in den vergangenen fünf Jahren. 27 Jahre lang ließ der Betreiber RWE einen Riss in einer Schweißnaht im Bereich der Verbindung des Not- und Nachkühlsystems unentdeckt. Im Jahr 2003 wurde bekannt, dass RWE eine ungesicherte Notkühlung im Block Biblis A zwei Jahre lang vertuschte.

"Eine Laufzeitverlängerung für die alten, maroden Atommeiler wäre ein Fehlstart sondergleichen für die neue Bundesregierung und den designierten Umweltminister Gabriel", so Dannheim. "Die Mehrheit der Bevölkerung will den Atomausstieg. Wir brauchen die Energiewende jetzt, damit milliardenschwere Investitionen in moderne Kraftwerke und Energietechnologien nicht auf die lange Bank geschoben werden." ROBIN WOOD ermuntert alle KundInnen der vier Energie-Konzerne, den privaten Atomausstieg zu praktizieren. Der Wechsel zu einem Öko-Stromanbieter ist jederzeit ganz einfach möglich.

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Reuters 01.11.2005

Union schlägt SPD in Atomfrage Kompromiss vor

- Von Markus Wacket - Berlin (Reuters) - Die Union besteht nach einem Konzept von CSU-Chef Edmund Stoiber nicht mehr auf einer im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke.

"Die Laufzeiten der Kernkraftwerke werden überprüft", heißt es in Stoibers Kompromissvorschlag für den Koalitionsvertrag, der Reuters am Montag vorlag. Der als Wirtschaftsminister vorgesehene Stoiber soll Mitte der Woche die Verhandlungen mit dem künftigen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Mitte der Woche führen. Die Atomfrage war aus den Verhandlungen der Arbeitsgruppe Umwelt und Energie herausgelöst worden. Die Union wollte die Laufzeit der Atommeiler über den im Atomausstieg beschlossenen Zeitraum um 2020 hinaus verlängern. Die SPD lehnt dies strikt ab.

Weiter heißt es in dem Papier: "Ein tragfähiges energiepolitisches Gesamtkonzept muss einen ausgewogenen Energiemix, einschließlich der Kernenergie als eine preisgünstige, sichere und CO2-freie Alternative zu Grunde legen". Zudem würde eine Laufzeitverlängerung tendenziell kostensenkend wirken.

Mit Blick auf die Förderung des Ökostroms heißt es in Stoibers Papier, das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) solle wie geplant 2007 überpüft werden. In den Jahren danach solle aber die Vergütung für Strom aus Wind, Wasser oder Sonne gekürzt werden. Stromintensive Betriebe sollten zudem völlig von der Umlage für den Ökostrom befreit werden.

In Kreisen der SPD hieß es unter Verweis auf das bereits beschlossene Konzept von Union und SPD der Arbeitsgruppe Umwelt- und Energie, die Vorstellungen Stoibers würden so sicher nicht umgesetzt.

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