Münsteraner Bündnis „Stoppt Atomtransporte!!" Münster, 23. April 2004

WIGA (Widerstand gegen Atomanlagen) Münster

c/o Umweltzentrum

Scharnhorststr. 57

48151 Münster

 

Anti-Atom-Demo in Münster an Tschernobyl-Tag:

26. April, 18 Uhr, ab Hauptbahnhof

Ein breites Bündnis aus Münsteraner Initiativen und Münsterländer Anti-Atom-Gruppen ruft für Montag, 26.4., zu einer Demonstration am Tschernobyl-Jahrestag in Münster auf. Die Demonstration beginnt um 18 Uhr mit einer Kundgebung am Hauptbahnhof und steht unter dem Motto „18 Jahre Tschernobyl - Die Zeit ist reif für den Ausstieg". Vom Hauptbahnhof ist ein Demonstrationszug durch die Innenstadt geplant. Bei der Auftaktkundgebung werden u. a. ein Kernphysiker, ein Vertreter der Informationsstelle Tschernobyl, ein Vertreter der BI „Kein Atommüll in Ahaus" sowie Vertreter der Grünen Jugend Münster und der WIGA Münster sprechen.

Anlass der Demonstration ist der 18. Jahrestag des Super-GAU von Tschernobyl. Am 26. April 1986 war der Reaktorblock 4 des ukrainischen AKW explodiert und hatte halb Europa radioaktiv verseucht. Tausende von Menschen starben an den Folgen, ganze Regionen leiden noch heute unter der radioaktiven Verstrahlung.

Deshalb wollen die Initiativen auch für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie demonstrieren. In Tschernobyl wurde mehr als deutlich, dass die Atomtechnologie vom Menschen nicht wirklich beherrscht werden kann. Die Folgen einer Katastrophe sind noch Jahrzehnte lang deutlich zu spüren. Deshalb finden wir es ausgesprochen empörend, dass in Deutschland noch 20 Jahre lang Atomkraftwerke am Netz sein sollen. Dies zeigt, dass die Politiker aller Parteien aus Tschernobyl keine Konsequenzen gezogen haben. Die dramatischen Folgen mit Tod und Elend werden in Deutschland inzwischen stark verharmlost oder schlichtweg verschwiegen. Die Atomenergie ist keine „saubere" Technologie. Jeder weitere Tag, den Atomanlagen in Betrieb sind, bringt neue unkalkulierbare Gefahren mit sich.

Selbstverständlich fordern wir auch ein sofortiges Ende aller Atomtransporte. Dazu gehören insbesondere die geplanten Castor-Transporte von Dresden nach Ahaus sowie die zahlreichen Urantransporte von und zur Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau. Diese Transporte fahren zum Teil auch mitten durch Münster. Wir fordern die NRW-Landesregierung auf, endlich eine konsequente Ausstiegspolitik zu betreiben. Dazu gehören die Stilllegung des Zwischenlagers Ahaus und der UAA Gronau.

Die Demonstration in Münster wird u. a. unterstützt von: Münsteraner Bündnis „Stoppt Atomtransporte!!", Grüne Jugend Münster, Uni-Gal Münster, Greenpeace Münster, WIGA (Widerstand gegen Atomanlagen), BI „Kein Atommüll in Ahaus", Arbeitskreis Umwelt Gronau, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, BI Umweltschutz Hamm, Osnabrücker Bündnis gegen Atomenergie

Kontakt: Matthias Eickhoff, Tel. 0251/9720765

 

Aufruf zur Demo:

18 Jahre Tschernobyl - die Zeit ist reif für den Ausstieg !!

In der Nacht zum 26. April 1986 explodierte Reaktorblock 4 des Atomkraftwerkes Tschernobyl in der heutigen Ukraine. Jahrzehntelang hatten Atomkraftbefürworter behauptet, dass ein Super-GAU unmöglich sei, doch nun wurden innerhalb von Tagen weite Landstriche Europas radioaktiv verseucht. Tausende Menschen starben an den Folgen der radioaktiven Verstrahlung. Hunderttausende Menschen müssen weiterhin unter den Folgen des schwersten Reaktorunfalls in der bisherigen Geschichte leiden.

Und in Deutschland? Nach den Massenprotesten 1986 geriet Tschernobyl langsam aus den Schlagzeilen. Kein Atomkraftwerk wurde in Deutschland aus Sicherheitsgründen abgeschaltet; Siemens baut in Osteuropa schon seit langem wieder neue Atomkraftwerke. Die Atomindustrie träumt weiter vom „inhärent sicheren" AKW, das einen GAU unmöglich machen soll. Im März 2004 wurde in Garching bei München der Forschungsreaktor FRM II als erster Atomreaktor seit 1987 angefahren. CDU/CSU/FDP wollen mehrere neue AKW bauen.

