Junge Welt - Politik (15-08-2003)

Reimar Paul

Später Erfolg für Castorgegner

Bürgerinitiative gewinnt nach fünf Jahren Klage gegen Räumung eines Protestcamps in Ahaus

Nach fünf Jahren hat die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg eine Klage gegen die Räumung ihres Camps beim bislang letzten Castortransport ins westfälische Zwischenlager Ahaus gewonnen. In einer am Donnerstag bekannt gewordenen Entscheidung bestätigte das Verwaltungsgericht Münster die Rechtswidrigkeit des damaligen polizeilichen Vorgehens (1 K 1169/98).

Die BI hatte seinerzeit für 300 Atomkraftgegner aus dem Wendland, die sich an den Protestaktionen in Ahaus beteiligen wollten, ein Camp eingerichtet. Zwei Tage nach dem Aufbau des Lagers erklärte der Münsteraner Polizeipräsident Hubert Wimber (Grüne), das Camp liege in einer Versammlungsverbotszone. Daraufhin forderten die vor Ort befindlichen Einsatzkräfte unter Androhung von Gewalt die sofortige Räumung des 400 Meter von den Bahnanlagen entfernten Geländes. Dagegen reichte BI-Sprecher Francis Althoff Klage ein.

»Das war damals eine vollkommen absurde und durchgeknallte Polizeiaktion«, sagte Althoff gestern. Das Camp-Gelände sei frühzeitig gepachtet und ordnungsgemäß angemeldet worden. Im Lager habe es vorschriftsmäßige sanitäre Anlagen gegeben, selbst die Abwasserbeseitigung sei mit der freiwilligen Feuerwehr abgesprochen gewesen. »Ohne irgendeinen schriftlichen Nachweis« habe die Polizei nach zwei Tagen einfach behauptet, das Camp befinde sich in einer 1000-Meter-Versammlungsverbotszone an den Gleisanlagen. »Nach der Räumung verhandelte ich über eine Duldung in einem Ersatzcamp 600 Meter von den Gleisen. Dem wurde seltsamerweise problemlos zugestimmt«, erinnert sich der BI-Sprecher.

Das Verwaltungsgericht hielt sich an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das 1985 im sogenannten »Brokdorf-Beschluß« verlangt hatte, daß sogenannte Gefahrenprognosen mit »Tatsachen« oder »Sachverhalten« begründet werden müssen. Ein bloßer Verdacht oder Vermutungen, so die Münsteraner Richter, reiche für ein Versammlungsverbot ebensowenig aus wie ein unfriedliches Verhalten einzelner.

BI-Anwalt Wilhelm Achelpöhler sieht damit der Willkür von behördlichen Demo- und Campverboten einen Riegel vorgeschoben. Das Verwaltungsgericht habe auch klargestellt, daß außerhalb der von Allgemeinverfügungen betroffenen Bereiche Camps und Versammlungen nicht verboten werden dürfen. »Eben damit haben wir es aber häufig in Gorleben zu tun«, sagte Achelpöhler«. Das »Mut machende« Urteil werde sich seiner Meinung nach beim nächsten Castor-Transport nach Gorleben bewähren.

http://www.jungewelt.de/2003/08-15/013.php

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