Auch Münster und das Münsterland sind für die Atomindustrie enorm wichtig:

1. Quer durch Münster rollen seit 2001 wieder regelmäßig CASTOR-Transporte mit hochradioaktivem Atommüll in die Plutoniumfabriken La Hague (F) und Sellafield (GB). Seit 2002 rollen auch Züge mit abgereichertem Uran von der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau nach Russland. Obwohl der Rat der Stadt Münster sich 1995 gegen Atomtransporte durch Münster ausgesprochen hat, weigert sich der Rat gegen diese neuerlichen gefährlichen Transporte öffentlich zu protestieren.

2. In der UAA Gronau wird Uran für die AKW-Brennstoffproduktion angereichert. Transporte u.a. von/nach Frankreich, USA, Russland sichern die Versorgung und die Belieferung der weltweiten Kundschaft. Weder die rot-grüne Landesregierung noch die rot-grüne Bundesregierung wollen eine Stilllegung der Atomanlage, sondern betreiben ihre massive Erweiterung.

3. In das Brennelemente-Zwischenlager (BEZ) Ahaus fuhr nach starken Protesten 1998 kein weiterer Atommüll mehr. Doch jetzt wollen die CDU-Landesregierung aus Sachsen und Bundesumweltminister Trittin neuen hochradioaktiven Atommüll aus Dresden in Ahaus einlagern. Schon ab 27. Mai kann der erste Transport über die Autobahn rollen. Die NRW-Landesregierung beklagt nur die Kosten des Transportes, nicht aber die fehlende Sicherheit des Atommüll-Lagers bzw. die Unmöglichkeit Atommüll sicher zu lagern.

4. Das AKW Lingen II und die dortige Brennelemente-Fabrik liegen 70 km nördlich von Münster. Nach dem sog. Atomkonsens soll das AKW bis mindestens 2022 am Netz bleiben. 2002 wurde gar ein neues Zwischenlager in Betrieb genommen, um das AKW ungestört weiterlaufen zu lassen. In Lingen droht uns noch mindestens 18 Jahre ein neues Tschernobyl - deklariert als Atom-„Ausstieg".

Wir müssen feststellen, dass der Atomausstieg nicht von oben kommt. Bis dato hat keine Bundes- oder Landesregierung ernsthaft die Stilllegung von Atomanlagen betrieben. Stattdessen erleben wir im Münsterland einen massiven Ausbau der Atomanlagen.

Atompolitik ist zugleich auch immer mit massiven Einschränkungen von demokratischen Grundrechten verbunden. 1998 haben wir z. B. in Ahaus erlebt, wie 15 000 Polizisten das westliche Münsterland quasi besetzt haben und das Demonstrationsrecht außer Kraft setzen wollten. Hunderte Demonstranten kamen unrechtmäßig in Gewahrsam. Ähnliche Szenen erleben wir jährlich in Gorleben. Auch bei den geplanten Castor-Transporten von Dresden nach Ahaus müssen wir damit rechnen, dass Gruppen und Einzelpersonen bespitzelt werden, dass es zu willkürlichen Festnahmen und gewalttätigen Übergriffen seitens der Polizei kommt.

Wir wissen aber auch, dass Widerstand wirkt. Überall dort, wo Menschen nicht resignieren und gegen die Gefahren der Atomenergie auf die Straße und die Schiene gehen, wird deutlich, dass es keinen Konsens für die Weiternutzung der Atomenergie gibt. Die Proteste in Ahaus führten 1998 dazu, dass sechs Jahre lang kein neuer Atommüll nach Ahaus kam. Öffentlicher Protest macht die Atommafia nervös und ist das einzige Mittel, Druck auf die verantwortlichen Politiker, Parteien und Regierungen auszuüben.

Deshalb gehen wir zum Tschernobyl-Jahrestag in Münster auf die Straße. Wir wollen an die unzähligen Opfer von Tschernobyl gedenken und fordern eine neue Politik, die aus dem Super-GAU von Tschernobyl ernsthafte Konsequenzen zieht. Die Atomenergie ist nicht beherrschbar.

Deshalb fordern wir:

1. Sofortiger Stopp aller Atomtransporte, inkl. aller Urantransporte !

2. Keine Castor-Transporte von Dresden nach Ahaus!

3. Sofortige Stilllegung der UAA Gronau und des Zwischenlagers Ahaus !

4. Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit !